Mit ‘Medien’ getaggte Artikel

Freitag, 12. November 2010, von Elmar Leimgruber

Als der SPÖ-Chef im ORF seinen Rammbock abschoss

Seit Monaten habe ich mit eindringlichen Worten vor einer zunehmenden Besitzergreifung des ORF durch die SPÖ in Alleinherrschaft gewarnt, Aber zu diesem Zeitpunkt war dies offenbar allen anderen ausser mir gleichgültig. Im Prinzip habe ich also schon im Februar dieses Jahres alles Wichtige zu diesem Thema gesagt, bis auf das Folgende:

Alle meine Befürchtungen haben sich bewahrheitet: Alle redaktionell und inhaltlich wichtigen und entscheidenden Positionen im ORF wurden im Laufe des heurigen Jahres mit treuen SPÖ-Leuten (teils mit Sympathien zu noch weiter links) besetzt. Und obwohl ich manche der neuen Verantwortlichen durchaus für sehr fähige und gute und objektive Journalisten halte (was sie auch in ihren neuen Verantwortungsposten auch bleiben werden, so hoffe ich). Aber eine solche politische Umfärbung hin zu einer roten Diktatur wiederspricht jeglichem demokratischen Denken.

Und der streitbare Elmar Oberhauser hat sich mit seinen Vorschlägen immer durchgesetzt ausser zuletzt beim TV-Chefredakteur. Und Oberhauser war unter anderem auch massgeblich dafür verantwortlich, dass nicht Lisa Totzauer Radio-Chefredakteurin wurde, weil sie angeblich der ÖVP nahe steht, sondern der der SPÖ nahestehende Stefan Ströbitzer. Dabei hätte er damals nach den sonstigen roten Umfärbungen ein Zeichen setzen und sich in diesem Fall -schon um die politische Ausgewogenheit des ORF zu stärken- nicht für einen roten Wunschkandidaten aussprechen können.

Dass sich ausgerechnet Oberhauser jetzt medial als Opfer darstellt, den rot-grün abgewählt haben, weil er für die politische Unabhängigkeit des ORF steht, ist daher keinesfalls glaubwürdig. Oberhauser ist genauso wenig Opfer wie General Alexander Wrabetz Opfer ist. Beide sind Täter: Beide haben ihre Personalentscheidungen (vielleicht im einen oder anderen Fall auch subjektiv sachlich)  vor allem aus ideologischen Gründen getroffen und zwar genau so, wie von den SPÖ-Granden gewünscht. Darauf sollte niemand stolz sein, sondern sich abgrundtief schämen. Und jeder unabhängig denkende Journalist sollte dagegen aufstehen, unabhängig davon, wo er politisch steht.

Und ja: Oberhauser hat mit seiner öffentlichen Kritik dem Ansehen des ORF geschadet. Aber endlich mal hat jemand auch öffentlich gesagt, wie politisch alle Entscheidungen im ORF getroffen werden. Und: Der ORF selbst, allen voran Wrabetz und die SPÖ, aber auch der ach so “unabhängige” Oberhauser genauso haben den ORF zu dem politisch abhängigen link-linken Medium gemacht, der er heute ist. Und damit haben alle zusammen dem Ansehen des ORF geschadet.

Und warum kam es nun zur Abwahl Oberhausers durch die roten und grünen Mitglieder des Stiftungsrats? Weil es darum geht, jedermann zu zeigen, wer im ORF die Macht hat: nämlich rot-grün. Und die Ironie am Rande:  Der von Oberhauser vorgeschlagene TV-Chefredakteur Armin Wolf stünde doch ideologisch auch für rot-grün, wenn er auch vielleicht aufgrund seiner aussergewöhnlichen journalistischen Qualitäten und seines hervorragenden kritischen Denkens viel weniger leicht aktiv parteipolitisch zu dominieren wäre wie andere.

Letztlich aber geht es nur um zwei Machtprotze im ORF, der eine, der dank billigster politischer Anpassung Generalintendant wurde und der andere, dem es immer schon wichtig war, seinen Kopf durchzusetzen. Und beide haben sie sich gegenseitig “gekränkt”. Es geht also um nichts anderes als um verletzten Stolz, verbunden damit zu zeigen, wer das Sagen im ORF hat und dies vor allem aufgrund seiner Treue zu rot-grün. Dies sollte man als unabhängiger Beobachter nicht so schnell vergessen.

An dieser Stelle plädiere ich wieder mal für demokratisches Denken, nicht nur im ORF, sondern auch von ausserhalb her auf den ORF bezogen: Wir haben (derzeit) fünf Parlamentsparteien. Und alle redaktionellen Führungspositionen sind SPÖ-Wunsch-Kandidaten. Es wäre höchst an der Zeit -dass wenn schon niemand den Einfluss der aktuellen Politiker auf den ORF ernsthaft unterbinden will- dass neben den Sozialpartnern alle Parteien je nach ihrer Wählergunst nicht nur auch im ORF-Stiftungsrat vertreten sind, sondern auch personelle Entscheidungen für die redaktionellen Führungspositionen zu tragen und zu verantworten haben, und zwar mindestens mit 75%er Mehrheit. Nur so ist wirkliche Unabhängigkeit oder zumindest Ausgewogenheit in der Berichterstattung des ORF überhaupt erst möglich.

