Mit ‘Europa’ getaggte Artikel

Freitag, 25. Juni 2021, von Elmar Leimgruber

Apocalypse Now – Analyse zum Zeitgeschehen

Ja, es sieht düster aus in Europa und auf der Erde:
Wir tun zwar so, von Politikern -egal welcher Farbe- ermutigt, als ob alles in Ordnung wäre und wir alles geschafft hätten.

Aber: Geben wir uns vielleicht einer Illusion hin?

Keine Frage: Wir benötigen Illusionen, Hoffnungen und Träume, ja gar Visionen, um nicht zu resignieren und unterzugehen.
Aber was haben wir jetzt in den letzten Monaten -rational betrachtet- geschafft?

Haben wir die Corona-Pandemie -deren Gefährlichkeit (für mich vollkommen nicht nachvollziehbar!) nach wie vor sehr viele Menschen anzweifeln- inzwischen bewältigt?

Hat der gemeinsame Kampf ums eigene Überleben uns zu besseren, sozialeren, mitfühlenderen Menschen gemacht, denen es zunehmend nicht mehr um uns selbst geht, sondern um das Gemeinwohl?
Ich fürchte, vielfach ist das Gegenteil dessen eingetreten:

Die “Werte” haben sich offenbar verändert:

So manche der Menschen, die ich teils seit Jahrzehnten vor allem aufgrund jahrelanger ähnlicher politischer und gesellschaftlicher Standpunkte ausserordentlich schätze, habe ich entweder jahrelang vollkommen falsch eingeschätzt oder sie haben aufgrund der aktuellen Situation ihre bisherige Einstellung vollkommen über Bord geworfen.

Anstatt wie in manchem anderen Staat -zu Recht- die Menschen auf die Strassen gegangen sind, weil ihre Regierung nichts unternommen hat, um sie und ihre Lieben gegen eine weltweite Epidemie zu schützen und das Virus in Folge Millionen an Menschen getötet hat, stört bei uns viele selbst schon ein kleines Stück Stoff, das vor allem im Sommer zwar sehr unangenehm ist, aber Menschen schützt:

Und auch wenn jetzt so manche mit einem verständnislosen Kopfschütteln reagieren mögen:

Unsere Regierenden in Europa haben jetzt sicher nicht immer alles richtig oder klug gemacht und vor allem nicht nachvollziehbar erläutert. Aber dennoch sollten wir ihnen dafür dankbar sein, dass sie selbst einen schweren Wirtschaftseinbruch in Kauf nahmen, um unser aller Leben zu schützen. Die Gefahr kommt wohl nicht von 3G oder 5G, sondern vielfach daher, dass wir einfach gern das lesen und das glauben, was unsere Einstellung bestätigt, anstatt das zu suchen, was Fakt ist, ob es uns nun passt oder nicht, selbst dann, wenn wir uns dabei selbst hinterfragen müssen.

Eigentlich hätte ich mir ja erwartet, dass wir alle aufgrund unserer gemeinsamen Auslieferung an ein heimtückisches Virus näher zusammenrücken und uns mit allen nötigen Massnahmen alle gegenseitig darin unterstützen, dass wir möglichst alle heil durch diese Pandemie kommen.Ich dachte immer, wir sind uns alle darin einig, dass das Gemeinwohl ein hohes Gut ist und zuweilen gerade in Krisenzeiten über dem eigenen Wohlbefinden stehen darf und muss. Ich dachte bislang, Eigenverantwortung bedeutet, dass wenn es Probleme gibt, die Menschheit -gerade wenn reale Nähe gefährlich ist- zumindest gedanklich eng zusammenrückt und ausnahmslos alle alles unternehmen, um nicht nur sich selbst, sondern auch alle anderen zu schützen.

Und wie sieht die Realität aus? Die Ernüchterung ist fatal: Die Uralt-Floskel ist realer denn je: „Jeder ist sich selbst der Nächste und wenns drauf ankommt, ist es mir egal, was dem anderen passiert, Hauptsache, mir selbst gehts gut.“ Das jedoch war immer schon und ist immer der beste Nährboden für Diktaturen.

Alle Menschen sind gleich, aber es gibt offensichtlich auch die anderen, die auf dem Standpunkt stehen , dass Eigenverantwortung nicht das bedeutet, was es eigentlich bedeutet (für sich UND für andere Verantwortung zu übernehmen), sondern naiv frei nach Pippi Langstrumpf: „Ich mache mir das Leben, wie es mir gefällt“; und wenn ich andere damit gefährde: mir auch egal: es geht ja nur um mich.

Jetzt möchte man vielleicht annehmen, dass wir es hier um eine ideologische Kluft zwischen den so genannten Reichen und den so genannten Armen handelt. Aber nein: dem ist nicht so:

Diese problematische und unsolidarische Einstellung, die zutiefst unserer menschlichen Würde entgegensteht, zieht sich über alle Gesellschaftsschichten von reich bis arm und auch durch alle politischen Lager von ganz links bis ganz rechts. Und den Verantwortlichen wird abverlangt, diese Egomanie-Politik ebenfalls zu forcieren.

Diese für mich ernsthaft problematische Grundeinstellung in der westlichen Welt schockiert mich zutiefst.

Ja ok: Natürlich ist in Europa nicht unendlich Platz für Menschen aus vollkommen fremden Kulturen, die ihre eigene Heimat -vor allem mit europäischer Hilfe weit besser vor Ort- verändern könnten. Ich habe vollstes Verständnis für den Standpunkt, dass in Europa nicht Platz auch für den Rest der Welt ist.
Dennoch ist damit zu rechnen, dass spätestens ab Sommer 2022 weitere Hunderttausende an Menschen aus Afrika nach Europa drängen werden und das wirtschaftlich geschwächte Europa wird sehen müssen, nach der Corona-Epidemie im Frühjahr kommenden Jahres sich wirtschaftlich wieder zu erholen und auch nicht Probleme aus anderen problematischen Ländern zu importieren.

Aber warum ticken die Menschen auch im eigenen Umfeld hier in Europa zunehmend so egoistisch, nicht nur Zuwanderern aus Drittländern gegenüber, sondern sonderbarerweise auch der eigenen einheimischen Bevölkerung, ja sogar dem eigenen gesellschaftlichen privaten Umfeld gegenüber? Darüber sollten wir uns ernsthaft Gedanken machen.

Und Ja: Natürlich gibt es zusätzlich auch eine immer stärker werdende Kluft zwischen arm und reich.
Aber eine so genannte „Umverteilung von oben nach unten“ ist nicht nur irrational und unrealistisch, sondern führte zu einem vollkommenen Zusammenbruch des Wirtschaftslebens:

Nur wer die entsprechenden finanziellen Mittel hat (also nicht staatsseitig immer mehr steuerlich enteignet wird), kann neue Betriebe eröffnen und damit neue Arbeitsplätze schaffen und damit den langfristigen Wohlstand möglichst Vieler sichern. Vereinfacht ausgedrückt: Grosser Wohlstand Einiger schafft Wohlstand für viele.

Natürlich klingt es schön und vorbildlich, wenn jetzt selbst Superreiche fordern, höher besteuert  zu werden. Aber wie sieht die Realität aus?

Je mehr einer hat, desto mehr versucht er, Steuern zu „sparen“:
Wenn also jene Supereichen tatsächlich so freigiebig wären, wie sie sich gern darstellen: warum zahlen sie dann nicht freiwillig einen Grossteil ihres Vermögens an den jeweiligen Staat (also weder an Parteien, noch an Politiker, sondern an den Staat als Institution), von dem sie -zumindest in einer Demokratie- zu Recht erwarten können, dass er damit ihre Steuern sinnvoll nach „unten“ verteilt? Das wäre doch mal innovativ und glaubwürdig und nicht nur plakativ. Dies wäre vorbildlich und würde die europäischen Staaten darin unterstützen, die durch die Bekämpfung der Pandemie angehäuften Schuldenstände effektiv abzubauen:
Also liebe steuerfordernde und -willige Superreiche: Bitte schnell selbst freiwillig erhöhte Steuern zahlen: Also zahlen anstatt zu fordern.

Und was mich in diesem Zusammenhang ebenfalls massiv stört:
Seit Jahren mehren sich die Stimmen jener, die Verteuerungen in allen Bereichen fordern. Und was seit einem Jahr zu erwarten war, ist bereits jetzt Realität: Wir haben bereits eine massive Teuerung in allen Bereichen, was aktuell -trotz keiner Erdölkrise- besonders an der Zapfsäule bemerkbar ist.

Obwohl sie erwartbar war: die Inflation darf so nicht weitergehen. Dies würde immer mehr Menschen in die Armut treiben.
Aber selbst die zunehmenden Forderungen nach Verteuerungen und Preiserhöhungen kommen inzwischen quer über alle politischen Lager. Warum regt sich dagegen kein Widerstand der sonst oft so übereifrigen Demonstranten?

