Mit ‘Lebensmittel’ getaggte Artikel

Freitag, 13. Juli 2012, von Elmar Leimgruber

AK-Geflügeltest: Vorsicht gefährliche Keime

Geflügel ist allzu oft mit gefährlichen Keimen belastet. Dies zeigt ein AK Test von 20 vorverpackten Geflügelfleisch aus 20 Wiener Geschäften. Nachmessungen der Produkttemperaturen ergaben zudem: Bei fast jedem zweiten Produkt lag die Temperatur über den notwendigen vier Grad Celsius. Die appetitliche Nachricht: Keine der überprüften Hühnerfleisch-Proben war am Ablauftag verdorben: Das Fleisch darf nicht blass oder verfärbt sein, nicht sauer oder muffig riechen.

Die Arbeiterkammer (AK) hat im Mai 20 zumeist unter Schutzatmosphäre verpackte ganze Hühnerfleisch-Proben in 20 Wiener Supermarkt- und Diskonter-Filialen eingekauft: Merkur, Billa, Zielpunkt, Spar, Eurospar, Hofer, Lidl, Penny, Adeg. Die Untersuchung wurde von der Lebensmittelversuchsanstalt Klosterneuburg und der Veterinärmedizinischen Uni durchgeführt.Der AK-Test zeigte: Jede zweite Probe war mit Campylobacter-Keimen befallen, eine mit Salmonellen. Die Campylobacter-Keime sind gegen eines oder mehrere Antibiotika bereits resistent. Der Antibiotikaresistenz-Test ergab: Die Campylobacter-Keime sind gegen eines bis zu vier von zwölf untersuchten Antibiotika resistent. Mehrfach resistent – gegen drei oder vier Antibiotika – waren die Campyloacter-Keime in vier von zehn Proben. Gegen bestimmte Antibiotika wie Ampicillin – aus der Gruppe der Penicilline – waren die nachgewiesenen Campylobacter-Keime in neun von zehn Proben resistent. Gegen Antibiotika aus der ebenfalls wichtigen Gruppe der Chinolone waren die Keime in sieben von zehn Proben resistent.

Jährlich gibt es laut AK in Österreich rund 4.500 Erkrankungen aufgrund von Campylobacter und rund 2.000 aufgrund von Salmonellen. Salmonellen können zum Beispiel Brechdurchfall oder Krämpfe hervorrufen. Campylobacter kann vor allem bei Kindern und Jugendlichen zum Beispiel Bauchschmerzen, blutige Durchfälle oder Erbrechen verursachen. Küchen-Hygiene ist daher oberstes Prinzip bei rohen Lebensmitteln wie Geflügel, Eier oder Fleisch. Keime können sich während der Lagerung oder bei der Zubereitung auf andere Lebensmittel übertragen. Daher Schneidebrett, Messer und Co immer sehr heiß abwaschen oder in den Geschirrspüler geben. Rohe Lebensmittel, besonders Geflügel, vollständig durcherhitzen, damit die Keime absterben.

Die Nachmessungen der Temperaturen in den Kühlvitrinen zeigten: In zwei (zehn Prozent) der 20 überprüften Vitrinen lag die Lagertemperatur bei über vier Grad Celsius. Bei neun herrschte eine Kühltemperatur zwischen ein und vier Grad Celsius vor, bei den restlichen neun unter ein Grad Celsius. Geflügel sollte eine Produkttemperatur von maximal vier Grad Celsius haben. Die Temperaturkontrolle der Produkte zeigt: Acht Geflügel-Proben (40 Prozent) hatten über vier Grad Celsius, eine davon sogar über sieben Grad. Das könnte daran liegen, dass zu oft die Kühlung unterbrochen wurde.

Die AK verlangt nun aufgrund ihres Geflügel-Tests mehr Kontrollen und Maßnahmen gegen den Arzneimittel-Einsatz bei Geflügel. Die Konsumenten brauchen Sicherheit, dass das Fleisch einwandfrei und nicht mit gesundheitsschädigenden Keimen behaftet ist. Denn immerhin hatten zehn der 20 von der AK überprüften verpackten Geflügel-Proben Campylobacter-Keime. Sie sind gegen ein oder mehrere Antibiotika resistent.

Die AK fordert daher:

 

 

  • Antibiotika-Einsatz reduzieren: Nötig ist eine lückenlose Erhebung des Antibiotikaeinsatzes in der Geflügelmast. Mit Antibiotika in der Tiermast ist äußerst zurückhaltend umzugehen. Dazu braucht es insbesondere auch nötige Maßnahmen bei den Haltungsbedingungen von Geflügel. Derzeit werden 60 Tonnen Antibiotika in der Nutztierhaltung eingesetzt.
  • Bessere Kontrollen: Die betrieblichen Eigenkontrollen zur Sicherstellung der lückenlosen Einhaltung der Kühlkette müssen verbessert werden.
Mittwoch, 13. Juni 2012, von Elmar Leimgruber

Vorwurf: Mediziner lassen sich von Danone und Unilever missbrauchen

Es kann nicht sein, dass sich Ärzte von Konzernen wie Danone oder Unilever als Markenbotschafter missbrauchen lassen. Um Becel pro.activ, Actimel und Activia zu bewerben, haben die Hersteller Unilever und Danone über Jahre hinweg versucht, Ärzte zu instrumentalisieren, wirft ihnen die Konsumentenschutzorganisation foodwatch vor: Ziel der speziellen Marketingkampagnen: Mediziner sollten die Functional-Food-Lebensmittel in ihren Praxen an Patienten empfehlen. Die Konzerne setzten dabei auf irreführende Angaben und verschwiegen relevante Informationen, wie die Verbraucherorganisation foodwatch heute in Berlin kritisierte.

