Mit ‘Tagespolitik’ getaggte Artikel

Montag, 20. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Deutschland hat den Super-Gauck

 

Joachim Gauck, der designierte neue deutsche Bundespräsident
Foto: CC J. Patrick Fischer

Das ist tatsächlich einmalig in der aktuellen Geschichte Deutschlands: Eine außergewöhnliche parlamentarische Koalition zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FPD und letztlich auch CDU/CSU (die CSU hatte Gauck bereits 2009 erstmals in dieser Funktion ins Spiel gebracht) hat sich darauf geeinigt, den parteilosen Pastor, Politiker und Publizisten Joachim Gauck (72) zum neuen Bundespräsidenten Deutschlands zu küren. Seine Wahl zum neuen Staatsoberhaupt der Deutschen in der Bundesversammlung dürfte demnach nur noch Formsache sein.

An sich war Gauck ja keinesfalls der Favorit Merkels, aber letztlich wurde nicht mal in der CDU/CSU-Koalition mit der FDP ein geeigneter gemeinsamer Kandidat gefunden. Und gegen eine Allianz von FDP, SPD und Grünen hätte Merkel niemals einen CDU-eigenen Kandidaten durchsetzen können: es war also ein kluges Gebot der Stunde, den sicheren Gewinner der Wahl letztlich ebenfalls zu unterstützen. Dennoch erst im letzten Moment Ja zu Gauck zu sagen könnte Merkel langfristig gesehen sogar nützen, sollte nämlich der neue “Hoffungsträger” im Bundespräsidentenamt die hohen in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen (können).

Joachim Gauck selbst jedenfalls ist nicht zu beneiden: Die monatelangen  -zutiefst zu verurteilenden- medialen (vor allem des CSU-nahen Axel Springer Verlages) Zerfleischungen der beiden Vorgänger Gaucks, der amtierenden Bundespräsidenten Horst Köhler und Christian Wulff haben nicht nur die beiden betroffenen Politiker in ihrem Ansehen schwer beschädigt, sondern auch dem Amt des Bundespräsidenten und das Ansehen der Politiker insgesamt schwer geschadet. Und es dürfte -trotz vielerlei Vorschusslorbeeren, selbst des Axel Springer Verlages- für Gauck schwer sein, diesem ersten Amt im Staat wieder die nötige Würde zurückzugeben und auch das verlorene Vertrauen der Menschen in die Politik wieder zurückzugewinnen.

Joachim Gauck
Foto: CC Michael Lucan

Mir als selbst ebenfalls Parteilosen sind Menschen von Grunde auf sympathisch, die zwischen den Parteien stehen und daher eigene Standpunkte darlegen können, anstatt wie andere Parteidisziplin in ihren Aussagen praktizieren. Wenn solche seltenen (auch öffentlich bekannten) Persönlichkeiten sich zudem entschieden gegen jede totalitäre Gesellschaftsordnung (als Vorsitzender des Vereins “Gegen Vergessen – Für Demokratie” ist er selbstverständlich gegen den Nationalsozialismus, aber genau so auch gegen den aktuell wieder zu oft auch medial hofierten Kommunismus) eintreten, dann sind das weitere Eigenschaften, die ich am designierten deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck sehr schätze.

Dass ihn aber die gesamte große mediale Öffentlichkeit, untermauert durch zahlreiche Meinungsumfragen  -teils schon vor der Entscheidung zu seinen Gunsten- zum neuen “Messias” der deutschen Politik kürte, wird ihm vermutlich nicht gerecht und nährt vor allem Erwartungen, die er wohl nicht erfüllen wird können. Genau diese öffentliche allumfassende medial verbreitete “Stimmung” zu seinen (und nur zu seinen) Gunsten beunruhigt mich aber auch etwas. Hoffentlich irre ich mich…

Von einem jedoch bin ich zutiefst überzeugt: Ein Bundespräsident darf niemals (also ausnahmslos) darauf bedacht sein, wem “zu gefallen”: weder der aktuellen Regierung, noch der Opposition, noch den so genannten wichtigen Persönlichkeiten eines Landes und erst recht nicht den Medien. Will ein Bundespräsident seinem Land tatsächlich als Oberhaupt dienen, ist er aus Verantwortung für den Land und sein Volk nur seinem von Gott gegebenen Gewissen verpflichtet, aber niemals irgendwelchen mächtigen Einflüsterern.