Als besonderes Argument pro Preiserhöhungen muss  zunehmend die Klimakrise herhalten. Mal abgesehen davon, dass niemals alle Staaten der Erde (beinahe nur Europa ist so naiv) sich im Kampf gegen den Klimawandel beteiligen würden: Und obwohl fast allen klar ist, dass es sehr unrealistisch ist, dieses Phänomen tatsächlich nachhaltig aufzuhalten, treibt man durch sinnlose öffentliche Angstdebatten Kinder und Jugendliche in die Psychiatrie und durch Straf-Steuern die Staaten zunehmend noch mehr in die Schuldenfalle.

Zudem: Wir alle brauchen immer mehr Energie in jeder Hinsicht. Und Energie -egal wie hergestellt- ist nun mal teuer und kann -allseitig betrachtet- gar nicht klimaneutral sein.

Natürlich sind Investitionen in nachhaltige Energien langfristig sinnvoll. Forschung und Entwicklung müssen auch in diese Richtung gehen, jedoch nicht um jeden Preis:

Es kann und darf -entgegen dem öffentlichen Bestreben fast aller Parteien- nicht eine Entwicklung forciert werden, in der nur mehr Reiche fliegen dürfen, nur mehr Superreiche sich Fahrzeuge Sprit, Strom, Fleisch und andere Nahrungsmittel leisten können:

Ich mache mir also ernsthafte Sorgen um unsere Zukunft und um die unserer Nachkommen:
Angst ist zuweilen notwendig, um uns auch vor tödlichen Gefahren zu schützen, aber sie darf nicht unser Leben bestimmen.

Wir sind -einfach ausgedrückt- vielfach ein verwöhntes undankbares Pack, welches es gewohnt ist, immer alles gleich und sofort zu haben, was wir uns einbilden haben zu müssen.
Aber Einschränkungen unserer persönlichen Freiheit -zuweilen auch selbstgewählte- gehören zu unserem Leben dazu: Sie sind manchmal lästig, aber oft dennoch nötig: auf der Beziehungsebene genauso wie im Alltag mit unbekannten Menschen.

In Zeiten der Corona-Pandemie ist es daher eine Frage auch unserer Eigen-Verantwortung, selbst jetzt im Sommer nicht nur uns selbst, sondern auch unser auch unbekanntes Umfeld unter anderem durch das lästige, aber sinnvolle Tragen von Masken, durch Impfungen und Tests zu schützen, um zu verhindern, dass wir in diesem Herbst und Winter die Spitäler mit Kindern und Jugendlichen gefüllt haben: Mit Letzterem rechne ich leider.

Genauso müssen wir uns aber auch jetzt schon politischen Plänen widersetzen, die darauf hinauslaufen, dass wir in Zukunft zunehmend immer mehr Arme unter uns haben werden, die sich ihr Leben kaum leisten können: Wer Preiserhöhungen, egal ob bei Fleisch oder Energie -in welcher Form auch immer- oder Flüge oder Kleidung oder andere Waren fordert, treibt damit unweigerlich Menschen sogar im eigenen Land und in der eigenen Stadt mit Sicherheit nachhaltig in die Armut.

Also was jetzt?
„Apocalypse Now“?

Was den Klimawandel betrifft, mit Sicherheit nicht: Unsere Mutter Erde ist seeehr geduldig mit uns Menschen und wird sich auch weiterhin immer den Umständen anpassen.

Und was Armut und Wohlstand betrifft:
Die vor allem von linken Parteien und Organisationen angeheizte Neiddebatte, löst keine Probleme und hilft niemanden, ist jedoch gesellschaftlich brandgefährlich.
Eine freiwillige „Umverteilung“ von oben nach unten ist jedoch durchaus sinnvoll, um zu verhindern, dass die Unterschiede zwischen arm und reich zu groß werden: Wer Milliarden hat und sie samt Erben niemals konsumieren könnte, darf und soll diese gern anderen zur Verfügung stellen, damit diese auch menschenwürdig leben können. Das würde menschliche Größe beweisen.
Und wir alle sind mitverantwortlich, Politiker (nicht Parteien!) zu fördern und zu unterstützen, welche gegen Verteuerungen auftreten und die damit verhindern, dass Menschen zunehmend in die Armutsfalle tappen.
Weil wir mehr in der Hand haben, als uns vielleicht bewusst ist: in fast allen Fragen. Noch.

 

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Sonntag, 8. November 2020, von Elmar Leimgruber

EU sei bereit: “America First” wird fortbestehen (Analyse)

Foto: Gage Skidmore

Seit heute Nacht ist die freie Welt irgendwie eine andere: Donald Trump wurde von seiner Bevölkerung abgewählt. Der neue US-Präsident heisst Jo Biden. Und die gesamte Welt setzt grosse Hoffnung auf ihn. Wird er diesen hohen Erwartungen entsprechen (können)? Wohl eher nicht:

Egal wie man zu Donald Trump als US-Präsident stand: Diplomatie war nicht seine Stärke und so wussten sowohl die Amerikaner als auch die restliche Welt -vor allem über Twitter- wofür er stand und was er wollte: Das war zwar -entsprechend seinem problematischen „ich zuerst“-Charakter- teils sehr wechselhaft und gar „zickig“. Aber zum einen muss man ihm zugestehen, dass die US-Wirtschaft unter seiner Präsidentschaft durchaus Höhenflüge erlebte und zum anderen auch aussenpolitisch durch seinen harten Kurs erstaunlich viel funktionierte.

Joe Biden wird wohl nachträglich unter anderem auch hier mit seinem Vorgänger verglichen werden und zwar nicht nur von den Wählern seines abgeschlagenen politischen Gegners. Biden wird daher beispielsweise wohl den harten Wirtschafts-Konkurrenzkampf gegen China nicht nur fortsetzen, sondern vermutlich verstärken. Ja: Biden wird weit sympathischer auftreten und stilvoller sprechen, aber inhaltlich wird sich wohl eher wenig ändern, vermute ich.

Doch Einiges vielleicht doch und zwar im Gesundheitsbereich: Der Kampf gegen Corona, den Donald Trump energisch verweigerte, muss endlich (hat Biden auch schon angekündigt) beginnen: 238.000 Tote sind genug. Und auch dies ist notwendig: Die Krankenversicherung für alle (Obamacare) wird wohl wieder flächendeckend eingesetzt.

Biden hat zugesagt, die gespaltenen Vereinigten Staaten einen zu wollen und Präsident aller Menschen zu sein. Auch dies wird ihm vermutlich -bedingt auch durch den aggressiven Verlierer provoziert- um Einiges schwerer fallen, als man ihm wünschen würde. Dann müsste er möglichst alles an Massnahmen vermeiden, weswegen die konservative Wählerschaft ihm die Stimme verweigert hat: Daran zweifle ich sehr.

Ok, der Oberste Gerichtshof der USA ist jetzt mehrheitlich konservativ besetzt und dieser würde vermutlich im Zweifelsfall auch so agieren. Insofern herrscht nun mit Biden als Linksliberalen ein gewisses Gleichgewicht der politischen Kräfte in den USA, das durchaus wünschenswert ist.

Dass Kamala Harris nicht nur die erste Frau als Vizepräsident der USA ist, sondern auch Migrationshintergrund hat, kann förderlich sein, um ethnische Spannungen im zerstrittenen Land zu entschärfen zu versöhnen: dies wäre wünschenswert.

Und auch wenn der Spruch „America First“ nicht seiner ist: er ist inzwischen sosehr im US-Volk und in der Wirtschaft verwurzelt, dass Biden diesen zwar nicht aussprechen, aber dennoch fortsetzen wird. Dies wird wohl auch die Zusammenarbeit mit Europa im Rahmen der NATO betreffen:

Biden wird zwar vermutlich nicht mehr unzivilisiert gegen die EU „trumpeln“, sie aber dennoch weiter klar vor die Alternative stellen: Entweder man bezahlt die USA oder diese kümmert sich eben auch militärisch nur mehr um ihre eigenen Interessen, nicht mehr um jene Europas. Darauf sollte man in Europa vorbereitet sein und entsprechend überlegen, was man künftig (nicht mehr) will. Dann wird man hierfür aber auch die Verantwortung für die Konsequenzen übernehmen müssen.

Wer sich jetzt also einen „harmlosen Opa“ als US-Präsident freut, könnte schon bald hart erwachen: Es gilt daher jetzt, von vorne herein dem neuen US-Präsidenten gegenüber wohlwollend zu sein, sich jedoch gleichzeitig darauf einzustellen, dass ein sinnvoller und langfristig erfolgreicher Weg für Europa und die EU nur ein gemeinsamer mit den USA und ihrem jeweiligen Präsidenten sein kann und nicht gegen sie:

Na dann: EU und USA: Auf eine gute Zusammenarbeit!

