Montag, 25. April 2016, von Elmar Leimgruber

Das Jahr der Persönlichkeiten – Analyse zum Ergebnis der Ö-Bundespräsidentenwahl

Dass die beiden Vertreter der großen Koalition, Andreas Khol (ÖVP) und Rudolf Hundstorfer (SPÖ) beim österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf von der Bevölkerung so wenig Zustimmung erfahren, liegt schon auch an der rotschwarzen Regierung, für die sie stehen. Aber noch vielmehr ist ihr Wahlerfolg deswegen sehr gering, weil beide Alt-Parteien diese Wahl (genauso wie die EU-Wahlen) seit Jahrzehnten von vorne herein nicht als wichtig einstufen und daher auch nicht die besten Kandidaten ins Rennen schicken, sondern eben im Bund “entbehrliche”.

Niederösterreichs Landeshauptmann, Erwin Pröll, der große schwarze Monarch, war letztlich wieder mal zu feige, sich österreichweit der Wahl zu stellen, vor allem, nachdem bekannt wurde, dass auch die grüne Ikone Alexander Van Der Bellen kandidieren würde und damit stünden zwei große Persönlichkeiten im Ring, wo sein Wahlsieg ihm zu wenig sicher schien. Umso unverzeihlicher ist seine Schwäche, weil er mitten im Wahlkampf auch noch seine künftige Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner als Innenministerin abberief und zurück nach St. Pölten orderte. Und jetzt auch noch dem SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann (der ist schon für Regierungsstillstand und am Wahldebakel der SPÖ sverantwortlich) die Schuld zuzuschieben, wenn der ÖVP-Ersatzmann Andreas Khol nicht erfolgreich ist, macht Pröll auf ganzer Linie zusätzlich unsympathisch. Nachdem offenbar nach wie vor er allein die ÖVP regiert, möge er sich verantwortungsbewusst selbst zum Parteiobmann küren lassen und zeigen, dass er in der Lage ist, die ÖVP aus der Krise zu führen und ansonsten bescheiden schweigen.

Genauso sind auch nicht die Meinungsforscher am Misserfolg der SPÖ- und ÖVP-Kandidaten schuld, wie diverse ÖVP-Politiker zu wissen glaubten. Vielmehr stehen beide Kandidaten, sowohl Khol als auch Hundstorfer für eine längst überholte Proporz-Politik, wo sich die ehemaligen Grossparteien SPÖ und ÖVP die gesamte politische Macht teilten und sich gegenseitig Posten und Positionen zuschoben. Sowas will offensichtlich in Österreich fast niemand mehr. Gott sei Dank ändern sich die Zeiten! Und selbstverständlich müssen die beiden großkoalitionären Altparteien sich endlich von Grund auf erneuern -indirekt wurden sie natürlich vom Wähler abgestraft. Sonst ist es definitiv aus mit ihnen.

Wenn sich Hundstorfer als ex-ÖGB-Chef und ex-Sozialminister während seines Wahlkampfs von seiner Partei monatlich 13.000 Euro überweisen lässt, weil er ja “von was leben muss, dann zeigt dies, wie sehr er und die harte Realität der SPÖ-Stammwähler (mit einem Monatseinkommen oft unter der 1000 Euro-Grenze) voneinander entfernt sind.

Und wenn Khol sich immer wieder als streng katholisch und konservativ darstellt, dann aber Kirchenvolksbegehren und ähnliche Anliegen unterstützt, sich dann wieder als modern präsentiert, aber jederzeit nur die Nachkriegsaufbaugeneration als die einzigen wirklichen Leistungsträger sieht  (dies ist offenbar konservativ-bürgerlich für ihn) und als “aufrechter Tiroler” die Südtiroler und ihre Anliegen jederzeit erneut im Stich lässt, dann ist dieser Kandidat selbst für die meisten überzeugten ÖVP-ler einfach mangels Glaubwürdigkeit unwählbar. Khol hat dies nach seinem desaströsen Wahlergebnis nun offenbar verstanden und zieht sich nun vollständig aus der Politik zurück. Wenigstens einer, der die richtigen Konsequenzen zieht: Respekt vor diesem Schritt, zu dem Hundstorfer (trotz noch schlechterem Wahlergebnis) offenbar nicht imstande ist.

Dass Richard Lugner an letzter Stelle landen würde, war von vorne herein klar. Mutig von ihm, dass er trotzdem antrat. Und Respekt auch vor ihm, sein Wahlziel trotz geringer Stimmen als erreicht zu bezeichnen, weil rotschwarz abgestraft wurde. Ich hätte ihm auch als Würdigung seiner Verdienste für Österreich (und immerhin war er der einzige vollkommen unabhängige Kandidat) im ersten Wahlgang durchaus einen größeren Achtungserfolg vergönnt. Aber wie auch immer: seine politische Karriere wird hiermit zu Ende sein.