Und das wünsche ich dem neuen deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck und den Deutschen von Herzen: Dass sein Alter gepaart sei mit großer Weisheit und Klugheit und dass er  immer darauf bedacht sei, Deutschland und seinen Menschen bestmöglichst zu dienen: Dies bedeutet auch, sich “außertourlich” zu Wort zu melden und -wenn nötig- sich als “Gewissen” und “Moralische Instanz” des Landes auch in die aktuelle Politik (nicht in die Partei- aber sehr wohl in die Tagespolitik) “einzumischen” (obwohl ihm diesbezüglich aus guten Gründen keine Entscheidungsbefugnis zusteht). Und mögen die wichtigsten Medien Deutschlands endlich die Größe haben, ihn auch auch dann zu würdigen (und ihn und sein Amt nicht wieder mit zweifelhaften Methoden medial zu schädigen), wenn er mal nicht den von ihnen gewünschten Standpunkt vertritt.

Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass jedes Volk das Recht haben sollte, sein Staatsoberhaupt (auch höchster Rappräsentant des Volkes), den Bundespräsidenten, auch selbst zu wählen: so auch die Deutschen.

Montag, 9. August 2010, von Elmar Leimgruber

Des Bundespräsidenten Kompetenzüberschreitung

Bundespräsident Heinz Fischer
Foto: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

Dem aktuellen österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer wurde in den vergangenen Jahren -vor allem von seinen Parteigenossen- immer wieder vorgeworfen, zu wenig Stellung zu beziehen, und dies teilweise sogar zu Recht, wenn ich mir auch inhaltlich in einigen Fällen sicherlich ganz andere und neutralere Statements des Staatsoberhauptes gewünscht hätte als seine Parteifreunde.

In seinem letzten Wahlkampf, in dem er sich (obwohl seit jeher und immer SPÖ-Parteigänger) als parteiunabhängigen Bundespräsidenten darstellen liess, versprach Fischer dann, in Zukunft mehr Stellung zu aktuellen Themen beziehen zu wollen. Würde er als tatsächlich parteiunabhängiger Bundespräsident agieren wollen, könnte man sein Einmischungsversprechen in die Tagespolitik durchaus positiv deuten, obwohl ihm dies laut österreichischer Verfassung zumindest rechtlich nicht wirklich zusteht. Aber im Prinzip würde dies dennoch wahrscheinlich niemanden stören, wenn er eben -wie sicherlich in der Bevölkerung mehrheitlich gewünscht- tatsächlich interessens- und parteiunabhängig und für alle Menschen im Land agieren und Stellung beziehen würde.

Da sich Fischer (der seine Mitgliedschaft in der SPÖ, für die er seit 1962 als Funktionär tätig ist, zwar offiziell ruhend gestellt hat) aber einer abermaligen Wahl zum Bundespräsidenten aus rechtlichen Gründen nicht mehr stellen kann und daher nix mehr zu verlieren hat, offenbart er seit seinem zweifelhaften Wahlsieg (nicht mal die Hälfte der Wahlberechtigten beteiligte sich an der Wahl) immer stärker, wo er politisch steht: Er ist der Förderer und Beschützer seiner sozialdemokratischen Genossen:

So will Fischer als Staatsoberhaupt zwar einerseits den geplanten landtagswahlenbedingten Verfassungsbruch (siehe: http://www.redakteur.cc/bundesregierung-wahrheit/) durch die aktuelle SPÖ/ÖVP-Bundesegierung unverständlicherweise nicht “hochspielen”, sondern eher decken, andererseits aber erzürnt er sich über das medial hochgebauschte Randthema, dass es in manchen Kärntner Gemeinden die längst fälligen zweisprachigen Ortstafeln noch immer nicht gibt (seinen Standpunkt diesbezüglich vertrete ich übrigens aus Minderheitsschutzgründen genauso).

Aber wozu sich Fischer gestern anlässlich der Eröffnung der 34. Innsbrucker Festwochen hinreissen liess, das liegt vollends fern von jeglicher Neutralität und Unabhängigkeit:

Vorausgeschickt: Es liegt mir fern, auch nur irgendjemanden oder erst recht Parteien zu verteidigen (die Frage von Schuld und Unschuld zu klären, steht ausschliesslich den Ermittlungsbehörden und den Gerichten zu), gegen den (vielleicht mal) ermittelt wird. Aber es ist in einem Rechtsstaat wie Österreich -vollkommen zu Recht- nicht nur üblich, sondern auch richtig, dass nicht vorverurteilt wird, sondern dass grundsätzlich die sogenannte Unschuldsvermutung gilt. Also auch wenn alle paar Monate über dunkle Machenschaften eines Ex-Politikers berichtet wird und bislang alles immer mangels Nachweisbarkeit oder Stichhaltigkeit im Nichts verpufft, kann zwar, aber muss nicht zwangsläufig trotzdem immer “was dran sein”.