Montag, 26. März 2018, von Elmar Leimgruber

EU-Zukunft: National-Staaten oder geeintes Europa der Völker (Analyse)

Aktuell kann man als externer Beobachter am spannenden Thema Katalonien, Spanien, EU nicht vorbei, ohne kritisch zu hinterfragen:
Wie ist es möglich, dass innerhalb des Schengen-Raums, in dem angeblich keine Grenzkontrollen mehr stattfinden sollen, offenbar zwar nicht Menschen aus dem außereuropäischen Raum kontrolliert und  an der Durch- oder Weiterreise gehindert werden, aber dafür jetzt ausgerechnet ein offensichtlich politischer Häftling aus der EU-Zone?

Ja,es irritiert schon gewaltig, wenn ausgerechnet das EU-Land Deutschland den ex-Regierungschef eines Landes innerhalb der EU verhaftet, obwohl er sich keines international ächtbaren Verbrechens schuldig machte, sondern lediglich eine demokratische Volksabstimmung durchführen ließ, was in Folge zu einem internationalen Haftbefehl führte: Allein das ist schon kurios genug.

Die Rede ist von Carles Puigdemont, seit 2016 demokratisch gewählter Regierungschef von Katalonien. Diesem wurde von der spanischen Nationalregierung -mit Bezug auf die -sicherlich abänderbare- spanische Verfassung- nicht nur verboten, seine Bevölkerung demokratisch über den Verbleib bei Spanien abstimmen zu lassen, sondern es wurde ihm auch die Verhaftung wegen Hochverrats (Rebellion und Aufwiegelung) angedroht und auch die Bevölkerung davor gewarnt, ihn zu unterstützen. Und auch von Seiten der EU, die sich ansonsten gern für Grenzenlosigkeit und Aufhebung der Nationalstaaten einsetzt, stellte sich hinter die spanische National-Regierung, und dies zu einem Zeitpunkt, als eine Mehrheit der Katalanen gar null Interesse hatte, über einen Ausstieg aus Spanien überhaupt zu denken, ganz zu schweigen, darüber abzustimmen. Erst die Drohungen Madrids und teils gewalttätige Einsätze der aus Madrid entsandten Polizei sowie die unsolidarische Haltung der EU brachte immer mehr Menschen in Katalonien zum Umdenken.

Puigdemont rief dennoch nicht zu Gewalt gegen den Nationalstaat Spanien auf, sondern ließ einfach trotz der Straf-Androhung Madrids die Katalanen in einer Volksabstimmung demokratisch über den Verbleib bei Spanien selbst entscheiden. Nach dem Mehrheitsentscheid der Katalanen, ein eigenständiger Staat werden zu wollen, verließ aus politischen Gründen das eigene Land aus Sorge, verhaftet zu werden und floh nach Brüssel in der Hoffnung, dass ihm die EU, der er voll vertraute, in seinem Anliegen unterstützen würde.

Puigdemont wurde in Belgien zwar nicht verhaftet, er konnte aber auch mit keinerlei Unterstützung rechnen. Die spanische National-Regierung indes setzte Puigdemont als Regierungschef ab, ließ weitere Spitzenpolitiker der Katalanen verhaften und setzte eine von Madrid aus national gelenkte Regierung in Katalonien ein. Doch die Katalanen ließen sich nicht beirren und solidarisierten sich mit ihrem ex-Regierungschef. Und sicherlich durch die nationale Härte und Unverhältnismässigkeit des Nationalstaates Spanien gegenüber Katalonien und seinen Menschen bedingt kam es auch bei der folgenden Neuwahl in Katalonien zu einer Bestätigung des politischen Kurses von Puigdemont: Eine knappe Mehrheit der Katalanen unterstützt trotz verschiedenster Drohungen Madrids den politischen Kurs von Puigdemont will inzwischen offenbar nicht mehr von Madrid aus national regiert werden, sondern bevorzugt wohl einen eigenen Staat Katalonien innerhalb der Europäischen Union.

Aber anstatt in einen offenen und konstruktiven Dialog mit Puigdemont zu setzen, wählte die spanische Nationalregierung weiterhin die Konfrontation und stellte einen internationalen Haftbefehl aus, obwohl es sich hier eindeutig nicht um ein international ahndbares Verbrechen handelt, sondern um eine Verfolgung eines Andersdenkenden aus national-politischen Gründen.

Da Puigdemont in Spanien wegen seiner friedlichen Abhaltung einer demokratischen Volksabstimmung Haft droht (die sein Stellvertreter und weitere gewählte Abgeordnete in Katalonien bereits absitzen), entschied er sich, vorerst nicht nach Katalonien zurückzukehren. Als er von einem Gastauftritt in Helsinki in sein freiwilliges Exil Belgien zurückkehren wollte, wurde Puigdemont am Grenzübergang zwischen Dänemark und Deutschland von deutschen Behörden verhaftet.

Als Dänemark im vergangen Jahr angekündigt hatte, aufgrund der Flüchtlingskrise die Grenzübergänge zu Deutschland massiver zu kontrollieren, gab es massive Kritik aus Deutschland. Dass jedoch Grenzkontrollen -abseits von Flüchtlingsströmen- perfekt funktionieren, beweist nun der Fall Puigdemont. Wird er von Deutschland nach Spanien ausgeliefert, drohen ihm nicht weniger als 30 Jahre Haft (!) für „Aufstand“ und Veruntreuung national-spanischer Gelder für sein Unabhängigkeits-Referendum.

In Deutschland und anderen Ländern werden nun Stimmen laut, Puigdemont auf keinem Fall nach Spanien auszuliefern, weil er eben ein politisch verfolgter Flüchtling sei und demnach selbstverständlich Schutzstatus in Deutschland geniessen müsste.

Mal abgesehen davon, dass das Krisenmanagement der spanischen Zentralregierung bereits vor dem Volksentscheid in Katalonien äußerst unprofessionell, wenn nicht gar chaotisch war und daher erst indirekt die Menschen zu den Urnen trieb:

Die viel wichtigere Frage in diesem Fall scheint mir aber die EU zu sein. Warum stellt sich diese -wenn überhaupt- eher hinter die spanische Nationalregierung und plädiert nicht wie beispielsweise beim Kosovo hinter die demokratische Entscheidung der Bevölkerung eines Landes? Wofür steht die EU zukünftig?

Ist die EU vielleicht noch gar nicht EU-reif?

Einerseits plädiert sie nach vor nicht nur für die Grenzenlosigkeit innerhalb der EU, sondern für die zunehmende Entmachtung ihrer National-Staaten zu Gunsten eines geeinten Europa beziehungsweise der „Vereinigten Staaten von Europa“. Und andererseits stützt sie -wie im Fall Katalonien sichtbar- genau diese Nationalstaaten massivst.

Wohin also soll die Zukunft Europas gehen? In eine Art zentralistisch dominierte Alibi-Vereinigung der EU-Nationalstaaten, wo man jeweils nur Befehlsempfänger aus Brüssel ist, und die dort beschlossenen Anliegen im eigenen National-Staat umsetzt? Oder geht es in Richtung der ursprünglichen Idee eines geeinten Friedensprojekts Europa der unterschiedlichsten Völker (nicht übereinstimmend mit den jetzt aktuellen Staatsgrenzen der Länder), die in wichtigen Fragen der Wirtschaft, der Finanzen und der Sicherheit einen gemeinsamen europäischen Weg gehen, aber ansonsten gerade durch ihre kulturelle Vielfalt die Buntheit Europas darstellen?

Die EU mit allen ihren Mitgliedsstaaten muss sich jetzt entscheiden zwischen weiteren Konflikten in ihren Grenzen oder für eine friedlich-versöhnte Zukunft:
Es gilt, bereits heute die richtigen Weichen zu legen für eine friedliche Zukunft in Europa: Stärkt man weiterhin -ohne Rücksicht auf die geschichtlichen und kulturellen Besonderheiten- einfach die einzelnen National-Staaten (weil man fälschlicherweise annimmt, damit alles besser unter Kontrolle zu haben), sind europaweite Konflikte, vielleicht sogar Bürgerkriege nicht nur wie aktuell in Spanien, sondern beispielsweise auch in Belgien, Italien oder Großbritannien zu erwarten. Auch nur zu wünschen, dass Menschen, die an sich schon politisch unzufrieden sind, dann bereit wären, diese EU auch noch im Kriegsfall zu verteidigen, wäre scohn illusorisch: Nicht unterdrückte, sondern nur freie Menschen sind bereit, für ihre Ideale auch zu kämpfen.

Entscheidet man sich hingegen jetzt endlich für ein gemeinsames Europa der Völker, wo alle Bevölkerungsgruppen (von denen wohl ausnahmslos alle im EU-Raum verbleiben möchten und damit die Kontinuität sichern), vor allem sprachliche und kulturelle Minderheiten innerhalb der EU ernstgenommen und gewürdigt werden, ist dies das stärkste Fundament, im Zweifelsfall auch für dieses Europa, das einen nicht im Stich lässt, einzutreten und es selbst im Kriegsfall zu verteidigen, weil: Wir alle sind Europa.

