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Montag, 25. April 2016, von Elmar Leimgruber

Das Jahr der Persönlichkeiten – Analyse zum Ergebnis der Ö-Bundespräsidentenwahl

Dass die beiden Vertreter der großen Koalition, Andreas Khol (ÖVP) und Rudolf Hundstorfer (SPÖ) beim österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf von der Bevölkerung so wenig Zustimmung erfahren, liegt schon auch an der rotschwarzen Regierung, für die sie stehen. Aber noch vielmehr ist ihr Wahlerfolg deswegen sehr gering, weil beide Alt-Parteien diese Wahl (genauso wie die EU-Wahlen) seit Jahrzehnten von vorne herein nicht als wichtig einstufen und daher auch nicht die besten Kandidaten ins Rennen schicken, sondern eben im Bund “entbehrliche”.

Niederösterreichs Landeshauptmann, Erwin Pröll, der große schwarze Monarch, war letztlich wieder mal zu feige, sich österreichweit der Wahl zu stellen, vor allem, nachdem bekannt wurde, dass auch die grüne Ikone Alexander Van Der Bellen kandidieren würde und damit stünden zwei große Persönlichkeiten im Ring, wo sein Wahlsieg ihm zu wenig sicher schien. Umso unverzeihlicher ist seine Schwäche, weil er mitten im Wahlkampf auch noch seine künftige Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner als Innenministerin abberief und zurück nach St. Pölten orderte. Und jetzt auch noch dem SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann (der ist schon für Regierungsstillstand und am Wahldebakel der SPÖ sverantwortlich) die Schuld zuzuschieben, wenn der ÖVP-Ersatzmann Andreas Khol nicht erfolgreich ist, macht Pröll auf ganzer Linie zusätzlich unsympathisch. Nachdem offenbar nach wie vor er allein die ÖVP regiert, möge er sich verantwortungsbewusst selbst zum Parteiobmann küren lassen und zeigen, dass er in der Lage ist, die ÖVP aus der Krise zu führen und ansonsten bescheiden schweigen.

Genauso sind auch nicht die Meinungsforscher am Misserfolg der SPÖ- und ÖVP-Kandidaten schuld, wie diverse ÖVP-Politiker zu wissen glaubten. Vielmehr stehen beide Kandidaten, sowohl Khol als auch Hundstorfer für eine längst überholte Proporz-Politik, wo sich die ehemaligen Grossparteien SPÖ und ÖVP die gesamte politische Macht teilten und sich gegenseitig Posten und Positionen zuschoben. Sowas will offensichtlich in Österreich fast niemand mehr. Gott sei Dank ändern sich die Zeiten! Und selbstverständlich müssen die beiden großkoalitionären Altparteien sich endlich von Grund auf erneuern -indirekt wurden sie natürlich vom Wähler abgestraft. Sonst ist es definitiv aus mit ihnen.

Wenn sich Hundstorfer als ex-ÖGB-Chef und ex-Sozialminister während seines Wahlkampfs von seiner Partei monatlich 13.000 Euro überweisen lässt, weil er ja “von was leben muss, dann zeigt dies, wie sehr er und die harte Realität der SPÖ-Stammwähler (mit einem Monatseinkommen oft unter der 1000 Euro-Grenze) voneinander entfernt sind.

Und wenn Khol sich immer wieder als streng katholisch und konservativ darstellt, dann aber Kirchenvolksbegehren und ähnliche Anliegen unterstützt, sich dann wieder als modern präsentiert, aber jederzeit nur die Nachkriegsaufbaugeneration als die einzigen wirklichen Leistungsträger sieht  (dies ist offenbar konservativ-bürgerlich für ihn) und als “aufrechter Tiroler” die Südtiroler und ihre Anliegen jederzeit erneut im Stich lässt, dann ist dieser Kandidat selbst für die meisten überzeugten ÖVP-ler einfach mangels Glaubwürdigkeit unwählbar. Khol hat dies nach seinem desaströsen Wahlergebnis nun offenbar verstanden und zieht sich nun vollständig aus der Politik zurück. Wenigstens einer, der die richtigen Konsequenzen zieht: Respekt vor diesem Schritt, zu dem Hundstorfer (trotz noch schlechterem Wahlergebnis) offenbar nicht imstande ist.

Dass Richard Lugner an letzter Stelle landen würde, war von vorne herein klar. Mutig von ihm, dass er trotzdem antrat. Und Respekt auch vor ihm, sein Wahlziel trotz geringer Stimmen als erreicht zu bezeichnen, weil rotschwarz abgestraft wurde. Ich hätte ihm auch als Würdigung seiner Verdienste für Österreich (und immerhin war er der einzige vollkommen unabhängige Kandidat) im ersten Wahlgang durchaus einen größeren Achtungserfolg vergönnt. Aber wie auch immer: seine politische Karriere wird hiermit zu Ende sein.

Letztlich gewonnen haben diese Bundespräsidentenwahl aber die echten Persönlichkeiten: Norbert Hofer (FPÖ), Alexander Van der Bellen (Grüne) und Irmgard Griss. Griss ist zweifelsohne eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit hoher Intelligenz, großem Charme, und einem werteorientierten liberalen Geist. Leider haben wir jetzt nicht mehr die Gelegenheit zu sehen, ob Österreich reif wäre für eine außergewöhnliche Frau an der Spitze des Staates. Aber ich hoffe, sie wird uns in Zukunft politisch noch öfter positiv überraschen, jedoch keinesfalls mit einer Wahlempfehlung für die Stichwahl: das würde ihrem Image als unabhängigie Kandidatin nur schaden.

Auch Alexander Van Der Bellen zeichnet eine außergewöhnliche Intelligenz aus. Zudem ist der erfahrene Langzweipolitiker auch ein kluger Jonglierer im Gefüge der Macht; von daher wäre er natürlich genauso geeignet als Bundespräsident wie Irmgard Griss. Dabei steht er trotz seiner bewegten Familiengeschichte (mehrmalige Flucht vor den Kommunisten) und seiner Jugendjahre in Tirol sehr weit links außen, weswegen er bereits jetzt im ersten Wahlgang die meisten traditionallen Linkswähler (Grüne und SPÖ) für sich gewinnen konnte. Während er bereits während des Wahlkampfs seine ursprüngliche Aussage relativierte, als Bundespräsident eine Regierung unter FPÖ-Führung nicht anzugeloben (inzwischen würde er nur “mehr” nur nicht die FPÖ, falls stärkste Kraft, zuerst mit der Regierungsbildung beauftragen), ist und bleibt er der Hoffnungsträger für all jene Wähler, die sich links der politischen Mitte zuhause und wohl fühlen.

Und dann gibts hier noch Norbert Hofer, der bereits als 3. Nationalratspräsident, obwohl bei der FPÖ, große Sympathiewerte aus allen politischen Lagern erfuhr. Es war ein kluger Schachzug von H.C. Strache, diesen jungen charismatischen Mann gegen den “Seniorenclub” der anderen ins Rennen um das Bundespräsidentenamt zu schicken. Neben seinen persönlichen Sympathiewerten in allen Bevölkerungsschichten kam Hofer mit Sicherheit auch sein Alter und sein Versprechen (neues jugendliches Amtsverständnis) zugute, ein die Bundesregierung aktiv motivierender Präsident sein zu wollen. Bin auch fest davon überzeugt, dass Hofer aufgrund seiner gewinnenden Persönlichkeit bereits den ersten Wahlgang gewonnen hätte, wäre sein politischer Hintergrund nicht die FPÖ. In erster Linie wurde also auch hier -genauso wie im Fall Van Der Bellen und Griss- eine herausragende Persönlichkeit an die erste Stelle gewählt und zwar mit Sicherheit von vielen, die keine traditionellen FPÖ-Wähler sind.. Das muss man (auch wenn man politisch ganz wo anders steht) zur Kenntnis nehmen und in einer Demokratie als deklarierte Willensbekundung des Volkes akzeptieren.

Während nun viele Weise zu Recht auf einen sachlichen und fairen Zweikampf zwischen Hofer und Van Der Bellen (beide haben dies auch einander zugesagt) hoffen, beweisen einige alte unverbessereliche Rote wie Wiens Bürgermeister Michael Häupl, welche schwerwiegenden Probleme sie mit direkter Demokratie haben: “Ich werde alles dafür tun, einen Bundespräsidenten Hofer zu verhindern”, verspricht Häupl. Ich aber sage: Beenden wir die politische Unreife: Jeder möge sich hüten, Anderswählende (=Andersdenkende) zu diskrimieren oder derenwegen Österreich ab Abgrund zu sehen, auch in diesem Wahlkampf.

Aber bislang wars in Österreich noch immer so, dass alle wichtigen Wahlen durch jene fünf bis zehn Prozent Wähler entschieden wurden, welche sich durch plötzlich auftauchende “Skandale” und  medialen Kampagnen in ihrem Wahlverhalten letztlich noch umorientieren und anders wählen. Aller Hoffnung auf der Wähler Mündigkeit zum Trotz: Damit wird man auch diesmal rechnen müssen.

Und trotzdem gebe ich keine Wahlempfehlung ab, auch weil bei dieser Stichwahl leider keine politische Mitte zur Auswahl steht; vielmehr gehts bei Van Der Bellen und Hofer um eine Richtungsentscheidung: politisch mehr nach links oder mehr nach rechts. Was wollen wir? Was braucht Österreich?

Allen meinen Leserinnen und Lesern traue ich vollends zu, eine gewissenhafte Zukunfts-Wahl zum Wohle Österreichs und seiner Bevölkerung zu treffen. Ich ersuche jedoch darum, diese Chance zur Mitbestimmung über die Zukunft des Landes zu ergreifen und in jedem Fall an dieser Wahl teilzunehmen. Danke.

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Anhang: Ich habe im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl auf Facebook nicht öffentlich folgende Gedanken gepostet, welche ich hiermit nachträglich ebenfalls veröffentliche:

Eigentlich wollte ich auf redakteur.cc einen Kommentar vor der Wahl
des Bundespräsidenten schreiben. Das mache ich nun doch nicht, sondern werde dann (wenn das Ergebnis am Sinntag spannend ist -was ich hoffe) meinen Senf dazu abgeben. Aber:

Dennoch teile ich jetzt schon hier auf Facebook gern ein paar Gedanken dazu:

Die beiden Großkoalitionäre Khol und Hundstorfer sind beide (unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit) aus unterschiedlichsten Gründen (die ich hier nicht ausbreiten werde) für mich unwählbar.

