Mit ‘Wähler’ getaggte Artikel

Montag, 18. Juni 2012, von Elmar Leimgruber

Wenn die Menschen vernünftig wählen würden…

Leider bin ich mit meiner Einschätzung vor wenigen Tagen richtig gelegen: die Franzosen haben bedauerlicherweise auf den linken populistischen Sprücheklopfer Hollande gehört und haben ihn nicht nur zum neuen französischen Präsidenten gewählt, sondern ihm auch noch eine satte Parlamentsmehrheit besorgt. Es ist bei den Franzosen zwar nichts Neues, dass sie sich aufhetzen lassen, sondern das lange Tradition; immerhin ist sein Vorgänger Sarkozy ja auch wegen populistischen Versprechen gewählt worden; doch hatte dieser wenigstens dann, als er an der Macht war, dann doch zumindest einigermaßen verantwortungsbewusst regiert und damit zusammen mit der der deutschen Kanzlerin Merkel verhindert, dass das gemeinsame Boot Europa trotz Finanzkrise möglichst nicht untergeht.

Doch anstelle der Dankbarkeit wurde er abgewählt: Die Franzosen wollen offenbar niemanden an der Spitze ihres Staates, der vernünftig und langfristig agiert und nicht nur provinziell denkt, sondern wen, der nur auf eigene und nationalistische Interessen bedacht ist und der die Schuldenpolitik, die überhaupt erst zu den Krisen der vergangenen Jahren geführt hat, unbedingt fortsetzen, ja noch exzessiver betreiben will: Hollande. Und dabei geht es Frankreich nicht mal so schlecht wirtschaftlich: noch nicht.

So kann, wie bereits in erwähntem Kommentar geschrieben, die Euro-Zone nicht weiterbestehen. Will Hollande den Stabilitätspakt aufschnüren, womit leider zu rechnen ist, stürzt er sein Land finanziell in den Abgrund. Bei dieser Zukunfts-Perspektive sage ich: Schluss mit der Euro-Zone (und zwar besser heute als morgen) oder eine Reduktion dieser auf Deutschland, Österreich und Luxemburg: Wenn einer weiter Geld zum Fenster rausschmeißen will, das nicht da ist, dann soll er das tun, aber da müssen die anderen bislang noch gesunden Staaten davon unbeschadet bleiben. Also bitte dann weg mit dem Euro. Und Frankreich soll sich dann sein selbstgeschaufeltes Grab auch selbst finanzieren.

Ganz anders die Griechen: die sind zwar tatsächlich finanziell und perspektivenmäßig am Ende und zwar schon seit Monaten. Doch sie, der wir in Europa die Demokratie überhaupt zu verdanken haben, haben bei diesen Wahlen echte Reife bewiesen: Wenn  man täglich ums Überleben kämpfen muss und trotzdem nicht mehrheitlich die linken populistischen Aufrührer Syriza wählt und jene Sozialisten, die über Jahrzehnte hindurch erst die hohen Staatsschulden und damit die heutigen Probleme verursacht haben, massiv abstraft und dafür den Konservativen seine Stimme gibt, dann war das zumindest für jene 30 Prozent der Wähler mit Sicherheit ein persönliches Opfer und eine klare Entscheidung der Vernunft:

Solche klar denkenden Menschen wünschte ich mir vielmehr auch in allen anderen Staaten, vor allem in Europa: Das sind die Mutigen und das sind jene, die nicht Populisten wählen, sondern nicht nur aktuell, sondern auf die Zukunft bezogen vernünftige Weichenstellungen setzen, auch wenn der Weg dorthin steinig ist. Das sind reife Wähler, welche es zutiefst verdienen, dass es eine Demokratie gibt, für die wir alle äußerst dankbar sein sollten. Ich ziehe meinen imaginären Hut vor dem reifen Demokratieverständnis von vielen Griechen.

Nur befürchte ich (vgl. dazu auch meinen Kommentar zum Wahlergebnis in Griechenland und Frankreich vor einigen Wochen), dass auch diesesmal keine Regierung zustande kommen wird, weil die Sozialisten aus mangelnder Einsicht, anstatt sich in Schutt und Asche zu hüllen und froh zu sein, mitregieren zu dürfen, aus Angst vor der Syriza ihre Regierungsbeteiligung wohl wieder verweigern werden. Dann wird aber ein Ausstieg aus dem Euro der nächste notwendige Schritt sein müssen (und vor allem jene, welche jetzt Syriza gewählt haben, haben diese Situation dann mitzuverantworten. Einen Austritt aus der Euro-Zone sollten sich übrigens auch andere -vor allem südliche- EU-Länder ernsthaft überlegen: So können sie bei wirtschaftlichen Problemen zumindest über die Geldentwertung kurzfristig gegensteuern.

