Mit ‘Medien’ getaggte Artikel

Montag, 27. Mai 2013, von Elmar Leimgruber

Alarm: 5000 Journalisten ohne Jobs

5000 Journalisten sind aktuell allein in Deutschland arbeitlos. Das sind 11,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor.  Der Deutsche Journalisten-Verband bezeichnet die Zunahme der Zahl arbeitslos gemeldeter Journalistinnen und Journalisten bei der Bundesagentur für Arbeit als alarmierend.

Im gleichen Umfang wuchs die Zahl der Arbeitsuchenden auf über 9.100. Die Zahl der offenen Stellen verringerte sich um 11,7 Prozent auf 430. „Ein so drastischer Anstieg der arbeitslosen Kolleginnen und Kollegen ist ein Alarmzeichen für die Lage des Journalismus in Deutschland“, kommentiert DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken das Zahlenmaterial. „Dass so viele Journalisten ihre Arbeit verloren haben, steht in krassem Widerspruch zu den alles in allem immer noch stattlichen Renditen der meisten Medienunternehmen.“ Auch die Arbeitsbelastung in den Redaktionen rechtfertige keinen Personalabbau.

„Wer mit journalistischer Qualität Geld verdienen will, braucht dafür arbeitende und nicht arbeitslose Journalisten“, sagte der DJV-Vorsitzende. Er forderte deshalb die Medienunternehmer auf, sich aktiv für den Erhalt journalistischer Arbeitsplätze einzusetzen. „Journalist ist ein qualifizierter Beruf. Eine einmal weggefallene Stelle später neu zu schaffen, kann teurer sein als sie auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu erhalten,“ so Konken.

Freitag, 3. Mai 2013, von Elmar Leimgruber

Internationaler Tag und Feinde der Pressefreiheit 2013

Zum heutigen Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai stellt Reporter ohne Grenzen (ROG) die neue Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ vor. Sie umfasst rund 40 Staatschefs, paramilitärische Gruppen und kriminelle Netzwerke, die unabhängige Journalisten verfolgen und versuchen, Medien gleichzuschalten. Neue „Feinde der Pressefreiheit“ sind demnach Ägypten, Syrien und Pakistan. Die Liste ist hier abrufbar.

Zahlreiche Organisationen beziehen zum heutigen Welttag der Pressefreiheit Stellung, darunter der Österreichische Journalisten Club (ÖJC): “Pressefreiheit ist unteilbar. Wenn man die Morde an Journalisten in Mexiko, Syrien und Afghanistan verurteilt, dann muss man auch im eigenen Haus, zum Beispiel bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für freie und demokratische Medien, für Ordnung sorgen”, argumentiert ÖJC-Präsident Fred Turnheim und fordert einen “Runden Tisch zur Verbesserung der Pressefreiheit in Österreich”.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) appelliert aus Anlass des Internationalen Tags der Pressefreiheit an die Medienunternehmer in Deutschland, die Arbeitsbelastung der Journalisten zu reduzieren und die redaktionelle Personalausstattung zu verbessern: „Die Pressefreiheit muss gelebt werden“, forderte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Das ist nur möglich, wenn Journalistinnen und Journalisten die Möglichkeit haben, frei und kritisch zu recherchieren.“ Eine unterbesetzte Redaktion sei dazu ebenso wenig in der Lage wie ein freier Journalist, der mehr auf Masse als auf Klasse setzen müsse, um wirtschaftlich zu überleben, so Konken.

Die Österreichische Journalistengewerkschaft fordert zum heutigen Tag freien Zugang zu Information sowie die Sicherung der materiellen Basis der Medien und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. “Österreichs Politiker und Behörden betrachten die Information der Bürgerinnen und Bürger immer noch als Akt obrigkeitlicher Gnade. Wir fordern daher die gesetzliche Verankerung einer behördlichen Informationspflicht”, so Franz C. Bauer, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft in der GPA-djp. Der freie Zugang zur Information dürfe nicht Gegenstand behördlicher und politischer Willkür bleiben.

Den diesjährigen Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai nimmt der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) zum Anlass, mit einer Kampagne die Bedeutung von unabhängigen Zeitungen und Magazinen für die Wahrung der Pressefreiheit hervor zu streichen. “Wenngleich Soziale Medien Möglichkeiten des Meinungsaustausches bieten und Suchmaschinen Werkzeuge zur Informationsbeschaffung sind, können sie keine objektive Information gewährleisten oder gar die ‘Watchdog’-Funktion der freien Presse ersetzen”, zeigt sich VÖZ-Präsident Thomas Kralinger überzeugt.

Auf Platz 1 des ROG-Rankings der Pressefreiheit steht nicht mehr Norwegen (jetzt Platz 3) wie im Vorjahr, sondern heuer Finnland, gefolgt von den Niederlanden. Österreich verliert 7 Positionen und stürzt von Platz 5 auf 12. Die Schweiz verliert 6 Positionen und und belegt nun den 14. Platz, während Deutschland nur leicht absackt und jetzt auf Rang 17 liegt.