“Nicht nur die Pharmaindustrie, sondern auch Lebensmittelhersteller bedrängen Ärzte, den Patienten ihre zweifelhaften Produkte anzudienen”, erklärte Oliver Huizinga von foodwatch. “Das Ärzte-Marketing läuft genauso irreführend und manipulativ wie die direkte Werbung an Endverbraucher.”

Beispiele von -laut foodwatch- fragwürdigen Ärzte-Kampagnen:

  • Im April 2012 veröffentlichte Unilever einen Offenen Brief an die Ärzteschaft in Form ganzseitiger Anzeigen in der Ärztezeitung und im Ärzteblatt über seine mit Pflanzensterinen angereicherte, cholesterinsenkende Margarine. “Über 45 Humanstudien wurden durchgeführt, um sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit von Pflanzensterinen zu belegen”, argumentiert Unilever-Deutschland-Chef Harry Brouwer und verweist darauf, dass die “wichtigsten europäischen Fachgesellschaften für Kardiologie (ECS) und Atherosklerose (EAS)” Pflanzensterin-angereicherte Lebensmittel in ihre Empfehlungen zur Behandlung erhöhter Cholesterinwerte aufgenommen hätten. Unilever unterschlägt dabei, dass eben diese Leitlinien den gesundheitlichen Nutzen und die Sicherheit solcher Produkte anzweifeln – darin heißt es: “Aktuell gibt es keine Daten, die belegen, dass die Cholesterinsenkung mithilfe von Pflanzensterinen präventiv gegen koronare Herzkrankheiten wirkt. Um die Sicherheit von Lebensmitteln mit Pflanzensterinzusatz bei regelmäßiger Einnahme zu garantieren, sind außerdem Langzeitstudien nötig.”
  • Im November 2011 verschickte Unilever Broschüren und Bestellscheine für kostenlose Beratungsmaterialien per Post an Arztpraxen. Vor allem die “Online-Services für Sie und Ihre Patienten” auf den Internetseiten herzalter.de, mein-fettrechner.com und becel.de wurden beworben, verbunden mit dem Appell: “Empfehlen Sie unsere Online-Services auch Ihren Patienten.” Die wissenschaftlichen Zweifel an Lebensmitteln mit Pflanzensterinen verschweigt Unilever auch hier, so foodwatch..
  • Auf www.actimel.de steht bis heute ein passwortgeschützter Expertenbereich speziell für “Ärzte und Wissenschaftler” zur Verfügung. Danone dokumentiert dort Fortbildungen zu Themen wie “Probiotika und Immunsystem”, die das Unternehmen gesponsert hat. Der Konzern bietet Zusammenfassungen seiner Studien an, mit denen jahrelang die Gesundheitseffekte von Actimel belegt werden sollte. Danone suggeriert, Actimel sei mehr als ein gewöhnlicher Joghurt und könne unter anderem vor Erkältungen schützen. Dies wird durch die Studien jedoch nicht belegt.
  • Bereits 2008 legte Danone Actimel-Gutscheine in Arztpraxen aus, um in einem vertrauenswürdigen Umfeld für den Joghurt zu werben.

foodwatch hatte Unilever bereits kritisiert, weil das Unternehmen in seiner Werbung an Verbraucher suggeriert, dass ein gesundheitlicher Nutzen belegt sei, und Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen verschleiert.

“Actimel activiert Abwehrkräfte” – jahrelang hat Danone den Eindruck erweckt, der probiotische Joghurtkeim “L. casei defensis” könne vor Erkältungen schützen. Inzwischen wurden die ursprüngliche Werbung und das Ärzte-Marketing von der Realität überholt: Der “Defensis”-Keim ist heute offiziell nur noch für den “typischen und leckeren Actimel-Geschmack” und für einen “starken Start in den Tag” verantwortlich. Denn mit gesundheitsbezogenen Aussagen für den Joghurt-Keim darf Danone nicht mehr werben: Es gibt keinen von der Europäischen Lebensmittelbehörde zugelassenen Claim. Die Genehmigung einer Aussage zum Schutz vor Erkältungen hatte Danone gar nicht erst beantragt – stattdessen einen Claim über die Wirkung auf Durchfallerkrankungen. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt; weitere Anträge zog Danone zurück, bevor es zur Prüfung kam, so foodwatch.

Bei der Wahl zum von foodwatch ausgeschriebenen Goldenen Windbeutel 2011 hatte das Produkt den zweiten Platz belegt. 2009 erhielt Actimel den Goldenen Windbeutel für die dreisteste Werbelüge des Jahres. Becel pro.activ ist derzeit einer von fünf Kandidaten für den “Goldenen Windbeutel” 2012, der noch bis zum 18. Juni laufenden Verbraucherwahl zum Preis für die Werbelüge des Jahres auf www.abgespeist.de.

Donnerstag, 22. März 2012, von Elmar Leimgruber

Weltwassertag 2012: Essen kostet Wasser

15.000 Liter Wasser  sind nötig, um ein einziges Kilo Fleisch zu erhalten. Darauf weisst die UNO (Vereinte Nationen) anlässlich des heutigen Weltwassertages 2012, der unter dem Motto “Wasser und Ernährungsssicherheit” steht, hin. Während der durchschnittliche tägliche Trinkwasserbedarf eines erwachsenen Menschen bei zwei bis vier Litern liegt, verschlingt demnach die Herstellung der von einer Person täglich konsumierten Lebensmittel 2.000 bis 5.000 Liter Wasser. Der erhebliche Wasserverbrauch bei der Herstellung von Lebensmitteln und der steigende weltweite Lebensmittelkonsum stellen das globale Wassermanagement in Zukunft vor große Herausforderungen.

