Mit ‘investigativer Journalismus’ getaggte Artikel

Dienstag, 20. August 2013, von Elmar Leimgruber

Reporter ohne Grenzen (ROG) solidarisiert sich mit Netzwerk investigativer Journalisten

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt “Schikanen gegen das Netzwerk investigativer Journalisten” wie David Miranda, Laura Poitras und Jacob Appelbaum. ROG ist zutiefst besorgt über das Vorgehen der britischen Behörden gegen David Miranda, den Lebenspartner des Guardian-Journalisten Glenn Greenwald: „Die USA und Großbritannien versuchen offenbar, das Netzwerk zu zerstören, das hinter den journalistischen Veröffentlichungen über die staatlichen Überwachungsprogramme beider Länder steht“, kritisiert der Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen, Michael Rediske. Großbritannien steht in der ROG-Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 29 von 179 Ländern.
Dass Miranda unter Berufung auf Anti-Terror-Gesetze über die Arbeit Greenwalds befragt wurde, bewertete er als klaren Missbrauch. „Das bestätigt unsere immer wieder geäußerte Befürchtung, dass die seit 2001 in vielen Ländern beschlossenen Anti-Terror-Gesetze für ganz andere, oft beliebige Zwecke der Staatsräson benutzt werden“, sagt Rediske.

Ermittler hatten den Brasilianer Miranda am Sonntag beim Umsteigen auf dem Londoner Flughafen Heathrow stundenlang festgehalten und verhört. Er hatte nach Angaben des in Brasilien lebenden investigativen Reporters Greenwald dessen Recherchepartnerin Laura Poitras in Berlin besucht und ihr im Auftrag des Guardian Datenträger mit verschlüsselten Informationen zu den Recherchen über Geheimdienstprogramme überbracht; auf dem Rückweg trug er Speichermedien bei sich, die ihm Poitras für Greenwald mitgegeben hatte. Auch über die Inhalte dieser Datenträger befragten die Ermittler Miranda und beschlagnahmten sie.

Dieses Vorgehen offenbart laut ROG, wie überbordende Behördenbefugnisse den modernen investigativen Journalismus gefährden: Selbst dort, wo die umfassenden Datensammlungen der NSA nicht greifen, versuchen die Ermittler, die handelnden Personen des investigativen Netzwerks um Greenwald persönlich abzufangen und ihnen unter Vorwänden ihre elektronischen Geräte abzunehmen oder die Inhalte zu kopieren.

Ein ähnlicher Fall sind laut ROG die kontinuierlichen Schikanen gegen Laura Poitras, die zusammen mit Greenwald in zahlreichen Artikeln immer neue Einzelheiten aus den Unterlagen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden publik gemacht hat. Seit sie 2006 einen Dokumentarfilm über die Folgen des Irak-Kriegs herausbrachte – lange vor ihren derzeitigen NSA-Recherchen – wurde Poitras rund sechs Jahre lang bei mehr als vierzig Gelegenheiten an Flughäfen in den USA und im Ausland verhört und ihr Gepäck vom Sicherheitspersonal durchsucht. Dabei waren die Behörden offenbar besonders an ihren Arbeitsunterlagen interessiert; nachdem sie aufhörte, auf Reisen Papiere mitzuführen, konzentrierten sie sich auf ihre Computer und Mobiltelefone und beschlagnahmten diese in einem Fall mehrere Wochen lang. Aufgrund des eingeschränkten Rechtsschutzes bei Befragungen an US-Grenzübergängen wurde Poitras bei diesen Verhören anwaltlicher Beistand verwehrt.

Auch der Journalist, Wikileaks-Aktivist und Verschlüsselungsexperte Jacob Appelbaum hat laut Reporter one Grenzen ähnliche Schikanen erlebt. In einem Fall wurde er bei der Rückkehr von einer Europa-Reise am US-Flughafen Newark drei Stunden lang festgehalten und über die jüngsten Wikileaks-Veröffentlichungen befragt. Dabei kopierten die Ermittler Unterlagen und konfiszierten Appelbaums Computer sowie drei Mobiltelefone.  Wegen seines Einsatzes für den Schutz der Privatsphäre versuchten US-Ermittler, sich per Geheimbeschluss Zugriff auf Daten seines Twitter-Kontos zu verschaffen. Auch Appelbaum war an den Guardian-Enthüllungen zu Prism und anderen NSA-Programmen beteiligt und hat darüber unter anderem für das Nachrichtenmagazin Der Spiegel geschrieben. Ebenso wie Poitras hält er sich derzeit in Deutschland auf, weil sie befürchten, in den USA ständiger Überwachung ausgesetzt zu sein.