Weitere spannende Beiträge zum Thema: EU und Europa:

- Nein zum Grexit

- Europa braucht eine zweite Chance

- Die kapitalistischen Alt-68er und die Vernunft des Volkes

- Wenn die Menschen vernünftig wählen würden…

- Thilo Sarrazin in Wien

- Euro-Kritiker Hankel: Stronach ist “Anfang eines neuen Europa”

- Studie: Banken in Not

- Der EU-Reformvertrag und seine österreichische Lösung

- Schuldenbremse. Jetzt!

- Der Weg aus dem Würgegriff der Finanzmärkte

- Griechenland und die Zukunft der EU

- Ja zu einer Europäischen Zentralregierung

- Reichtum und Armut in den EU-Regionen

- Die Schuldenbremse und der falsche Weg

- Inflation in der Eurozone steigt

- Jan Böhmermann und die Grenzen der Satire (Kommentar)

- Weitere EU-Länder in Wirtschafts-Troubles

- Europa, Ja bitte!

Donnerstag, 15. Juni 2017, von Elmar Leimgruber

Seit heute (15.6.2016) ist (fast) Schluss mit Roaming-Gebühren in der EU

Handy-Telefonierer im europäischen Ausland können sich freuen: Ab heute, 15. Juni 2017, gelten EU-weit neue Roaming-Regeln, die es ermöglichen, im Eu-Ausland ohne Zusatzkosten zu telefonieren und zu SMS-sen. Das Internet-Surfen im EU-Ausland ist künftig ebenfalls inklusive, allerdings mit Einschränkungen.

Und: Wer vom EU-Heimatland aus in ein anderes EU-Land telefoniert (ist nicht Roaming!), muss künftig wohl mehr bezahlen. Außerdem wird befürchtet, dass die Inlandstarife durch die Mobilfunkbetreuer erhöht werden. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) fasst die wichtigsten Punkte zum neuen EU-Grundsatz „Roam like at Home“ zusammen:

1.       Als (internationales) Roaming gelten nur Telefonate, SMS und Datenübertragungen im Ausland, eingewählt in einem Mobilfunknetz des Reiselandes. Telefonieren von Österreich ins Ausland ist kein Roaming, vom Ausland (siehe Punkt 2.) nach Österreich aber schon.

2.       Die neue Roaming-Regelung gilt für die EU und für Liechtenstein, Island und Norwegen. Die Neuregelung gilt aber NICHT in der Schweiz oder in der Türkei und genausowenig in den USA oder anderen Staaten. Auch auf Kreuzfahrtschiffen, Fähren und in Flugzeugen gelten die Regelungen der Roaming-Verordnung nicht, es können hier daher enorme Kosten entstehen.

3.       Es gilt prinzipiell der Grundsatz „Roam like at Home“: Das bedeutet, dass die im Tarifpaket inkludierten Freieinheiten im EU-Ausland wie zuhause genutzt werden können. Bei Tarifen ohne inkludierte Einheiten fallen für verbrauchte Minuten, SMS und MB die gleichen Kosten wie im Inland an (maximal darf der Preis in ein anderes österreichisches Netz, falls dies unterschiedlich verrechnet wird, verrechnet werden).

4.       Bei manchen Tarifen kann es jedoch für Datenroaming Volumenbegrenzungen („Fair Use Limits“) geben, die nach einer Formel für jeden Tarif individuell berechnet werden. Darüber, ob es für den Tarif ein Limit gibt und wenn ja, wie hoch das Datenvolumen ist, das der Konsument im EU-Ausland aufschlagsfrei nutzen kann, muss der Anbieter den Konsumenten informieren. Wenn das Volumen ausgeschöpft ist, muss der Betreiber eine Information per SMS schicken.

5.       Zudem gilt wie bisher, dass Betreiber eine Kostengrenze für Datenroaming bei höchstens 60 Euro anbieten müssen. Sind 80 bzw. 100 Prozent dieser Kostengrenze verbraucht, muss der Anbieter den Konsumenten per SMS benachrichtigen. In dieser Nachricht steht, was getan werden muss, um Datenroaming weiter nutzen zu können. Ansonsten werden Datendienste bis zum Ende der Rechnungsperiode gesperrt.

6.       Die “Fair Use Policy“ soll es den Betreibern ermöglichen, Missbrauch zu verhindern: Der Anbieter kann zur Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung von Roamingdiensten einen Nachweis über den gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich bzw. eine stabile Bindung nach Österreich verlangen. Dieser kann z. B. durch Meldezettel, Nachweis einer Vollzeitbeschäftigung oder Studiumsbestätigung erfolgen. Wer sich überwiegend (mehr als zwei Monate im Beobachtungszeitraum von vier Monaten) im EU-Ausland aufhält und die SIM-Karte überwiegend im EU-Ausland nutzt, wird vom Betreiber darauf hingewiesen und hat dann die Möglichkeit innerhalb von 14 Tagen sein Nutzerverhalten zu ändern, sonst können zusätzliche Kosten anfallen. Dem gleichgestellt sind eine lange SIM-Inaktivität mit vorwiegender oder ausschließlicher Nutzung im EU-Ausland bzw. Verträge für mehrere SIM-Karten und deren aufeinanderfolgende Nutzung durch denselben Kunden.

7.       Telekomunternehmen können auch Tarife ohne Auslandsnutzung anbieten. Diese SIM-Karten funktionieren im Ausland gar nicht. Erkundigen Sie sich daher vor Vertragsabschluss darüber, ob Ihr Vertrag Roaming inkludiert.

Mittwoch, 9. November 2016, von Elmar Leimgruber

Don’t Worry and Keep Cool! – Analyse zum US-Wahlergebnis

Wow: Jemand, der (offiziell!) lügt wie gedruckt, der Frauen und Minderheiten verspottet, der auf jedem verbal herumtrampelt, der ihn gerade ärgert, der keinerlei Respekt vor irgendwem zu haben scheint, ist offenbar 45. Präsident der USA und damit der mächtigste Mann der Welt: Donald Trump.

Ein Grund zum Jubeln? Keinesfalls: Trumps Herrschaft könnte tatsächlich sehr gefährlich sein. Zu sprunghaft und widersprüchlich wirkten seine Aussagen zu diversen wichtigen Themen im Wahlkampf. Daher sind die ernsthaften Sorgen in Europa durchaus angebracht. Aber was wird befürchtet?

Dass Trump mit „America First“ (erinnert mich übrigens an das “Österreich zuerst” der FPÖ) ernstmacht und Handelsabkommen fallen? Dass die USA sich in keinen kriegerischen Konflikt mehr einmischen und auch den „Kampf gegen den Terror“ beenden wird? Dass die USA bei einem innereuropäischen Thema (wie vor Jahren dem Jugoslawien-Krieg) Europa nicht mehr zur Seite stehen? Oder worum gehts wirklich?

Mal abgesehen davon, dass ich ernsthaft bezweifle, dass Hillary Clinton eine bessere US-Präsidentin wäre als Trump: Was, wenn „America First“ für Trump einfach bedeutet: Wir kümmern uns um unsere Interessen (weltweit) und Angelegenheiten und ihr euch um eure? War das genau genommen nicht auch bisher schon so? Und ja: das hat bisher America schon groß gemacht und so wird es wohl auch in Zukunft sein.

Zudem darf man auch nicht übersehen, dass die Republikaner jetzt nicht nur den Präsidenten der USA stellen, sondern auch die Mehrheit im Parlament haben. Aber wie wir aus dem Wahlkampf wissen: Trump hat parteiintern viele maßgebliche Gegner. Und auch diese verfolgen Interessen. Also so einfach wird auch ein Präsident Trump nicht alles von heute auf morgen ändern können, wie ihm das viele (und er sich wohl auch selbst) zutrauen.

Warum aber hat Trump die US-Wahlen gewonnen?
Die Beantwortung dieser Frage wird hoffentlich vielen von jenen, die es seit Jahrzehnten gewohnt sind, mit Hilfe ihrer großen Medien die Massen zu beeinflussen und zu manipulieren, zu denken geben: Viele Menschen haben es satt, dass ihnen immer wer von oben her erklärt, wer gut ist und wer böse und was man lautstark sagen darf (und dafür hofiert wird) und was man trotz freier Welt und Demokratie nicht sagen darf, weil man sonst zumindest seinen politischen Job los ist

Vielen Menschen in der westlichen Welt stößt es seit Langem sauer auf, dass es Meinungsmonopole gibt, die einem immer und überall eingetrichtert werden. Und wehe, man vertritt einen entgegengesetzten Standpunkt: dann folgen schwerwiegende Konsequenzen.