Neu auf der ROG-Liste der “Feinde de Pressefreiheit stehen u.a. die Muslimbruderschaft in Ägypten, die syrische Rebellengruppe Al-Nusra-Front und bewaffnete Rebellen im pakistanischen Baluchistan. Andere, wie die baskische Untergrundorganisation ETA und den birmanischen Präsidenten Thein Sein, zählt Reporter ohne Grenzen hingegen nicht mehr zu den „Feinden der Pressefreiheit“. Andere „Feinde der Pressefreiheit“ stehen seit Jahren unverändert auf der ROG-Liste. Dazu gehören RUSSLANDS Präsident Wladimir Putin, die Staatschefs von ASERBAIDSCHAN und BELARUS, Ilcham Alijew und Alexander Lukaschenko, Drogenkartelle aus MEXIKO, Mafiagruppen aus ITALIEN und Taliban-Chef Mullah Omar. Neu ist in diesem Jahr die Form, in der ROG die „Feinde“ präsentiert: Sie stellen sich in ironischen Selbstporträts vor oder werden in Form fiktiver Anklagen für ihre Verbrechen gegen die Pressefreiheit zur Rechenschaft gezogen.

In ÄGYPTEN tauschten die Muslimbrüder mithilfe ihrer Mehrheit im Parlament und ihrem Kandidaten Mohammed Mursi als Präsident die Herausgeber und Chefredakteure staatlicher Zeitungen aus und ersetzten sie mit Getreuen. Der von Mursi ernannte Generalstaatsanwalt Talaat Abdullah überzieht kritische Journalisten mit Klagen wegen Verleumdung, Beleidigung des Präsidenten und Verunglimpfung des Islam. Ausländische Korrespondenten werden als Spione diffamiert, einheimische Kollegen mit Gewalt bedroht.

In SYRIEN, wo seit Beginn des Aufstandes im März 2011 mindestens 23 Journalisten und 59 Bürgerjournalisten getötet wurden, zählt ROG Präsident Baschar al-Assad seit Jahren zu den „Feinden der Pressefreiheit“. Auf der aktuellen Liste stehen jedoch auch gegen ihn kämpfende Rebellen. Die im April 2011 gegründete Al-Nusra-Front greift systematisch Mitarbeiter syrischer Staatsmedien an, entführt Journalisten und bedroht ausländische Korrespondenten, die die Rebellen kritisieren. Neu hinzugekommen sind auf der Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ 2013 außerdem religiöse Extremisten auf den MALEDIVEN und bewaffnete Gruppen in PAKISTAN, die in der rohstoffreichen Provinz Baluchistan für mehr Unabhängigkeit kämpfen.

In anderen Ländern hat sich die Situation laut ROG verbessert. Den Präsidenten von BIRMA, Thein Sein, zählt Reporter ohne Grenzen nicht mehr zu den „Feinden der Pressefreiheit“. Im Zuge innenpolitischer Reformen ließ er etliche regimekritische Journalisten frei, schaffte die Vorzensur für Printmedien ab und erlaubt seit April 2013 die Herausgabe privater Tageszeitungen. Ebenfalls von der Liste gestrichen wurde in SPANIEN die baskische Untergrundorganisation ETA, die den bewaffneten Kampf weitgehend eingestellt und Ende 2012 angekündigt hat sich aufzulösen. Nach wie vor müssen einige Journalisten im Baskenland unter Polizeischutz arbeiten, systematische Angriffe gegen Medien beobachtete ROG allerdings im vergangenen Jahr nicht mehr.

 

Dienstag, 23. April 2013, von Elmar Leimgruber

Studie fordert: Parteien raus aus dem Rundfunk!

Der Einfluss von Parteien und vor allem des Staates auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkgremien (Radio und Fernsehen) muss zurückgedrängt werden. Und die Arbeit der Rundfunkräte sollte auch im Interesse der Sender selbst deutlich professionalisiert werden. Rundfunkgremien sollten zudem wesentlich transparenter als bisher arbeiten. Zu diesen zentralen Ergebnissen kommt die Studie “Im öffentlichen Auftrag” der deutschen Otto Brenner Stiftung (OBS),welche einerseits Rundfunkgremien analysiert und andererseits dringenden Reformbedarf skizziert. Autor der Studie ist der österreichische Medienjournalist Fritz Wolf. In Österreich fordert unter anderem der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) seit Jahren ein Ausscheiden der Parteienvertreter aus dem ORF-Stiftungsrat.

Die deutsche Studie untersucht vor allem die praktischen Aspekte der Gremienarbeit: Wie sich die Rundfunkräte zusammensetzen, wer die Mitglieder entsendet, wie Entscheidungen gefällt werden, wofür die Kontrolleure zuständig sind, was sie erreichen und was sie nicht verhindern können. Ein zentraler Aspekt dabei ist, wie sich die Gremienmitglieder selbst in ihrer Funktion als Kontrolleure begreifen. Sie üben ihr Ehrenamt im öffentlichen Auftrag und nicht im Auftrag dieser oder jener Organisation aus.

Dabei geht die Studie davon aus, dass die Kontrollaufgabe von Rundfunkräten nicht nur aus historischer Perspektive eine demokratische Errungenschaft ist, sondern auch aus aktueller Sicht und besonders unter den Bedingungen einer sich rasant verändernden Medienlandschaft. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind unter stärkeren Legitimationsdruck geraten. Sie müssen besser als je zuvor begründen, was ihr öffentlicher Auftrag ist und wie sie ihn umsetzen. “Die demokratische Kontrolle durch funktionierende Gremien kann dabei für die Sender sogar so etwas wie eine Lebensversicherung sein”, meint Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung, die die “Gremien-Studie” auf den Weg gebracht hat. Dazu sei allerdings ein Mentalitätswandel nötig, in vielen Gremien selbst, bei den Sendern und in der Politik, ergänzt die Stiftungsleitung, die diese notwendige Veränderung mit der Studie anstoßen möchte.