Montag, 7. März 2011, von Elmar Leimgruber

AustroLeaks sucht brisantes Material

71. Treffpunk Radio: AustroLeaks - Wie brisantes Material zum Journalisten findet =

v.l.n.r.: Martina Ressmann, APA-OTS, Harald Sorger, Putz & Stingl, Rainer Fleckl, Kurier und Norbert Welzl, ÖJC
Foto: APA-ots

Wer brisantes Material über Unternehmen und Institutionen hat und möchte, dass dies veröffentlicht wird, hat nun auch in Österreich ein Tool zur Verfügung, um anonymisiert die Kurier-Aufdeckerplattform AustroLeaks zu kontaktieren und mit bislang unbekannten Dokumenten zu versorgen. Rainer Fleckl, Leiter des Ressorts “Investigative Recherche” der Tageszeitung “Kurier”, stellte im Zuge des 71. Treffpunkt Radios das hauseigene Aufdeckertool AustroLeaks vor.

 

Das Tool basiert auf dem jenem vom deutschen Kurier-Minderheitseigentümer WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung), die ebenfalls Informationsfreudigen die Möglichkeit, Brisantes anonymisiert upzuloaden. Im Gegensatz aber etwa zu Wikileaks gibt es weder auf WAZ-Leaks, noch auf AustroLeaks öffentlich zugängliches Quellenmaterial, erklärte Fleckl auf Anfrage von redakteur.cc. Die upgeloadeten Dokumente stellen lediglich eine redaktionsinterne Hilfe für das Recherche-Team dar, um die Bausteinchen einer Story zusammenzufügen.

Fleckl sichtet das Material und entscheidet anschließend über eine weitere Recherche. “Im Grunde genommen ist es wie ein digitaler Briefkasten, über den mit der Redaktion in direkte  Interaktion getreten werden kann”, so Fleckl. Die Motive sind klar: “Medien müssen sich in Zukunft mehr und mehr differenzieren – und dazu zählen eben auch Exklusiv-Stories.”

Seit Dezember 2010 betreibt der Kurier sein eigenes Investigativ-Ressort. AustroLeaks ebnet dabei den direkten
elektronischen Weg in die Redaktion. “Unser Ressort kann sich mit zwei Angestellten, die zusätzlich immer noch Artikel für ihre ursprünglichen Ressorts schreiben, im Falle einer neuen Investigation voll und ganz darauf stützen”, so Fleckl auf die Frage, wie viele neue Ressourcen hierbei in Anspruch genommen würden.

Dass dieser neue Zugang auch für Journalistinnen und Journalisten neue Herausforderungen bedeutet, beschreibt Fleckl so: “Die Beweggründe, Informationen preis zu geben, sind oftmals sehr emotionale. Es gibt immer wieder Menschen, die einfach nicht weiter zusehen wollen und dann auspacken. Recherchen können sich über Monate
bis Jahre hinziehen. Schlussendlich überlegen wir aber immer auch, ob man als Journalist verantworten kann, was man schreibt bzw. ob es wichtig ist, dass z.B. im Artikel alle Namen erscheinen, oder ob wir das dann der Anklage überlassen. Für den Leser macht es oft keinen Unterschied, für die handelnden Personen natürlich schon. Wir sind
uns hier der Konsequenzen sehr bewusst,” so Fleckl.

Montag, 13. Dezember 2010, von Elmar Leimgruber

Wikileaks und die Folgen

Wikileaks-”Chef” Julian Assange
Foto: Espen Moe, CC Lizenz

Genaugenommen stehen weder das in die Schlagzeilen geratene Wikileaks noch dessen Gründer Julian Assange für die so bedeutsamen Begriffe wie Meinungs- und Pressefreiheit. Zum einen handelt es sich hier nicht um Meinungen im eigentlichen Sinn, sondern um unkommentierte Kopien von bestehenden Schriftwerken. Und zum anderen ist das reine Kopieren und Publizieren derselben auch nicht wirklich eine Pressetätigkeit, sondern maximal eine Publikation, allerdings ohne eigenen redaktionellen Verdienst.