Neben Deutschland (daher zunehmende Erfolge der Pegida und der AfD)  erliegt auch Österreich seit Jahren dieser öffentlichen Scheinmoral, die viele Menschen einfach nur noch -sorry für den Ausdruck- „zum Kotzen“ finden. So wurde beispielsweise der türkischstämmige Efgani Dönmez von den Grünen entmachtet, weil er es bereits seit Jahren wagte, vor Islamismus unter Türken in Österreich und vor Erdogan zu warnen. Marcus Franz, der mit der Aussage provozierte, dass bewusste Kinderlosigkeit unverantwortlich sei, flog aus der ÖVP und der Neos-Abgeordnete Christoph Vavrik muss gehen, weil er ein Problem mit dem Adoptionsrecht für Homosexuelle hat. Und wer hier prominent ist und es gar wagt, zu bekennen, dass er bei der kommenden Bundespräsidentschaftswahl nicht Van der Bellen, sondern Hofer (bspw. Felix Baumgartner oder Andreas Gabalier) wählen wird, der wird einer öffentlichen Medialjustiz gestellt.

Man muss mit Aussagen von “Abweichlern” ja nicht einverstanden sein. Aber gehts noch? Wo bleibt die Meinungsfreiheit? Was ist das für ein Demokratieverständnis, in der öffentliche Meinungsäußerung nur der öffentlich dargestellten Meinung entsprechen darf und ansonsten zumindest aufs Schärfste verurteilt wird?

An sich sind das zwar Einzelfälle, aber sie zeigen eines ganz klar:
Wer es in Österreich wagt, als politischer Mandatar oder als Promi öffentlich was zu sagen, was den anderen (Politikern, Medien, Promis) nicht passt, bekommt teils schwerwiegende Probleme. Das muss sich ändern!

Über Jahrzehnte hindurch haben viele „dem System“ gegenüber kritische Menschen auch in Österreich aus Angst vor Konsequenzen am Arbeitsplatz und überhaupt geschwiegen und einfach anders gewählt. Doch seit einigen Jahren steigt die Zahl jener, die sich ihre Meinung nicht mehr „von oben her“ vorschreiben lassen wollen und offen zu ihrem Anderssein stehen,  und die einfach einen grundlegenden Wechsel in der Politik wollen, idealerweise die Abschaffung des „Systems“.

Wenn sich beispielsweise SPÖ-Bundeskanzler Kern noch vor einigen Wochen vehement gegen die Ratifizierung des Freihandelsabkommens CETA mit Kanada ausgesprochen hatte und dann plötzlich doch dafür war, erweckte dies zu Recht den Eindruck, dass selbst ein Bundeskanzler nicht im Sinne seiner mehrheitlich dagegen denkenden Bevölkerung entscheiden kann, sondern das umsetzen muss, was man ihm vorgibt zu tun. Daher: Zu glauben, dass Bundespräsidentschaftskandidat Van der Bellen sein Wahlversprechen einhalten würde, TTIP nicht zu unterfertigen, ist bei seiner panischen Angst davor, dass Österreich im Ausland dadurch sein Ansehen einbüßen könnte, übrigens vollkommen unrealistisch und daher reine Wahltaktik.

Und dann kommt Trump, der sagt: ich bin unabhängig, ich finanziere meinen Wahlkampf selbst und es ist mir schweissegal, was die von mir wollen: Ich entscheide. Natürlich kommt das bei der Bevölkerung an: Die meisten Menschen wollen keinen -von welchen Lobbys auch immer- abhängigen Regierungschef oder Präsidenten des Landes.

Ich habe schwerwiegende Probleme mit Statements einiger dem öffentlichen „Konsens“ entgegengesetzten Promis und Politiker. Ich bin da mit vielem weder inhaltlich und erst recht stilistisch einverstanden. Aber: es muss in einer Demokratie doch möglich sein, seine Meinung (außer Aufruf zu Straftaten) offen und sanktionsfrei zu artikulieren. Und dann diskutieren wir darüber, denn auch Diskussionsverweigerung führt beinahe immer zur Radikalisierung.
Jede Demokratie muss es verkraften, dass entgegengesetzte Standpunkte angstfrei artikuliert und argumentiert werden. Wenn wir die Meinungsfreiheit abschaffen, haben wir keine Demokratie mehr.

Viele Menschen in Österreich, Frankreich, Ungarn, Polen, Italien, Deutschland und offensichtlich auch in den USA haben von diesem unwürdigen öffentlichen Machtspiel, das zur Gleichschaltung aller Menschen würde, genug. Und sie erheben sich dagegen. Und die Zahl derer wird steigen, wenn man sie nicht ernstnimmt.

In Wirklichkeit sind sehr wenige Menschen echte Fans von Trump, Le Pen, Hofer, Putin, Berlusconi, Erdogan oder Orban. Sie trauen ihnen vielfach nicht mal eine bessere Politik als die bisherige zu. Aber sie wollen die bisherigen Machtspiele, wo sich sich die Mächtigen alles nach ihren Interessen „richten“, nicht mehr haben. Sie haben einfach genug davon, nach Strich und Faden manipuliert und für dumm verkauft zu werden. Ob die neuen Machthaber fähiger/besser oder noch problematischer agieren, spielt bei diesem Protest durch Wahl kaum eine Rolle.

Präsident Obama zum US-Wahlausgang: Der scheidende US-Präsident Obama (ich vermisse ihn jetzt schon!) hat letzte Nacht prophetische Worte gesprochen: Die Sonne wird weiter aufgehen und die USA werden unabhängig vom Wahlergebnis weiterhin das großartigste Land der Welt bleiben.
Das sollten wir uns auch zu Herzen nehmen und bei aller Skepsis dem neuen Präsidenten Trump die Chance geben, es vielleicht sogar besser zu machen. Ausserdem: I in vier Jahren wird wieder gewählt: Und da tritt dann Michelle Obama an: Hoffentlich!

Und: Auch Österreich wird nicht untergehen, wenn anstelle des grünen Mainstream-Kandidaten Van der Bellen der freiheitliche Hofer Bundespräsident werden sollte: Auch ihm sollten wir dann die Chance einräumen, es vielleicht esser zu machen als seine Vorgänger. Und: Mal abgesehen davon, dass die Rechte des Ö-Bundespräsidenten relativ begrenzt sind und er auch wieder abgewählt werden kann: Im Grunde wird in jedem Fall (fast) alles so bleiben, wie es in Österreich immer war: Eh.
Also: Don’t Worry and Keep Cool!

Dienstag, 10. Mai 2016, von Elmar Leimgruber

Österreich braucht Stabilität und Sicherheit. Und die SPÖ braucht Zeiler.

Wir stehen in Österreich mit den Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und Alexander VanderBallen vor einer Schicksalswahl: Entweder wir wählen mit Hofer wen rechts der Mitte oder mit VanderBellen wen links der Mitte. Beide stehen gleichermaßen für Spaltung im Land: Ein Bundespräsident der politischen Mitte steht aktuell -auch wenn beide Kandidaten versuchen, für fast jedermann wählbar zu werden- leider nicht zur Wahl.

Also müssen wir wohl oder übel wichtige Entscheidungen treffen: wollen wir eine Politik “Österreich zuerst” (Hofer) oder im Interesse eines einigen Europas (Van der Bellen plädierte letzthin für “Vereinigte Staaten von Europa) agieren? Und wen wählen, wenn man irgendwo “dazwischen” steht? Jeder, der sich weder dem linken noch dem rechten Wählerspektrum dazugehörig fühlt, ist also bestens beraten, keine Wahlempfahlung abzugeben. Und der ÖVP ist zu danken, dass sie dies auch nicht macht. Vgl. dazu meine Analyse des BP-Wahlergebnisses vom 25. April 2016.

Da der Bundespräsident in Österreich zwar direkt vom Volk gewählt wird, aber dennoch keine wirklich umfassende Regierungs- oder Bestimmungsgewalt hat, scheint es mir aktuell viel wichtiger, die Zukunft Österreichs auf Regierungsseite zu beleuchten: Dass es nach dem für die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht mehr so weitergehen kann, war klar. Dass SPÖ-Chef Werner Faymann schon längst nicht nur die eigene Basis davonläuft, sondern zunehmend auch die Funktionäre, musste selbst ein Machtmenschen wie Faymann spätestens nach dem Pfeifkonzert gegen ihn am 1. Mai erkennen. Er blieb länger als er sollte: Und bei seiner Abschiedsrede immer noch zu glauben, dass “eine Mehrheit” in der SPÖ hinter ihm stehen würde, zeugt schon von immenser Realitätsferne. Aber immerhin ist er einer drohenden Absetzung durch seine Partei gerade noch zuvorgekommen.