Freilich haben die “Gremlins”,  wie Günther Jauch sie einmal genannt hat, keinen besonders guten Ruf und gelegentlich werden Zweifel laut, ob sie ihre Aufgaben überhaupt wahrnehmen. Überhaupt weiß die Öffentlichkeit deren Rolle und Funktion kaum einzuordnen. Medienpolitik ist bisher wesentlich eine Sache von Experten und Juristen, schreibt Autor Wolf. Das zeige auch die bevorstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der sogenannten Normenkontrollklage. Hier soll “Karlsruhe” – als Folge der “Affäre
Brender” – klären, ob die Zusammensetzung der ZDF-Gremien überhaupt den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht. Mit einer Entscheidung ist in Kürze zu rechnen. Vermutet wird, dass die Entscheidung auch Auswirkungen auf die Gremienzusammensetzung der ARD-Anstalten hat.

Medienpolitik, so Autor und Stiftung, sollte aber nicht nur eine Angelegenheit weniger Spezialisten sein. Deshalb wendet sich diese Studie mit ihren Reformvorschlägen nicht nur an die Gremienmitglieder, sondern vor allem auch an die entsendenden Organisationen mit dem Vorschlag, dieser demokratischen Institution mehr Aufmerksamkeit zu widmen und sie mit politischem Leben zu füllen. Die Stiftung versteht die Untersuchung auch als Angebot an die Öffentlichkeit und die Medienkritik, sich intensiv, kontinuierlich und fair mit den Gremien zu beschäftigen.

Die Studie “Im öffentlichen Auftrag. Selbstverständnis der Rundfunkgremien, politische Praxis und Reformvorschläge” ist als Arbeitsheft 73 der Otto Brenner Stiftung erschienen und ab sofort hier im kostenlosen Download erhältlich.

Mittwoch, 17. April 2013, von Elmar Leimgruber

Deutscher Journalisten-Verband lehnt Vorratsdatenspeicherung ab

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV lehnt die geplante Abänderung des Telekommunikationsgesetzes in Richtung Vorratsdatenspeicherung entschieden ab. Aus Sicht des DJV kann der Informantenschutz in diesem Bereich bei Annahme des Gesetzes nicht gewährleistet werden. Er hat den daher Innenausschuss des Bundesrates aufgefordert, dem Plenum der Länderkammer die Ablehnung des Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft zu empfehlen.

Auch der Kompromiss zum Richtervorbehalt und zur nachträglichen Benachrichtigung Betroffener ändere nichts an der Problematik, kritisiert DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Nach dem Gesetz in der vorliegenden Fassung müssen Journalisten befürchten, dass Ermittlungsbehörden die elektronischen Daten ihrer Informanten leichter ausspähen können. Sie könnten dann ihre Quellen nicht mehr wirksam schützen.“ Ein Beleg dafür sei, dass bei Gefahr in Verzug die richterliche Genehmigung zur Bestandsdatenauskunft auch im Nachhinein eingeholt werden dürfe. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei es jedoch für den Quellenschutz unabdingbar, dass ein Richter angerufen werde, bevor die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Zugang zu den Quellen erhält. Das sei nicht gewährleistet. Der Bundesrat müsse dem Gesetz deshalb seine Zustimmung verweigern.

Den Gesetzgeber forderte der DJV-Vorsitzende auf, die Diskussion um die Bestandsdatenauskunft zum Anlass zu nehmen, den Informantenschutz zu stärken und Journalisten beim Zeugnisverweigerungsrecht nicht schlechter zu behandeln als Rechtsanwälte, Abgeordnete oder Geistliche. „Ob die Anonymität der Informanten von Journalisten gewahrt bleibt, darf bei Ermittlungsmaßnahmen nicht vom Einzelfall abhängen“, betont Konken.

 

Montag, 8. April 2013, von Elmar Leimgruber

DJV warnt Bildjournalisten vor Vermarktungsportalen

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warnt hauptberuflich tätige Bildjournalisten vor Vermarktungsportalen, die sich vornehmlich an Amateure wenden. Hintergrund der Stellungnahme ist die kürzlich bekannt gewordene Kooperation der WAZ-Mediengruppe (welche über die österreichische Kronenzeitung auch in Österreich tätig ist) mit dem finnischen Foto- und Videovermarkter Scoopshot. Sie bietet den WAZ-Titeln die Möglichkeit, ihre Fotos künftig über Scoopshot zu beziehen. Offen ist dabei die Höhe der Honorierung, fest steht nur die 30-prozentige Provision für das Portal. „Damit wird dem Honorardumping Tür und Tor geöffnet“, kritisiert der DJV-Vorsitzende Michael Konken.

„Profi-Journalisten sollten sich nicht in den Wettbewerb mit Laien und Leserreportern begeben, die Fotos ohne jeden journalistischen Anspruch zu Dumpingpreisen liefern“, mahnt Konken. „In Vermarktungsportalen, die auf Breitenwirkung setzen, ist der Unterschied zwischen Profi- und Amateurbildern nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Es dürfte für Bildjournalistinnen und -journalisten unmöglich sein, für ihre Fotos angemessene Honorare zu bekommen, wenn sie in einer Reihe mit Schnappschüssen von Handykameras stehen, die für Preise im 10-Euro- Bereich angeboten werden.“

 

Konken fordert in diesem Zusammenhang die Tageszeitungen dazu auf, endlich ihre Honorarpolitik zu korrigieren und auch die Freien angemessen zu bezahlen. Zeitungen müssten auch weiterhin mit professionellen Bildjournalisten aus ihrer Region zu fairen Konditionen zusammenarbeiten.