Und Ja: ich bin daher auch für mehr direkte Demokratie, obwohl auch hierzulande meist jene Parteien und Politiker gewählt werden, die medial am meisten gepuscht werden und zudem die populistischsten Wahl-Versprechen abgeben. Die Folge davon ist jedoch eine Dauerangst der meisten unserer Politiker, medial verrissen zu werden und/oder bei den nächsten Wahlen nicht wiedergewählt zu werden. Und das macht sie noch schwächer und leichter manipulierpar. Und das ist der eigentliche Grund für den Politik-Frust vieler Menschen: es gibt keine klare Linie und vor allem keine klaren Entscheidungen zumindest dann nicht, wenn sie unpopulär sind:

Das trifft beispielsweise besonders die überaus große Gruppe von Pensionisten (leider auch Bezieher von Luxus-Pensionen), aber auch beispielsweise das leidige viele betreffende, völlig ungerechte und bedauerlicherweise nie endende Problem Friedenszins speziell in Wien, das sonderbarerweise keine einzige Partei anzugreifen wagt. Dafür aber mehren sich vor allem aus Kreisen der SPÖ und der Grünen die extremst populistischen, ebenfalls ungerechten (denn mehr leistet, soll auch mehr verdienen), eigentlich kommunistischen Forderungen nach einer Umverteilung von reich zu arm: Dabei hätte Österreich die Krisen der vergangen Jahre nie so unbeschadet überstanden, wären diese Forderungen umgesetzt worden: die entscheidenden Wirtschaftsträger hätten ihre Betriebe, ihr Kapital und Stiftungen ins Ausland verlegt, gefolgt von hoher Arbeitslosigkeit, gefolgt von Rezession und letztlich wohl mit einem Zusammenbruch des (nicht mehr finanzierbaren Sozial-)Systems und Massenarmut verbunden. Da linke Ideologen aber immer nur gegenwartsbezogen (das was die Leute aktuell hören wollen) und nicht zukunftsorientiert denken, vertreten sie weiter ihre Positionen und versprechen den Menschen Paradieseszustände fürs Jetzt und politische Illusionen, was aber (übrigens auch im rechten politischen Spektrum) funktioniert, wie man bei Wahlen sieht: Leider.

Die wenigsten Menschen in Europa sind heute schon so weit, dass sie jene Parteien und denjenigen wählen, der ihren klar sagt, was Sache ist, dass nun mal gespart werden mus und dass das Ziel sein muss, langfristig von den Staatsschulden wegzukommen: dabei wäre das ehrlich, zukunftsorientiert und seriös. Vielleicht aber wählen die Menschen aber auch lieber lieber Populisten, weil von den vernünftigen Politiker keiner glaubhaft genug ist, dass man ihm auch zutraut, dass er das Land und seine Menschen -zumindest längerfristig- in eine bessere Zukunft hin regiert. Wünschenwert wären als viel mehr echte und Persönlichkeiten mit Verstand, Linie und klaren realisierbaren Visionen, die nicht dem Land schaden (weil man den “Reichen” durch noch höhere Steuern die Freude am Investieren in den Standort Österreich vermiest) in der Politik, die sagen, was Sache ist, auch wenn alle Medien gegen sie polemisieren. Und solche Politiker wünsche ich Österreich und auch allen anderen Staaten in der EU: Dann kann auch ich wieder zuversichtlich sein.

Mittwoch, 17. März 2010, von Elmar Leimgruber

SPÖ-manipulierter ORF-Publikumsrat wählt SPÖ-Vorsitzenden und -Stellvertretende

Wenigstens eine gute Meldung im Zusammenhang mit der Bestellung des ORF-Publikumsrates gibt es: Caritas-Präsident Franz Küberl wurde wieder in den ORF-Stiftungsrat bestellt. Die weiteren nun bestellten Mitglieder sind Siegfried Meryn (vom Publikum gewählt: SPÖ-nahe), Bernadette Tischler (vom Publikum gewählt: ÖVP-nahe), Gerhard Tötschinger (vom Publikum gewählt: ÖVP-nahe), Josef Kirchberger (Kunst/Vom Bundeskanzler ernannt: SPÖ) und Beate Wimmer-Puchinger (Hochschulen/Vom Bundeskanzler ernannt: SPÖ), was ich mal unkommentiert stehen lassen will, weil auch das für den kritischen Beobachter und demokratischen Denker schon für sich spricht.