Der Nahrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge, werden zur Herstellung eines Kilogramms Kartoffeln ungefähr 105 Liter Wasser verbraucht. Die Produktion von einem Kilogramm Mais verschlingt schon stolze 710 Liter Wasser. Und die Herstellung eines Kilogramms Rindfleisch frisst gar 13.000-15.000 Liter Wasser. Angesichts von über sieben Milliarden Menschen, die derzeit den Globus bevölkern, stellt die tägliche Sicherung der Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln eine erhebliche Herausforderung für das globale Wassermanagement dar. Nähere Informationen dazu finden sich in einer Broschüre, welche auf der Webseite des Weltwassertages 2012 kostenlos heruntergeladen werden kann.

“Versteckter” Wasserverbrauch anhand von Beispielen
Grafik: UNO

“Wenn wir Wasser nicht besser in der Landwirtschaft nutzen, werden wir den Hunger nicht bekämpfen und wir werden die Tür für weitere Übel wie Dürre, Hungersnöte und politische Instabilität öffnen” schreibt UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon zum heutigen Weltwassertag: “Mit beinahe einer Milliarde hungernder Menschen und etwa 800 Millionen, die keinen sicheren Zugang zu sauberem Wasser haben, müssen wir noch vieles tun, um die Grundlage für lokale, nationale und globale Stabilität zu stärken”. Der UNO-Generalsekretär ruft daher dazu auf, “die Möglichkeit zu nutzen, die die Rio+20 Konferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung bietet. In Rio müssen wir Wassersicherheit und Ernährungssicherheit im Kontext einer grünen Wirtschaft verknüpfen. Wasser wird eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Zukunft, wie wir sie wollen, spielen”.

Sonntag, 18. März 2012, von Elmar Leimgruber

Wie aus Kindern Fastfood-Junkies werden

Wie medizinische Untersuchungen zeigen, leben Kinder vielfach ungesund und sind zudem oft übergewichtig, weil sie sich fehlerhaft ernähren. Und dies ist kein Zufall, sondern die Lebensmittelindustrie macht selbst Kinder schon zu Junkfood-Junkies. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie “Kinder kaufen” der Konsumentenschutzoganisation foodwatch, welche 1500 Nahrungsmittel für Kinder mit den Kategorien der aid-Pyramide untersucht und bewertet hat. Mit dem industriellen Angebot an Kinderlebensmitteln ist demnach eine ausgewogene Ernährung praktisch unmöglich, denn es besteht fast ausschließlich aus Süßigkeiten und ungesunden Snacks.

Das Ergebnis: Fast drei Viertel der Produkte (73,3 Prozent) fallen in die “rote” Kategorie an der Spitze der Pyramide. Es handelt sich um süße und fette Snacks, die nach den Empfehlungen des vom Bundesernährungsministerium geförderten “aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz” nur “sparsam” verzehrt werden sollten. Gerade einmal 12,4 Prozent der Produkte können der grünen Kategorie an der Basis der Pyramide zugeordnet werden – solche Lebensmittel sollten Kinder eigentlich “reichlich” verzehren. Die Hersteller stellen also die Ernährungspyramide auf den Kopf: Ihre Produktpalette im Kinder-Segment entspricht ziemlich genau dem Gegenteil der ernährungsphysiologischen Empfehlungen.

“Die Industrie will Kinder so früh wie möglich auf ungesundes Junkfood programmieren”, sagt Anne Markwardt von foodwatch. “Dafür gibt es einen logischen Grund: Mit Obst und Gemüse lässt sich nur wenig Profit machen – mit Junkfood und Soft Drinks schon mehr. Es lohnt sich ganz einfach nicht, gesunde Produkte ans Kind zu bringen.” Während die Hersteller mit Obst und Gemüse Margen von weniger als 5 Prozent erzielen, erreichen sie bei Süßwaren, Soft Drinks und Snacks Umsatzrenditen von 15 Prozent und mehr. Entgegen dem von vielen Unternehmen formulierten Anspruch, einen Beitrag zur ausgewogenen Ernährung von Kindern zu leisten, haben sie betriebswirtschaftlich größtes Interesse daran, möglichst viele unausgewogene Produkte zu verkaufen.

“Die Unternehmen tragen eine erhebliche Mitverantwortung für die grassierende Fehlernährung von Kindern”, sagt Anne Markwardt von foodwatch. “Die Lebensmittelindustrie ist nicht Teil der Lösung, sondern Kern des Problems, weil sie Kindern massenhaft Junkfood aufdrängt und sie zur falschen Ernährung verführt.” Dass sich Kinder in Deutschland nicht gesund und ausgewogen ernähren, ist wissenschaftlich belegt: Kinder essen nur die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und Gemüse, aber weit mehr als 200 Prozent der empfohlenen Menge an Süßwaren, Snacks und Soft Drinks.

Der Anteil übergewichtiger Kinder ist im Vergleich zu den 80er- und 90er-Jahren um 50 Prozent gestiegen. Heute gelten 15 Prozent der Kinder als zu dick, 6 Prozent sogar als fettleibig (adipös). Folgen sind erhöhte Risiken für Diabetes, Herzkreislauf- und andere schwerwiegende Krankheiten. Ein Prozent der Kinder leidet heute bereits an Altersdiabetes. Mit perfiden Strategien versuchen die Unternehmen, Kinder so früh wie möglich an die eigene Marke zu binden und in jungen Jahren Geschmacksprägung möglichst für ein ganzes Leben zu erreichen.