Die in den Umfragen beliebtesten drei (VanderBellen, Hofer und Griss) sind zu Recht an dieser Stelle, weil sie die unterschiedlichsten pluralistischen Standpunkte unserer Gesellschaft widerspiegeln: Und das passt schon so.

Ich möchte zwar Lugner nicht als Bundespräsident. Und seine Öffentlichkeitsgeilheit lehne ich auch ab.
Dennoch liegt er bei mir noch vor den beiden letzten, weil er der einzige erfolgreiche wirklich unabhängige (keine Partei und deren Unterstützung hinter sich) Kandidat ist.
Da er aber mangels Mehrheitsfähigkeit sowieso nicht in die Stichwahl kommt, empfehle ich hiermit jenen, die noch nicht wissen wen wählen, dem Lugner im ersten Wahlgang am Sonntag mit ihrer Stimme zumindest einen Achtungserfolg zu gönnen.

In jedem Fall aber ersuche ich jeden und jede inständig:
Bitte nützt euer demokratisches Recht und wählt (wen auch immer, Hauptsache dass): Dankeschön:-)

Montag, 12. Oktober 2015, von Elmar Leimgruber

Sieg der Angst – Analyse zur Wien-Wahl 2015

Michael Häupl hat ein “G’spür für Wien”. Ehrlich jetzt: Dass er nach 21 Jahren als Wiener Bürgermeister (der Bundespräsident darf für maximal 12 Jahre im Amt bleiben), mit Firmenpleiten, Bürokratie, Geldverschwendung, Korruption, Massenarbeitslosigkeit (vor allem unter Jugendlichen und Migranten) und Gebührenlawinen für Wiens Bürgerinnen und Bürger immer noch knapp 40 Prozent (nur etwa 5 Prozent weniger als 2010) der Wählenden für sich mobilisieren kann: Der Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl ist ein absoluter Polit-Profi: Alle Achtung.

Nur: Wie wurde dieser “Sieg” errungen? Man muss Heinz Christian Strache echt dankbar sein, dass er das Hauptargument geliefert hat, ja es gar selbst war, um die Amtszeit Häupl um weitere Jahre an der Spitze der Stadt Wien zu verlängern. Thematisch konnte Häupl ja nicht punkten: Neue Wohnungen und Jobs zu versprechen, wo er 21 Jahre hindurch selbst die gesamte Macht innehatte und diese Chance offenbar nicht genützt hat, konnte nicht glaubwürdig sein. Und damit wäre auch keine Wahl gewonnen worden.

Was also hatte Häupl den Wählern in Wien tatsächlich zu bieten? Sicherlich hat er durch seine “Haltung”, sich um Flüchtlinge zu kümmern, bei manchen Wählern gepunktet. Aber diese Wähler hätten niemals gereicht.Vielmehr wurde Häupl aus demselben Gefühlsgrund von bisherigen Nichtwählern und klassischen Anhängern anderer Parteien diesmal gewählt wie FPÖ-Chef Heinz Christian Strache: Die Angst.

Angst als Wahlmotiv hat -zumindest hier in Österreich- bislang noch immer funktioniert. Während bislang vor allem rechte Populisten (FPÖ und teols auch BZÖ) die Gunst der Stunde nützten und von den Ängsten der Menschen profitierten, nützte dieses Mal vor allem Häupl dieses Wählerpotential und zwar hochprofessionell:

Strache trat an, um Häupl herauszufordern und um Bürgermeister von Wien zu werden. Was gibt es Idealeres als ein solches inszeniertes Feindbild: Strache darf nicht Bürgermeister werden! Und dies kann nur verhindert werden, wenn Häupl die Nummer 1 bleibt. Alle anderen Parteien egal, diesmal muss Häupl gewählt werden, sonst wird Strache Bürgermeister.

Anfangs war die Idee eines Herausforderers für Häupl ja gedanklich sogar mehrheitsfähig, zumal ein Großteil der Bevölkerung Wiens weder Häupl- noch Strache-Fan ist, aber einfach grundweg unzufrieden ist mit der SPÖ-Stadtpolitik und ihrem Chef Häupl. Und nur einem hätte man das Aufbrechen verkrusteter Strukturen und die Entmachtung der SPÖ (die seit 1945 ausnahmslos immer den Bürgermeister gestellt hat)  mehr zugetraut als eben Strache. Dieses Wiener Wunschdenken nach einer gänzlich anderen Politik in Wien bewiesen anfangs auch einige ernstzunehmende Umfragen. Also wurden seitens der SPÖ zunächst die klassischen indirekten Wahlbotschaften (ja die funktionieren offenbar immer noch bestens) überall positioniert: Brot und Spiele (Festln und Gelage und nochmal Festln, politische Massenkundgebung mit Gratiskonzerten mit Anti-FPÖ-Botschaft) verbunden mit dem Wohlfühlgedanken einer lebenswerten Stadt, was selbstverständlich daran liegt, dass hier die SPÖ regiert. Aber wehe, es käme wer anderer, dann wäre alles anders. Also sei zu hoffen, dass die bisherige Politik wiedergewählt wird und bleibt.

Bei diesen psychologischen Machtspielchen mit den tiefsten Ängsten der Menschen das zu verlieren, was ihnen wichtig ist und ihnen Lebensqualität schenkt, war es der SPÖ noch weniger wichtig als schon bei vorangegangenen Wahlkämpfen, dass entgegen den folgenden falschen und daher manipulierenden Umfragen kein wirkliches Duell um den ersten Platz in Wien (mehr ) stattfand (eine Mehrheit hätte vielleicht Häupl abgewählt, aber sicher nicht durch Strache ersetzen wollen), sondern Häupl in Wirklichkeit immer weit vor Strache lag.

Obwohl man genau wusste, dass man durch diesen verlogenen Ego-Trip (nur mich wählen, sonst kommt Strache) alle anderen Parteien massiv schädigen würde, baute man, weil man deren Erfolg sah, diese Angstkampagnen vor einem riesigen die Lebensqualität in Wien zerstörenden Feind, der de fakto nicht vorhanden war, durch das ständige Anheizen der medialen Debatte von der Nähe Straches am Bürgemeistersessel aus. Dadurch dass man dieser Ängste-Schürung nirgendwo entkam, mobiliserte sie nicht nur die eigenen Wähler, sondern auch Stammwähler anderer Parteien und selbst Menschen, die seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr wählen.

Man wählte wohl großteils weniger aus Begeisterung für Häupl (ein kleiner Stammwähleranteil nur wird ihn als aus persönlicher Überzeugung für seine Arbeit gewählt haben), sondern vor allem, um zu verhindern, dass Strache Bürgermeister von Wien wird. Die Angst hat also über die Vernunft gesiegt in Wien. Ich bin davon überzeugt, dass Häupl dies weiss (mit Angst kann man zwar Wahlen gewinnen, aber nicht regieren) und auch ahnt, wie sein Wahlergebnis ohne diese Angst-Wohlfühlkampagnen ausgefallen wäre und dass viele Wählerstimmen flüchtig und in Wirklichkeit gar nicht seine sind. Auch daher hat er wohl schon am Wahlabend Reformen versprochen, welche aber wohl erfahrungsgemäß nicht kommen werden werden: bis zu den nächsten Wahlen dauerts ja wieder Jahre…

Klar zählte auch bei Strache-Wählern vor allem die Angst als Wahlmotiv. Aber das Wahlmotto aller anderen Parteien schien zu lauten: Alle gegen Strache. Auch diese Ausgrenzung durch die anderen mobilisierte sowohl seine eigenen Anhänger als auch viele Mitglieder anderer Parteien und Nichtwähler, die in ihm eine Art Neustart in Wien sehen. Und natürlich war bei Strache die Angst vor Migranten und Flüchtlingen aus anderen Kulturen mit einer der Hauptmotive ihn zu wählen, obwohl die Stadt Wien auch unter einem Bürgermeister Strache rechtlich nicht in der Lage wäre, die Flüchtlingsproblematik auf eigene Faust und anderes und entgegen den nationalen und internationalen Vorgaben zu lösen. Die Angst war hier jedenfalls prägend. Und dennoch wäre das zu kurz gedacht. Dass vor allem sehr viele ehemalige SPÖ-Stammwähler nun blau gewählt haben, zeigt aber vor allem und eine allgemeine Unzufriedenheit der Menschen mit den verstaubten Langzeitpolitikern in Wien und in der Bundespolitik.

Der ÖVP, im speziellen der Wiener ÖVP, haftet dieses verstaubte Image noch mehr an als der SPÖ. Dies hängt damit zusammen, dass sich vor allem die Wiener Partei einer Reform unterzogen hat, dies aber offensichtlich nicht ausreichend kommunizieren konnte. Dabei hatte ausgerechnet die Wiener ÖVP eine drastische Verjüngungskur vorgenommen und zudem gab es im Zuge einer Demokratisierung parteiintern einen echten Vorzugsstimmenwahlkampf, der Vorbildwirkung auch für andere Parteien haben könnte. Daher kandidierten zahlreiche junge ÖVPler nicht nur auf der Landesliste, sondern auch und vor allem im Bezirk. Sie brachten sich und ihre jungen politischen Ziele ein, gingen auf die Straßen und gingen zu den Menschen, um Wien und ihren Bezirk mit konkreten vernünftigen Ideen noch lebenswerter zu gestalten. Das wurde von vielen Wahlberechtigten offenbar übersehen.

Die ÖVP Wien insgesamt strich bei diesem Wahlkampf auch u.a, auf Plakaten sehr klar ihre Wirtschaftskompetenz für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Wien hervor, aber mit einem sachlich-vernünftigen Wien-spezifischen Programm wurde sie offensichtlich durch das inszenierte Häupl-Strache-Duell im Wahlkampf als echte Alternative im Rathaus ebenfalls schlichtweg übersehen: Dass ein echtes und vernünftiges Programm für Wien nicht gewürdigt und dementsprechend nicht so gewählt wird wie bunte Plakate, flotte Sprüche und Angstkampagnen, ist demokratiepolitisch durchaus beunruhigend.