Doch wie geht es jetzt weiter? Die SPÖ ist in der schwersten Krise ihrer Geschichte und steht vor einer inneren Zerreißprobe zwischen zwei vollkommen entgegengesetzten Lagern: Die einen fordern eine Rückkehr zu “sozialdemokratischen Werten” verbunden mit einem massiven Linksruck und einer Politik der offenen Grenzen für jedermann in der Partei, die anderen wollen angesichts iner immer stärker werdenden FPÖ eine Abkehr der Blockadehaltung dieser gegenüber bis hin zur Öffnung für eine Koalition mit derselben. Erstere drohen sogar mit der Gründung einer eigenen Partei, wenn ihrem Anliegen nicht genügend entsprochen wird.

Und dann gibt es hier noch den “Juniorpartner” in der Koalition, die ÖVP. Diese hat in den vergangenen Jahren nach Wahlniederlagen sehr schnell ihre Chefs ausgetauscht. Die Arbeit der gemeinsamen rotschwarzen Regierung hat aber niemals darunter gelitten. Und daher hat sich die SPÖ -zu Recht- nicht öffentlich in die Obmann-Debatte der ÖVP eingemischt: es war klar, dass die gemeinsam beschlossene Arbeit der Regierung unter einem neuen ÖVP-Chef und Vizekanzler genauso fortgesetzt wird wie bisher (auch wenn klar ist, dass auch dort in Zukunft eine entscheidende Radikalreform wird stattfinden müssen, aber das ist ein anderes Thema). Es ist eine entscheidende Frage der Verantwortung für Österreich und seine Menschen, dass es jetzt nicht zu Neuwahlen kommt, sondern dass diese Regierung fortgesetzt wird.

Jetzt aber finden wir eine vollkommen andere Ausgangslage für den interimistischen Bundeskanzler Reinhold Mitterlehner und die ÖVP vor: Die SPÖ-internen Grabenkämpfe lassen aktuell noch schwer abschätzen, ob sich die reaktionären Linken oder die besonnenen Realisten in der Bestellung des neuen Parteichefs und Bundeskanzlers durchsetzen werden. Mitterlehner musste daher bereits jetzt klar machen, dass er Wert auf eine verlässliche Fortsetzung der rotschwarzen Regierungsarbeit legt und dass diese Verlässlichkeit der SPÖ, das gemeinsam Beschlossene auch weiterhin umzusetzen, Grundvoraussetzung ist für die Weiterführung der auch von ihm gewünschten Koalition mit der SPÖ. Ich bin kein Fan dieses ÖVP-Chefs, aber hier hat er Recht. Und ihm hier vorzuwerfen, dass er sich in SPÖ-Belange einmischt, ist ungerechtfertigt. Wenn der Koaltionspartner so wie die SPÖ aktuell vor einer derartigen Zerreißprobe zwischen links außen und realpolitisch ist, müsste jeder Regierungspartner auf Verlässlichkeit für der Fortsetzung der Koalition bestehen. Und die SPÖ ist im Sinne Österreichs und seiner Bevölkerung gut beraten, diesem berechtigten Wunsch des Koalitionspartners ÖVP auch nachzukommen. Ansonsten hätte die SPÖ die folgenden Neuwahlen zu verantworten, nicht die ÖVP. Was anderes wäre natürlich, würde die ÖVP aus falscher Kalkulation heraus Neuwahlen heraufbeschwören: Die Folge wären noch massivere Wahl- und vor allem Vertrauensverluste.

Die beiden aktuell am meisten genannten Anwärter für das Amt des SPÖ-Chefs dürften beide sehr geeignet dazu sein, die von beiden Parteien gemeinsam beschlossene Regierungsarbeit auch fortzusetzen: Sowohl ÖBB-Chef Christian Kern als auch Turner Media-Manager Gerhard Zeiler sind ausgezeichnete Manager und haben fernab der politischen Karriere (nach ihrer SPÖ-Kleinkarriere) bereits im realen Leben bewiesen, dass sie hervorragende Arbeit leisten. Die ebenfalls aus der SPÖ stammende ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer schätze ich ebenso realpolitisch gut agierend ein, ich bezweifle aber sehr, dass sie diesen undankbaren  “Parteijob” übernehmen will. Dann stünden aus meiner Sicht auch noch aktuell aktive Berufspolitiker wie etwa Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (sofern gesundheitlich möglich), Nationalratspräsidentin Doris Prammer und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil zur Auswahl, sehr unwahrscheinlich sind hingegen der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser oder SPÖ-Parteirebell Andreas Babler (Bürgermeister von Traikirchen), ein Armutszeichen für die Partei wäre hingegen Kulturminister Josef Ostermayer..

Die SPÖ muss sich mit der Wahl ihres neuen Chefs nun entscheiden, wo sie hin will, wo sie sich selbst in einigen Jahren sehen will: Während viele intern bereits aufgegeben haben und ihre Partei bei den nächsten Nationalratswahlen in der Opposition sehen, wollen andere um jeden Preis regieren, notfalls zusammen mit der FPÖ. Setzen sich erste durch, braucht die SPÖ aktuell nur einen “schwächeren” Übergangs”-Kanzler.

Strebt die SPÖ hingegen an, bei der nächsten Nationalratswahl zu gewinnen, wovon ich ausgehe, dann braucht sie jetzt einen starken Mann an der Spitze, der (vielleicht für die SPÖ ungewohnt) vor allem (ohne falsche Rücksichten) eigene Entscheidungen für die Partei trifft, die Funktionäre dafür mobilisiert und alle gemeinsam die Ziele umsetzen: Hierfür gibt es für mich nur einen der Genannten, der entsprechende Führungsqualitäten aufweist: Führungspersönlichkeit, Intelligenz, Charisma, Offenheit, Erfahrung, Weitblick, Einfühlungsvermögen, Überzeugungskraft, Ausdauer und einen starken Drang hin zum Populismus; ok dies würde jetzt auch auf BP-Kandidat Alexander VanderBellen zutreffen, aber der ist ja Grüner und nicht bei der SPÖ. Ich spreche also vom Visionär Gerhard Zeiler (ex-ORF-Intendant und ex-RTL-Chef). Wenn die SPÖ in Zukunft Wahlen gewinnen will, dann hat sie keine wirkliche Alternative: Zeiler ist die einzig richtige Antwort auf alle aktuellen Probleme: mit ihm an der Spitze hat die SPÖ sogar die Chance, zu einer echten “Volkspartei” zu werden. Und nach einer gewissen Zeit mit Zeiler an der Spitze wird er aufgrund seiner Popularität und seinen Wahlerfolgen selbst anfängliche parteiinterne Gegener von sich überzeugen können.

Die zweitbeste Wahl wäre nach meiner Einschätzung Brigitte Ederer, welche ähnliche Qualitäten mitbringt, aber wohl eher nicht für eine Politkarriere zur Verfügung steht. Erst an dritter Stelle kommt für mich der von den SPÖ-Landeshauptleuten favorisierte Christian Kern: Kern wirkt sympathisch und gebildet, ist aber letztlich eher ein Pragmatiker langfristig betrachtet ohne eine wirkliche Vision für die Zukunft. Aber das alles sind ja nicht meine Entscheidungen: bin sehr froh darüber:-)

Lassen wir uns aber überraschen, wen die SPÖ-Führung (wohl noch in dieser Woche) als neuen Parteichef und Bundeskanzler präsentieren wird. Wird es ein rein pragmatischer Manager sein oder ein Visionär oder gar ganz wer anderer?

Das Ziel einer Regierungsumbildung muss aber (fernab von persönlichen Befindlichkeiten) in jedem Fall sein, in diesen unsicheren Zeiten zumindest durch die Bundesregierung Österreich und seiner Bevölkerung Stabilität und Sicherheit zu schenken.

Dienstag, 26. April 2016, von Elmar Leimgruber

ÖJC: TTIP gefährdet Verbraucher- und Urheberrechte

Während US-Präsident Barack Obama bei seinem Deutschland-Besuch für das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa wirbt – weil ja auch vor allem die USA davon profitieren, gingen allein jetzt in Deutschland 35.000 Menschen gegen diesen Vertrag auf die Straße. Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) erinnert in diesem Zusammenhang erneut an seinen Standpunkt: “Geheime transatlantische Vereinbarungen zerstören soziale Standards und damit auch das Überleben von Journalisten und Autoren”, befürchtet ÖJC-Präsident Fred Turnheim:

US-Präsident Barack Obama wirbt bei seinem Deutschland-Besuch für einen raschen Abschluss der noch immer streng geheimen Verhandlungen über TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) bis Ende des heurigen Jahres. „Warum drängt der amerikanische Präsident so auf einen Abschluss und warum sollen die Völker Europas einen Vertrag zustimmen, der streng geheim ist“, fragt der Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC) Fred Turnheim, in einer Aussendung.

Hier werde von den Amerikanern “ein trojanisches Pferd nach Europa geschmuggelt: „Sonderrechte für Konzerne, auch für Medienkonzerne, bringen eine weitere Amerikanisierung in den Medien nach Europa und gefährden so zigtausende Arbeitsplätze für Journalisten und Künstler in den EU-Mitgliedsstaaten“, zeigt sich Turnheim überzeugt: “TTIP gefährdet Verbraucherrechte und Urheberrechte in Europa.”