Gleichzeitig treten Vertreter der Süßwaren-Konzerne auf Kongressen als Experten für gesunde Kinderernährung auf und dienen sich dem Staat, Sportverbänden, Schulen und sogar Kindergärten als Partner für Anti-Übergewichtsprogramme und Bewegungsinitiativen an. “Der Bock macht sich selbst zum Kindergärtner”, so Anne Markwardt von foodwatch. “Wir dürfen nicht mehr darauf hereinfallen, wenn sich Unternehmen, deren Ziel gar nicht anders lauten kann als immer mehr Süßwaren und Junkfood zu verkaufen, zum Ratgeber in Sachen gesunder Ernährung aufschwingen: Das sind scheinheilige Alibi- und Ablenkungsmaßnahmen, die nicht viel kosten. Jedenfalls weniger, als die omnipräsenten Junkfood-Produkte derselben Hersteller einspielen, die selbst in Schulen ,Kauf mich’ schreien. Es ist doch kein Zufall, dass die ganzen Comicfiguren und Gimmicks nicht zum Verzehr von ungezuckerten Haferflocken, sondern von pappsüßen Crispy-Pops verführen sollen.”

Auch der Staat versagt beim Thema gesunde Kinderernährung. Anstelle klarer Vorgaben für die Hersteller bindet die Bundesregierung die Junkfood-Industrie in ihre Initiativen und Aktionspläne gegen Übergewicht ein. So hat das Bundesernährungsministerium die “Plattform Ernährung und Bewegung” (peb) initiiert, die sich dadurch auszeichnet, vor allem den angeblichen Bewegungsmangel und nicht die schlechte Ernährung von Kindern als Ursache für Übergewicht zu benennen. Prominente Mitglieder von peb: Coca-Cola, Ferrero, der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie, McDonald’s, die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker, PepsiCo, Mars – Firmen, die kein Interesse an gesunder Ernährung, sondern am Verkauf von Snacks, Junkfood und Soft Drinks haben.

foodwatch fordert daher:
Die Lebensmittelindustrie muss dort Verantwortung übernehmen, wo ihre Verantwortung tatsächlich liegt: Nicht in PR-trächtigen Alibi-Maßnahmen wie Bewegungsinitiativen und Ernährungstipps für den Schulunterricht, sondern in der Produktion ausgewogener Kinderlebensmittel. Die Verantwortung für die Fehlernährung von Kindern kann nicht allein auf Eltern abgewälzt werden. Produkte, die nicht ausgewogen sein können (wie Süßigkeiten), dürfen nicht länger als Kinderprodukte beworben und mit Comicfiguren, Spielzeugbeigaben, Gewinnspielen oder Idolen direkt an Kinder vermarktet werden. Schulen und Kindergärten müssen werbe- und PR-freie Räume werden. Die Junkfood-Industrie ist kein geeigneter Partner für den Staat, für Schulen und für Sportverbände wie den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Sponsoring-Partnerschaften und gemeinsame Programme zur Bewegungsförderung oder Übergewichts-Bekämpfung dienen den Unternehmen als Ablasshandel und müssen beendet werden.

Freitag, 10. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Lebensmittel: Wien ist teurer als Berlin

Auch wenn die Lebensmittelpreise in Wien von August bis November 2011 um 4 Prozent gesunken sind: Im Vergleich zu Berlin sind sie immer noch um 10 Prozent teurer. Dies belegt das aktuelle Preismonitoring der Arbeiterkammer Wien (AK) bei acht Wiener Supermärkten und Diskontern. Demnach wurde der Warenkorb in Berlin im selben Zeitraum um einen Euro teurer. Bei diesem Test handelt es jedoch ausdrücklich um keinen Qualitätsvergleich. Der Preisrückgang in den letzten drei Monaten in Wien ist laut AK vor allem auf fallende Preise bei Obst und Gemüse (bis zu 43 Prozent günstiger) und Convenience-Tiefkühlprodukten (bis zu 24 Prozent günstiger) zurückzuführen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der “Konsument” bei einem Gesamtvergleich Österreich-Deutschland im Dezember 2011.

Ein Warenkorb mit 40 Lebensmitteln kostete laut AK in Wien 79 (netto 71) Euro, in Berlin 72 (netto 67) Euro. Während Kaffee, Tafelessig und Cola in Österreich viel günstiger sind, kosten die meisten anderen Lebensmittel in Deutschland viel weniger. Besonders auffällig sind die Preisunterschiede bei unverarbeiteten Lebensmitteln wie Fleisch, Milch, Zucker oder Mehl. Hühnerkeulen kosten in Wien sogar mehr als doppelt so viel wie in Berlin. Dabei ist jeweils das günstigste Lebensmittel untersucht worden. Das ist mit Qualitätsunterschieden alleine nicht mehr zu erklären. “Es gibt also nach wie vor einen Österreich-Aufschlag”, vermutet AK Präsident Herbert Tumpel: “Der Wirtschaftsminister sollte überprüfen, wo solche Preisaufschläge zustande kommen: schon beim Bauern, bei den Zwischenlieferanten oder erst im Handel wegen der hohen Supermarktkonzentration in Österreich”, fordert Tumpel.

Wien ist auch teurer als Köln: Für Babynahrung, Pflege- und Reinigungsmitteln zahlen Konsumenten in Wiener Drogeriemärkten um ein Drittel mehr als in Köln. Dieselben Markenprodukte sind in Wien, auch wenn die unterschiedliche Mehrwertsteuer herausgerechnet wird – also netto – deutlich teurer. Dies belegte  ein AK Preismonitoring von insgesamt 301 Produkten bei den Drogeriemärkten Schlecker, Müller und DM in Wien und in Köln im Oktober 2011: “Babynahrung, Cremen, Geschirrspülmittel, Duschgels oder Weichspüler sind in heimischen Drogeriemärkten im Durchschnitt um 33,4 Prozent teurer als in Köln“, so die AK damals.