Dass es ein schwerwiegender Fehler war, Ursula Stenzel (die jetzt als Unabhängige für Strache antrat) im 1. Bezirk nicht mehr als Spitzenkandidatin antreten zu lassen, obwohl sie auch 2010 der ÖVP den Bezirksvorsteher-Sessel rettete, müsste spätestens jetzt nach dem Wahlergebnis klar sein. Aber das war auch schon der einzige Fehlgriff von Wiens ÖVP-Chef Manfred Juracska. Er gilt zudem als ein rationaler Mann mit einem klaren sachlichen Standpunkt und dennoch als sehr kompromissbereit, was in einer Koalitionsregierung wichtig ist. Als kluger und dialogfähiger Vizebürgermeister in einer rotschwarzen Koalition hätte er im Rathaus die Umsetzung seiner vernünftigen Wahlversprechen beweisen können.

Juracskas Rücktritt als ÖVP-Chef in Wien nach dem katastrophalen Wahlergebnis seiner Partei in Wien entspricht seiner verantwortungsbewussten Persönlichkeit, wodurch die Wiener ÖVP und wohl auch das Wiener Rathaus einen bodenständigen und vernünftigen Politiker verliert. Bleibt zu hoffen, dass rasch ein vernünftiger Nachfolger gefunden wird. Ob jetzt eine Regierungsbeteiligung seitens der ÖVP sinnvoll ist, zweifle ich nach diesem Wahlergebnis an. Aber unabhängig davon, ob in der Regierung oder in der Opposition: Die Wiener ÖVP muss schärfer und klarer in ihrem Profil werden und dieses auch zeigen: nicht nur vor Wahlen, sondern ab jetzt und sofort.

Dass die Wiener Grünen mit Maria Vassilakou relativ wenige Stimmen verloren haben, liegt vermutlich an zwei Hauptfaktoren: Zum einen wurden sie von jenen, welche schon bislang die Grünen in den Gemeinderat wählten offenbar bestätigt (aber was konkret?) in ihrer Arbeit und zum anderen wird nun mal (ja auch von Mauranten und Akademikern) großteils aus dem Bauch heraus gewählt. Und die grünen Wahlplakate waren nun mal einfach die schönsten.

Die Neos mit Beate Meinl Reisinger wären heute bereits Geschichte, wären sie auch in Wien nicht gewählt worden. Diesmal hat es jedoch (zwar schlechter als erwartet, aber immerhin) erwartungsgemäß geklappt. Es ist gut, dass sie genauso wie Rote, Grüne, Schwarze und Blaue im Gemeinderat vertreten sind: eine bunte und vielfältige Parteienlandschaft ist in jedem Fall begrüßenswert. Und vielleicht gibts ja sogar eine Dreierkoalition mit den Neos.

Die SPÖ wird nun in den kommenden Wochen Gespräche und Koalitionsverhandlungen führen. Es ist zu wünschen, dass die Wienert Politik in Zukunft besser wird, dass sie nicht nur auf oberflächliche Wohlfühlpakete setzt, sondern echte Reformen (anstatt kostspielige Prestigeprojekte) zugunsten der gesamten Bevölkerung angeht.

Eines aber bleibt beunruhigend beängstigend von dieser Wahl:
Angst lähmt und hindert daran, Politik und Zukunft aktiv zu gestalten.
Und trotzdem ist in Wien Angst offenbar der stärkste Motor so oder anders zu wählen: Angst vor Fremden, Angst vor den Blauen oder ganz einfach nur die Angst, dass sich auch nur das Geringste ändern könnte, wenn man anders wählt als bisher. Das finde ich äußerst bedenklich und problematisch.

Tja: Wien ist und bleibt eben anders: Es wird hier immer sein, wie’s immer war. Und Basta!

 

Weitere Kommentare und Infos zur Wiener Stadtpolitik:

Raunz net! Wähl! – Vor-Wahl-Kommentar 2015

Es muss anders werden:  Vorwahlkommentar 2010

Wiener Gemeinderatswahl 2010: Eindrücke in Bildern (Fotos)

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Kommentar zum Wahlergebnis 2010

Wiener Wahl-Endergebnis 2010

Wer rot-grün säht, wird tiefblau ernten: Kommentar zur Wiener Koalition 2010

rot-grün lässt Wiens Einwohner bluten

Donnerstag, 8. Oktober 2015, von Elmar Leimgruber

Raunz net! Wähl! (Vorab-Kommentar zur Wien-Wahl 2015)

Der Countdown zur Wienwahl läuft in vollen Touren: Und: Was vor einigen Jahren noch undenkbar schien: Jetzt gibts es tatsächlich ein “Duell” um den prestigeträchtigen Wiener Bürgermeister-Sessel, auch wenn es sich hier auf beiden Seiten mehr um eine Angst-Show (davor, dass der jeweils andere Nummer 1 werden könnte) als um einen ernsthaften Politwechsel handelt:

Auch wenn Hans Christian Strache (FPÖ) aufgrund der allgemeinen Unzufriedenheit (und nicht nur wegen der aktuellen Flüchtlingskrise) mit den “Mächtigen” mit einem hohen Protestpotential (jedenfalls über 30%) rechnen kann (wie ich bereits nach den letzten Wiener Wahlergebnis 2010 schrieb: “Wer rotgrün säht, wird tiefblau ernten”):

Selbstverständlich wird wiederum Michael Häupl (SPÖ) die meisten Stimmen in Wien erhalten und eine Dreierkoalition (wohl rot-schwarz-pink) bilden: selbstverständlich ohne FPÖ. Die jeweiligen Appelle, ja den eigenen Kandidaten zu wählen, um den Konkurrenten zu verhindern, entbehren also jeglicher Grundlage, sollen also nur die jeweils eigenen Sympathisanten dazu motivieren, an der  Wahl teilzunehmen und schaden letztlich den anderen in Wien antretenden Parteien. Ich unterstütze dieses künstlich hochgezüchtete Duell daher nicht.

Während Häupl, der seit 21 Jahren (!) Wiener Bürgermeister ist, im Wahlkampf sein “Gspür für Wien” (bereits 2010 waren viele seiner ex-Genossen zur FPÖ übergelaufen), neue Wohnungen und Arbeitsplätze plakatiert (das hätte er übrigens auch bislang schon machen können),  plädiert Strache dafür, im Sinne einer “Oktober-Revolution” so zu wählen, wie man denkt und plakatiert gegen die Ausgrenzung. Wer schließlich von den Menschen als glaubwürdiger empfunden wird – der Amtsinhaber oder der Herausforderer- wird sich am Wahlergebnis zeigen. Deren Duell will ich im Vorfeld der Wahl hier nicht kommentieren, da die beiden sowieso den Wahlkampf und die Öffentlichkeit dominieren.

Dieser inszenierte Angst-Zweikampf zwischen Häupl und Strache in Wien wird aber -so spannend er auch ist- dazu führen, dass die anderen in Wien antretenden Parlamentsparteien vermutlich zunehmend übersehen werden. Die beiden Duellierenden liegen in den Umfragen nämlich jeweils bei weit über 30 Prozent, wodurch für die restlichen Parlamentsparteien (ÖVP, Grüne und NEOS) gesamt nur mehr zwischen 40 oder gar nur mehr 30 Prozent übrigbleiben. Die weiteren bei dieser Wienwahl (ganz Wien) vertretenen Parteien seien an dieser Stelle nur kurz namentlich erwähnt: Andas (KPÖ, Piraten Extrem-Grüne und weitere Linke) WWW (Wir wollen Wahlfreiheit, unterstützt von Stronach-Partei) und GFW (Gemeinsam für Wien: “Türkenpartei” für Migranten). Zudem kandidieren in diversen Bezirken noch einzelnen Gruppierungen, am häufigsten die bei einer Gemeinderatswahl (mangels Umsetzungsmöglichkeit irrelevante) EUAS (EU-Austrittspartei).

Leidtragende des Duells in Wien wird nach meiner Einschätzung bedauerlicherweise vor allem die ÖVP sein. Endlich bringt sie sich unter Manfred Juraczka auch aktiv in die Wiener Politik und in den Wahlkampf ein, will einen bürgerlichen Kurswechsel und bietet nach eigenen Angaben die “Antwort in schwierigen Zeiten”: Sie will 25.000 neue Jobs schaffen (was sie natürlich nur kann, wenn sie mitregiert), das Gymnasium ausbauen, sich für Familien einsetzen und mit Vernunft die Wirtschaft fördern. Dieser Neubeginn mit der ÖVP würde Wien vermutlich gut tun: Und auch die offensichtliche Verjüngung ihrer Kandidaten, allen voran der erst 25-jährige charismatische Spitzenkandidat im Bezirk Favoriten: Nico Marchetti, der mit seiner Facebook-Aktion “Nico gegen Goliath” unter dem Motto “Geht nicht gibts nicht”) für gehöriges Aufsehen sorgt.

Alles was die Wiener ÖVP unter Manfred Juraczka in diesem Wahlkampf anstrebt (sofern man Wahlversprechen grundsätzlich ernstnehmen kann), ist durchaus lobens- und fördernswert, nur würde ich mir ihr entschiedeneres und lautereres Auftreten für ihre Ziele wünschen: wer zu leise ist, wird zu leicht überhört und daher auch nicht gewählt. Dadurch dass die ÖVP aktuell aber nicht in der Wiener Stadtregierung sitzt, wäre gerade diese Wahl die Chance für einen selbstbewussten Neubeginn im Rathaus.

Und am Rande erwähnt: Dass die ÖVP-Chefin des 1. Wiener Bezirks, Ursula Stenzel, nun nach ihrer Demontage zur FPÖ gewechselt wird, darf ihr keiner verübeln: Bei aller Sympathie für eine Verjüngung der oft als vertaubt Volkspartei: Bei den vergangenen Wahlen 2010 kassierte sie immerhin 617 Vorzugsstimmen, während der damalige Zweitgereihte und heutige Spitzenkandidat Markus Figl nur 174 erhielt.