Freitag, 5. April 2013, von Elmar Leimgruber

Reporter ohne Grenzen: Merkel sei hart zu Putin! (Info und Kommentar)

INFO: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel soll bei ihrem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Sonntag (7. April) ihre Sorge um die zunehmende Kontrolle des Internets in Russland zum Ausdruck zu bringen, forert “Reporter ohne Grenzen” (ROG). „Die neuen Regeln, die angeblich Kinder und Jugendliche schützen sollen, sind so schwammig formuliert, dass sie leicht gegen Oppositionelle und kritische Medien benutzt werden können“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Es ist hochproblematisch, wenn einige wenige Beamte darüber entscheiden, welche Seiten sich Nutzer anschauen dürfen und welche nicht.“

Seit November 2012 führt laut ROG die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor eine schwarze Liste von Webseiten, die Internetprovider im Land blockieren müssen (Internetzensur). Offiziell dient sie dem Jugendschutz und soll Pornografie und Themen wie Drogenkonsum oder Selbstmord aus dem Netz fernhalten. Doch schon kurz nach dem Start fanden sich darauf auch Seiten von Oppositionellen und angeblichen Extremisten. So sperrte der russische Blog-Anbieter Live Journal im Februar das Konto von Michael Jakowlew, dem Oppositionsführer in Russlands siebtgrößter Stadt Omsk. Kurz zuvor hatte der Youtube-Beitreiber Google vor einem Moskauer Gericht gegen die Sperrung eines angeblich jugendgefährdenden Videos geklagt.

Mehr als 2000 Seiten finden sich Angaben der russischen Piratenpartei zufolge inzwischen auf der schwarzen Liste. Vor allem Seiten über Homosexualität und „Extremismus“, Glücksspiel und Drogen seien in den vergangenen Monaten gesperrt worden, so der russische Journalist Andrej Soldatow. Er hat sich mit seiner Webseite Agentura.ru auf Überwachung und Geheimdienste spezialisiert und dokumentiert akribisch alle bekannten Fälle von Internetzensur. Soldatow berichtet von einem Experiment in der Region Kostroma, wo lokale Internetprovider ihren Nutzern nur noch Zugang zu einem „gesäuberten“ Internet anböten.

Doch es sind nicht nur strenge Internetgesetze, die die Pressefreiheit in Russland bedrohen. Im März verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das den Gebrauch von Schimpfwörtern in den Medien verbietet und dafür bis zu 5000 Euro Strafe vorsieht. Dies hielt selbst die russische Regierung für so unpräzise, dass sie die Abgeordneten bat, das Gesetz noch einmal zu überarbeiten. Im November 2012 hatten Abgeordnete der Regierungspartei Einiges Russland versucht, das umstrittene Agentengesetz von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf Medien auszuweiten. Medien, die über russische Politik berichten und sich zu 50 Prozent aus dem Ausland finanzieren, müssten sich als ausländische Agenten registrieren, forderten sie in ihrem Gesetzvorschlag.

Nur wenige Medien wagen in dieser Lage noch offene Kritik an der Regierung. Zu ihnen gehören der Internet-Sender Doschd TV, die Boulevard-Zeitung Moskowski Komsomolez, die Zeitung Nowaja Gaseta und der Radiosender Echo Moskwy. Auf der ROG Rangliste der Pressefreiheit steht Russland auf Platz 148 von 179 – nur zwei Plätze vor dem Irak. Nowaja Gaseta-Chefredakteur Dmitri Muratow zeichnete zum 20-jährigen Jubiläum seiner Zeitung ein entsprechend düsteres Bild: In Russland habe die Presse ihre grundlegende Aufgabe aufgegeben, die Mächtigen zu kontrollieren. „Heute kontrollieren die Medien eher die Bevölkerung“, so Muratow.

KURZKOMMENTAR: Sicher ist es notwendig, dass gegen Internetzensur aufgetreten wird. Dies gilt auch und im Besonderen für Russland. Und sicher ist es auch sinnvoll, dass “Frau Europa” Angela Merkel (CDU), die sich immer wieder für Pressefreiheit eingesetzt hat, hier beim russischen Machthaber auftritt. Aber mindestens genauso notwendig wäre es, dass das, was ROG von Merkel verlangt, auch von Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) erwartet wird, der immerhin nun in Diensten Putins steht.

Und bei aller berechtigten Kritik Russland gegenüber sollte nicht vergessen werden, dass Internet-Überwachung und -Zensur inzwischen auch im “freien” Europa auf der Tagesordnung steht und dies hier nicht nur toleriert, sondern offensichtlich sogar erwünscht ist. Erinnert sei hier beispielsweise an die fast kritiklose Umsetzung von Internetkontrollmaßnahmen durch das als besonders liberal geltende Frankreich. Ebenfalls fragwürdig in diesem Zusammenhang ist auch, dass bekanntlich selbst die Vereinten Nationen (UNO) eine weltweite Kontrolle des Internet fordern. Es wäre daher angemessen, dass Reporter ohne Grenzen auch hier mahnt.

Und noch eine grundsätzliche Frage sei abschließend gestattet: In welchem (auch westlichen) Land manipulieren und kontrollieren nicht “öffentliche Meinung” und Medien die Bevölkerung?

Montag, 18. Februar 2013, von Elmar Leimgruber

Prof. Claus Gatterer Preis 2013 für sozial engagierten Journalismus ausgeschrieben

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) schreibt den “Prof. Claus Gatterer Preis 2013″ für sozial engagierten Journalismus aus. Vorschläge für Preisträger können alle Mitglieder des Österreichischen Journalisten Clubs sowie Redaktionen aller Print-und Funkmedien in Österreich und Südtirol in deutscher und ladinischer Sprache (mit deutscher Übersetzung) einreichen. Ende der Einreichungsfrist ist der 3. Mai 2013, 24.00 Uhr (Poststempel). Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.