Und auch beim AK-Vergleich von identen Lebensmitteln zwischen Wien und München im Mai 2011 geht Deutschland als Preis-Sieger hervor: Idente Produkte (insgesamt 53 wurden vergleichen) kosten in Wien um durchschnittlich 16 Prozent mehr als in München. Das zeigt ein aktueller AK Preistest von 53 Lebensmitteln bei vier Supermärkten in Wien und München. “Unfassbar, dass die Konsumenten bei uns bei fast allen Produkten draufzahlen”, sagt AK Präsident Herbert Tumpel. “Auch bei Sprit und Energie dreht sich die Preisschraube weiter nach oben. Daher muss die Regierung Maßnahmen gegen die Teuerung einleiten”, so Tumpel.

Freitag, 20. Januar 2012, von Elmar Leimgruber

EU: Schluss mit Lebensmittelvernichtung

Auch an der Spitze der EU ist offensichtlich Umdenken möglich: Über Jahrzehnte hindurch wurden Tonnen an intakten Lebensmitteln offiziell vernichtet, um damit die Preise künstlich hochzuhalten. Und jetzt fordert das EU-Parlament in einer am Donnerstag (19.1.2012) per Handzeichen verabschiedeten Entschließung dringend Maßnahmen, sowohl um die Lebensmittelverschwendung in der EU bis 2025 um die Hälfte zu verringern als auch um einkommensschwachen Haushalten den Zugang zu Lebensmitteln zu erleichtern. Laut EU landen fast die Hälfte aller essbaren Lebensmittel in Haushalten, Supermärkten, Restaurants im Müll, während gleichzeitig 79 Millionen EU-Bürger unter der Armutsgrenze leben und 16 Millionen Menschen von Lebensmittelhilfe abhängig sind.

Neben allgemeinen Sensibilisierungskampagnen auf EU- und nationaler Ebene sollten insbesondere Schüler und Studenten in Ernährungskursen lernen, wie Lebensmittel aufbewahrt, zubereitet und entsorgt werden. Die Abgeordneten schlagen vor, 2014 zum “Europäischen Jahr gegen Lebensmittelverschwendung” auszurufen. Um die Effizienz der Lebensmittel-Logistikkette vom Produzenten bis zum Endverbraucher zu erhöhen, bedarf es einer gemeinsamen koordinierten Strategie auf EU- und nationaler Ebene, der jeden Sektor einbezieht, meinen die Abgeordneten. Andernfalls wird die Lebensmittelverschwendung laut Studien der Kommission bis 2020 um 40 % zunehmen.

Um zu vermeiden, dass Lebensmittel bis zum Ablaufdatum im Handel angeboten und dann in großen Mengen entsorgt werden, schlagen die Abgeordneten die Angabe von zwei Daten vor: „mindestens haltbar bis“ und „zu verbrauchen bis“. Voraussetzung dafür ist, dass sich Konsumenten über den Unterschied zwischen qualitätsbezogenen Verbrauchsdaten (“mindestens haltbar bis” oder “best before”) und aus Gesundheitsgründen angeführten Ablaufdaten im Klaren sind. Kurz vor dem Ablaufdatum könnten Lebensmittel verbilligt angeboten werden. Auch bei Verpackungsmängeln sollten Verbrauchern mit geringer Kaufkraft Preisnachlässe gewährt werden. Die Verpackungsgrößen sollten den Bedürfnissen auch kleiner Haushalte angepasst werden.

Öffentliche Aufträge von Verpflegungs- und Bewirtungsdienstleistungen sollten bevorzugt an Unternehmen vergeben werden, die eine kostenlose Verteilung der nicht servierten Produkte an ärmere Bevölkerungsgruppen garantieren und vorzugsweise lokal produzierte Nahrungsmittel einsetzen. Die Abgeordneten begrüßen, dass manche Mitgliedstaaten unverkaufte Lebensmittel sammeln und an bedürftige Bürger verteilen. Sie ermutigen den Einzelhandel zur Teilnahme an diesen Programmen.

“Wir können der Verschwendung absolut einwandfreier Lebensmittel nicht länger tatenlos zusehen. Das ist ein ethisches, aber auch ein wirtschaftliches und soziales Problem mit enormen Auswirkungen auf die Umwelt”, erklärte der Berichterstatter Salvatore Caronna (S&D, IT) vor der Abstimmung . “Nun ist die Kommission gefordert. Wir erwarten von ihr eine überzeugende EU-Strategie, die alle 27 Mitgliedstaaten dazu anhält, das Problem systematisch anzugehen.” Die aktuelle Lebensmittelverschwendung in der EU in Zahlen (laut EU-Kommission): 89 Mio. t pro Jahr (179 kg pro Kopf). Prognose für 2020 (bei anhaltendem Trend): 126 Mio. t pro Jahr (40 % Zuwachs) 42% davon werden in den Haushalten entsorgt, 39 % beim Hersteller, 5 % im Einzelhandel und 14 % in Bewirtungsbetrieben.

Mittwoch, 14. Dezember 2011, von Elmar Leimgruber

GfK Global Trust Report 2011: Wem vertrauen die Menschen?