Die Wiener Grünen unter Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, welche bislang mit Michael Häupls SPÖ mitregierten, waren in diesen Jahren (wie von mir schon 2010 prognostiziert) großteils gezwungen, Häupls Politik mitzutragen und umzusetzen. Die Einführung des 365 Euro-Jahrestickets für die Wiener Öffis war zweifelsohne eine gute Idee, aber genau diese realistische Vision hatte ich auch schriftlich schon im Februar 2010. Und halbherzige grüne Umsetzung einer autofreien Mariahilferstraße ist auch immer noch sehr umstritten. Will man also tatsächlich diese sonderbare Allianz zwischen rot und grün fortsetzen? Nur die schönsten Wahlplakate allein reichen nicht. Oder doch?

Die Neos unter Beate Meinl-Reisinger sind genauso wie die Bundespartei ein Sammelsurium unterschiedlichster Standpunkte, welche im Prinzip das gesamte Spektrum an Meinungen vom wirtschaftsliberalen Rand der SPÖ über den linksliberalen Bereich der ÖVP über Wirtschaftsgrüne bis hin zu Autonomen alles irgendwie alles abdeckt:

Einerseits möchte man mit undefinierter Bildung punkten, andererseits aber gibts letztlich nur ein Ziel für die Wiener Neos: in eine Koalition mit Häupls SPÖ einzutreten, ist dieser gegenüber also handzahm, während man Hans Christian Strache und seine FPÖ zum Feind erklärt. Mitregieren zu wollen an sich ist legitim, aber sich als Neuling am glatten Wiener Polit-Parkett mit Anti-Strache-Wahlkampfgetöse und wenig Programm der SPÖ an den Hals zu schmeissen, ist einem peinlichen Eigentor gleichzusetzen. Dadurch werden die Neos vermutlich weniger gewählt, als ihrem eigentlichen Potential in Wien entsprechen würde.

An dieser Stelle wage ich eine vorsichtige Prognose für die Wiener Gemeinderatswahlen 2015:
SPÖ: 35,4% (2010: 44,2%)
FPÖ: 34,0% (27%)
ÖVP: 10,1%
Grüne: 11,9%
Neos: 5,6%
GFW: 1,9%
Andas: 0,9%
WWW: 0,2%

Abschließend noch mein Appell:
Jede Wahl ist besser als keine Wahl. Daher:
Raunz net! Wähl!

Seien Sie ein überzeugter Demokrat und nützen Sie Ihre Chance: Gehen Sie zur Wahl und bestimmen Sie mit, wer Wien in den kommenden Jahren regieren soll.
Zur Orientierungshilfe, welche Standpunkte von Ihnen sich mit welchen Parteien antretenden Parteien denken, gibts übrigens wahlkabine.at

Nur wer wählt, entscheidet mit. In diesem Sinne: Treffen Sie eine Gute Wahl!

 

Weitere Infos und Kommentare zur Wienwahl:

Es muss anders werden:  Vorwahlkommentar 2010

Wiener Gemeinderatswahl 2010: Eindrücke in Bildern (Fotos)

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Kommentar zum Wahlergebnis 2010

Wiener Wahl-Endergebnis 2010

Wer rot-grün säht, wird tiefblau ernten: Kommentar zur Wiener Koalition 2010

rot-grün lässt Wiens Einwohner bluten

Freitag, 6. September 2013, von Elmar Leimgruber

Mit Südtiroler Verdienstorden ausgezeichnet: Edmund Stoiber, Wolfgang Schüssel, Michael Häupl und Erwin Pröll

Zwölf Persönlichkeiten sind nsind am 5. September 2013 auf Schloss Tirol bei Meran in Südtirol mit dem Großen Verdienstorden des Landes Südtirol ausgezeichnet worden. Zu den Neugekürten gehören unter anderem Österreichs ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Bayerns ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber, die Ex-Landeshauptleute aus Tirol, der Steiermark und dem Trentino Wendelin Weingartner, Waltraud Klasnic und Lorenzo Dellai, Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll.

“Sie sind Beispiele dafür, dass Südtirol immer auf Freunde zählen konnte, auch in Zeiten, als es uns nicht gut ging”, erinnerte Landeshauptmann Luis Durnwalder bei der Verleihung. Der Große Verdienstorden ist die höchste Auszeichnung, die Südtirol an seine Freunde im Ausland verleihen kann. Der Preis wird stets am 5. September, dem Jahrestag der Unterzeichnung des Pariser Vertrags, verliehen.

Der ranghöchste unter den heutigen Geehrten war Wolfgang Schüssel, von 2000 bis 2007 Bundeskanzler der Republik Österreich und seit 2007 Abgeordneter zum Nationalrat. Schüssel habe sich als Außenminister und Kanzler stets schützend vor Südtirol gestellt und sich immer offen für die Vorstellungen der Südtiroler gezeigt. “Wolfgang Schüssel hat immer ein gutes Wort für uns in Rom eingelegt, hat durch sein Verhandlungsgeschick viel für Südtirol herausgeschlagen”, erklärte der Landeshauptmann.

Mit Edmund Stoiber konnte Landeshauptmann Durnwalder heute zudem einen ehemaligen Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern (1993 bis 2007) mit dem Großen Verdienstorden des Landes Südtirol auszeichnen. “Edmund Stoiber ist ein Vorbild für uns, weil er ein Bayern geschaffen hat, das offen fürs Neue ist, ohne seine Wurzeln dafür aufzugeben”, so der Landeshauptmann. Auch dank der Schützenhilfe der Bayern sei es Südtirol darüber hinaus gelungen, für seine Anliegen auf europäischer Ebene Gehör zu finden.

Die (in strikter alphabetischer Reihenfolge vorgenommene) Ehrung von Wendelin Weingartner bildete heute den Abschluss der Feier zur Verleihung des Großen Verdienstordens des Landes Südtirol auf Schloss Tirol. Weingartner ist in Südtirol alles andere als ein Unbekannter, war er doch von 1993 bis 2002 Landeshauptmann des Bundeslandes Tirol und ist auch heute noch regelmäßig in Südtirol unterwegs. Er werde sich stets an den Moment erinnern, in dem er gemeinsam mit Weingartner den Grenzbalken am Brenner entfernt habe: “Das war der schönste Tag in meiner politischen Laufbahn”, so der Landeshauptmann, der an weitere gemeinsame politische Kämpfe erinnerte: an die Gründung der Uni Bozen, den Brennerbasistunnel und nicht zuletzt die Euregio, die bereits unter Weingartner auf den Weg gebracht worden sei.

Auch einen langjährigen Wegbegleiter konnte Landeshauptmann Durnwalder heute mit Lorenzo Dellai auszeichnen, seit Frühjahr Kammerabgeordneter in Rom, von 1999 bis 2012 aber Landeshauptmann des Trentino und als solcher eine der treibenden Kräfte hinter der Gründung der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino. “Ich hatte das Glück, mit Dir zusammenarbeiten zu dürfen: einem überzeugten Autonomisten, einem guten Verwalter und verlässlichen Freund”, so der Landeshauptmann, der betonte, dass es auch dank des Verständnisses Dellais gelungen sei, Kompetenzen von der Region an die beiden Länder zu delegieren und so auch wichtige Geldmittel einzusparen: “Ohne das Trentino wäre dies nie möglich gewesen”, so Durnwalder.

Noch im Amt (und das immerhin seit 1994) ist Michael Häupl, Bürgermeister der Stadt und Landeshauptmann des Landes Wien, der seit heute auch zu den Trägern des Großen Verdienstordens des Landes Südtirol zählt. Häupl regiere in einem der wichtigsten “Bezugspunkte, so etwas wie der heimlichen Hauptstadt” der Südtiroler und habe seine Stadt stets für Südtirol geöffnet, betonte Durnwalder bei der heutigen Ordensverleihung.

Als einziger nicht zur Verdienstordensverleihung erscheinen konnte Niederösterreichs Langzeit-Landeshauptmann Erwin Pröll. Pröll hat sein Amt seit 1992 inne und ist damit der dienstälteste amtierende Landeshauptmann Österreichs. Seit Amtsantritt habe es eine enge Zusammenarbeit zwischen Südtirol und Niederösterreich gegeben, viele Impulse seien von diesem Bundesland für Südtirol ausgegangen, so Durnwalder heute bei der Verleihungs-Feier.

Mit Waltraud Klasnic konnte Landeshauptmann Durnwalder heute eine weitere ehemalige Amtskollegin mit dem Großen Verdienstorden auszeichnen. Klasnic war von 1996 bis 2005 “Frau Landeshauptmann” des Bundeslandes Steiermark und sei als solche stets aufgeschlossen für die Zusammenarbeit mit Südtirol gewesen, so der Landeshauptmann. Die Steiermark habe vor allem in Forschung und Entwicklung schneller aufgeschlossen, als dies Südtirol getan habe: “Auch deshalb haben wir uns viel von der Steiermark abgeschaut”, so Durnwalder.

Gleich zwei deutschen Bundesländern stand dagegen Bernhard Vogel als Ministerpräsident vor. Von 1976 bis 1988 war Vogel, dessen Bruder Hans Jochen übrigens auch schon mit dem Großen Verdienstorden des Landes Südtirol ausgezeichnet worden war, Ministerpräsident des Bundeslands Rheinland-Pfalz, von 1992 bis 2003 übte er dieses Amt in Thüringen aus. “Man hat mit Bernhard Vogel immer unkompliziert zusammenarbeiten können, obwohl er von Amts wegen keinen direkten Bezug zu unserem Land gehabt hätte”, so Durnwalder. Unter Vogel seien zahllose Kontakte zwischen Südtirol und “seinen” beiden Ländern geknüpft worden, “und zwar auch weil wir auf die Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten zählen konnten”, so der Landeshauptmann.

Als Diplomat, Staatssekretär für Europafragen und österreichischer Außenminister Ende der 80er Jahre hat sich dagegen Peter Jankowitsch einen Namen gemacht. “Peter Jankowitsch ist nicht nur ein Vollblutpolitiker, sondern hatte auch stets ein offenes Ohr für die Südtiroler”, so der Landeshauptmann, “und das auch dann, wenn wir besondere Phantasie bei unseren Vorstellungen bewiesen haben.”

Über Kunst, Kultur und Bildung mit Südtirol verbunden ist dagegen Claudia Schmied, seit 2007 österreichische Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur. Als solche habe Schmied die Politik der Südtirol-Unterstützung tatkräftig fortgesetzt, indem nicht nur Studenten unterstützt, sondern auch die Kultur durch einen intensiven Austausch gefördert worden sei. “Auch dank der Ministerin können wir in Bozen österreichische Ensembles genießen und Ausstellungen beherbergen”, so Durnwalder.