Und nun bleibt abzuwarten, ob die Wahl des ORF-Generals vorverlegt wird, wie von einigen Roten gewünscht oder ob sie doch kommendes Jahr im Herbst stattfinden wird. Und dann stellt sich die Frage: Wer wird es? Da der rote Kanzler ja -wie berichtet- alle von ihm zu ernennenden Mitglieder des Publikumsrates aus den Reihen seiner Parteigetreuen ernannt hat, wodurch er in Folge auch die politischen Karten im ORF-Stiftungsrat zu Gunsten seiner Partei neu gemischt hat, ist ein roter Wunschkandidat am Realistischsten. Und ich tippe auf Karl Amon. Ausser aber, alle anderen Parteien verbünden sich gegen einen roten Kandidaten. Und da könnte zum Einen (welche Überraschung) wieder Elmar Oberhauser genannt werden (dessen Chancen auf diesen Posten ich allerdings für nicht sehr realistisch halte) oder der jetzt verhinderte Armin Wolf. Oder vielleicht Roland Adrowitzer? Mit diesem Kompromisskandidaten als ORF-General könnten vermutlich alle Parteien leben, aber würden dann vermutlich auch alle Parteien zu intervenieren versuchen.

Mittwoch, 10. November 2010, von Elmar Leimgruber

DJV: Verlage demontieren Journalismus

DJV-Chef Michael Konken
Foto: djv.de Michael Ebner

“Die Verlagsmanager sind dabei, einen ganzen Berufsstand zu demontieren und gefährden ihre eigene Zukunft,” warnte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken bei der Eröffnung des DJV-Tages  2010 in Essen. Schließlich hingen auch Abonnements und Verkäufe von der Qualität ab, die in den Redaktionen produziert werden. “Wir haben in den vergangenen Jahren mit viel Verständnis den Verlagen über schwierige Zeiten geholfen und Einbußen hingenommen”, sagte Konken. Aber: “Das geht so nicht weiter!”

Der Erhalt redaktioneller Arbeitsplätze und des Auftragsvolumens für Freie gehört demnach zu den wichtigsten Aufgaben der Tarifpolitik. Der Deutsche Journalisten-Verband erwartet daher von den Medienarbeitgebern, dass für die Arbeitsplätze der Journalistinnen und Journalisten die Flächentarifverträge in vollem Umfang gelten. Und das Urheberrecht dürfe nicht angetastet werden. Auch müssten Journalistinnen und Journalisten ihre Beiträge weiterhin mehrfach verwerten können. An den Erlösen der Verlage aus einem Leistungsschutzrecht müssten die Journalisten angemessen beteiligt werden, forderte Konken.

Gegen den Missbrauch von Leiharbeit übte erneut der DJV-Vorsitzende Kritik: Wichtig sei die zeitliche Begrenzung der Leiharbeit auf maximal zwei Jahre und eine konsequent gleiche Bezahlung. “Die Umgehung von Tarifverträgen ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Anschlag auf die Sozialpartnerschaft in den Verlagen.” Mit großer Mehrheit nahmen die Delegierten des DJV-Tags auch die Forderung nach einem Tarifvertrag zur Qualifizierung von Journalisten an.

Der DJV-Verbandstag legte zudem ein klares Bekenntnis zum Informantenschutz ab und forderte ein Ende der Online-Durchsuchungen ebenso wie den Stopp von Plänen des Gesetzgebers, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Eine deutliche Absage wurde auch der nachrichtendienstlichen Überwachung von Journalisten und der Regelanfrage beim Verfassungsschutz im Rahmen der Akkreditierung zu Großveranstaltungen erteilt. Die DJV-Delegierten sprachen sich darüber hinaus für die Gleichbehandlung aller Berufsgeheimnisträger und gegen Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat aus, die sich gegen Journalisten richten.

Am Rande seiner Tagung hat sich der Deutsche Journalisten-Verband solidarisch mit dem schwer verletzten russischen Journalisten Oleg Kaschin erklärt: Er fordert in einer öffentlichen Stellungname den russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew auf, den Überfall auf Kaschin lückenlos aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Kaschin war Ende letzter Woche überfallen und mit gebrochenen Beinen, Fingern und einem gebrochenen Kiefer sowie einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus eingeliefert und in künstliches Koma versetzt worden. Ähnlich zu diesem Fall äusserten sich auch der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) und Reporter ohne Grenzen (ROG), die vor allem kritisieren, dass in den vergangenen zehn Jahren sei kein einziges Verbrechen gegen Journalisten in Russland aufgeklärt worden sei.

Donnerstag, 4. November 2010, von Elmar Leimgruber

5. November: Stand Up for Journalism

Nach wie vor lehnen es zahlreiche Verlage in Deutschland ab, die seit Februar geltenden Vergütungsregeln für freie Journalisten anzuwenden. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die dju in ver.di fordern daher alle Redakteurinnen und Redakteure auf, sich am kommenden Freitag an der weltweiten Aktion „Stand up for journalism“ zu beteiligen. Die beiden Gewerkschaften haben die Situation der freien Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen zum Thema der deutschen „Stand up“-Aktion gemacht. In den Redaktionen soll daher am 5. November die Umsetzung der Gemeinsamen Vergütungsregeln für Freie an Tageszeitungen Gesprächsthema sein.

DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken rief Redakteure und freie Mitarbeiter auf, „gemeinsam für faire Honorare gegen uneinsichtige Verlagsleitungen vorzugehen“. „Dafür brauchen sie die Solidarität der Redakteurinnen und Redakteure“, betonte der stellvertretende ver.di-Bundesvorsitzende Frank Werneke: „Sie können übermorgen unter Beweis stellen, dass die Tageszeitung ein Team ist.“

Die Gemeinsamen Vergütungsregeln stellen klar, in welchem Rahmen Honorare und die Mehrfachverwertung von Beiträgen akzeptabel sind. Aktuelle Informationen über die Gemeinsamen Vergütungsregeln, über den Stand der Umsetzung und über Möglichkeiten für eigene Aktivitäten der Freien bietet die Homepage www.faire-zeitungshonorare.de, die DJV und dju in ver.di gemeinsam eingerichtet haben.