Und nun zum Tragischen: Wie am 23.Februar berichtet, hat SPÖ-Chef Werner Fayman das demokratische Wahlergebnis des ORF-Publikums nicht nur ignoriert, sondern seine Machtposition als Bundeskanzler dazu missbraucht, alle 17 Kandidaten, die er dank seines Amtes nominieren konnte, aus den Kreisen seiner SPÖ in den ORF Publikumsrat zu schicken. Damit hat er den demokratischen Willen der ORF TV-Seher und -Hörer ausser Kraft gesetzt und neue Mehrheitsverhältnisse im ORF geschaffen, die ihm und seiner SPÖ eine uneingeschränkte Allein-Herrschaft über den ORF ermöglichen.

Und nun wurde in einer Kampfabstimmung sowohl der Präsident als auch der Vizepräsident dieses Gremiums aus den Reihen der SPÖ gewählt: Neuer Vorsitzender des Publikumsrats ist nun AK-Mann Hans Preinfalk; er löst damit den bisherigen Vorsitzenden, den der ÖVP nahestehenden Georg Weißmann, ab. Zur stellvertretenden Vorsitzenden kürte das Gremium Ilse Brandner- Radinger vom der SPÖ nahestehenden Renner-Institut.

Also der Bundeskanzler nützt seine Macht aus, indem er die Mehrheitsverhältnisse entgegen allen demokratischen Spielregeln umkrempelt. Und seine SPÖ-ler im ORF-Publikumsrat wählen dann natürlich auch wieder eine SPÖ-dominierte Spitze. Spätestens jetzt ist aber klar, dass der ORF keinesfalls politikerfrei ist, sondern eindeutig SPÖ-dominiert ist.

Und -man jeden Demokraten verwundern muss- niemand von den SOS-ORF-Initiatoren regt sich bislang über die eindeutig politisch umgefärbte ORF-Spitze auf. Gegen politische Umfärbung und Einflussnahme im ORF regt man sich zu Recht auf. Aber in diesem Fall schweigt man sonderbarerweise. Auch die Politik. Und auch keine ORF- Redaktionsvertretung und auch von ausserhalb des ORF schweigen all jene, die sonst immer lautstark für Pressefreiheit und für eine Entpolitisierung des ORF eintreten. Warum nur? Ist der ORF intern immer noch ein Rotfunk?

Wen wunderts angesichts solcher offenbar breit akzeptierter Umfärbung, dass die ORF-Berichtersttung in letzter Zeit immer tendenziöser und einseitiger wurde. Es muss ja schön sein für die SPÖ, wenn nicht nur die Kronenzeitung ihr wohlgesonnen ist, sondern wenn man zudem auch den ORF unter Kontrolle hat, was angesichts der noch stattfindenden wichtigigen Landtagswahlen natürlich von besonderer Bedeutung für die SPÖ ist.

Ich stehe auf dem Standpunkt: Ja zur politischen Unabhängigkeit des ORF und wenn schon sollten alle Politiker und politisch entsendeten Vertreter raus aus dem ORF. Aber wenn die Politik schon im ORF vertreten ist und dies auch offenbar Allgemeinkonsens ist, dann sollte keine Partei dominieren, dann sollte es ein klares Gleichgewicht der Parteien geben: alle Parlamentsparteien sollten im ORF Mitspracherecht haben und gemeinsam entscheiden, weil sie ja auch die Wahl-Bevölkerung des Landes vertreten.

Dienstag, 23. Februar 2010, von Elmar Leimgruber

SOS ORF: Warum wehren sich die ORF-Journalisten nicht gegen Faymanns Bevormundung?