Bei den in New York beginnenden Gesprächen gehe es nach Angaben der EU-Kommission, um den Marktzugang und um Regulierungsfragen. Weiter unverhandelt blieben jedoch die umstrittenen privaten Schiedsgerichte, die hebelten die nationalen Gerichtsbarkeiten genau so aus, wie die Umwandlung des europäischen Urheberrechts in das US-amerikanische Copyright, so Turnheim. Völlig falsch liege auch US-Handelsministerin Penny Pritzker, wenn sie meine, dass so ein Vertrag „Diskretion“ brauche:

„Wir Bürger und besonders wir Journalisten müssen wissen, was in diesem Vertrag steht, bevor wir zustimmen können“, sagt der ÖJC-Präsident, der in der Meinung der amerikanischen Handelsministerin ein undemokratisches Rechtsverständnis sieht. Die Wünsche des amerikanischen Präsidenten sind voll verständlich, haben doch nur die US-Amerikaner und ihre Wirtschaft wirklich etwas von TTIP. Die österreichische Bundesregierung und die Abgeordneten zum National- und Bundesrat und zum Europaparlament werden dringend aufgefordert, den derzeitigen Verhandlungsstand und den TTIP-Vertrag vollständig der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Dienstag, 19. April 2016, von Elmar Leimgruber

Jan Böhmermann und die Grenzen der Satire (Kommentar)

Karikaturen eines Satiremagazins verhöhnen einen Religionsgründer, was zunächst zu Unruhen führt, schließlich zu Terror. Und jetzt kürzlich ein Schmähgedicht über einen totalitären Staatsführer, der im eigenen Land keine andere Meinung duldet und all seine lautstarken Kritiker jahrelang hinter Gitter bringt oder sie verschwinden gar von der Bildfläche. Und dieser “Staatsmann” fordert dann auch noch von der Bundesrepublik Deutschland, dass eben dieser Satiriker wegen Beleidigung eines benachbarten Staatsoberhauptes strafrechtlich verfolgt wird.

Daher die Frage: Was muss Kunst? Was darf Satire? Was darf sie nicht? Die Grenzen der Kunst: Gibt es welche?

Und meine klare Antwort dazu lautet eindeutig: Kunst und Satire dürfen alles mit einer einzigen Einschränkung: Ernsthafte Aufrufe zu Gewalt oder anderen schwerwiegenden Straftaten müssen eine Ausnahme darstellen. Alles andere jedoch darf und muss sogar erlaubt sein. Wenn ein so genannter Staatsmann sich “beleidigen lässt” (also Zensur ausüben möchte), dann spricht dies nicht für seine Macht und Stärke, sondern von Schwäsche und mangelendem Selbstbewusstsein und entspricht wieder genau jener Praxis in seinem Land, wo Kritiker einfach auf die eine oder andere Weise zum Schweigen gebracht werden.

Natürlich müssen wir auch darüber diskutieren, ob Kunst sich selbst zensurieren darf (also nicht von außen her verpflichet). Und auch hier sage ich in aller Klarheit: JA:

Jeder der öffentlichkeitswirksam tätig ist, der publiziert, trägt Verantwortung, auch wenn man zuweilen den Eindruck hat, dass man sich vor allem im Bereich der Satire um nichts dergleichen schert und einfach wild drauf losballert ohne Rücksicht darauf, ob wer in seiner Würde verletzt wird oder nicht. Das muss sich also natürlich ändern.

In einer zivilsierten Gesellschaft über massive Kritik und Satire den Bann zu erheben, widerspricht  jedenfalls klar unseren europäischen Grundsätzen wie der Meinungs- und Pressefreiheit. Wir können inhaltlich selbst schwerwiegende Probleme mit irgendwelchen Satiren oder Karikaturen haben; dies rechtfertigt aber niemals einen Bann. Hier muss man klar und entschieden auch nur die leiseste Zensur bekämpfen.

Wenn unsere Gesellschaft damit beginnt, Zensur zu begrüßen, sind jeglichem Missbrauch damit Tor und Tür geöffnet. Dies darf somit in einer europäischen freiheitlichen Gesellschaftsordnung niemals akzeptiert werden, selbst dann wenn im konkreten Fall gerichtliches Eingreifen vernünftig erscheinen sollen. Also bitte sich hier niemals zum problematischen Einreissen unserer Freiheit verführen lassen. Europa darf hier keinesfalls undemokratie und Meinungsfreiheit-verachtende Denkweisen von wo auch immer importieren.

Und dann noch die letzthin vielfach diskutierte Frage: Warum lassen wir nicht die Gerichte entscheiden? Normalerweise würde ich sagen: Ja selbstverständlich. In diesem Fall aber nein. So lange es längst überholte Unrechtsparagraphen aus dem 19. Jahrhundert gibt, welche tatsächlich Verhöhnung von ausländischen Staatsoberhäuptern unter Strafe stellen, also: nein Danke. Sind diese Gesetze hingegen endlich Geschichte und es würde damit juristisch sehr schwer möglich sein, dass wer für eine Satire oder ein Kunstwerk bestraft wird, würde dem nichts entgegenstehen. Dem ist aber nicht so. Und daher zum aktuellen Zeitpunkt: Nein Danke zur Verurteilung von Vertretern der Meinungs- und Pressefreiheit!

Ich schätze die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr, zumindest im Prinzip. Aber dass sie hier -wohl unter massiven internationalem Druck- einer strafrechtlichen Verfolgung des Satirikers Jan Böhmermann wegen Beleidigung von Recep Tayyip Erdoğan, zustimmt, zeugt von Charakterschwäche und Duckmäusertum, das vor allem an der Spritze Deutschland und Europas untragbar und zutiefst demütigend ist. Öffentliche Buße zumindest im Sinne einer öffentlichen Entschuldigung bei der Bevölkerung wäre höchst angebracht.

Und bitte kämpfen wir für unsere europäischen Werte, allen voran Meinungsfreiheit und Pressefreiheit! Sonst werden unsere freien Tage schon bald gezählt sein.

Dienstag, 26. Mai 2015, von Elmar Leimgruber

Was bleibt vom 60. Eurovision Song Contest in Wien?

Jetzt wo selbst die ESC-Bühne in der Wiener Stadthalle in Windeseile schon wieder abgebaut und eingeschmolzen wird, bleibt eine gewisse Leere zurück in Wien. Ein Jahr lang wurde hingefiebert auf das große Ereignis, dass Österreich -dank Conchita Wurst- nach so vielen Jahren endlich wieder Austragungsort des wichtigsten musikalischen Events der Welt sein darf: für den 60. Jubiläums-Eurovision Song Contest:

Unzählige Freiwillige haben sich sogar eigens für diesen Zeitraum Urlaub genommen, um nicht nur im Publikum mit dabei zu sein, sondern als freiwillige Helfer. So viel Idealismus kommt selten vor, zumal es sich hier ja nicht um eine Charity handelt: Respekt.

Nicht nur die internationalen Organisatoren, Teilnehmer und auch die zahlreichen Gäste aus aller Welt waren voll des Lobes für die Gastfreundschaft und das österreichische Planungs- und Organisationsteam, welches eine Produktion der Superlative auf die Bühne (die Bühne selbst ist auch ein Meisterwerk) brachte und damit wieder mal der führenden Rolle Österreichs als Musikland voll entsprach. Allein in Österreich selbst waren bis zu 1,9 Mio. Menschen beim Finale vor dem Fernseher (weltweit bis zu 200 Mio.), um dem Großevent zu folgen, insgesamt wurde die Show in 45 Länder weltweit übertragen, nun erstmals auch nach China. Dennoch: Wieso gleich drei Moderatorinnen, die beinahe nichts zu sagen hatten in der Show? Die charismatische Tirolerin Mirjam Weichselbraun hätte vollkommen gereicht.

Und das Ziel war heuer ganz besonders “Building Bridges”, Musikbeiträge aus den verschiedenen europäischen Staaten (und erstmals mit Australien), die Brücken bauen sollte auch zwischen den einzelnen Ländern: niemand gegen niemand und alle für die Musik und für ein gemeinsames Europa, für die Einheit in der Vielfalt. Dass der ORF dem Verantwortlichen für den ESC in Österreich und Botschafter für die Vielfalt, Conchita, aber in der Liveübertragung dessen Kurzkonzert in der Stadthalle einfach kurzerhand durch Werbeeinschaltungen ersetzte, ist wohl ein Zeichen dafür, dass es dem ORF vorrangig offensichtlich nicht um die Künstler geht, sondern um seine eigene Kohle.