Die Anträge sind zu richten an den Österreichischen Journalisten Club,
Kennwort “Prof. Claus Gatterer-Preis 2013″,
A-1010 Wien, Blutgasse 3.

Telefonische Auskünfte zum Journalistenpreis erhalten Sie unter der Wiener Rufnummer 98 28 555/0.

Die Jury entscheidet am 13. Mai 2013. Die Verleihung des Prof. Claus Gatterer-Preises 2013 findet Ende Juni 2013 in Wien statt.

Mittwoch, 13. Februar 2013, von Elmar Leimgruber

Polemische ORF-Senioren-Hetze: Dennoch keine Senioren-Nessel

Zunächst die Info zur Veranstaltung, anschließend folgt der Kommentar dazu.

Info:

Am 12. Februar wurden auf Einladung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Budgetsaal des Parlaments seitens des Österreichischen Seniorenrates (Präsidenten Karl Blecha und Andreas Khol) (ÖSR) und des Österreichischen Journalisten Club (ÖJC) die Preisträger der Senioren-Medienpreise “Senioren-Rose” und “Senioren-Nessel” für 2012 vor den rund 150 Gästen bekannt gegeben. Die “Senioren-Nessel” wird jenen überreicht, die in der Auswahl von Wort und Bild weiterhin mit längst überholten schablonenartig vorgefassten Meinungen arbeiten. Die “Senioren-Rose” wird an jene verliehen, die sich einer zeitgemäßen Darstellung der Lebensrealitäten der Senioren bedienen.

Die vollständige Preisverleihung inklusive Laudatoren-Reden ist hier als Video abrufbar.

Die Prämierten:

Als besonders erfreulich wurde es gewertet, dass – wie im Vorjahr – keine Senioren-Nessel in der Kategorie Werbung vergeben werden musste.

Die Senioren-Nessel in der Kategorie Journalismus ging an die Tageszeitung HEUTE für ihren Artikel vom 22.3.2012 mit den Überschriften “Warum es sich neben einem Studenten leichter lebt als neben einer Oma” und “Die größten Plagen: Kontroll-Senioren”.

Für das Magazin des Österreichischen Roten Kreuzes HENRI Ausgabe 14/2012 gab es sowohl eine Rose-Nominierung als auch eine Nessel-Nominierung. Letztlich wurde die Nessel für das Titelbild bei HENRI mit einem Rollstuhlfahrer am Ende eines Steges, vor einem See und bei rot leuchtenden Himmel mit dem Titel “Der Preis des Alter(n)s” vergeben. Henri-Chefredakteur Robert Dempfer nahm den Preis persönlich entgegen und betonte, dass er die Rüge ernst nehme. Motiv bei der Auswahl des Bildes sei gewesen, genau die bereits genannten Klischees zu vermeiden und Dempfer strich hervor, dass das Bild auch so interpretiert werden könnte, dass ein in seiner Mobilität eingeschränkter (älterer) Mensch nach vorne in die Morgenröte blickt.

Die Senioren-Rose verliehen wurde für das Titelbild von “Leben & Freude” 01/2012 mit einem lebensechten und fröhlichem älteren Paar, dass sich über das Internet kennen gelernt hatte.

Erstmalig vergeben wurde in Sonderkategorie UN-belehrbare eine UN-ehrende Anerkennung. Diesen Preis erhielt die ORF TV-Information stellvertretend für alle Medien, die bei Berichten über das Pensionssystem oder das Alter auf nicht mehr zeitgemäße Archivbilder zurückgreifen. Laudator Oswald Klotz vom ÖJC führte bedauernd aus, dass es offensichtlich unmöglich sei jene klischeehaften Bilder von stockhaltenden Händen oder auf der Parkbank sitzenden und Tauben fütternden älteren Menschen aus den Archiven der Medien zu vertreiben.

Die Senioren-Rose in der Kategorie Werbung wurde für die Kampagne der Apothekerkammer “Ich liebe meine Apotheke, weil…” vergeben.

Die Senioren-Rose Journalismus wurde an das Profil für eine sehr ausgewogene Cover-Story “Oldtimer Rallye” über den Wandel der Generation 70 plus vom 16.1.2012. Besonders positiv zu bewerten ist bei dieser Preisvergabe, dass Profil zu den ersten Nessel-Preisträgern im Jahr 2009 gezählt hatte.

 

Kommentar:

Zunächst Dank an alle, die sich Gedanken über Senioren-Rose und Senioren-Rose machen und an den Seniorenrat und den ÖJC dafür, dass es diesen Preis gibt. Doch nach dem Lob folgt die Kritik:

ORF verwendet tagelang diese Grafik zur Senioren-Hetze: Alte zwingen Jungen ihren Willen auf. In dieser Grafik stimmen weder die Zahlen (siehe zweite Grafik mit 6000 Befragungen), noch kommen die 30 bis 59-Jährigen vor, um die Hetze noch klarer betreiben zu können.