Um die Frage, wie „Qualitätsjournalismus für ein demokratisches Europa“ gewährleistet werden kann, geht es hingegen beim  Kolloquium des Deutschen Journalisten-Verbands und der Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union. Es findet am Mittwoch, 17. November, in der Vertretung des Freistaates Bayern in Brüssel statt. Nähere Informationen dazu gibts online.

Dienstag, 2. November 2010, von Elmar Leimgruber

Netzwerk Recherche fordert Akteneinsicht

Die Stärkung der Recherchefreiheit durch Ausbau des Akteneinsichtrechts, die schnellere Bearbeitung von journalistischen Anfragen und die Abschaffung des “fliegenden Gerichtsstands” fordert die deutsche Journalistenorganisation Netzwerk Recherche (nr). Auf ihrer Presserechts-Konferenz beim Erich-Brost-Institut in Dortmund tauschten sich Journalistinnen und Journalisten aus der gesamten Bundesrepublik Deutschland über die Auskunftspflichten staatlicher und quasi-staatlicher Einrichtungen und über die Bedrohungen der Pressefreiheit durch die Behinderung der journalistischen Arbeit aus.

Dabei wurde laut den Veranstaltern deutlich, dass sich viele Behörden nach wie vor verweigern, den rechtlich garantierten Auskunftsansprüchen zu genügen. “Behörden konzentrieren sich gern auf Informationen, die sie in einem guten Licht erscheinen lassen”, so nr-Vorstandsmitglied David Schraven. “Deshalb fordern wir ein Akteneinsichtsrecht für Journalisten, damit die von einer Behörde gegebenen Auskünfte überprüft werden können.”

Ein Akteneinsichtsrecht gibt es gegenwärtig bereits bei Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und dem Umweltinformationsgesetz (UIG). Doch auch hier versuchen Ministerien und Behörden immer wieder, Antworten auf legitime Anfragen von Journalisten in der Tradition des “Amtsgeheimnisses” abzulehnen oder hinauszuzögern. Wie Teilnehmer der Konferenz berichteten, engagieren Ministerien oftmals hochbezahlte Anwaltskanzleien, um sich der Anfragen nach IFG oder UIG zu entledigen. “Offensichtlich soll der oft jahrelange Rechtsstreit die Journalisten zermürben”, so David Schraven. Deshalb fordere netzwerk recherche, dass Anfragen in der gesetzlich vorgesehenen Zeit bearbeitet werden. Um eine unsachgemäß lange Bearbeitung zu verhindern, müssten Sanktionsmöglichkeiten geschaffen werden.

Die Konferenz begrüßte hingegen die Pläne der deutschen Bundesregierung, wonach Journalisten in ihrer Arbeit künftig nicht mehr wegen der “Beihilfe zum Geheimnisverrat” strafrechtlich verfolgt werden können. Der Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht kann unter http://www.bmj.bund.de/files/-/4673/RegE_Pressefreiheit.pdf eingesehen werden. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler, hatte die Pläne des Bundes auf der Konferenz vorgestellt. Er sagte laut Netzwerk Recherche den Teilnehmern der Konferenz zu, auch die weiteren Anliegen der Journalisten zur Änderung des Medienrechts zu prüfen.

Zentral war hier die Forderung nach Abschaffung des “fliegenden Gerichtsstands”. Betroffene sollten künftig nur noch die Wahl zwischen zwei Gerichtsständen haben, so David Schraven. Für Unterlassungsansprüche gegen Medien sollte neben dem Gericht, in dessen Bezirk das Medienunternehmen seinen Sitz hat, nur das Gericht zuständig sein, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen (Wohn-)Sitz hat. Die heutige Praxis des “fliegenden Gerichtsstands” führe hingegen zu einem regelrechten “Gerichte-Hopping”, so Schraven. “Waren Anwälte von Betroffenen bei einem Gericht erfolglos, stellen sie ihren Antrag in leicht abgewandelter Form beim nächsten Gericht – bis sie eine Kammer finden, die die Verfügung erlässt.”

Außerdem müsse das Eilverfahren zur Verhinderung von Medienberichten so gestaltet werden, dass das betroffene Medium eine faire Chance erhält, sich gegen den Unterlassungsantrag zur Wehr zu setzen. Dazu gehöre, dass das Gericht bei seiner Entscheidung in jedem Falle den Vortrag beider Parteien berücksichtigt. Einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung müsse daher immer eine mündliche Verhandlung vorgeschaltet sein.

Die Konferenz fand in Kooperation mit dem Erich-Brost-Institut für internationalen Journalismus und dem Westdeutschen Rundfunk sowie mit Unterstützung des deutschen Bundesministeriums der Justiz statt.

Donnerstag, 21. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

ROG: Pressefreiheit-Rankings 2010 – Europa im Abwärtstrend

Die Lage der Medienfreiheit in Europa hat sich weiter verschlechtert. Dies ist ein Ergebnis der am 20.10.2010 veröffentlichten Rangliste zur Lage der Pressefreiheit 2010 (World Press Freedom Index 2010) von Reporter ohne Grenzen (ROG). Der bereits bei der vorherigen Erhebung von 2009 festgestellte Abwärtstrend einiger süd- und südosteuropäischer Staaten setzt sich demnach im aktuellen ROG-Ranking fort. Auch bei den EU-Gründungsstaaten Frankreich und Italien hat sich diese Entwicklung bisher nicht umgekehrt.