Gewinner und Verlierer im Vertrauensranking
Grafik: GfK Verein

Die Deutschen vertrauen staatlichen Institutionen wie Polizei, Justiz und Bundeswehr am meisten, während sie den politischen Parteien stark misstrauen. Wirtschaftlich setzen die Deutschen am meisten auf das Handwerk, am wenigsten vertrauen sie Banken und Versicherungen. Der GfK Verein hat in 25 Ländern die Vertrauensfrage gestellt “Welche Wirtschaftsbranchen und Institutionen genießen das Vertrauen der Bevölkerung?” und hat anschließend die Ergebnisse im GfK Global Trust Report 2011 veröffentlicht.

Der Kirche vertrauen demnach im Durchschnitt alle untersuchten Länder 56 Prozent. Es folgen die Medien, die in Indien und Indonesien mit 81 bzw. 77 Prozent jeweils auf Platz zwei stehen. Der Kirche wird in Südafrika mit 82 Prozent das meiste Vertrauen entgegengebracht, doch auch in den USA ist mit 78 Prozent das Vertrauen in diese Institution überdurchschnittlich hoch und in Russland ist die Kirche mit 60 Prozent Vertrauenschampion der Organisationen. Dagegen ist in Deutschland das Vertrauen mit nur 40 Prozent deutlich geringer.

Im internationalen Vergleich verschiedener Institutionen können Militär und Armee mit 79 Prozent das größte Vertrauen verbuchen. Dabei zeigt sich ein international einheitliches Bild: In Frankreich, Großbritannien, Polen, den USA, Brasilien und Japan beispielsweise liegt das Militär bzw. die Armee ganz vorne. Auf Rang zwei folgen mit 59 Prozent die Medien (TV, Radio, Zeitungen).

GfK Global Trust Report: Vertrauensvergleich
Grafik: GfK Verein

Über die 25 Länder insgesamt betrachtet, liegen bei den Wirtschaftsbereichen die Unterhaltungselektronik- und Haushaltsgerätehersteller sowie die Lebensmittelhersteller an der Spitze, diesen Branchen vertrauen mehr als 70 Prozent. Jedoch zeigen sich Unterschiede zwischen den Ländern: In Großbritannien, den USA und Japan führt die Unterhaltungselektronik- und Haushaltsgerätebranche das Ranking an. In Deutschland, Italien und Polen steht das Handwerk an der Spitze. Die Franzosen halten den Handel für besonders verlässlich und in Brasilien vertrauen die Menschen vor allem den Arzneimittelherstellern. In Südafrika, wo das Vertrauen in die Wirtschaft generell besonders hoch ist, liegen die Lebensmittelhersteller mit 83 Prozent vorne, während sie global an zweiter Stelle stehen.

In Deutschland führen staatliche Institutionen das Vertrauens-Ranking an, was ein Beleg für eine gut funktionierende Demokratie sein kann. An der Spitze steht mit Abstand die Polizei, der 85 Prozent der Deutschen vertrauen. Gute Werte erzielen auch Justiz und Gerichte mit 67 Prozent, Militär und Armee mit 62 Prozent sowie Ämter, Behörden und Verwaltung mit 59 Prozent. Aber nur 29 Prozent vertrauen der Regierung. Wenig Zuversicht haben die Deutschen auch in Nichtregierungsorganisationen – sie erreichen mit 27 Prozent den schlechtesten Wert in Europa. Am wenigsten vertrauen die Deutschen den politischen Parteien – sie erlangen nur 17 Prozent. Andere europäische Länder zeigen allerdings noch größere Politikverdrossenheit: In Frankreich liegt der Vertrauenswert der Parteien bei 12 Prozent, in Italien und Spanien bei nur jeweils 9 Prozent.

77 Prozent der Deutschen gaben an, dass sie anderen Menschen allgemein voll und ganz bzw. überwiegend vertrauen. Nur 21 Prozent sagen, dass sie wenig oder überhaupt kein Vertrauen in andere haben. In Europa wird das Miteinander insgesamt eher positiv eingeschätzt: Eine deutliche Mehrheit der untersuchten Länder weist bei dieser Frage Werte von mehr als 70 Prozent auf. Nur die Italiener legen ein gewisses Misstrauen an den Tag: Lediglich 49 Prozent vertrauen dort ihren Mitmenschen. Dieser Wert wird mit 47 Prozent nur von Argentinien, Ägypten und Nigeria unterboten.

Nur 36 Prozent der Deutschen haben Vertrauen in Banken und Versicherungen – sie bilden damit das Schlusslicht bei der Bewertung von Wirtschaftsbranchen. Der Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, dass die Finanzinstitutionen in Italien (24 Prozent), Spanien (30 Prozent) und Frankreich (35 Prozent) noch schlechtere Werte aufweisen. Dafür schätzen die Deutschen das Handwerk am meisten: 88 Prozent der Befragten vertrauen diesem Wirtschaftszweig. Das wird nur in den Niederlanden mit einem Vertrauenswert von 90 Prozent übertroffen.

Die Ergebnisse sind ein Auszug aus dem GfK Global Trust Report 2011 und basieren auf rund 28.000 Interviews, die im Auftrag des GfK Vereins im Herbst 2011 weltweit in insgesamt 25 Ländern durchgeführt wurden. Grundlage der Untersuchung ist die Abfrage des Vertrauens in elf Institutionen, elf Branchen und in die Mitmenschen allgemein mittels folgender Skala: “vertraue ich voll und ganz”, “vertraue ich überwiegend”, “vertraue ich weniger”, “vertraue ich überhaupt nicht”. Der GfK Global Trust Report wird künftig jährlich veröffentlicht. Der GfK Verein ist eine 1934 gegründete Non-Profit-Organisation zur Förderung der Marktforschung und Gesellschafter der GfK SE.