Und trotzdem fasziniert mich Wikileaks und ich bin dankbar dafür, dass es existiert, denn es schafft und bewirkt eine Demokratisierung des Internets (wie schnell auch Assanges Fans auf seine Verhaftung- auf die ich bewusst nicht inhaltlich eingehe- reagierten, ist schon beeindruckend und zeigt, dass sich das Internet -Gott sein Dank- so leicht nicht zensurieren lässt), die offenbar selbst die USA beängstigt. Und ja: es spricht auch überhaupt nix dagegen, dass irgendwelcher diplomatischer Hick-Hack auf Wikileaks zu lesen ist. Ich finde dies teilweise sogar äusserst amüsant. Und wer schon in der Öffentlichkeit steht als Botschafter oder was auch sonst, sollte eben mehr als sonst wer darauf achten, was er sagt bzw. schreibt.

Ich trete also für diese Demokratisierung ohne wenn und aber ein: Wikileaks und auch andere ähnliche Webseiten (die WAZ, die letzthin Wikileaks Verantwortungslosigkeit vorgeworfen hatte, betreibt nun ein eigenes deutsches “Wikileaks”) sollen uneingeschränkt und frei agieren können. Jegliche Versuche der USA und anderer Staaten, über Geldtransaktionssperren und Ähnlichem Macht und Druck auszuüben, sind einer liberalen Gesellschaft nicht würdig. Druck von aussen ist daher strikt abzulehnen.

Und jetzt kommt trotzdem ein Aber, das sich allerdings nicht auf Vorgaben von aussen bezieht, sondern was Wikileaks selbst betrifft, also von innen her, von seinem Selbstverständnis her:

Wer weiss, welche Macht er hat, und diese nicht in Verantwortung ausübt, verliert meine Solidarität. Wikileaks hat mit der Veröffentlichung von besonders vor Terror schützenswerten Einrichtungen weltweit eine Grenze überschritten, die nicht zulässig ist. Die Veröffentlichung sollte nicht verboten werden, aber die Wikileaks-Betreiber selbst sollten den nötigen Anstand und das entsprchende Verantwortungsbewusstsein besitzen, auf solche und ähnliche Veröffentlichungen von sich aus zu verzichten. Werden hingegen weitherhin derart brisante Geheimdokumente veröffentlicht, dass damit die öffentliche und weltweite Sicherheit ernsthaft in Gefahr steht, bezweifle ich am “Heldentum” und an edlen Absichten.

Zudem beunruhigt mich, dass Russland von den bisherigen Wikilekas-Veröffentlichungen offenbar sehr begeistert ist, ein Land, wo in den letzten Jahren mehr als sonstwo gerade investigative Journalisten mit dem Leben bezahlen mussten. So erwarte ich mir in Zukunft also von Wikileaks neben mehr Verantwortungsbewusstsein mit Blick auf die Konsequenzen der Veröffentlichungen, aber auch, dass weit über den amerikanisch-westlichen und auch über jeglichen ideologischen Tellerrand hinaus ebenso interessante Dokumente veröffentlicht werden. Nun dann wird es auch den hohen Erwartungen von Demokratie und Transparenz gerecht.

Wenn beides eintritt, bin ich zuversichtlich, dass Wikileaks und ähnliche Seiten Regierungen und Institutionen (hoffentlich bald weltweit) mit ihren Veröffentlichungen dazu zwingen werden, immer unkorrumpierter und offener zu werden und Transparenz und Demokratie zu praktizieren. Das ist im Sinne aller, ausser von ein paar wenigen (derzeit viel zu) Mächtigen: Ich bin voll dafür.

Samstag, 14. August 2010, von Elmar Leimgruber

Reporter ohne Grenzen und DJV kritisieren “Sachsen-Sumpf”-Urteil gegen Journalisten

Die verurteilten Reporter Arndt Ginzel und Thomas Datt
Foto: ROG © Jan Zappner

Am Freitag, 13. August, hat das Dresdner Amtsgericht die beiden Reporter Thomas Datt und Arndt Ginzel zu 50 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt, weil sie sich im Zusammenhang mit der sogenannten “Sachsen-Sumpf”-Affäre nach Ansicht des Gerichts der üblen Nachrede schuldig gemacht haben. Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert dieses Urteil als “Skandal”:

In vielen Ländern der Welt seien Journalisten willkürlichen Strafverfahren wegen Verleumdung ausgesetzt. Fast immer sei dies ein Vorwand, um Pressefreiheit zu unterdrücken. “Der Dresdner Prozess zeigt das gleiche Muster: Justizbehörden benutzen das Strafrecht gegen unliebsame Journalisten”, reagiert ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske.