Gleichzeitig beobachtet ROG bei der Lage der Pressefreiheit wachsende Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsländern: Zwischen den drei am besten platzierten EU-Ländern an der Spitze des Rankings – Finnland, die Niederlande und Schweden – und den am schlechtesten platzierten – Bulgarien, Griechenland – liegen rund 70 Positionen.

Rund die Hälfte der 27 EU-Mitgliedsstaaten sind unter den 20 führenden Ländern der aktuellen Rangliste. Die Schere innerhalb der Staatengemeinschaft geht jedoch stark auseinander. So liegen zwölf EU-Länder, also fast die Häflte, zwischen dem 30. und 70. Rang. Am stärksten gefallen ist Griechenland (2009: Platz 35, 2010: Platz 70). Damit bildet das südeuropäische Land gemeinsam mit Bulgarien (2009: Platz 68, 2010: Platz 70) das Schlusslicht unter den EU-Staaten. In Griechenland waren körperliche Angriffe bei Demonstrationen und Drohungen gegen Journalisten ein Grund für die Abwärtsbewegung.

Auch bei den EU-Gründungsstaaten Frankreich (2009: Platz 43, 2010: Platz 44) und Italien (2009 und 2010: Platz 49) gibt es keine Indizien für eine Verbesserung der Situation: Grundlegende Probleme wie die Verletzung des Quellenschutzes, die zunehmende Konzentration von Medieneigentum sowie gerichtliche Vorladungen von Journalisten dauern an.

“Es ist beunruhigend festzustellen, wie einige EU-Mitgliedstaaten weiter Plätze in der Rangliste verlieren”, äusserte sich dazu ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard: “Wenn die EU-Staaten keine Anstrengungen unternehmen, setzt sie ihre weltweit führende Position bei der Einhaltung von Menschenrechten aufs Spiel. Die europäischen Staaten müssen dringend ihre Vorbildfunktion wiedererlangen”, appelliert Julliard.

Die Pressefreiheit – Rangliste 2010
Grafik: rog.at

Auch in diesem Jahr dominieren wieder nordeuropäische Staaten die ersten Ränge. Finnland, Island, die Niederlande, Norwegen und Schweden teilen sich zusammen mit der Schweiz den ersten Rang. Seit Veröffentlichung der ersten ROG-Rangliste im Jahr 2002 hatten alle sechs Staaten schon einmal diese Position inne. Die gesetzlichen Schutzgarantien für Medienschaffende und das hohe Maß an Respekt für die wichtige Arbeit von Journalisten in demokratischen Systemen sind in diesen Ländern vorbildlich.

Österreich nimmt in diesem Jahr Platz 7 ein. Die Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr (Platz 13) ist in Relation zu den anderen genannten Ländern zu sehen. Österreich hat 2010 im Ranking deshalb besser abgeschnitten, weil sich die Situation der Pressefreiheit in den anderen Ländern teilweise verschlechtert hat. Grossbritannien liegt übrigens am 19. und die USA am 20. Platz.

Deutschland steht in diesem Jahr – fast unverändert – auf Platz 17 (2009: Platz 18): Wie auch in anderen EU-Staaten wurden Redaktionszusammenlegungen und Stellenstreichungen negativ bewertet. Der Zugang zu Behördeninformationen bleibt ebenfalls unzureichend. Zu weiteren Kritikpunkten gehörten unter anderem das Strafverfahren gegen zwei Leipziger Journalisten in der so genannten Sachsensumpf-Affäre.

Anlass zur Sorge bietet darüber hinaus die Entwicklung der Türkei. Nachdem sich der EU-Anwärter schon im Index 2009 um 20 Plätze verschlechtert hatte, folgt in diesem Jahr ein weiterer Rückfall um 16 Ränge. Damit steht das südeuropäische Land auf Position 138 (2009: 122). Ins Gewicht fielen bei der schlechten Platzierung die steigende Zahl von Klagen gegen Journalisten und Medien sowie Festnahmen von Medienmitarbeitern. Die Türkei gerät somit in unmittelbare Nachbarschaft zu Russland (2009: 153, 2010: 140).

Zensur, Gewalt und Repressionen gehören nach wie vor zum Alltag vieler kritischer Journalisten auch in der Russischen Föderation. Die Mordserie im Erhebungszeitrum der vorherigen Rangliste hat sich jedoch nicht wiederholt. Eine äußerst schwierige Situation der Pressefreiheit dokumentiert ROG zudem seit vielen Jahren auf dem Balkan. Besonders kritisch ist die Lage in Serbien (85), im Kosovo (92) und in Montenegro (104). Drohungen gegen Journalisten und der steigende Einfluss krimineller Gruppen auf Medienunternehmen erschweren die Arbeit von Medienschaffenden in Südosteuropa erheblich.

Die Situation auf den untersten Positionen der Rangliste weltweit ist fast unverändert: Birma, Iran, Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea sind erneut die Schlusslichter. Neu hinzugekommen zu der Gruppe der zehn repressivsten Staaten der Welt sind in diesem Jahr der Sudan und Ruanda. Mit der diesjährigen Rangliste wird zum neunten Mal die Situation der Pressefreiheit in 178 Staaten und Regionen weltweit verglichen. In die Bewertung wurden Verstöße gegen dieses Menschenrecht im Zeitraum von September 2009 bis August 2010 einbezogen:

Seit 2005 stehen Eritrea (178), Nordkorea (177) und Turkmenistan (176) ganz unten auf der Liste. Eine systematische Verfolgung von unabhängigen Medienschaffenden und ein vollständiges Fehlen von Nachrichten und Informationen kennzeichnet die Lage in den Ländern seit mehreren Jahren. “Wir sehen leider keine Verbesserung in den autoritären Staaten”, so Julliard. „Wir sind besorgt über den harschen politischen Kurs einiger Regierungen von Ländern am unteren Ende des Rankings.”