Vor einigen Tagen habe ich hier über das Ergebnis der ORF-Publikumsratwahl berichtet und offenbar entging es bisher meinen Kollegen aus der schreibenden Zunft, was hier geschah. Daher fühle ich mich berufen, meinen Senf dazu abzugeben:

Es fällt inzwischen ja direkt schon auf: Also es im Dezember hiess, dass der der ÖVP nahestehende Chefredakteur des ORF Landesstudios Niederösterreich, Richard Grasl, zurück kommt nach Wien und dass er hier Kaufmännischer Direktor des ORF werden soll, regte sich lautstarker Widerstand: Sofort vermutete man ausserhalb und ORF-intern, dass da Parteipolitik betrieben würde, obwohl Grasl keine redaktionelle Veranwortung erhalten sollte.

Vor einigen Wochen fanden dann ORF- Publikumsratwahlen statt. Und siehe da: Entgegen allen Erwartungen erhielten die meisten Stimmen ÖVP-nahe und unabhängige Kandidaten. Aber anstatt dieses demokratische Ergebnis nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch zu akzeptieren, präsentierte das Bundeskanzleramt von Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ) am Freitag nicht nach objektiven und sachlichen Kriterien die restlichen 17 Mitglieder aus dem öffentlichen Leben, die der Kanzler vergeben darf, sondern er nominierte 17 ausschliesslich der SPÖ nahestehende Kandidaten (!).

Warum wundert mich das eigentlich nicht wirklich?

Was mich aber wirklich ärgert, ist die Tatsache, dass ORF-interne Vertretungen ansonsten immer lautstark an die Öffentlichkeit gehen, wenn irgendwelche Umbesetzungen geplant sind, die “politische Einflussnahmen” bzw. “Umfärbungen” vermuten lassen. Die SPÖ hat sich hier ein Publikumsrat-Monopol aufgebaut im ORF und trotzdem hat offenbar niemand beim ORF ein Problem damit, dass es nun im ORF eine rote Alleinregierung geben wird.

Und vor allem: Ich höre sonderbarerweise derzeit keinen Aufschrei jener, die sonst immer sofort rufen: Politiker raus aus dem ORF! Wo bleibt der Protest der unabhängigen Redakteure im ORF gegen diese politische Vereinnahmung und vor allem gegen das vollkommen unkorrekte und den Wählerwillen ignorierende undemokratische Verhalten der SPÖ?

Gibt es denn im ORF tatsächlich keine unabhängigen Redakteure mehr oder zumindest welche, die zwar der SPÖ nahe stehen, aber aus sachlichen Gründen da auch widersprechen müssen? Oder wird man dort zum Schweigen gebracht oder verurteilt?

Nur ausserhalb des ORF gab es kritische Stimmen gegen politische Machtbesessenheit:

Als “empörende Missachtung des Bürgerwillens” wertete Clemens Steindl, der Präsident des Katholischen Familienverbandes, der selbst für den Bereich “Eltern bzw. Familien” bei den Publikumsratswahlen Ende Jänner kandidiert hatte, im “Kathpress”- Interview die Tatsache, dass im Bereich “Eltern bzw. Familien” mit Gerald Netzl der bei den Wahlen drittgereihte Kandidat zum Zuge kommt. Netzl hatte rund 29.000 Stimmen erreicht, während Steindl mit 75.532 Stimmen das fünftbeste Ergebnis aller Kandidaten bei der Publikumsratswahl einfuhr. Faymanns Verhalten sei “ein trauriges Signal dafür, dass der für viele Bürger hohe Stellenwert der Familie der Parteipolitik geopfert wurde”, so Steindl.

Auch der ÖAMTC, nach eigenen Angaben mit über 1,7 Millionen Mitgliedern die mit Abstand größte, parteipolitisch unabhängige Kraftfahrer-Interessenvertretung in Österreich, wurde -trotz geeigneter Kandidaten- vom Kanzler ignoriert und zeigte sich daher ebenfalls enttäuscht und befremdet darüber.

Der Bereich “Behinderte Menschen” wird im neuen ORF-Publikumsrat von zwei nicht-behinderten Vertretern, Elisabeth Pittermann-Höcker und Erich Fenninger vertreten, kritisieren die Grünen: “Bundeskanzler Faymann hat dies zu verantworten, obwohl es mit dem Vizepräsidenten des Österreichischen Gehörlosenbundes Lukas Huber einen Kandidaten mit Behinderung gab,” so die Grünen.