Es hat wohl noch nie eine solch schockierend tagelang anhaltende seniorenfeindliche Aktion, vor allem nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegeben wie jene des ORF zusammen dem Politologen Peter Filzmaier im Anschluss an die Volksbefragung: In allen ZIBs und Sondersendungen des ORF wurde auch anhand einer einprägsamen, manipulativen Aufstellung (siehe Grafik links) gegen “die Alten” polemisiert, die “den Jungen” wieder mal ihrer Sicht der Dinge aufzwingen.Volksbefragung: Abstimmungsverhalten im Detail

Mal abgesehen davon, dass die angegebenen Daten, wie eine tatsächlich breitangelegte Statistik (siehe Grafik rechts) belegt, nicht stimmten (weil über Altergruppen hinweg eine Mehrheit von mindestens 53% für die Beibehaltung von Grundwehrdienst/Zivildienst stimmten), handelte es sich hier selbst bei (nichtvorhandener) Richtigkeit der Daten eindeutig um eine noch nie dagewesene mediale Hetze gegen Senioren.

Ich habe deswegen den ORF für die Journalismus-Senioren-Nessel vorgeschlagen, was bedauerlicherweise leider ignoriert wurde. Die ORF TV-Information erhielt zwar lobenswerterweise eine UN-ehrenhafte Anerkennung für die Bedienung von Alten-Klischees, jedoch nicht für die weit schwerwiegendere tagelange ORF-Hetze gegen Senioren (diese wurde mit keinem Wort auf der Veranstaltung erwähnt), auf welche dann weitere Medien aufsprangen bis hin zur Forderung, dass man doch Senioren das Wahlrecht absprechen möge.

Wenn solche öffentlichkeitsprägende Anti-Senioren-Propaganda durch den ORF von der Jury der Senioren-Preise (aus falscher “Rücksicht?) nicht in aller Deutlichkeit verurteilt wird (dafür aber die Zeitschrift des Roten Kreuzes, welches wohl maßgeblich und vorbildlich ältere Menschen betreut, an den Pranger gestellt wird), dann stellt sich die Frage, ob solche Auszeichnungen in Zukunft überhaupt noch einen Sinn ergeben.

Montag, 4. Februar 2013, von Elmar Leimgruber

ÖJC und Google Austria kooperieren – New Media Journalism Award 2013 ausgeschrieben

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) und Google Austria kooperieren. Wie der ÖJC mitteilt, werden nun die Preisgelder für den New Media Journalism Award und die Veranstaltung zur Preisübergabe von Google Austria gesponsert. Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) schreibt hiermit den “New Media Journalism Award 2013″ aus. Bewerbungen sind ab sofort bis 15. Mai 2013 möglich. Die Verleihung des Preises erfolgt im Herbst 2013.

Der Journalistenpreis “New Media Journalism Award” wird seit nunmehr acht Jahren für hervorragende journalistische Leistungen im Bereich Online-Journalismus vom Österreichischen Journalisten Club (ÖJC) vergeben. Besonders ausgezeichnet werden dabei der Einsatz von Internet, Video und Sozialen Netzwerken für die Kommunikationsarbeit. Journalistische Websites, tagesaktuelle Blogs, die Bildung einer Community, die Verwendung von Multimedia und die Führung eines offenen Kommunikationsforums und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft werden von einer unabhängigen Journalistenjury bestehend aus den früheren Preisträgern, einem Vertreter von Google Austria und dem Vorstand der größten Journalistenorganisation Österreichs ÖJC unter dem Vorsitz von ÖJC-Präsident Fred Turnheim bewertet.

Bisherige Preisträger waren Georg Holzer, Helmut Spudich, Gerald Reischl, laola 1, das Biber, Supertaalk und paroli, sowie das Team 10 der Axel-Springer-Akademie.

Der Hauptpreis ist mit 3.000 Euro dotiert. Außerdem wird ein Preis für den besten Online-Bericht in der Höhe von 1.000 Euro vergeben. Für junge Journalistinnen und Journalisten gibt es einen Nachwuchspreis. Bewerbungen können formlos, aber bitte mit Lebenslauf und inklusive Belegen der journalistischen Arbeit, bis zum 15. Mai 2013 (Poststempel) eingereicht werden an:

Österreichischer Journalisten Club (ÖJC)
Blutgasse 3
1010 Wien / Österreich
Telefon: +43 /(0)1/9828555-0
Fax: +43 /(0)1/9828555-50
E-Mail: office@oejc.at

Mittwoch, 30. Januar 2013, von Elmar Leimgruber

ROG: Ranking Pressefreiheit 2013: Österreich und Schweiz Absteiger

Eritrea, Nordkorea und das europäische Land Turkmenistan sind nach wie vor jene Länder weltweit, in denen Diktaturen die Pressefreiheit vollständig beschneiden. Dies geht aus dem heute veröffentlichten Ranking Pressefreiheit 2013 von Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor. Europäische Staaten, allen voran Finnland, Niederlande und Norwegen haben sich als weltweitend führend beim Schutz der Pressefreiheit behauptet. Dazu tragen liberale Regelungen über den Zugang zu Behördeninformationen sowie Schutz journalistischer Quellen bei. In Finnland haben die Bürger seit 2010 sogar ein einklagbares Recht auf eine bezahlbare Breitbandverbindung. Die ROG-Rangliste der Pressefreiheit vergleicht die Situation der Medien in 179 Staaten und Regionen bis Ende November 2012.

Innerhalb Europas nimmt Deutschland (Platz 17) weiter (hinter Jamaika) eine mittlere Position ein. Problematisch ist hier laut ROG vor allem die abnehmende Vielfalt der Presse: Aus Geldmangel arbeiten immer weniger Zeitungen mit eigener Vollredaktion, mehrere Redaktionen wurden 2012 komplett geschlossen. Gleichzeitig investieren Unternehmen und PR-Agenturen steigende Summen, um ihre Inhalte in den Medien unterzubringen. Positiv hervorzuheben ist ein neues Bundesgesetz vom August 2012, das Journalisten stärker vor Durchsuchungen schützt.