Die Situation hat sich auch in Ruanda (2009: 157, 2010: 169) und im Sudan (2009: 148, 2010: 172) verschärft. Die beiden Länder im Osten und Nordosten Afrikas sind deswegen auf die zehn hintersten Ränge abgerutscht. In Ruanda fielen zusätzliche Zensurmaßnahmen und Schließungen von Medien vor der Präsidentschaftswahl im August 2010 ins Gewicht. Überdies wurde ein Journalist ermordet. Im Sudan hat die Regierung ihre Überwachung der Printmedien deutlich verstärkt, mehrere Journalisten wurden verhaftet und eine oppositionelle Tageszeitung wurde geschlossen.

Auch Birma rangiert wieder unter den letzten zehn Staaten. Auf Versuche von Journalisten, Nachrichten jenseits von Propaganda zu veröffentlichen, reagieren die Behörden mit Gefängnis und Zwangsarbeit. Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich die Lage angesichts der im kommenden Monat bevorstehenden Parlamentswahl noch verschärfen wird.

Kaum verändert haben sich darüber hinaus die Positionen der Volksrepublik China (2009: 168, 2010: 171), des Irans (2009: 172, 2010: 175) und Syriens (2009: 165, 2010: 173). Die starke Wirtschaftsmacht China nimmt immer noch nicht ihre Verantwortung bei der Wahrung der Menschenrechte wahr. Anlässlich der Bekanntgabe der Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo hat die Regierung wieder ihre starre Haltung manifestiert: Medienberichte über die Preisvergabe wurden zensiert, Unterstützer Lius festgenommen.

Im Iran haben die Menschenrechtsverletzungen gegen Journalisten und Blogger und die staatliche Zensur in diesem Jahr ein noch größeres Ausmaß erreicht. Mehr als 200 Medienschaffende sind seit Sommer 2009 aus der islamischen Republik geflüchtet. In Syrien lassen weit greifende Mechanismen zur Kontrolle von staatlichen und privaten Medien, repressive Pressegesetze und die Unterdrückung von oppositionellen oder kritischen Journalisten so gut wie keine Freiräume mehr für unabhängige Meinungsäußerung.

Die Philippinen, Ukraine und Kirgistan sind neben Griechenland am stärksten in diesem Jahr abgestiegen: Auf den Philippinen (2009: 122, 2010: 156) ereignete sich im vergangenen November eines der schwersten Massaker an Journalisten: Rund 30 Medienmitarbeiter kamen damals ums Leben. In der Ukraine (2009: 89, 2010: 131) verzeichnet ROG eine stetige Verschlechterung der Situation der Pressefreiheit seit Viktor Janukowitschs Wahl zum Präsidenten: Die staatliche Kontrolle über die Medien und Repressionen gegen Journalisten haben zugenommen, die Medienvielfalt nimmt ab. In Kirgistan (2009: 125, 2010: 159) gingen die politischen Unruhen mit der Verfolgung von Journalisten einher, die ethnischen Minderheiten angehören.

Die vollständigen Pressefreiheit-Rankings 2010 weltweit sind hier abrufbar.

Mittwoch, 20. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

Journalistenclub fordert Transparenz bei politisch beauftragten Inseraten

Die Forderung des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) für mehr Transparenz bei Inseraten der Bundesregierung ist begrüßenswert, aber nur ein inkonsequenter, erster Schritt in die richtige Richtung. “Der Österreichische Journalisten Club fordert bereits seit längerem die Offenlegung aller politisch motivierten Inserate und deren Kosten. Dabei ist unerheblich, ob diese Inserate von der Bundesregierung, von Landtagen, Gemeinderäten, politischen Parteien oder den Sozialpartnern direkt in Auftrag gegeben wurden”, so ÖJC-Präsident Fred Turnheim. Steuergelder werden in allen Fällen verwendet und
daher hat der Steuerzahler auch das Recht zu wissen, welches Medium wie viel Geld von der öffentlichen Hand bekommt.

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC), mit rund 6.500 Journalistinnen und Journalisten die nach eigenen Angaben größte Journalistenorganisation in Österreich, fordert die Bundesregierung und alle im Nationalrat vertretenen Parteien zudem dringend auf, ein neues Medienrecht zu schaffen. Dies soll ein umfassendes Gesetz werden, dass im Verfassungsrang steht. “Damit wollen wir einen eindeutigen Schutz der Journalisten und ihrer Informanten erreichen”, sagt ÖJC-Präsident Fred Turnheim am Samstag zur aktuellen Diskussion über die Pressefreiheit in Österreich.

Dienstag, 19. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

Vorläufiges Endergebnis der Wiener Gemeinderatswahl inklusive Briefwahlstimmen

Das Wiener Rathaus
Foto: © Leimgruber

Das vorläufige Endergebnis der Wiener Gemeinderatswahlen inklusive Briefwahlstimmen steht fest. Dies teilte die Leiterin der Stadtwahlbehörde, Stadträtin Sandra Frauenberger am Montag Abend mit. Demnach erreichte die SPÖ 44,34 %, die FPÖ 25,77 %, die ÖVP 13,99 %, die GRÜNEN 12,64 %, das BZÖ 1,33 %, die KPÖ 1,12 %, das LIF 0,69 %, die MUT 0,07 %, die DEM 0,04 % und die SLP 0,01 %.

In Mandaten bedeutet dies SPÖ 49 (-6), FPÖ 27 (+14), ÖVP 13 (-5) und GRÜNE 11 (-3). BZÖ, KPÖ, LIF, MUT, DEM und SLP konnten keine Mandate im Wiener Gemeinderat erzielen. Das offizielle amtliche Endergebnis wird erst am 27. Oktober vorliegen, wenn der entsprechende Beschluss durch die Stadtwahlbehörde erfolgt ist.