Die ORF-Gebührenzahler haben sich bei der Publikumsratwahl für einen unabhängigen und selbstbewussten ORF und gegen eine Mehrheit der SPÖ im ORF entschieden, schreibt ÖVP- Generalsekretär Fritz Kaltenegger dazu. Angesichts dieser Tatsache und der vom Bundeskanzleramt bekanntgegebenen Nominierung von 17 SP-nahen Kandidaten “soll die Faymann-SPÖ nie wieder von Bürgerwillen und demokratischer Mitbestimmung sprechen”.

Bei der Neubesetzung des ORF-Publikumsrates offenbarte sich das wahre Demokratieverständnis des Bundeskanzlers, schreibt auch die Österreichische Schülerunion: Entgegen der bisherigen Praxis entsendet Bundeskanzler Werner Faymann nicht Bundesschulsprecherin Pia Bauer, die gesetzlich gewählte Vertreterin der 1,2 Millionen Schülerinnen und Schüler, sondern die Vorsitzende des SPÖ-Schülervereins “Aktion kritischer Schüler” als Vertreterin der Schülerinnen und Schüler in den Publikumsrat des ORF. Für Oliver Möllner, Bundesobmann der Österreichischen Schülerunion, welche mit 23 von 29 Mandaten klar die Mehrheit in der Bundesschülervertretung stellt, ist das ein demokratiepolitischer Skandal: “Die gewählte Österreichische Bundesschulsprecherin und mit ihr die österreichische Schuldemokratie wurde heute am Altar der parteipolitischen Postenschacherei geopfert,” kritisierte Möllner.

Unabhängig davon, wo man selbst politisch steht : So gehts in einer Demokratie nicht! Und wenn man sich schon im ORF -zu Recht- gegen politische Bevormundungen von schwarz, blau, orange oder grün wehrt: Dasselbe muss genauso auch für rot gelten. Und ich erwarte mir hier mehr Mut, vor allem von Seiten der durch diese Umfärbungen betroffenen ORF-Mitarbeiter, besonders der Redaktion.

Ich bin Mitglied keiner Partei. Und das ist sehr gut so: Nur so kann ich ohne parteipolitische Rücksichtnahme über alle Parteien schreiben, was zu schreiben ich für notwendig halte. Und ich wünsche mir einen von jeglicher Politik und Parteifarbe unabhängigen ORF. Wenn das aber, wie es scheint, nicht möglich ist, dann sollten zumndest alle Parlamentsparteien im ORF mitreden können.

Mittwoch, 3. Februar 2010, von Elmar Leimgruber

Merkel und Schäuble handeln mutig, wenn auch moralisch zweifelhaft

Darf der Staat gestohlene Steuersünder-Daten kaufen?

Es wäre Unrecht, wollte man Unrecht dadurch besiegen, dass man ein weiteres Unrecht begeht: Unrecht bleibt immer Unrecht.

Und dennoch geht es manchmal wohl nicht anders, zumindest dann, wenn keinesfalls Menschenleben gefährdet sind.

Da ist das eine Unrecht: Es gibt europaweit und darüberhinaus vielleicht wohl einige sehr wohlhabende Menschen, die nicht nur weit überdurchschnittlich verdienen, sondern ihren reichlichen Überschuss zudem an der Steuer vorbei auf Schweizer Banken transferieren.

Da ist das zweite Unrecht: Während sogenannte Transparenzgesetze die Staaten der Europäischen Union (so auch Österreich) dazu zwingen, bei der Aufklärung von internationalem Steuerbetrug auch durch Bankdaten mitzuhelfen, bleibt die Schweiz diesbezüglich eine Oase für Steuerhinterzieher im grossem Stil, was mitten in Europa ein schweres Unrecht darstellt, zumal die Schweizer Banken und Behörden hier nicht zur Aufklärung beitragen wollen. Und als Nicht-EU-Land kann man die Schweiz wohl vermutlich auch nicht zur Mithilfe verpflichten.

Und das ist das dritte Unrecht: Irgendwer hat brisante Daten von mutmasslichen 1500 deutschen Steuersündern aus einer Schweizer Bank entwendet und bietet diese nun in Form einer CD der deutschen Regierung um 2,5 Mio. Euro zum Kauf an. Schon eine erste Stichprobe, so heisst es, würde dem Staat mehrere Mio. Euro an Steuern bringen, der Kauf würde sich also auch finanziell lohnen.