Mit dem Großen Verdienstorden geehrt wurde heute etwa Gianclaudio Bressa, ehemaliger Bürgermeister von Belluno, Staatssekretär und mittlerweile Kammerabgeordneter. Bressa sei einer jener Vertreter des offiziellen Italien, die den Minderheiten stets mit viel Verständnis entgegen gekommen sei. “Autonomie ist für ihn nicht nur ein Begriff, sondern eine Denkweise, in der es darum geht, Entscheidungen und Verantwortlichkeiten zu teilen”, so der Landeshauptmann.

Aus der Reihe der ehemaligen bzw. noch amtierenden Politiker tanzt Manfred Fuchs, gebürtiger Latscher, der sich seit den 60er Jahren als Raumfahrtunternehmer in Bremen einen Namen gemacht hat und heute von Landeshauptmann Durnwalder ebenfalls den Großen Verdienstorden des Landes Südtirol entgegen nehmen konnte. Fuchs sei das Paradebeispiel dafür, wie weit Grenzen verschoben werden könnten: bis ins Weltall, so der Landeshauptmann. Der Wahlbremer sei zudem immer Ansprechpartner, wenn es in Südtirol um Innovation und Forschung gehe und ermuntere die Jugend – etwa im Rahmen des Satellitenprogramms zweier Schulen – sich schon früh mit Innovation und Technik auseinanderzusetzen.

Stellvertretend für die Geehrten sprachen Ex-Kanzler Schüssel und Gianclaudio Bressa bei der Verleihungsfeier Dankesworte. Ex-Kanzler Schüssel bezeichnete Südtirol heute als “Land der Superlative”, als Land, um das viele die Südtiroler beneideten. Dass sich heute ein großer Teil der Südtiroler als solche fühlten, als “Südtiroler” – und zwar unabhängig von der Sprachgruppe – sei “die Erfüllung eines Traums, den viele auch in den bittersten Stunden geträumt haben”, so Schüssel. Bressa betonte dabei, dass der Verdienstorden das sichtbare Zeichen dafür sei, dass Südtirol stets Beziehungen nach außen gesucht habe. “Der Orden ist damit auch ein Symbol für die Politik von Landeshauptmann Durnwalder”, so Bressa, “der das Land von der Suche nach der eigenen Identität hingeführt hat zu einer möglichst weitreichenden Selbstverwaltung”.

“Wir freuen uns, wenn wir heute, an diesem ‘Landesfeiertag’ unseren Freunden danken können, auch weil es viele Opfer, viel Einsatz gebraucht hat, um zu dieser Autonomie zu kommen”, so Landeshauptmann Durnwalder. Die heutige Situation Südtirols sei nicht selbstverständlich, sondern nur zustande gekommen, weil das Land auf viele Freunde habe zählen können. “Solange es einem gut geht, hat man meist viele Freunde um sich, wenn es aber einmal weniger gut geht, wenn man Freunde braucht, steht man oft leider ziemlich allein da”, so Durnwalder. Die heute Geehrten seien Beispiele für jene Persönlichkeiten, die auch in schwierigen Zeiten zu Südtirol gestanden seien.

Freitag, 23. August 2013, von Elmar Leimgruber

Mariahilfer Straße neu: Grünes Sandkasten-Luftschloss

Grundsätzlich bin ich ja für Fußgängerzonen, vor allem in den historischen Stadtzentren überall im freien Westen. Beispielsweise nicht mehr durch die Wiener Kärntner Straße, welche übrigens seit 1974 Fußgängerzone ist, spazieren zu können, ohne von Autos oder Rad-Rowdys (wobei dies immer mehr zunimmt) gerempelt zu werden, wäre inzwischen undenkbar. Und das ist gut so.

Fußgängerzonen bieten unersetzbare Lebensqualität für Anrainer und Touristen: Selbstverständlich. Doch die besten Fußgängerzonen bieten zwar Geschäfte jeglicher Art, dies steht jedoch nicht im Vordergrund: gerade in der österreichischen Hauptstadt steht die sprichwörtliche Wiener Gemütlichkeit im Vordergrund: man genießt es als Einheimischer oder Tourist, über die breite Kärntner Straße, den Graben und den Kohlmarkt zu wandeln und man genießt die große Geschichte dieser Stadt, welche vor allem von Jahrhunderten Monarchie geprägt wurde und deren prachtvolle Bauten auch heute noch Bewunderung bei Besuchern aus aller Welt auslösen. Das Zentrum Wiens (der erste Bezirk) und so auch jeder anderen historischen Stadt sollten daher auch weitgehend autofrei bleiben.

Die Mariahilfer Straße in Wien zwischen 6. und 7. Bezirk hingegen war nie historisches Zentrum der Stadt, sondern seit Jahrhunderten eine Verkehrstraße Richtung Westen. Und 1870 nahm auf dieser Strecke auch der erste Wiener Straßenwagen (Auto-Vorläufer) seinen Betrieb auf. Und selbst Kaiser Franz Joseph befuhr regelmäßig diese auf dem Weg von der Hofburg nach Schönbrunn und setzte durch, dass selbst die damalige Straßenbahn Nachrang hatte.

Anstatt also die Mariahilfer Straße, die seit jeher Verkehrsstraße war, für den Verkehr zu sperren, wäre eher eine Sperre des historischen Wiener Rings um den ersten Bezirk herum mit seinen prachtvollen Bauten geschichtlich und touristisch sinnvoll.

Ergänzt sei, dass es nur eine wirkliche Befragung der Anrainer und der direkt Betroffenen, der Wirtschaftstreibenden, gibt, die ein klares Nein zur Fußgängerzone in Mariahilf ergibt. Dennoch ideologische Ziele und eigene Prestigeprojekte einfach auf Kosten der Steuerzahler gegen den Willen der Bevölkerung (dass an der Befragung nur wenige teilnahmen, ist kein Gegegenargument, sondern wohl auf die zunehmende Resignation der Leute zurückzuführen: die da oben machen eh, was sie wollen) umzusetzen, spricht Bände über das demokratische Denken der dafür Verantwortlichen Grünen in der Wiener Stadtregierung.

Früher mal standen die Grünen für Ideale, für Basisdemokratie und für Mitbestimmung der Bürger. Heute regieren sie und setzen noch egoistischer ihre eigenen Projekte um als die so genannten “Alt”-Parteien. Die Betroffenen einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen und dann einen “Dialog” zu beginnen, wenn man eh alles schon umgesetzt hat, was man selber will, zeigt, wie ausgerechnet die Wiener Grünen (ein böses Omen auch für eine eventuelle Regierungsbeteiligung der Grünen in der Bundesregierung) die Demokratie verhöhnen. Dass sich nun selbst die Linienbusfahrer aus Sicherheitsgründen weigern, durch die Fußgängerzone zu fahren, zeigt ebenfalls, wie unreif und engstirnig dieses Maria Vassillakou-”Denkmal” in Wien in Wirklichkeit ist.

Die aktuelle “neue Mariahilfer Straße” ist zum Scheitern verurteilt, weil das Konzept einfach nicht gut durchdacht ist: es wird zu noch mehr sinnlosen Staus und in Folge zu massiver Verärgerung führen: die Autofahrer werden sich nach diesen Erfahrungen hüten, je wieder in der Mahü (Mariahilfer Straße) einzukaufen. Also wenn man schon neue Verkehrspläne hat, sollte man Nägel mit Köpfen machen, also eine grundsätzliche, wirklich sinnvolle Lösung (und zwar nicht nur für jene Bezirke, wo die Grünen regieren) finden und umsetzen. Also bevor man Straßen sperrt, sollte man zuerst mal die betroffene Bevölkerung davon überzeugen, dass ein neues Verkehrskonzept notwendig ist und dafür auch eine breite Mehrheit dafür gewonnen haben.

Ist dies gelungen, sind also die Betroffenen (Anrainer und Wirtschaft) mehrheitlich für eine Fußgängerzone Innere Mariahilfer Straße -eine Idee, der ich unter gewissen Voraussetzungen sogar was Positives abgewinnen könnte- dann gilt es, eine Gesamtlösung, ein sinnvolles Verkehrskonzept nicht nur für zwei “grüne” Bezirke, sondern für die gesamte Stadt zu erstellen, welche nicht dazu führt, dass alle anderen Straßen stadtauswärts Richtung Westen noch mehr in Verkehr und Staus ersticken, als dies jetzt der Fall ist:

A) Wenn schon, dann sollte man gesamte Innere Mariahilferstraße vom Ring bis zum Westbahnhof zur Fußgängerzone umfunktionieren, und zwar ohne Quermöglichkeiten, außer für den Linienbus. Und der Linienbus muss immer Vorfahrt haben!

B) Liefertätigkeit sollte mit wenigen Ausnahmen nur zwischen 4.00-10.00 Uhr möglich sein.

C) Und ganz wichtig: In der Praxis gibt es kein konfliktfreies Miteinander zwischen Fußgängern und Radfahrern: Also wenn schon, dann dreiviertel der Straßenbreite für Fußgänger und der Rest als Radweg. Die unzähligen sich um keine Verkehrsregeln kümmernden Rad-Rowdys sollten ihren eigenen Radweg haben und aus Sicherheitsgründen keinesfalls den Fußgänger-Bereich nützen dürfen.

Eine Aufteilung der Inneren Mariahilferstraße in zwei so genannte Begegnungszonen, welche in der Mitte zur Fußgängerzone wird, durch die dann aber doch der Linienbus durchmuss, ist einfach nur Stumpfsinn. Dieses Projekt kann nur scheitern. Und auch wenn die Grüne Maria Vassilakou nicht nur Vizebürgermeisterin, sondern auch Verkehrsstadträtin der Stadt Wien ist: Bürgermeister Michael Häupl persönlich möge nicht länger zu dieser unnützen Geldvernichtung schweigen, sondern dem unreifen Treiben auf Kosten der Steuerzahler, diesem im grünen Sandkasten entworfenen Luftschloss, durch ein Machtwort ein jähes Ende setzen. Danke.

 

 

Abschließend zum Vergleich noch die offizielle Infos der Stadt Wien zur Mariahilfer Straße neu:

1. FußgängerInnen-Zone auf der Mariahilfer Straße zwischen Kirchengasse und Andreasgasse
+ Das Liefern ist werktags von Montag bis Samstag zwischen 6 und 13 Uhr möglich.