Wahlberechtigt waren laut Stadt 1.144.510 Personen, 774.079 Stimmen wurden abgegeben, davon waren 754.938 gültig und 19.141 ungültig. Die Wahlbeteiligung lag mit den insgesamt 122.865 abgegebenen Briefwahlstimmen bei 67,63 %.

Das spannende Wahlkampffinale in Wien, die Wahl, Reaktionen, Analysen und die Debatte rund um die Briefwahl bestimmten übrigens die Berichterstattung in den heimischen Tageszeitungen. Im aktuellen Untersuchungszeitraum (08. bis 14. Oktober 2010) erreicht der Wiener Bürgermeister Michael Häupl laut dem Innsbrucker MediaWatch Institut die erste Position. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache folgt auf Rang
zwei, Staatssekretärin Christine Marek belegt den dritten Platz.

Und nicht zuletzt lässt das Wahlergebnis (viele Verlierer, ein Gewinner) Raum für Koalitionsspekulationen. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (Rang eins, 1900 Nennungen) und die SPÖ können die absolute Mehrheit nicht verteidigen, bleiben aber stärkste Partei. Die FPÖ mit Heinz-Christian Strache (Rang zwei, 1642 Nennungen) legt deutlich zu und erklärt sich zum eigentlichen Sieger der Wahl. Die ÖVP mit ihrer Spitzenkandidatin Christine Marek (Rang drei, 873 Nennungen) verliert besonders stark – die Wiener Stadtpartei ist damit eine der schwächsten Landesparteien der Schwarzen.

Die Grünen mit Frontfrau Maria Vassilakou (Rang sieben, 289 Nennungen) landen knapp hinter der ÖVP und büßen ebenfalls an Stimmen ein. Das BZÖ (Spitzenkandidat Walter Sonnleitner ist nicht in den Top 30 platziert) scheitert am Einzug in den Landtag. Ob des Verlusts der Absoluten muss sich der bisher allein regierende Häupl einen Koalitionspartner suchen – eine Zusammenarbeit mit Strache lehnt Häupl ab, um die Gunst der SPÖ rittern ÖVP und die Grünen.

- Die Gesichter der Spitzenkandidaten am Wahlabend sehen Sie hier.

- Hier ist mein Kommentar zum Wiener Wahlergebnis.

- Und hier gibts meinen Senf im Vorfeld der Wiener Gemeinderatswahl.

Montag, 18. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

EuroMedia Grand Award geht an “LUX: Visionary Thinkers about the Future” (Niederlande)

In Wien wurden kürzlich zum fünften Mal die Erasmus EuroMedia Awards für herausragende Medienprojekte verliehen, die Geschichte, Entwicklung und Werte Europas kritisch reflektieren. Dieses Jahr wurden insgesamt 38 Medienprodukte aus 17 europäischen Ländern nominiert, darunter sieben aus Österreich. Der Hauptpreis “Grand Award” geht an die TV-Serie “LUX: Visionary Thinkers about the Future” des niederländischen TV-Senders IKON.

Die Serie greift die grundlegenden Diskurse der europäischen Gesellschaften auf und diskutiert in vier Folgen Globalisierung, Diversität, Ethik und Zugehörigkeit. Mit tiefgründigen Interviews mit herausragenden Perönlichkeiten aus unterschiedlichsten kulturellen, konfessionellen und professionellen Hintergründen als Basis “findet “LUX” den notwendigen, zumutbaren Umgangston, dem Publikum komplexe Gedankengänge zu vermitteln”, so der Wiener Publizistik-Professor und Juryvorsitzender Thomas A. Bauer in seiner Laudatio. Die Produktion zeichnet sich zudem “durch eine klare Vision für ein zukünftiges, offenes Europa aus.”
Die weiteren Preisträger 2010:

* Special Award for Aesthetics & Design:Opinion Corner eine interaktive Webseite zu den Perspektiven auf Europa in der Welt, produziert von Mostra (Belgien)
* Special Award for Education & Ethics: Der 2. Weltkrieg, aufwendige TV-Doku-Serie der ORF Redaktion Zeitgeschichte (Österreich)
* Special Award for Discourse & Politics: Liikkumavara / Within Limits, eine Dokumentation über die Alltagswelt von PolitikerInnen von Illume Ltd, Finnland
* Sponsorship Award für Migration/Integration, gestiftet von Eco-C: Projekt Xchange von Okto Community TV (Österreich)

* Weiters wurden Produktionen aus Slovenien (“Boris Pahor”), Deutschland (“Einwanderungsland Deutschland”), der tschechischen Republik (“Dokweb.net”), Ungarn (“1956 Photgraphic Database”) und der Schweiz (Unleashed / Déchaînées”) mit Medals of Excellence ausgezeichnet. Informationen und Trailer zu allen Produktionen sind online.

Die Erasmus EuroMedia Awards sind die europäischen Medienpreise für herausragende Bildungsmedien zum Thema Europa und werden seit 1995 von der European Society for Education and Communication (ESEC) verliehen, deren Vorsitzender der Wiener Medienprofessor Thomas A. Bauer ist. Mit den Preisen werden Medienprodukte ausgezeichnet, die die soziale und kulturelle Integration Europas als bildungspolitisches Thema aufgreifen und bearbeiten, um so zur innereuropäischen Verständigung beizutragen.