Während Österreich ein Jahr vorher noch auf Rang 5 zu finden war, verschlechterte sich seine Position gleich um 7 Plätze und liegt jetzt erst (u.a. hinter Tschechien) auf dem 12. Rang: “Versuche seitens der Politik, durch gezielte Postenbesetzung im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ORF ihren Einfluss geltend zu machen und dadurch das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Berichterstattung untergräbt,” ist laut Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, nur einer der Gründe für den Abstieg Österrreichs. Auch die Schweiz verliert massiv: im vergangenen Jahr noch am 8., nun nur noch am 14. Platz. Andorra und Liechtenstein sind neu im Ranking und gleich in den Top 10, während Neuseeland als einziger nichteuropäischer Staat (+5) ebenfalls neu in den Top 10 ist.

Verschlechtert hat sich die Situation in UNGARN (Platz 56), wo seit den umstrittenen Mediengesetzen Selbstzensur in den Redaktionen weit verbreitet ist. Die nationalkonservative Regierung kontrolliert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, während das linksliberale Klubradio seit mehr als einem Jahr um den Erhalt seiner Sendelizenz kämpft. In ITALIEN (Platz 57) lehnte das Parlament Ende November erst in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf ab, der für Journalisten – anders als für sonstige Personen – Haftstrafen wegen Verleumdung vorsah. In GRIECHENLAND (Platz 84) werden Journalisten immer häufiger von extremistischen Gruppen oder der Polizei angegriffen.

In der TÜRKEI (Platz 154) saßen seit dem Ende des Militärregimes 1983 nie so viele Journalisten im Gefängnis wie heute. Vielen werden Straftaten nach dem umstrittenen Antiterrorgesetz zur Last gelegt. Oft erhalten weder Angehörige noch Anwälte Informationen über die Anklage und Zugang zu den Akten. Weil sie Gefangene übermäßig lange in Untersuchungshaft hält, wurde die Türkei wiederholt international kritisiert. Eine Reform des Antiterrorgesetzes im Juli 2012 brachte jedoch nur geringfügige Verbesserungen.

In RUSSLAND (Platz 148) behinderte die Staatsspitze die Berichterstattung über Großdemonstrationen gegen die umstrittene Wiederwahl Wladimir Putins. In überraschender Eile wurde im Sommer die  Gesetzgebung zur Verleumdung verschärft, die erst kurz zuvor liberalisiert worden waren. Seit September 2012 existiert eine „Schwarze Liste“ blockierter Internetseiten, die Kinder vor Pornografie oder anderen schädlichen Inhalten schützen und „Hochverrat“ verhindern soll. Die Überwachung des Internets ist in hohem Maße intransparent, da eine kleine Expertengruppe darüber entscheidet, welche Seiten blockiert werden.

In der UKRAINE (Platz 126), die im Januar den Vorsitz der OSZE übernommen hat, ist die Gewalt gegen Journalisten 2012 deutlich gestiegen, wobei Übergriffe selten verfolgt werden. Kaum verbessert hat sich die Situation in ASERBAIDSCHAN (Platz 156) und BELARUS (Platz 157), wo mit Ilcham Alijew und Alexander Lukaschenko zwei ausgesprochen pressefeindliche Präsidenten regieren.

Besonders in den arabischen Ländern wird nach den Umbrüchen und Protesten des Jahres 2011 erkennbar, ob Journalisten heute freier berichten können oder ob die neuen Machthaber die Medien genauso streng kontrollieren wie ihre Vorgänger. „In vielen arabischen Staaten müssen Pressefreiheit und der Schutz von Journalisten verbindlich in Gesetzen festgeschrieben werden“, fordert Astrid Frohloff, Vorstandssprecherin von Reporter ohne Grenzen in Berlin.

Zwei Jahre nach Beginn des Arabischen Frühlings bleibt die Situation der Pressefreiheit vielerorts prekär: In ÄGYPTEN (Platz 158) werden Journalisten und Blogger nach wie vor häufig angegriffen, verhaftet oder vor Gericht gestellt, auch wenn das Ausmaß der Gewalt geringer ist als zu Beginn der Revolution 2011. Die neue Verfassung enthält Regelungen, die die Pressefreiheit gefährden. In TUNESIEN (Platz 138) nahmen die Angriffe auf Journalisten zeitweise zu; die Regierung verzögerte die Umsetzung bereits beschlossener neuer Mediengesetze und besetzte willkürlich wichtige Posten in den Staatsmedien. LIBYEN hat seine Platzierung nach dem Sturz des Gaddafi-Regimes und der damit verbundenen Gewalt um 23 Plätze auf Rang 131 verbessert.

Teils noch desolater ist die Situation in den arabischen Ländern, in denen der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition andauert. SYRIEN (Platz 176) verharrt auf dem viertletzten Platz der Rangliste – im Propagandakrieg zwischen Regierung und Opposition nehmen dort alle Konfliktparteien Journalisten ins Visier. In BAHRAIN (Platz 165) ist die Gewalt gegen Journalisten nach der Repressionswelle von 2011 zwar etwas zurückgegangen, aber das Land gehört weiterhin zu den 20 Schlusslichtern der Rangliste.

Der IRAN hält sich mit Platz 174 unter den am schlechtesten platzierten Ländern. Geheimdienst und Revolutionswächter kontrollieren die gesamte Medienlandschaft, und das Land gehört zu den fünf größten Gefängnissen für Journalisten. Immer häufiger drangsaliert das Regime die Familien iranischer Journalisten, die im Ausland oder für ausländische Medien arbeiten.