Montag, 14. November 2011, von Elmar Leimgruber

foodwatch fordert: Becel pro activ in die Apotheke

Becel pro aktiv
Foto: foodwatch

Nach ihrem Kampf unter anderem gegen Danone und Ferrero sagt die deutsche Verbraucherorganisation foodwatch nun Unilever den Kampf an: Ihr “Becel pro aktiv” verführe als cholesterinsenkende Margarine zu einer unkontrollierten Selbstmedikation mit unklaren Risiken und Nebenwirkungen. Die Verbraucherorganisation foodwatch fordert daher den Verkaufsstopp von Becel pro.activ im Supermarkt und hat hierfür online eine E-Mail-Aktion an Unilever gestartet, bei der Verbraucher den Konzern auffordern können, das Produkt aus dem Supermarktregal zu nehmen.

foodwatch fordert auch Hersteller anderer cholesterinsenkender Produkte auf, diese als Medikament zu behandeln und nicht länger frei als Lebensmittel zu verkaufen. Dazu gehören Deli Reform Active  von den Walter Rau Lebensmittelwerken, Benecol von Emmi sowie Danacol von Danone.

Zu Becel pro aktiv: „Der gesundheitliche Nutzen ist nicht belegt, es gibt Hinweise auf beträchtliche Risiken und nicht zuletzt empfehlen das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA allen gesunden Menschen ohne erhöhten Cholesterinspiegel ausdrücklich, solche Produkte zu meiden“, erklärte Oliver Huizinga von foodwatch: „Becel pro.activ sollte nur auf ärztliche Empfehlung in der Apotheke abgegeben werden. Unilever sollte den freien Verkauf an Jedermann im Supermarkt stoppen und ein Zulassungsverfahren als Medikament anstrengen, damit die nach dem Arzneimittelrecht zuständigen Behörden den gesundheitlichen Nutzen sowie die Risiken und Nebenwirkungen beurteilen können.“

Becel pro.activ sind hochkonzentriert pflanzliche Phytosterine zugesetzt, bestimmte chemische Verbindungen, die praktisch baugleich sind mit Cholesterin. Unilever hat nachgewiesen, dass sie das „schlechte“ LDL-Cholesterin im Blut senken können. Doch Wirkung ist nicht gleich Nutzen, sagt foodwatch: Ob eine durch Pflanzensterine bewirkte Senkung des Cholesterinspiegels auch das Risiko für Herzinfarkte senkt, ist nicht belegt, anders als bei cholesterinsenkenden Arzneimitteln. In der Beeinflussung von Blut-Laborwerten allein jedoch liegt noch kein gesundheitlicher Nutzen. Im Gegenteil gibt es in Studien Hinweise auf erhebliche Nebenwirkungen von Pflanzensterinen. Diese könnten das Risiko für Herzerkrankungen sogar erhöhen, anstatt es zu senken, indem sie verursachen, was sie eigentlich verhindern sollen: Ablagerungen in Gefäßen. Im Herbst 2010 stellten Wissenschaftler in den Niederlanden außerdem erstmals vergrößerte Venenim menschlichen Auge durch Pflanzensterine fest – auch dies könnte für erhöhtes Infarktrisiko sprechen, was dringend eingehend erforscht werden sollte, fordern die Konsumentenschützer.

In Übereinstimmung mit der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), „dass der Verzehr von Lebensmitteln mit Phytosterinen von gesunden Menschen, die keinen erhöhten Cholesterinspiegel haben, ausdrücklich vermieden werden sollte“. Dazu Oliver Huizinga: „Wenn das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung und sogar die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde so eindeutig vor dem Verzehr warnen, sollte sich Verbraucherministerin Ilse Aigner dafür einsetzen, dass medikamentenähnliche Lebensmittel wie Becel pro.activ nicht mehr frei im Supermarkt verkauft werden dürfen. Das Beispiel zeigt, dass man den Gesundheitsschutz nicht der Lebensmittelindustrie überlassen darf.“

Bisher ist gesetzlich zwar ein Hinweis auf der Verpackung vorgeschrieben, dass Lebensmittel mit Pflanzensterinzusatz für Personen gedacht sind, die ihren Cholesterinspiegel senken möchten. So steht auch auf der Becel-pro.activ-Verpackung im Kleingedruckten: „Exklusiv bestimmt für Personen mit überhöhtem Cholesterinspiegel.“ In seiner Werbung jedoch suggeriert der Konzern, mit der Margarine könnte praktisch Jedermann, der nur „ein wenig besorgt“ über seinen Cholesterinspiegel ist, vorsorglich – eben „pro activ“ – etwas Gutes für seine Gesundheit tun. Oliver Huizinga: „Wer sich Sorgen über seinen Cholesterinspiegel macht, sollte zum Arzt gehen und nicht in den Supermarkt – und zu Risiken und Nebenwirkungen fragt man auch besser nicht Unilever, dort redet man über diesen Aspekt von Becel pro.activ nämlich nicht so gerne.“

Sonntag, 16. Oktober 2011, von Elmar Leimgruber

Heute ist Welternährungstag

Eine Mutter wartet auf Lebensmittel
Foto: UNICEF

“Obwohl weltweit genügend Nahrung für alle Menschen produziert wird, leiden mehr als eine Milliarde Menschen an Hunger”, kritsiert  UNO-Generalsekretär Ban-Ki Moon in seiner Erklärung zum heutigen Welternährungstag: “Ich appelliere an die politischen Führer der reichen und armen Länder zugleich, notwendige Energie und Ressourcen in den Kampf gegen den Hunger zu investieren. Nur so kann das Millenniumsentwicklungsziel erreicht werden, extreme Armut und Hunger zu bekämpfen. Kleinbauern müssen belastbarer werden und es muss ein Sicherheitsnetz entwickelt werden, um die Bedürftigsten zu schützen”, betont Ban-Ki Moon.