Samstag, 16. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

Was sind Freie Medien? (Info und Kommentar zum Tag der Freien Medien)

Sie diskutierten über Freie Medien. (v.l.n.r.:) Peter Krotky (diepresse.com), Michaela Wein (mokant.at), Martin Aschauer (Medienverband), Martin Blumenau (ORF FM4), Michaela Adelberger (Freie Radios)
Foto: © Leimgruber

Was im Radiobereich durchaus möglich ist, hält FM4-Mann Martin Blumenau bei Printmedien nicht nichtexistent: “Der Begriff Freie Medien im Printbereich exitiert nicht,” sagte Blumenau bei einer Podiumsdiskussion zum Thema “ProduzentInnen brauchen keine Sender” am Tag der Freien Medien im Wiener Museumsquartier. So lange sich der Österreichische Medienverband bzw. seine Mitglieder nicht auf eine Definition einigen könnten, welche die Kriterien von Freien Medien sind, dürfe man sich weder wundern, dass er zu wenig wahrgenommen werde, noch dass der (für die Diskussion angekündigte aber nicht anwesende) Staatssekretär für Medien, Josef Ostermayer (SPÖ) nicht komme und erst recht keine (erwarteten) Geldmittel in Aussicht stelle. Und was vor Jahrzehnten noch funktioniert hatte, nämlich dass man über die Mitarbeit bei kleinen Medien den Weg zu kommerziellen Medien finde, das klappe heute aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr, sagte Blumenau.

Er sei zwar dankbar für die gute Mitarbeiter, die von Freien Medien rekruitiert wurden, man müsse es aber als Medienmacher einfach zur Kenntnis nehmen und einsehen, wenn die Leser das Produkt nicht sosehr schätzten, dass sie dafür zahlen, sagte Peter Krotky, Verantwortlicher der Presse Online: Dann funktioniere dieses Medium eben nicht. Er halte es für “unanständig”, wenn kommerziell ausgerechtete Massenmedien ihre Vollzeitmitarbeiter nicht entsprechend bezahlten, er sei aber dennoch gegen die Presseförderung, auch bei Tageszeitungen.

Medienverband-Präsident Martin Aschauer lauscht FM4-Mann Martin Blumenau
Foto: © Leimgruber

Martin Aschauer, Präsident des Österreichischen Medienverbandes sprach sich bei der Podiumsdiskussion erneut gegen “Gießkannenförderung” im Medienbereich und dafür für die Schaffung eines freien Medienfonds aus, der jedenfalls Banken und Versicherungen vom Zugang zu Presse- und Publizsitikförderungen ausschliesst. Der ORF sollte Werbefenster für nichtkommerzielle Medien zur Verfügung stellen, die GIS-Gebühren sollten verpflichtend ausschliesslich für Medien verwendet werden dürfen und die Freien Medien sollten zudem eine Rechtschutzversicherung erhalten, forderte Aschauer.

Die Freien Radios hätten einen “emanzipatorischen Ansatz”, bieteten “offenen Zugang” und der Schwerpunkt liege auf Inhalten und hätten ein “politisches Statement”, erklärte Michaela Adelberger von den Freien Radios. Im Vorfeld des Tages Freien Medien hatte einige weitere Vereine, einen Offenen Brief veröffentlicht, in welchem dem Medienverband unter anderem der Tagungsort “Museumsquartier” als “Hot Spot neoliberal gesteuerter Kreativwirtschaft in Wien” und das verlangte Eintrittsgeld (3 Euro) für unangemeldete Teilnehmer vorgeworfen wurde und die daher die Teilnahme an dieser Veranstaltung verweigerten. Zudem kritisieren sie, dass bei “zunehmend nach rechts rückenden politischen Verhältnissen” ein “politisches Selbstverständnis oder eine politische Positionierung”, beispielsweise ein “antidiskriminatorischer Grundkonsens” fehle: Freie Medien müssten daher eine “Plattform für linke, emanzipatorische Positionen – insbesondere jene von Migrant_innen – anbieten,” fordern die Kritiker.

Peter Krotky (Die Presse Online)
Foto: © Leimgruber

Mal vorausgeschickt: Ich bin für die Presseförderung. Und dass öffentliche Gelder für Werbezeitschriften fehl fehl am Platz sind, ist auch klar. Was aber nicht und zwar keinesfalls passieren darf ist, dass nach ideologischen Kriterien entschieden werden kann, wer Anspruch auf Presseförderung hat und wer nicht. Grundsätzlich aber sollte diese nicht nur an grosse Tageszeitungen fliessen, sondern gleichermassen auch an Freie Print- und Onlinemedien, sofern sie journalistischen Grundsätzen und Ansprüchen entsprechen (wollen).

Und ich finde es gut, dass es den Österreichischen Medienverband gibt mit dem Ziel, die Anliegen der Freien Medien zu unterstützen. Aber natürlich ist es sinnvoll zu definieren, unter welchen Kriterien man eine Freies Medium ist. Aber es wäre vollkommen falsch, gäbe es ein “politisches Statement” auf welchem Konsens auf immer beruhend: Zum einen müssen freie Medien nicht zwangsmässig politisch sein und vor allem müssen sie keinesfalls das, was von den Kritikern gefordert wird sein: radikal links sein. In einem Medienverband muss, sofern es sowas gibt, Platz für all jene Medien sein, die sich aufgrund ihrer nicht rein wirtschaftlichen Ausrichtung als Freie Medien empfinden, unabhängig davon, ob sie über aussterbende Tierarten, über Heiligenbilder, über Migranten, über eine Volkstanzgruppe oder über Randgruppen der Gesellschaft berichten. Was wäre es denn für eine Unabhängigkeit und eine Freiheit in einem Medienverband, wenn vorgeschrieben würde, wie die Mitglieder (egal ob Einzelpersonen, Vereine oder Medien) denken müssen bzw. wo sie politisch zu stehen haben?