Dennoch: Eines war in diesem Jahr im Voting ganz besonders offenbar: die alten historischen Blöcke in Europa existieren nach wie vor, was sich besonders beim Wahlverhalten von Staaten des ehemaligen Jugoslawien und der ehemaligen Sowjetunion zeigt: da geht es leider immer noch weniger darum, wer die herausragendsten Künstler sind, welche nun auftreten, sondern vielmehr darum, aus welchem Land sie kommen. Und so wählt man sich eben vielfach (wohl aus alter historischer Tradition heraus) als geografische Nachbarn gegenseitig die meisten Punkte. Dass so niemals ein objektives Ergebnis zustande kommen kann, erklärt sich von selbst. Bei den Vergabekriterien ist daher dringender Handlungsbedarf seitens der Organisatoren angebracht. Da freut mich sich, dass wenigstens die Performance des Ausnahmepercussionisten Martin Grubinger ausgestrahlt wurde, wenn man ihn auch eigentlich live als Musiker erleben muss: Das ist saugeil.

Was dennoch natürlich nicht geht, ist aufgrund politischer Vorkommnisse einen ESC-Teilnehmer auszubuhen, wie das offenbar der Kandidatin aus Russland widerfahren ist: Der Eurovision Song Contest steht für Vielfalt in der Musik und für gemeinsam und nicht für dagegen.

Dass Österreich (trotz guter internationaler Jury-Bewertung) so schlecht abschnitt, ist leider ein Wermutstropfen: Die Nummer “I’m Yours” ist meines Erachtens besser als so manche andere Ballade im Wettbewerb und sie wurde von den MakeMakes auch gut performt. Ihr schlechtes Abschneiden im Voting ist daher -rein musikalisch betrachtet- nicht nachvollziehbar. Genauso bedauere ich auch das frühzeitige Ausscheiden Finnlands, Irlands und besonders der Schweiz.

Ich gratuliere Mans Zelmerlöw, dem diesjährigen Charm-Gewinner des Eurovision Song Contest, aber wirklich zufrieden bin ich mit dem Ergebnis nicht: Sein Song “Heroes” ist mir leider zu mainstream-langweilig, das macht ein sehr sympathisch wirkender Sänger mit Laser-Grafiken-Unterstützung auch nicht wett: bin ja gespannt, ob er wenigstens die Spitzen der europäischen Charts erreichen wird. An sich hätte in diesem Jahr in jedem Fall der Beitrag “Grande Amore” der italienischen Poptenöre Il Volo eindeutig gewinnen müssen: So votete das begeisterte Publikum Il Volo mit 80 PUnkten Vorrang auf den ersten Platz: Die Jurys der einzelnen Länder waren aber trotz einer großartigen und bravourös interpretierten Komposition aber offenbar anderer Meinung. Auf den weiteren Spitzenplätzen hätte ich mir übrigens die Schweiz, Israel, Großbritannien und vor allem Lettland und Serbien gewünscht und ja: Österreich wenigstens in den Top 10.

Aber was bleibt jetzt vom Eurovision Song Contest? Ist Österreich dadurch weltoffener und toleranter geworden? Ich hoffe doch sehr: Sind Sie Sie für ein Österreich, in dem es immer noch mehr Vorschriften und Möglichkeiten der Überwachung gibt und wo der einzelne Mensch immer unfreier wird? Oder wünschen Sie sich nicht vielmehr ein offenes Österreich und eine offene Gesellschaft, wo jeder so leben kann, wie er es für richtig hält, sofern er anderen damit nicht schadet? Ich plädiere für ein Leben in Freiheit, wo jeder Mensch selbst über sein Leben bestimmen kann, ohne dass Gesetze oder Gesellschaft ihn in irgendwelche (zu oft auch medial forcierten) konformen Massenzwänge stecken wollen und wo alle Menschen in ihrer Verschiedenheit und Vielfalt auch ihre Meinung frei äußern können: Wer Toleranz fordert, muss sie auch (jenen, die entgegengesetzt denken) gewähren und zwar genausoweit uneingeschränkt, als sie anderen nicht schadet. Ich bin dafür!

Wenn das vom Eurovision Song Contest bleibt, bin ich zuversichtlich, dass wir einer guten Zukunft entgegen gehen.

Und hier sind interne (mitten im Publikum fotografiert) Eindrücke in Bildern (Fotos) vom 60. Eurovision Song Contest in Wien:

Donnerstag, 3. Oktober 2013, von Elmar Leimgruber

EPA: Geistiges Eigentum schützt 56 Mio. Arbeitsplätze

Die Rechte im Zusammenhang mit dem geistigen Eigentum sichern mehr als 56 Millionen Arbeitsplätze in der EU, während Urheberrechtsverletzungen und Raubkopien Arbeitsplätze gefährden. Schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige machen mit einer Wertschöpfung von jährlich rund 4700 Milliarden Euro fast 40 Prozent der gesamten Wirtschaftstätigkeit der EU aus. Dies geht aus einer neuen Studie zum Beitrag schutzrechtsintensiver Wirtschaftszweige hervor (“Intellectual Property Rights intensive industries: contribution to economic performance and employment in Europe”), die das Europäische Patentamt (EPA) und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt nun vorgestellt haben.

Die Rechte am geistigen Eigentum sind demnach von enormer Bedeutung für die Wirtschaft in Europa: Der direkte Anteil dieser Industrien an der Gesamtbeschäftigung liegt bei annähernd 26 Prozent und umfasst damit 56 Millionen Arbeitsplätze; weitere neun Prozent aller Arbeitsplätze in der EU sind indirekt mit diesen Wirtschaftszweigen verbunden. Die hier Beschäftigten verdienen auch sehr gut: die durchschnittliche Vergütung in schutzrechtsintensiven Bereichen ist mehr als 40 Prozent höher als in anderen Branchen.

“Ich bin der festen Überzeugung, dass die Rechte des geistigen Eigentums für die Förderung von Innovation und Kreativität eine eminent wichtige Rolle spielen”, sagte der für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige EU-Kommissar Michel Barnier. “Ich freue mich über die Veröffentlichung dieser Studie, die bestätigt, dass der Schutz dieser Rechte Wachstum und Arbeitsplätze bedeutet. Sie hilft uns, politische Entscheidungen zu treffen, die auf konkrete Fakten gestützt sind. Aus dieser Studie wird deutlich, dass Rechte des geistigen Eigentums in unserer Wirtschaft allgegenwärtig sind: Von der High-Tech-Industrie bis hin zu den Herstellern von Sportartikeln, Spielzeug und Computerspielen – alle machen sie ausgiebig von Rechten Gebrauch, die häufig nicht nur einer Kategorie, sondern verschiedenen Kategorien von Schutzrechten angehören.”

Benoît Battistelli, der Präsident des Europäischen Patentamts erläutert: “Aus diesem Bericht wird deutlich, dass Patente und andere Schutzrechte nicht nur wirtschaftstheoretisch von Bedeutung sind. Immaterielle Vermögenswerte sind für innovative Unternehmen extrem wichtig geworden. Patente erleichtern oft den Zugang zu Kapital und Geschäftspartnern. Dies gilt besonders für KMU, aber auch für Forschungszentren und Universitäten. Um in unserer globalen Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben, muss Europa die Entwicklung und den Einsatz von Innovationen und neuen Technologien noch stärker als bisher fördern.”

Der Präsident des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt António Campinos sagte: “Diese Studie ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen Fachleuten aus verschiedenen Agenturen und Ländern und der Verwendung einer transparenten, replizierbaren Methode. Sie setzt sich mit der grundlegenden Frage auseinander, wie wichtig schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige für die Beschäftigung, das BIP und den Handel in der EU sind. Die Antwort ist eindeutig: Sie sind wichtig, sie sind sogar sehr wichtig.”

Die Studie mit Schwerpunkt auf der EU-Wirtschaft sieht als schutzrechtsintensiv jene Wirtschaftszweige an, die eine größere Anzahl von Schutzrechten je Beschäftigten anmelden als andere Bereiche oder in denen die Nutzung dieser Rechte unverzichtbarer Bestandteil ihrer Tätigkeit ist. Die Schutzrechtsintensität wird auf EU-Ebene anhand EU-weiter Messgrößen ermittelt.

Zu den schutzrechtsintensiven Wirtschaftszweigen gehören Unternehmen mit höchst unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen über Werbung und Weinerzeugung, Herstellung von Eiskrem, Tapeten, elektrischer Beleuchtung und Haushaltsgeräten bis hin zu Satellitenkommunikation sowie Erdöl- und Erdgasgewinnung. Viele Unternehmen nutzen mehrere Arten von Schutzrechten gleichzeitig.

Für die USA wurde 2012 eine ähnliche Studie vom Patent- und Markenamt der USA in Zusammenarbeit mit der Economics and Statistics Administration durchgeführt, die zu ähnlichen Ergebnissen für die US-Wirtschaft kam wie die Studie von EPA und HABM für die EU-Wirtschaft.