Die deutsche Regierung, allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU), hat nun eine sicher zweifelhafte, aber in jedem Fall eine mutige Entscheidung getroffen: nämlich ohne politische Rücksicht auch auf das eigene Wählerklientel jene Wirtschaftstreibenden aufzuspüren und rechtlich verfolgen zu wollen, die in grossem Stil und über Jahre hindurch in Deutschland Steuern hinterzogen haben: Ja, das ist mutig. Genauso wie Merkels Vorstoss, Spitzenmanager-Gehälter gesetzlich nach oben hin zu begrenzen.

Aber es ist in der Tat auch eine ethische Frage: ist es moralisch gerechtfertigt, eine CD mit gestohlenem Material zu kaufen und zu verwerten, um Steuersünder ausfindig zu machen?

Zunächst mal: grundsätzlich nein.

Aber: vorausgesetzt, die Schweiz wäre auch unter internationalem Druck weiterhin nicht bereit, den deutschen Steuerbehörden bei der Aufklärung von schwerwiegender Steuerhinterziehung behilflich zu sein: Diese CD könnte ein erster Schritt sein, der Schweiz zu beweisen, dass Aufklärung auch ohne Hilfe funktioniert.

Eines ist jedoch sicher: Die Schweiz muss hier umdenken und darf nicht zum Handlanger von Kriminellen werden.

Andererseits: Dieses unmoralische Angebot könnte Schule machen. Und dann ist die Frage: wo zieht man den Schluss-Strich? Und ab wann bezahlt man dann nicht mehr für kriminelle Handlungen? Bankdaten zu stehlen ist in der Tat ja eine kriminelle Handlung, die auch geahndet (und keinesfalls bezahlt) werden müsste.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts für das Hamburger Magazin “stern” sind übrigens 57 Prozent der Deutschen dafür, dass der Fiskus die Bankdaten von bis zu 1500 Deutschen kauft, auch wenn diese illegal beschafft worden sind. 43 Prozent lehnen den Handel ab. Zum Kauf der Daten raten vor allem die Anhänger der Opposition: 71 Prozent der Anhänger der Linken wollen dies. 68 Prozent sind es bei der SPD und 63 Prozent bei den Grünen. Deutlich zurückhaltender sind die Wähler von Union und FDP, doch auch hier ist eine Mehrheit von je 54 Prozent dafür.

Und noch kurz zu einem weiteren Thema, das in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht: Datenschutz ist grundsätzlich ein unschätzbar hohes Gut, das man nicht leichtfertig gefährden sollte. Und der Datenschutz gehört auch gesetzlich verankert: Im Prinzip geht es niemanden, auch den Staat nichts an, wer seiner Bürger wo wie viel Geld hat. Und wenn wir schon bei diesem Thema sind: es müsste ein international gültiges Gesetz her, das die Weitergabe und den Handel mit Adressen (ohne ausdrückliche Genehmigung aller) streng verbietet.

Aber wo Kriminalität beginnt, hört der Datenschutz auf. Und wenn die Fahnder schon die Adresse eines Täters haben dürfen (womit auch Datenschützer kein Problem haben dürften), wieso sollen sie dann nicht auch anhand von Bankdaten überprüfen und belegen können, dass er kriminell ist?

Alles in allem ist dies alles hier aber ein äusserst komplexes Thema, zu dem ich nur Denkanstösse bieten, aber keine eindeutige Antwort geben will: Ich lade Sie ein, sich Ihre eigene Meinung zu diesem Thema zu bilden und mir auch zu schreiben.

Freitag, 20. Oktober 2006, von Elmar Leimgruber

Straches Poker

Ist schon sonderbar: Ausgerechnet der als rechtsaußen verschrieene FPÖ-Chef H.C. Strache macht sich für eine rot-grüne, also links-linke Koalition stark, die er durch seine FPÖ unterstützen könnte. Dabei erklärte er noch kurz nach der Wahl, dass sich der Wähler für eine große Koalition entschieden habe.
Dass Van der Bellen kein Interesse an einer Unterstützung durch Strache hat, ist klar. Und auch Gusenbauer will sicher keinen “Königsmacher” Strache, an dem es letztlich liegen würde, wie lange eine rot-grüne Koalition hält. Aber warum es nicht dennoch versuchen, wird sich Strache gedacht haben:-)