Nun werden seit Monaten Korruption, Bestechung, Steuerhinterziehung, geheime Machenschaften, Provisionen und Konten im Zusammenhang mit verstorbenen und immer wieder kehrenden Ex-Politikern und -Beratern medial gross aufbereitet, wo es dann innerhalb kürzester Zeit doch wieder zu Ungereimtheiten kommt oder sich gar als Fälschung herausstellt (in der gesamten “Skandal”-Berichterstattung muss ich an dieser Stelle so manchen meiner journalistischen Kollegen unseriöse Sensationslust sowie mangelnde Sorgfalt und fehlende Sachlichkeit vorwerfen), was (mal abgesehen davon, dass Tote sich nicht gegen Vorwürfe verteidigen können) zumindest zwei Schlussfolgerungen eröffnet:

A) Entweder die Beschuldigten sind so klug und/oder so einflussreich, dass sie ständig neu ihren Hals wieder aus der drohenden Schlinge ziehen können.

oder aber:

B) Irgendwer inszeniert diese dauernd wiederkehrenden Skandale im vollen Bewusstein, dass sie keine sind, sie aber dennoch kontinuierlich in die Welt setzt, um dem “höheren Ziel” zu dienen, dem politischen Gegner zu schaden, um dadurch selbst Landtagswahlen zu gewinnen.

Ob nun A oder B wahr sein mag: in einem Punkt bin ich mit dem Bundespräsidenten einer Meinung:

“Rasche, lückenlose, nachvollziehbare und wahrheitsgemäße Aufklärung ist ein Gebot der Stunde.”

Ja, in diesem Punkt hat er wirklich recht. Und das fordere ich genauso, mit besonderer Betonung auf “wahrheitsgemäss” und mit der nötigen Offenheit für alle Möglichkeiten.

Nur scheint es Fischer hier offenbar leider nicht um die “wahrheitsgemässe Aufklärung” zu gehen, sondern er macht das, was unter uns Journalisten -vollkommen zu Recht -verpöhnt ist und geächtet wird (wenn sich auch so manche aus politischen und/oder ideologischen Gründen dennoch nicht dran halten) und was einem STaatsoberhaupt erst recht nicht zusteht:

Er masst sich (im Gegensatz zur besonnenen Justiz) an, schon zu wissen, dass jene, gegen welche schwerwiegende mediale Vorwürfe im Raum stehen, auch schon automatisch schuldig sind: “Wir sind über jene zornig, die nie und nimmer genug kriegen können und deren egoistische Raffgier keine Grenzen kennt. Sie bringen unser Gesellschaftssystem in Misskredit und erschüttern das Vertrauen in wichtige Institutionen.”

Auch wenn er hier keine Namen nennt, denken wir eben genau an jene, gegen welche es Vorwürfe gibt, die aber bislang weder zu Anklagen führten und erst recht nicht zu rechtskräftigen Verurteilungen. Er ermahnt in seiner Rede nicht nur die Justiz dazu, dass sie sich “sachlicher Kritik stellen muss” (was an sich schon eine ungeheuerliche Anmassung darstellt), sondern er suggeriert der unabhängigern Justiz, dass diese seine medial an den Pranger gestellten politischen Gegner auch schuldig sind und dass die Justiz auch gefälligst diesem seinem Wunsch nach Verurteilung nachkommen mögen, was einer demokratischen Republik unwürdig ist und zudem eine unerlaubte politische Einmischung in laufende Verfahren darstellt.

Was Fischer hier macht, ist im negativen Sinne einmalig, und dessen man sich mal bewusst werden und seinem psychologisch-manipulativen Schachzug nicht erliegen.

Was wundern wir uns über die Leichtgläubigkeit, Manipulierbarkeit und Vorverurteilungssucht vieler Menschen, wenn sich schon das Staatsoberhaupt (vielleicht im Glauben, seinen Genossen dadurch tatkräftig im Landtagswahlkampf zu unterstützen) zu solch unverantwortlichen Aussagen, deren Tragweite noch nicht absehbar ist, hinreissen lässt?

Daher möge der Bundespräsident diese seine eigenen folgenden Worte auch persönlich beherzigen:

“Wir alle sind aufgerufen unsere Grundwerte hoch zu halten, auf Blender nicht herein zu fallen, nicht weg zu schauen wo man genau hinschauen muss und der Unsitte entgegen zu treten, dass alles erlaubt und akzeptabel ist, was nicht frontal dem Strafgesetzbuch widerspricht.

Eine Gesellschaft, die ihre Grundwerte nicht wie ihren Augapfel schützt und hütet ist in Gefahr auf gefährliches Terrain zu gelangen.”

Die Rede von Bundespräsident Fischer bei der Eröffnung der Wiener Festwochen ist in voller Länge hier abrufbar.