2. Zwei Begegnungszonen zwischen Getreidemarkt und Kirchengasse sowie Andreasgasse und Kaiserstraße; Lieferzeiten und Lieferzonen bleiben unverändert.
+ Es gilt Tempo 20.
+ Drei “Kiss and Ride”-Plätze zum Ein- und Aussteigen wurden eingerichtet.
+ Zufahrten zu allen Garagen und Hauseinfahrten sind möglich.

3. Öffis und Taxis: Ein eigener Fahrbereich für den 13A wurde rot eingefärbt.
+Das Queren der Fahrbahn für den 13A ist erlaubt, das Längsgehen nicht.
+ Es gilt Tempo 20.
+ Taxis dürfen in Fahrtrichtung des Busses zum Abholen und Hinbringen die Fahrbahn des 13A benutzen. Das Ein- und Aussteigen erfolgt neben der markierten Fahrfläche. Das Durchfahren, ohne dort Ein-oder Aussteigen zu lassen, ist nicht erlaubt. Im Bereich der FußgängerInnen-Zone ist die Zu- und Abfahrt für Taxis zwischen 6 und 13 Uhr möglich.
+ Der Nachtbus N49 fährt seit 15. August nachts auf der Trasse der Straßenbahnlinie 49.

4. Radfahren ist in der gesamten Mariahilfer Straße in beiden Richtungen möglich.
+ Angepasste Geschwindigkeit, maximal Tempo 20 in den Begegnungszonen
+ FußgängerInnen-Zone: Schrittgeschwindigkeit, außer roter Fahrbereich für 13A: Dort Tempo 20 in Fahrtrichtung des Busses
+ Weitere Informationen: Radfahren auf der “neuen” Mariahilfer Straße – Fahrrad Wien

5. Das Parken in den betroffenen Bereichen der Mariahilfer Straße ist nicht mehr möglich.
+ Schaffung von AnwohnerInnen-Parkplätzen in den Seitengassen (je 27 AnwohnerInnen-Parkplätze im 6. und im 7. Bezirk). Ein weiterer Ausbau ist geplant.
+ Die umliegenden Garagen ermöglichen das Parken. Ausreichend Stellplätze sind vorhanden.

Nähere Infos der Grünen Stadtplanung zur Mariahilfer Straße neu gibts offiziell hier.

Ein Info-Folder ist hier downloadbar.

Mittwoch, 12. Oktober 2011, von Elmar Leimgruber

Rot-Grün lässt Wiens Einwohner bluten

Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl und seine grüne Koalitionspartnerin Maria Vassilakou

Eine gute Nachricht als Folge der Regierungskoalition der SPÖ mit den Grünen in Wien gibt es jetzt nach einem Jahr ja tatsächlich zu vermerken: Die Jahrestickets der Öffis in Wien sinken (warum eigentlich erst ab Mai des kommenden Jahres und nicht schon zum Jahreswechsel?) von derzeit 449 Euro auf dann 365 Euro, also auf 1 Euro pro Tag (vgl. dazu meinen Öffi-Wunschtraum vom März 2010).

Und auch die Monatskarten sinken, während die Tickets für Wenigfahrer (alle übrigen) steigen. So kann ich dem grünen Einfluss in der Stadtregierung in diesem Fall sogar etwas Positives abgewinnen.

Massiv stört mich an diesem grünen Einfluss jedoch, dass durch die geplante weitere Einschränkung der Autoparkmöglichkeiten und Verhinderung von Parkgaragen verbunden mit Gebührenerhöhungen (+ 8,3 Prozent) fürs Kurzparken offenbar der Bevölkerung nicht nur jegliche Freude am eigenen Auto genommen werden, sondern dank zusätzlichen Parkverboten das Vielautofahren gefördert werden soll: Wenn ich mein Auto nur in der Nacht straffrei abstellen darf, dann werde ich es tagsüber natürlich jederzeit nützen anstatt stehen zu lassen und ein Strafmandat zu riskieren. Wenn ich hingegen will, dass die Menschen die Öffis anstatt ihre Autos benützen, dann muss ich ihnen möglichst sicheren Parkraum schaffen, damit sie ihr Auto (auch wochenlang) beruhigt stehen lassen können.

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) mit Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne)

Auch die sonstige Bilanz der rot-grünen Zusammenarbeit in Wien sieht hingegen äußerst düster aus (und so wie die SPÖ die mitregierenden Grünen dominierend behandelt, bin ich froh, dass diese  in der Koalition sitzen und nicht die orientierungslose und viel zu zahme und kuschelbedürftige Wiener ÖVP):

Während das Wiener Valorisierungsgesetz vorsieht, dass die Tarife der Wiener Stadtwerke automatisch angehoben werden, wenn der Verbraucherpreisindex (VPI) zur Mitte des Jahres drei Prozent übersteigt, was Bürgermeister Michael Häupl sogar durch ein Veto verhindern könnte, wurden Erhöhungen bei der Müllabfuhr und beim Abwasser angekündigt, die fast doppelt so hoch liegen als der VPI, nämlich bei 6 anstatt bei vielleicht noch verkraftbaren 3,3 Prozent. Dabei wurden die Gebühren 2009 schon drastisch erhöht, und damals hatte die Grüne Maria Vassilakou -heute Vizebürgermeisterin unter Häupl- dies noch “Sozialverrat” genannt.

Doch der Gipfel der Zumutung gerade jener Partei, die immer behauptet, sozial zu denken (SPÖ), ist die Erhöhung der Gebühren für Trinkwasser um gleich 33 (!) Prozent. Und wie selbst die Bundeschefin der österreichischen Grünen, Eva Glawischnig, die Wasserabzocke (das teuerste Trinkwasser Österreichs) durch die rot-grüne Wiener Regierung verteidigen kann, ist mir gänzlich unverständlich.

Und während laut Berechnung der Arbeiterkammer (AK) die Einkaufpreise am Weltmarkt zwischen 2008 und 2001 drastisch (Gas -15,5 Prozent, Strom -17,5 Prozent) sanken, erhöhen die fest in SPÖ-Hand stehenden Wiener Stadtwerke dennoch drastisch ihre Preise: Um 23, 4 Prozent wurden zwischen 2008 und Juli 2011 die Gaspreise durch die Wien Energie erhöht. Und nun mit Oktober verteuert sich Gas für die Konsumenten um weitere 9,8 Prozent.

Aber anstatt als sozialdemokratische Partei die eigenen Ersparnisse durch günstigeren Einkauf in Form von Preissenkungen weiterzugeben, führen diese auch beim Strom zu Teuerungen: Die Konsumenten mussten von 2008 bis Juli 2011 Preissteigerungen beim Strom von 18,6 Prozent verkraften, so die AK. Es wird daher endlich ratsam sein, die E-Control online aufzusuchen und nach günstigeren Alternativen zur Wien-Energie sowohl bei Strom als auch bei Gas zu suchen. Die ebenfalls zu den Wiener Stadtwerken gehörenden Wiener Friedhöfe haben übrigens 2011 ihre Preise um bis zu über 40 Prozent erhöht.

Ich bin ja gespannt, wie lange die bislang treuen SPÖ-Wähler sich noch von ihrer “sozialdemokratischen” Partei abzocken werden lassen. Aber in typischer SPÖ-Manier wird man auch in Zukunft wieder den “bösen” Vermietern die Schuld zuschieben, wenn die Mieten aus verständlichen Gründen (weil die Abgaben an die Stadt ständig wachsen) auch steigen werden, anstatt das eigene unsoziale Vorgehen und die eigene Verantwortung für das Preistreiben in Wien einzugestehen.

Natürlich aber wäre unter anderen politischen Farben in Wien nicht alles besser als jetzt. Jedoch von Parteien, die anmaßend beanspruchen, dass die Wiener Lebensqualität ihrem Handeln entspringt oder diese durch “Autoenteigenung” erreicht werden kann und dass sie soziale Politik betreiben, erwarte ich mir – und viele andere sicher genauso- dass sie nicht ständig der Bevölkerung was angeblich Soziales vorlügen, sondern zugeben, dass es ihnen auch um nichts anderes geht als zu wirtschaften und dass es ihnen daher im Grunde relativ egal ist, wenn die Einwohner Wiens von allen städtischen Unternehmen jedes Jahr auf Neue immer noch mehr finanziell ausgeblutet werden.

Donnerstag, 10. Februar 2011, von Elmar Leimgruber

Die NATO, das Machtimperium des Wiener Bürgermeisters und seine Marionetten

Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der Initiator der Bundesheer-Diskussion

Eigentlich hatte ich ja gehofft, die Thematik und Problematik Wehrdienst und den nach außen hin dafür verantwortlichen österreichischen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) schon zur Genüge geschildert, analysiert und kommentiert zu haben. Doch leider nein:

Zum einen hat nun der inoffizielle Big-Boss der österreichischen Bundesregierung, der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, offiziell das bestätigt, was ich unlängst hier über die Zukunft der Bundesheere geschrieben habe. Doch dazu später in diesem Beitrag.

Und andererseits misslang letzten Freitag (4.2.) leider eine grossartige Chance, die Absetzung dieses unfähigen Verteidigungsministers. Natürlich hätte es eine eine Mehrheit dafür gegeben: Die Stimmung war denklich schlecht, hatte die SPÖ mit der plötzlichen Forderung des Aus für die Wehrpflicht ja das Koalitionsabkommen gebrochen, das den verpflichtenden Wehrdienst einzementiert.

Aber leider hat die ÖVP auch hier das gemacht, was sie seit der Entmachtung Wolfgang Schüssels und der Thronbesteigung Josef Prölls -bedauerlicherweise- von Monat zu Monat tragischer beweist: sie hat keinen wirklichen Standpunkt mehr, sondern maximal gewisse (und sehr flexible) Interessen: sie übernimmt seit Langem nicht mehr die nötige (und von der Bevölkerung zu Recht erwartete) Verantwortung für Österreich, sondern kreist einerseits orientierungslos rein um sich selbst, während sie andererseits dennoch insofern tätig ist, als sie durch Degradierung und finanzielles Aushungern der Familien ihre Stammwähler gezielt vertreibt. Und als ob das jahrelange anwidernde zuerst Bellen und dann Dauerkuscheln mit der SPÖ nicht schon reichen würde, hat die ÖVP bei dieser geheimen (!) Abstimmung über Darabos definitiv bewiesen, dass für sie eigentlich letztlich alles realativ ist, dass sie zwar gern lautstark brottelt, aber wenn es wirklich wichtig wird, Linie, Standpunkt und Charakter zu zeigen, jämmerlich versagt.