Auch wenn mehr als 13 Millionen Menschen am Horn von Afrika derzeit “von der schlimmsten Dürreperiode seit mehr als 60 Jahren” betroffen seien, bedeute dies nicht automatisch Hungersnot. Diese habe ihre Ursachen vielmehr in der “Behinderung von Nahrungsmittellieferungen durch die Al-Shabaab Menschen an Hunger leiden”. Das “politische Versagen” bestehe vor allem darin, dass kaum was gegen Preisschwankungen unternommen wird:

“Mehr als 80 Millionen Menschen wurden 2007 und 2008 durch die Inflation der Lebensmittelpreise in Hunger und Armut gestürzt. Durch den jüngsten Anstieg der Lebensmittelpreise sind weitere 70 Millionen Menschen in extreme Armut geraten”, weil die Ärmsten der Welt “bis zu 80 % ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben”.  Wir haben “das Wissen und die Ressourcen, dem Hunger ein Ende zu setzen” und daher muss die “Verbindung zwischen Armut, Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung” gebrochen werden”, fordert der UNO-Generalsekretär: “Wir müssen den Hunger besiegen.”

Sonntag, 25. September 2011, von Elmar Leimgruber

Müslis und Flocken: Nix mit gesund, sondern fett und süss

Wer glaubt, dass er sich gesund ernährt, indem er am Morgen brav sein Müsli oder seine Cornflakes schlürft, dürfte nur der entsprechenden Werbung der Lebensmittelindustrie erliegen. Die Arbeiterkammer (AK) hat 43 beliebte Frühstücksflocken und Müslis getestet und siehe da: 85 Prozent der getesteten Produkte enthalten einen Zuckeranteil von 12,5 Prozent und manche sogar über 25 Prozent und ähnlich ist es auch beim Fett. Die AK fordert daher weniger Zucker und dafür eine bessere Kennzeichnung für Konsumenten.

Beim Fettgehalt liegen die Produkte zwar insgesamt im Mittelfeld, auch wenn der Fettgehalt bisweilen höher ist, als man erwarten würde: Bei einem Produkt lag er bei 20 Prozent. Ein besonderes Ärgernis aus Sicht der AK: “Gerade Frühstücksflocken richten sich an Kinder als Zielgruppe
- und genau diese Produkte haben Zuckeranteile von über 15 bis fast 40 Prozent. Das ist nicht hinnehmbar. Die Hersteller sollten bei diesen Produkten gleich gar nicht so viel Zucker zusetzen”, fordert AK Experte Heinz Schöffl.

AK-Test Frühlingsflocken
Grafik: AK

Kritik übt Schöffl auch an der derzeitigen Kennzeichnung der Produkte durch die Lebensmittelwirtschaft: Diese ist insbesondere beim Zucker missverständlich, und zwar vor allem bei Produkten, die sich an die Zielgruppe Kinder richten. Der Grund ist die ihr zugrunde liegende Berechnungsmethode, die irreführend niedrige Werte ergibt. “Die Nährstoffangaben sollten auf der Verpackung so klar und eindeutig sein, dass für die Konsumentinnen und Konsumenten mit einem Blick erkennbar ist wieviel Zucker, Fett, Salz und Kalorien tatsächlich in einer Packung drinnen sind”, fordert Schöffl.

Für den AK Test wurden im August 2011 insgesamt 43 beliebte Frühstücksprodukte bei Billa, Eurospar, Zielpunkt, Hofer und Penny eingekauft, darunter 15 Müsli und 27 Frühstücksflocken-Produkte. Ausgewertet wurde die Kennzeichnung der Nährwerte und der Zutaten, als Basis diente die AK Nährwertampel. Bei vier von fünf Frühstücksflocken-Produkten steht die AK Nährwertampel auf Rot. Bei fast allen Müslis leuchtet die Ampel gelb. Der Grund für den Unterschied: Bei den Müslis stammt der Zucker großteils aus den beigemischten Früchten.

AK-Test Müslis
Grafik: AK

Bei den Cornflakes schnitten nur Spar vital Reis Weizen Flakes, Kelloggs Cornflakes, Crownfield Cornflakes, jeden Tag Schoko Curl und Jeden Tag Cornflakes nicht im roten Bereich bei Zucker auf, während bei den Müslis mit einem Fettanteil von 20,5 % das Ja! Natürlich Schoko Knuspermüsli negativ auffiel.

Vorsicht bei der Werbung, denn diese beschönigt gerne, warnt die Arbeiterkammer: So wurde bei einem Produkt besonders hervorgehoben, dass es “78 Prozent Vollkorn” enthält, zugleich aber sind darin 30 Prozent Zucker enthalten. Bei einem weiteren Produkt wurde auffällig hervorgehoben, dass es “sehr natriumarm” sei – aber zugleich enthält es ganze 39 Prozent Zucker.

Die AK fordert daher:
+ Bei Frühstücksflocken sollte der Gehalt an zugesetztem Zucker von den Herstellern deutlich reduziert werden.
+ Die Kennzeichnung mittels Ampelfarben zur leichten Erkennbarkeit von Produkten mit hohen Zucker oder Fettgehalt muss gefördert werden.
+ Die von der Lebensmittelwirtschaft favorisierte GDA-Kennzeichnung muss insbesondere bei Produkten, die an die Zielgruppe Kinder
gerichtet ist, verbessert werden, um eine Täuschung der KonsumentInnen zu vermeiden.

Als Orientierungshilfe beim Einkauf hilft der AK-Online-Ampelrechner.