ISRAEL schafft es wegen der Übergriffe seiner Armee in den Palästinensergebieten nur noch auf Platz 112. Während der Gaza-Offensive im November griffen seine Streitkräfte gezielt Journalisten und Redaktionen mit Verbindungen zur Hamas an. In Israel selbst bleibt trotz echter Pressefreiheit die Militärzensur ein strukturelles Problem.

In CHINA (Platz 173) und VIETNAM (Platz 172), wo der Staat die Medien streng kontrolliert, werden besonders Blogger und Internet-Aktivisten verfolgt. In China sitzen fast 70 Blogger im Gefängnis. In Vietnam sind es mehr als 30. Ebenfalls am Ende der Rangliste stehen NORDKOREA (Platz 178) und LAOS (Platz 168), deren autoritäre Regime keine unabhängige Berichterstattung zulassen. Eines der gefährlichsten Länder weltweit für Journalisten bleibt PAKISTAN (Platz 159), zehn Journalisten wurden dort im vergangenen Jahr getötet. Auch in INDIEN (Platz 140) und BANGLADESCH (Platz 144) verschlechterte sich die Situation, Gewalt gegen Journalisten wird dort nur selten verfolgt.

Die USA verbesserten sich um 15 Positionen auf Platz 32 und näherten sich damit wieder ihrem Rang vor 2011 an, als die Polizei die Berichterstattung über die Occupy-Proteste behinderte. Auch CHILE (Platz 60) machte nach dem Abflauen von Studentenprotesten einen Teil seines Vorjahreseinbruchs in der Rangliste wett, wenngleich Medienkonzentration, politische Einflussnahme und Kriminalisierung dort weiterhin die Arbeit von Journalisten behindern. KANADA rutschte zehn Plätze auf Rang 20 ab, weil dort während Studentenprotesten die Arbeit von Journalisten behindert wurde und der Quellenschutz sowie die persönlichen Daten von Internetnutzern in Gefahr sind.

In PARAGUAY (Rang 91) wurde die Amtsenthebung von Präsident Fernando Lugo von einer Entlassungswelle in den staatlichen Medien und häufiger Zensur begleitet. ECUADOR verschlechterte sich in einem Jahr extremer Spannungen zwischen der Regierung und den führenden Privatmedien weiter auf den 119. Platz. In MEXIKO (Rang 153) und KOLUMBIEN (Rang 129) kennzeichnet weiterhin Gewalt die Lage. Zu den Lichtblicken des Kontinents gehört EL SALVADOR (Rang 38), dessen Behörden mehrfach ihren Willen demonstriert haben, Gewaltverbrechen gegen Journalisten zügig aufklären und zu bestrafen.

SOMALIA (Platz 175) war 2012 nach Syrien das gefährlichste Land für Journalisten und ist damit fast an das Ende der Rangliste herangerückt. Drohungen, Anschläge und Morde sind dort an der Tagesordnung, und die Verantwortlichen werden kaum jemals zur Verantwortung gezogen. Im SUDAN (Platz 170) gibt es keine unabhängigen Medien; auch 2012 wurden Zeitungen beschlagnahmt und Journalisten verhaftet. Auch in GAMBIA (Platz 152), SWASILAND (155), RUANDA (161) und ÄQUATORIALGUINEA (166) halten autoritäre Staatschefs die Medien unter strikter Kontrolle.

Im SENEGAL (Platz 59) und in LIBERIA (Platz 97) gaben Ankündigungen der Präsidenten Anlass, auf Verbesserungen der Pressefreiheit zu hoffen. Der SÜDSUDAN (Platz 124) enttäuschte im Jahr nach seiner Staatsgründung: Während die von der Regierung angekündigten Mediengesetze auf sich warten lassen, wurde dort bereits ein Kolumnist ermordet.

Kein anderes Land hat seine Platzierung so stark wie MALI (Platz 99) verschlechtert, das viele Jahre einer der Vorreiter der Pressefreiheit in Afrika war. Nach dem Militärputsch im März sowie der Machtübernahme im Norden durch Tuareg und Islamisten mussten viele Radiosender im Rebellengebiet ihren Betrieb einstellen. Auch in der Hauptstadt waren Zensur und gewaltsame Übergriffe auf Journalisten an der Tagesordnung. JAPAN rutschte vor allem wegen seiner restriktiven Informationspolitik im Gefolge der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 um 31 Plätze ab und rangiert nur noch auf Platz 53. Der OMAN (Rang 141) ging gegen fast 50 Blogger und Netzaktivisten strafrechtlich vor, um ein Übergreifen des Arabischen Frühlings zu verhindern – das Land rutschte deshalb 24 Plätze ab.

Die  größten Aufsteiger der diesjährigen Rangliste sind MALAWI (Platz 75) und die ELFENBEINKÜSTE (Platz 96). Beide sind wieder ungefähr auf ihre früheren Platzierungen vorgerückt, nachdem sie 2011 mit heftigen Repressionen auf innenpolitische Krisen reagiert hatten. AFGHANISTANS Aufrücken um 22 Positionen (auf Rang 128) spiegelt den Umstand wider, dass dort ungeachtet aller Defizite und Unsicherheiten 2012 keine Journalisten in Ausübung ihres Berufs getötet wurden und die Zahl der Festnahmen rückläufig ist. BIRMA verbesserte sich infolge der politischen Reformen auf Rang 151: Die ehemalige Militärführung hat etliche Journalisten und Blogger entlassen und Reformschritte wie die Aufhebung der Vorzensur machen Hoffnung auf einen echten Wandel.

Das vollständige Ranking Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) ist hier abrufbar.