Aber bei einem engstirnigen, nur im eigenen Sumpf kreisenden Denken versteht man sowas nicht. Was den politisch Rechten immer -vollkommen zu Recht- vorgeworfen wird, dass sie nämlich einseitig und intolerant sind, dasselbe ist auf der anderen Seite eben auch typisch für gewisse linksalternative Gruppierungen: Sie beanspruchen all das für sich und nur für sich, was sie Andersdenkenden sofort verwehren würden. Und der “offene Zugang” und der Antidiskriminierungsgrundsatz gilt in ihrem Denken natürlich auch nur für die eigenen (politischen und sozialen) Positionen, jedoch nicht für entgegengesetzte. Dabei ist es gerade das rote Wien, das immer wieder auch und vor allem linksalternative Vereine und Institutionen wie beispielsweise das äusserst umstrittene Amerlinghaus mit Umsummen von Geldern (2009: 250.000 Euro) ausstattet.

Und auch die angeblich so verschmähten und verschwiegenen “linken emanzipatorischen Positionen” speziell jene, Migranten und Randgruppen betreffend, werden von den meisten Massenmedien mehr als ausreichend thematisiert und oft vor allem durch den ORF sogar künstlich aufgebauscht. Zu behaupten, dass link-alternative Themen bei den kommerziellen Medien nicht vorkommen, ist also vollkommener Unfug. Zudem: Auf der einen Seite gegen den Kunst finanzierenden “Neoliberalismus” zu wettern und auf der anderen Seite Gelder von der Öffentlichen Hand zu fordern, macht die Kritiker-Anliegen auch keinesfalls glaubwürdiger.

Und wer -vollkommen zu Recht- für sich, sein Gedankengut, seine Meinung Toleranz und Freiheit einfordert, sollte als Demokrat (und ein uneingeschränktes Bekenntnis zur Demokratie fordere ich einfach ein) diese auch jedem anderen zugestehen, gemäss dem (vielleicht fälschlich) Voltaire zugeschriebenen Zitat: Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst”. Das ist echte Meinungs- und auch Pressefreiheit, wie sie die Demokratie erfordert. Und für diese sollten vor allem Freie Medien kompromisslos einstehen.


Freitag, 15. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

EP-Journalistenpreis 2010 geht an Polen, Schweden, Ungarn und Grossbritannien

Journalisten aus Polen, Großbritannien, Ungarn und Schweden wurden am 14.10.2010 mit dem diesjährigen Journalistenpreis des Europäischen Parlaments (EP) in insgesamt vier Kategorien ausgezeichnet: Print, Radio, TV und Internet. “Mit seiner Entscheidung, diesen Preis zu schaffen, will das Europäische Parlament kritischen und unparteiischen Journalismus fördern. Ich weiß, wie schwer die Aufgabe sein kann, Europa, seine Politiken und
seine Entscheidungen zu erklären. Aber es ist unerlässlich,” sagte Jerzy Buzek, Präsident des EU-Parlaments. Jeder Gewinner erhielt 5000 Euro.

Nach der Preisverleihung folgte eine Podiumsdiskussion zum Thema “Journalisten -  eine gefährdete Spezies?”. Fast alle nationalen Gewinner der EU-Mitgliedstaaten besuchten die Veranstaltung. Zusätzlich waren auch 50 junge Journalisten anwesend, die an einem Workshop des EP teilnehmen.
Witold Szablowski von der polnischen Tageszeitung “Gazeta Wyborcza” gewann den Preis in der Kategorie Printmedien für seinen Artikel: “Heute werden zwei Leichen an Land gespült”. Der Artikel setzt sich mit dem Problem der illegalen Zuwanderung in die Europäische Union auseinander. Laut der Jury ist der Beitrag “informativ, lebendig und authentisch”. Ein Jurymitglied hob die Qualität der Schreibkunst hervor – diesen Artikel zu lesen sei wie das Lesen eines “literarischen Werks”.

Kajsa Norell und Nuri Kino von Sveriges Radio Ekot (Schweden) gewannen den Preis in der Kategorie Radio für ihre Reportage über die finanzielle Unterstützung der Türkei durch die EU. Wie der investigative Beitrag zeigt, kommen EU-Gelder nicht vollständig bei den örtlichen Landwirten in der Türkei an. Die Radiosendung ist laut Jury “eine hervorragende Untersuchung”, ausgezeichnet durch ein “perfektes Timing” und “perfekte Länge”. Gedreht wurde sowohl in der türkischen Provinz als auch in Ankara.

Zsolt Németh von MTV Ungarn gewann den Preis in der Kategorie TV für sein Programm “Euforia”, das die Geschichte der EU in verständlicher Weise solchen Zuschauern näherbringt, die wenig über die EU wissen, und vor allem auch jüngeren Zuschauern. Die Jury lobte die Qualität des Programms sowie seine hohe Kreativität, die TV-Projekten über die EU oft fehlt. Vor allem aber schaffe es der ungarische Beitrag, “gleichzeitig attraktiv, witzig und lehrreich” zu sein.

James Clive-Matthews aus Großbritannien gewann den Preis in der Kategorie Internet für seinen Blogbeitrag “EUtopia -  welcher Prozentsatz der Gesetze stammt von der EU?”  In der Begründung der Jury hieß es, der Autor habe “hervorragende Recherchearbeit” geleistet, und der Beitrag sei sehr “verständlich, überzeugend und humorvoll” sowie “informativ und interessant”. Der Journalist, der einer der “wenigen Blogger, die sich ernsthaft mit der EU befassen”,
sei, habe sehr ernsthafte statistische und vergleichende Arbeit geleistet, aber gleichzeitig könne sein Artikel “mit großem Vergnügen” gelesen werden.