Auch der Deutsche Journalisten Verband (DJV) kritisiert das Urteil: In Zukunft könnte nun auch anderswo versucht werden, “kritisch und investigativ recherchierende Journalisten einzuschüchtern,” befürchtet DJV-Chef Michael Konken. “In Anklage und Prozess wurden völlig normale journalistische Arbeitsabläufe und Handlungen kriminalisiert. Das können wir nicht hinnehmen“, erklärte die sächsische DJV-Landesvorsitzende Sabine Bachert. Man werde die Urteilsbegründung abwarten und behalte sich weitere Schritte vor, so der DJV-Landesverband Sachsen, der die beiden freien Journalisten juristisch berät.

Gegenstand der Anklage sind Artikel im Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” und bei “Zeit Online” aus dem Jahr 2008 zum “Sachsen-Sumpf” – eine mögliche Korruptionsaffäre, in dem es auch um eventuelle Verstrickungen ranghoher sächsischer Justizvertreter geht. Ginzel und Datt waren Autoren des “Zeit Online”-Berichts und an dem “Spiegel”-Artikel als Co-Autoren beteiligt. Ihnen werden ehrverletzende Tatsachenbehauptung, üble Nachrede und Verleumdung vorgeworfen. Der Hintergrund der Anklage ist hier online abrufbar. Der entsprechende Beitrag bei “Zeit Online” kann hier gelesen werden.

ROG und DJV hatten bereits im Vorfeld der Gerichtsverhandlung Freispruch für die beiden Journalisten gefordert:

“Eine Verurteilung der beiden Journalisten würde den Rechtsstaat beschädigen und die Pressefreiheit verletzen”, betonte die stellvertretende Bundesvorsitzende des DJV, Ulrike Kaiser: “Das Verfahren war und ist in unseren Augen der Versuch der Einschüchterung von investigativ recherchierenden Journalisten.” Im Prozess wurde laut DJV durch Zeugenaussagen und Akten, die durch die Angeklagten eingeführt wurden, erwiesen, dass es die im Bericht aufgezeigten Unstimmigkeiten tatsächlich gab”. Und zudem sollte in diesem Fall “auch die mögliche Einflussnahme von Landesbehörden auf das Strafverfahren gegen die beiden freien Journalisten aufgeklärt werden”. “Eine Verurteilung wäre nicht nachvollziehbar”, so Kaiser.

“Journalistische Handlungen werden in dem Prozess zu Unrecht kriminalisiert. Eine der wichtigsten Funktionen der Medien ist es, Missstände aufzudecken. Eine Verurteilung würde künftige Berichterstattung zu Korruptionsaffären behindern und damit die Pressefreiheit beeinträchtigen,” warnte Rediske: “Schon die Einleitung des Strafverfahrens gegen die freien Journalisten Arndt Ginzel und Thomas Datt, die im so genannten “Sachsen-Sumpf” recherchiert hatten, sei mehr als fragwürdig gewesen. Schließlich hätten sich die Nebenkläger nicht einmal getraut, presserechtlich gegen die angeblich diffamierenden Äußerungen vorzugehen”. Zudem habe viel in dem Prozess darauf hingedeutet, “dass Behörden Druck auf investigativ recherchierende Journalisten ausüben wollen”, kritisiert Rediske.

Dienstag, 8. Juni 2010, von Elmar Leimgruber

Journalistenclub: Pressefreiheit braucht keine Fesseln

ÖJC-Podiumsdiskussion zum Thema: Pressefreiheit braucht keine Fesseln

Es ist nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, Journalisten zu kriminalisieren, die geheimes Material veröffentlichen, sehr wohl aber Informanten ausfindig zu machen, die gegen durch die Weitergabe von internen Daten an Journalisten das Dienstgeheimnis verletzen. Dies betonte Walter Geyer, Staatsanwalt der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft, bei der gestrigen Podiumsdiskussion des Österreichischen Journalistenclubs (ÖJC) anlässlich des einjährigen Bestehens des Österreichischen Medienrates: Das Redaktionsgeheimnis schützt den Journalisten, nicht aber den Informanten – nicht die, die Amtsträger sind, so Geyer.

Antikorruptions-Staatsanwalt Walter Geyer

Die Staatsanwalt kriminalisiere sehr wohl Journalisten, und das geplante Terrorismuspräventionsgesetz fördere eine Entwicklung, welche die Pressefreiheit immer mehr aushöhle und einschränke, entgegnete Fred Turnheim, Präsident des ÖJC. Für ihn ist zudem auch die Entwicklung in der Frage der Vorratsdatenspeicherung sehr bedenklich und er sieht auch im Sicherheitspolizeigesetz große Gefahren für die Pressefreiheit.