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass es wohl einen politischen “Kuhhandel” gab: ÖVP stützt Darabos und dafür bleibt der Steuervernichtungsposten Staatsholding ÖIAG weiter bestehen und die ÖVP darf sogar den Chef davon bestimmen. Aber ist das die Politik, wie wir sie als mündige Bürger wollen? Applaudieren wir Politikern, die von einer Boulevardzeitung dominiert werden? Eine Hand wäscht die andere und alles wird gut? Wollen wir nicht und verdienen wir nicht viel mehr starke Politiker-Persönlichkeiten, die aus Verantwortung für Österreich regieren und die Charakter haben und auch zeigen? Angesichts dieser Frage stelle ich mir nach all dem Vorgefallenen die Frage, ob (der für seine Profillosigkeit -vollkommen zu Recht- bei allen Wahlen abgestrafte) Josef Pröll wirklich der richtige Mann an der Spitze der ÖVP ist. Aber das mögen die parteiinternen Gremien und konstruktiven Kräfte in der ÖVP besprechen und gewissenhaft beantworten, so lange die ÖVP noch nicht gänzlich in der Bedeutungslosigkeit versunken ist.

Der Eurofighter könnte schon schon bald zur gemeinsamen Luftraumüberwachung zwischen Österreich und seinen “Nachbarländern” eingesetzt werden.

Natürlich heisst es nun von Seiten der ÖVP zur Rechtfertigung für ihre Charakterlosigkeit, dass das Koalitionsabkommen sofortige Neuwahlen bei Überstimmung des Koalitzionspartners vorsieht und dass man -auch bewegt durch aktuelle Wahlumfragen- derzeit keinesfalls Neuwahlen provozieren wollte. Klingt wie ein gutes Argument, ist es aber nicht. Denn erstens im Punkt Wehrpflicht hat eindeutig die SPÖ bereits vorher das Koalitionsabkommen gebrochen und der Kolitionspartner darf und soll -sofern er Linie hat- auch auf Einhaltung desselben bestehen. Und zweitens wollen beide regierenden Parteien ihre Macht nicht abgeben. Eine Mehrheit für die Misstrauensanträge (bewirkt durch Linientreue der ÖVP) hätte daher zwar zu einer unüberhörbaren Empörung und zu einem heftigen Koalitionskrach geführt (den wir aber eh schon länger erleiden müssen), es wäre aber dennoch nicht zu Neuwahlen gekommen, schon aus Angst vor einem möglichen neuen Bundeskanzler H.C. Strache. Also bleiben Feigheit oder Kuhhandel, vermutlich beides. Traurig.

Und noch was ist passiert, was ich am Beginn dieses Beitrags schon angedeutet habe: Was für mich als Beobachter von vorne herein klar war (und was ich auch in meinem Kommentar vom 27.Januar geschrieben habe) trifft nicht nur theoretisch zu, sondern auch praktisch. Und die Bestätigung hierfür kommt von keinem Geringeren als dem Initiator  der Linienänderung bezüglich Bundesheer in der SPÖ und dem Chefmacher der Republik, dem Wiener Bürgermeister Häupl: Er sprach aus und kündigte an, was offensichtlich ist: Zuerst wird die Wehrpflicht abgeschafft und dann findet die Einbindung des österreichischen Berufsheeres in eine europäische Verteidigungsstruktur statt. Man kann dazu stehen, wie man möchte. Aber es möge dann niemand in einigen Jahren wundern, dass die Zukunft Österreichs in der NATO bzw. in einer NATO-ähnlichen Struktur bereits beschlossen ist und dass dies (obwohl nach aussen hin was anderes verlautbart wird), selbstverständlich auch von der ÖVP mitgetragen wird.

Das klingt nach Verschwörung oder zumindest nach Spekulation? Es gibt nicht nur die diesbezügliche Ankündigung durch Häupl, sondern es folgten bereits konkrete Taten: EU-Abgeordnete von SPÖ und ÖVP sprechen ebenfalls bereits offen davon, Österreich in eine EU-Armee zu integrieren. Welch empörten Aufschrei hätte es noch vor wenigen Jahren in Österreich gegeben, hätte irgendwer die “immerwährende Neutralität” Österreichs in Frage gestellt. Und heute ist es vor allem die SPÖ, die diesen Prozess einleitet und all die sonst immer lauten ewig verdächtigen Kritiker, vor allem aus dem linken Lager schweigen gesittet.

Ich halte übrigens eine europäische Verteidigungsinstitution, in die auch Österreich integriert ist, durchaus für überlegenswert. Ich sage jedoch gleichzeitig: Erst mit der Abschaffung des Grundwehrdienstes und der Bildung eines Berufsheeres wird diese andere, neue nicht mehr neutrale militärische Rolle Österreichs in Europa erst ermöglicht. Wem also weiterhin diese “immerwährende Neutralität” Österreich von Bedeutung ist, tut gut daran, gegen die Abschaffung der Wehrpflicht einzutreten. Konsequentes Mitdenken ist daher bei den jetzigen Entscheidungen schon gefragt: Dann ist man in Zukunft zwar vermutlich in der Minderheit, aber man kann sich so später wenigstens nicht vorwerfen, ein bequemer, leicht manipulierbarer Mitläufer gewesen zu sein.

Aber letztlich ist die Zukunft Österreichs in der EU sowieso schon klar vorgegeben und eine große Mehrheit der Politiker (fast aller Parteien inkl. ÖVP) wird gemeinsam mit allen wichtigen Medien des Landes einen eindeutigen Standpunkt für die Abschaffung des Grundwehrdienstes vertreten, was auch zu einem klaren Pro-Ergebnis der diesbezüglichen Volksabstimmung führen wird. Und alles wird so kommen, wie es kommen muss: wie seinerzeit bei der Aufrüstung mit Eurofightern (Häupl fordert jetzt schon gemeinsame Sache mit “Nachbarländern” in der Luftraumüberwachung und SPÖ-Swobada will das “Tabu” NATO weg haben), so auch morgen im europäischen Heer.

Montag, 24. Januar 2011, von Elmar Leimgruber

Österreichischs Freiwilligenorganisationen laden ein

v.li.n.re.: Helmut Mödlhammer (Präsident des österreichischen Gemeindebundes), Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Wiens Bürgermeister Michael Häupl (Präsident des Städtebundes)
Foto: © Schaub-Walzer / PID

Im Rahmen des Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit präsentieren sich vom 25. bis 27. Jänner Österreichs Freiwilligenorganisationen im Wiener Rathaus. Sensibilisierung der Bevölkerung für den Wert und die Bedeutung von Freiwilligentätigkeit stehen im Vordergrund, betonten Hundstorfer, Häupl und Mödlhammer auf der Pressekonferenz unisono. Freiwilliges Engagement sei als “Schatz für die Lebensqualität” in Städten und Gemeinden unerlässlich für die Gesellschaft.

Die Europatour unter dem Motto “Freiwillig etwas bewegen” im Rahmen des Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit macht in allen 27 EU-Mitgliedstaaten Station. Beim Österreich Stopp vom 25. bis 27. Jänner 2011 zwischen 9.00 Uhr und 19.00 Uhr präsentieren rund 100 Freiwilligenorganisationen aus ganz Österreich drei Tage lang ihre vielfältigen Aufgabenbereiche in der Volkshalle des Wiener Rathauses. Freiwillig Tätige aus den unterschiedlichsten Bereichen stehen den Besuchern Rede und Antwort und bieten einen Einblick in ihre Arbeit.

Der erste Tag (25.1.2011) der Freiwilligentour umfasst die Themenschwerpunkte “Freiwilliges Engagement in jedem Alter – Jung und Alt” sowie “Gesundheit und Selbsthilfe”. Neben zahlreichen Vorträgenfindet um 16.00 Uhr eine Podiumsdiskussion über “Wert und Grenzen von freiwilligem Engagement junger Menschen” statt.

Der zweite Tag (26.1.2011) ist Sozialem und Integration gewidmet. Am Vormittag findet eine Fachdiskussion zu “Grenzen und Nutzen vonfreiwilligem Engagement im Sozialstaat” statt. In zahlreichen Vorträgen werden verschiedene Facetten von freiwilligem Engagement in Österreich und Europa vorgestellt. An einer Fachdiskussion zum Thema, die um 10.30 Uhr beginnen wird, werden Univ.-Prof. Ulrich Brand,
Professor für Internationale Politik an der Universität Wien, Karin Waidhofer vom Verein “Neustart”, Rudolf Wagner, Geschäftsführer von
pro mente, Marc Diebäcker, Vortragender für Sozialarbeit, Erich Fenninger, Geschäftsführer der Volkshilfe, sowie Vertreter der Arbeiterkammer und der Stadt Wien teilnehmen.

Den Abschluss des zweiten Tages der Europatour bildet eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion um 19.00 Uhr im Wappensaal des
Rathauses zum Thema: “Ehrenamt bei Blaulichtorganisationen – der Weg in die Zukunft”. Der Diskussion stellen sich u.a. Sozialminister
Rudolf Hundstorfer, Innenministerin Maria Fekter, der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der Präsident des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes Josef Buchta und der Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes Franz Schnabl.

Der dritte Tag der Tour (27.11.2011) steht im Zeichen der Sport-, Umwelt- und Blaulichtorganisationen, die die unterschiedlichsten Facetten ihrer Tätigkeiten präsentieren. An allen drei Tagen erwarten die Besucher interessante Einblicke in die Arbeit der Freiwilligenorganisationen, Diskussionen mit Vertreter der Politik und Experten,Präsentationen außergewöhnlicher Geschichten von Freiwilligen und ein buntes Rahmenprogramm.