Der aktuelle Entwurf des Terrorismuspräventionsgesetzes sieht laut ÖJC nach wie vor die Kriminalisierung von Journalisten und Medieninhabern vor. Konkret ist im neuen § 278f StGB vorgesehen, dass derjenige, der ein Medienwerk oder Informationen im Internet in einer Art anbietet oder anderen Personen zugänglich macht, die geeignet sind, zur Begehung einer terroristischen Straftat aufzureizen oder als Anleitung dieser zu dienen, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zu bestrafen ist.

Bereits jetzt entspreche es der journalistischen Ethik, keine konkreten medialen Handlungsanleitungen zu schweren Straftaten zu geben, doch dieser Entwurf geht entschieden zu weit. Die Auslegung, was geeignet sei “aufzureizen” oder “als Anleitung zu dienen”, alleine Richtern und allfällig bestellten Gerichtssachverständigen in die Hand zu geben, ergebe aber einen immensen Interpretations- und Auslegungsspielraum so der ÖJC. Das Justiziministerium möge also diese Passage im Gesetzentwurf entschärfen, damit der investigative Journalismus in Österreich nicht kriminalisiert wird, fordert der Journalistenclub.

Der Vorsitzende des Medienrates, Heinz Mayer, verwies in der Podiumsdiskussion darauf, dass Journalisten verfassungsrechtlich geschützt sind und ihre Quellen nicht bekannt geben müssen. Als Verfassungsexperte vertritt er die Meinung, dass die Pressefreiheit im Verfassungsrang stehe und daher geschützt ist. Jedoch sieht auch er die Notwendigkeit, die Bereiche Pressefreiheit und Redaktionsgeheimnis auf eine europäische Ebene zu bringen, um es – wie in letzter Zeit festzustellen ist – besser abzusichern. Es zeigte sich, dass die demokratiepolitische Entwicklung gerade im Medienbereich nicht zufrieden stellend ist.

Florian Klenk, stellvertretender Chefredakteur des Falter, wies auf die wichtige Rolle der “whistle blower”, wie in den USA Informanten genannt werden, hin. Auch er meinte, es sollte nicht darum gehen, Informanten zu suchen und zu bestrafen. Es gehe darum, Missstände aufzuzeigen und nicht, unter welchen Motiven Informationen weitergeben werden, damit sie an die Öffentlichkeit gelangen. Auch der Rechtsanwalt und Medienexperte Gottfried Korn verwies auf die Menschenrechte, die in der Verfassung stehen. Somit gehöre auch die Pressefreiheit zum Grundrecht – diese dürfe nicht ausgehöhlt werden.

Zum Thema Pressefreiheit und Terrorismus habe ich übrigens unlängst bereits einen ausführlichen Kommentar verfasst, der auch bestens zur gestrigen Veanstaltung passt. Er ist hier abrufbar.

Donnerstag, 27. Mai 2010, von Elmar Leimgruber

Axel Springer Verlag investiert eine Million Euro in Recherche

Die Axel Springer AG investiert nach eigenen Angaben in die Recherchequalität der Redaktionen und stellt ihren Journalisten einen zusätzlichen Etat von insgesamt einer Million Euro für investigativen Journalismus zur Verfügung. “Wirtschaftlicher Erfolg ist nur mit journalistischer Exzellenz zu erzielen”, begründete der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner die Entscheidung:

“Wir müssen den Lesern unserer Zeitungen und Zeitschriften und den Nutzern unserer Online-Angebote noch mehr Geschichten und Informationen bieten, die so nur bei uns zu finden sind. Eigene, unabhängig und mit hohem Aufwand recherchierte Texte wollen wir mit einem zusätzlichen Budget ermöglichen. Wir wollen uns auch kostspielige Recherchen für Themen mit außergewöhnlichem investigativen Potenzial leisten.”

Endlich mal ein Verlag, der in Zeiten der Krise für seine Journalisten mehr Geld ausgeben will. Ob “investigativer Journalismus” aber das Geld wert ist, wage ich zu bezweifeln. Auch die “Bild-Zeitung” braucht meines Erachtens keine zusätzlichen Gelder. Wünschenswerter wäre eine Stützung der hauseigenen Qualitätszeitung “Die Welt”. Bin gespannt, was wirklich geschieht.