Für Vertreter der Medien findet zudem am 25.1.2011 um 9.30 Uhr ein spezielles Medienseminar im Nord-Vestibül der Volkshalle statt, in dessen Rahmen Basiswissen zur Freiwilligenarbeit in Österreich und Europa vermittelt werden soll. Im Rahmen des Medienseminars werden u.a. Eva More-Hollerweger vom Institut für Interdisziplinäre Non-Profit Forschung an der WU-Wien und Univ.Prof. Arno Heimgartner vom Institut für Sozialpädagogik an der Universität Graz eine umfassende quantitative und qualitative wissenschaftliche Analyse über den Wert, das Ausmaß und die Bedeutung von Freiwilligenarbeit in Österreich vorlegen. Vertreter der Presse können sich zu diesem Medienseminar unter kommunikation@bmask.gv.at anmelden.

Dienstag, 16. November 2010, von Elmar Leimgruber

Wer rot-grün sät, wird tiefblau ernten

Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl und seine grüne Koalitionspartnerin Maria Vassilakou
Foto: © Elmar Leimgruber, redakteur.cc

Ja, ich gebe es zu: Ich hätte nicht gedacht, dass die Wiener SPÖ tatsächlich mit den Grünen eine Koalition in Wien bildet. Bis zum Schluss rechnete ich eher mit einem taktischen Schachzug Häupls, so lange mit den Grünen zu verhandeln, bis die Wiener ÖVP angekrochen kommt und um eine Regierungsbeteiligung bettelt.

Aber entweder die Wiener ÖVP hat sich schon damit abgefunden, dass die SPÖ mit den Grünen koaliert und hat daher auch -entgegen den Erwartungen Häupls- gar keine Versuche unternommen, doch noch in die Regierung zu kommen -was aber weniger mit Tapferkeit und Linie zu tun hat, sondern viel mehr mit Frust und Appetitlosigkeit, politisch tatsächlich was zu unternehmen und zu vollbringen. Und dieses Marionettenspiel Häupls ging daher nicht auf.

Oder aber, was genauso wahrscheinlich ist: Häupl hat in den Grünen das gefunden, was er vor den Wahlen angekündigt hat und auch nach den Wahlen umsetzt: er will allein regieren und niemanden neben ihn, der ihm da im Weg steht und “reinpfuscht”.

Wenn man Vizebürgermeisterin Renate Brauner kürzlich auf einer Pressekonferenz sagen hörte, dass das Wiener Budget, das soeben der Öffentlichkeit präsentiert wird, “natürlich ohne der Beteiligung der Grünen” entstanden ist (und man mit der Präsentation des Budgets nicht noch ein paar Tage zuwartet, bis die Koalition steht und es mit dem Koalitionspartner zumindest abspricht), dann sagt dies schon alles über die Qualität dieser rot-grünen Regierung aus.

Ja: Häupl hat in den Grünen offenbar das gefunden, was er suchte: einen Koalitionspartner, der alles, was ihn ausmacht und für seine Wähler wertvoll macht, aufgibt, nur um endlich auch mal regieren zu dürfen. Häupl kann also getrost seine Alleinherrschaft über Wien ausbauen und bei Bedarf in Verkehrsangelegenheiten hat er im Koalitionspartner sogar einen grünen Rammbock, um eigene Ziele und Ideen zu verfolgen.

Und genau so, wie die ÖVP jetzt schon mit Schmerz erkennen sollte, welche Wahlverluste  die Aufgabe der eigenen Prinzipien zugunsten des roten Übervaters (keine City-Maut mehr, keine Öffi-Jahreskarte um 100 Euro, dafür Ausbau der innerstädtischen Tiefgaragen…) bringt, so werden die Grünen spätestens bei den nächsten Wahlen erfahren, dass sie als Koalitionspartner von Häupls Gnaden auf Dauer ihre Anhänger in Scharen verlieren werden.

Die ÖVP hingegen kann Häupl von Herzen danken, dass er die Grünen zu seinem Anhängsel in Wien gemacht hat. Aber ich traue ihr leider zu, dass sie dennoch nicht aus ihren Fehlern lernt und dass im Gegenteil innerhalb weniger Jahre eine noch geringere Rolle in der Politik Wiens und in ganz Österreich (weil der Plan Häupl nach meiner Einschätzung auch da Richtung rot-grün geht) spielen wird, als sie jetzt schon abgesackt ist.

Bei den nächsten Wiener Gemeinderatswahlen in ein paar Jahren wirds also wohl -sofern sich das BZÖ inzwischen nicht kräftig erholt- nur mehr einen Zweikampf Häupl-Strache geben, sofern Zweiterem nicht inzwischen die Karriere beendet wird.

Und all jene, die sich seit Monaten für rot-grün in Wien stark machen, werden sich wundern, wie viele Wienerinnen und Wiener der rot-grünen Politik den Kampf ansagen werden und nicht schwarz oder orange wählen werden, sondern tiefblau ihren Protest ausdrücken werden. Und niemand möge dann jammern und sagen: ja warum hat uns das niemand gesagt?

Und ich werde dann antworten: Selbst schuld: Ihr wolltest ein rot-grünes Zeichen setzen. Und jetzt bekommt ihr die Antwort der Wähler darauf.

Montag, 8. November 2010, von Elmar Leimgruber

Volkspartei verzweifelt gesucht

Hier ruht die Österreichische Volkspartei. Sie ging nach schweren, zwar heilbaren, aber leider unbehandelten Krankheiten einsam und verlassen von uns.
Foto: © Leimgruber

Ja, ich leide. Und zwar gewaltig. Und das schon seit Jahren.

Nach der Demontage des fähigsten ÖVP-Politikers und Kanzlers seit Jahrzehnten hoffte ich noch auf eine Fortsetzung seines Kurses für Wirtschaftswachstum und für die Familien (aber gegen Schuldenpolitik), aber Wilhelm Molterer vermochte -leider erwartungsgemäss- nicht, in die Fussstapfen des grossen Wolfgang Schüssel zu treten. Und dann kam jene unglückselige von Michael Häupl und Erwin Pröll erfundene “Kuschel-Regierung” unter Werner Faymann und Josef Pröll.

Anfangs war ich ja noch irgendwie guter Dinge, weil die ÖVP-Ministerinnen und -Minister ein komplett neues, junges unverbrauchtes Team zu sein schienen. Doch schnell holte mich die Wirklichkeit ein. Die ÖVP hatte sich nach Wolfgang Schüssel leider als Volkspartei, als Partei für das Volk und besonders auch von den Werten einer christlich-sozialen Partei verabschiedet.

Nur eine Folge ihrer (von Häupl und Pröll natürlich gewünschten) billigen Anbiederung  an die SPÖ und der vollständigen Werte- und Orientierungslosigkeit bei allen Themen (ja hat die ÖVP überhaupt noch eigene Themen?) war für die ÖVP das katastrophalste Wahlergebnis ihrer Geschichte bei den Gemeinderatswahlen in Wien.

Aber anstatt dann endlich in sich zu gehen und nachzudenken, was falsch läuft, ging nicht nur alles gleich weiter wie bisher. Nein es wurde schlimmer: Josef Pröll glaubt offenbar immer noch, dass er der Macher ist und sich letztlich eh alles wunschgemäss arrangieren lässt.

Mit dem Regierungsbudget für 2011 aber hat die ÖVP alles verraten, was ihr einst wichtig war und was ihr Bedeutung und Vertrauen vieler Menschen in Österreich gab: Ausgerechnet bei den Familien zu sparen, die für jeden zukunftsorientierten Menschen und erst recht für Christen die Keimzelle der Gesellschaft sind, und ohne die Österreich letztlich aussterben wird, ist für die angeblich so sozial denkende SPÖ schon schlimm genug.

Noch viel schärfer trifft mein Vorwurf aber jene Partei, die einst für Kinder, für Familien, für Zukunft gestanden ist, auch und vor allem unter Bundeskanzler Schüssel. Und ja: mit jenem Programm wurden auch Wahlen gewonnen. Warum? Weil Familien mit Kindern nun mal die Zukunft Österreichs sind. Hier zu sparen und zu kürzen ist verantwortungslos und zeugt von politischer Kurzsichtigkeit, wie ich es nirgendwo sonst so krasse sehe.

Und dass dann Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner auch noch die langjährige ideologische SPÖ-Forderung nach mehr Kinderabstellplätzen anstelle von mehr Geld direkt für die Familien (wie bisher) zum ÖVP-Standpunkt erklärt, schlägt dem löchrigen ÖVP-Fass vollkommen den Boden aus und vertreibt die letzten treuen Wähler aus ihren Reihen. Die Volkspartei hat das Volk verraten, ja sie hat keine Ahnung mehr, was die Menschen brauchen, wollen, ja verdienen.

Ja, wenn man als Vizekanzler selbst ein stattliches Vermögen auf Staatskosten kassiert und daher keine finanziellen Sorgen hat, dann hält man es -genauso wie in der Zeit damals vor der Französischen Revolution- nicht für möglich, dass viele andere Menschen in Österreich (vor allem Familien) jetzt schon ums finanzielle Überleben kämpfen. Solche Ignoranz wird vom Wähler garantiert bestraft. Und das ist richtig so.

Da ist es nur konsequent, wenn die Wiener Wahlverliererin Christine Marek ihren Posten als Familienstaatssekretärin verliert (hat sie sich bezüglich Familie jemals für was stark gemacht, wenigstens ausserhalb des Wiener Wahlkampfs?), aber dafür “ganz Oppositionsführerin” im Wiener Gemeinderat wird.

Die eigentlichen Verantwortlichen für diese Orientierungslosigkeit der einstigen Volkspartei sitzen aber ganz oben. Und -wie mir scheint- dürfte selbst “Co-Königsmacher” Erwin Pröll immer noch nicht gemerkt haben, welches Spiel der eigentliche SPÖ-Chef und Kanzler Häupl -angeblich aus Freundschaft zu ihm und für Österreich- treibt: eine Alleinherrschaft der SPÖ verbunden mit der totalen Vernichtung der ÖVP. Lange wirds ja nimmer dauern: Prölls sei Dank.

Weitere politische Kommentare (Auswahl):

- zum Budget 2011

- zum Wiener Wahlergebnis

- im Vorfeld der Wien-Wahl

- zur Machtergreifung der SPÖ im ORF

- über Freie Medien

- über die österreichische Bundesregierung

- über den Medienmacher Hans Dichand

- über HC Strache

- über SPÖ Niessl

- über Helmut Zilk

- über Bruno Kreisky