Letztlich gewonnen haben diese Bundespräsidentenwahl aber die echten Persönlichkeiten: Norbert Hofer (FPÖ), Alexander Van der Bellen (Grüne) und Irmgard Griss. Griss ist zweifelsohne eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit hoher Intelligenz, großem Charme, und einem werteorientierten liberalen Geist. Leider haben wir jetzt nicht mehr die Gelegenheit zu sehen, ob Österreich reif wäre für eine außergewöhnliche Frau an der Spitze des Staates. Aber ich hoffe, sie wird uns in Zukunft politisch noch öfter positiv überraschen, jedoch keinesfalls mit einer Wahlempfehlung für die Stichwahl: das würde ihrem Image als unabhängigie Kandidatin nur schaden.

Auch Alexander Van Der Bellen zeichnet eine außergewöhnliche Intelligenz aus. Zudem ist der erfahrene Langzweipolitiker auch ein kluger Jonglierer im Gefüge der Macht; von daher wäre er natürlich genauso geeignet als Bundespräsident wie Irmgard Griss. Dabei steht er trotz seiner bewegten Familiengeschichte (mehrmalige Flucht vor den Kommunisten) und seiner Jugendjahre in Tirol sehr weit links außen, weswegen er bereits jetzt im ersten Wahlgang die meisten traditionallen Linkswähler (Grüne und SPÖ) für sich gewinnen konnte. Während er bereits während des Wahlkampfs seine ursprüngliche Aussage relativierte, als Bundespräsident eine Regierung unter FPÖ-Führung nicht anzugeloben (inzwischen würde er nur “mehr” nur nicht die FPÖ, falls stärkste Kraft, zuerst mit der Regierungsbildung beauftragen), ist und bleibt er der Hoffnungsträger für all jene Wähler, die sich links der politischen Mitte zuhause und wohl fühlen.

Und dann gibts hier noch Norbert Hofer, der bereits als 3. Nationalratspräsident, obwohl bei der FPÖ, große Sympathiewerte aus allen politischen Lagern erfuhr. Es war ein kluger Schachzug von H.C. Strache, diesen jungen charismatischen Mann gegen den “Seniorenclub” der anderen ins Rennen um das Bundespräsidentenamt zu schicken. Neben seinen persönlichen Sympathiewerten in allen Bevölkerungsschichten kam Hofer mit Sicherheit auch sein Alter und sein Versprechen (neues jugendliches Amtsverständnis) zugute, ein die Bundesregierung aktiv motivierender Präsident sein zu wollen. Bin auch fest davon überzeugt, dass Hofer aufgrund seiner gewinnenden Persönlichkeit bereits den ersten Wahlgang gewonnen hätte, wäre sein politischer Hintergrund nicht die FPÖ. In erster Linie wurde also auch hier -genauso wie im Fall Van Der Bellen und Griss- eine herausragende Persönlichkeit an die erste Stelle gewählt und zwar mit Sicherheit von vielen, die keine traditionellen FPÖ-Wähler sind.. Das muss man (auch wenn man politisch ganz wo anders steht) zur Kenntnis nehmen und in einer Demokratie als deklarierte Willensbekundung des Volkes akzeptieren.

Während nun viele Weise zu Recht auf einen sachlichen und fairen Zweikampf zwischen Hofer und Van Der Bellen (beide haben dies auch einander zugesagt) hoffen, beweisen einige alte unverbessereliche Rote wie Wiens Bürgermeister Michael Häupl, welche schwerwiegenden Probleme sie mit direkter Demokratie haben: “Ich werde alles dafür tun, einen Bundespräsidenten Hofer zu verhindern”, verspricht Häupl. Ich aber sage: Beenden wir die politische Unreife: Jeder möge sich hüten, Anderswählende (=Andersdenkende) zu diskrimieren oder derenwegen Österreich ab Abgrund zu sehen, auch in diesem Wahlkampf.

Aber bislang wars in Österreich noch immer so, dass alle wichtigen Wahlen durch jene fünf bis zehn Prozent Wähler entschieden wurden, welche sich durch plötzlich auftauchende “Skandale” und  medialen Kampagnen in ihrem Wahlverhalten letztlich noch umorientieren und anders wählen. Aller Hoffnung auf der Wähler Mündigkeit zum Trotz: Damit wird man auch diesmal rechnen müssen.

Und trotzdem gebe ich keine Wahlempfehlung ab, auch weil bei dieser Stichwahl leider keine politische Mitte zur Auswahl steht; vielmehr gehts bei Van Der Bellen und Hofer um eine Richtungsentscheidung: politisch mehr nach links oder mehr nach rechts. Was wollen wir? Was braucht Österreich?

Allen meinen Leserinnen und Lesern traue ich vollends zu, eine gewissenhafte Zukunfts-Wahl zum Wohle Österreichs und seiner Bevölkerung zu treffen. Ich ersuche jedoch darum, diese Chance zur Mitbestimmung über die Zukunft des Landes zu ergreifen und in jedem Fall an dieser Wahl teilzunehmen. Danke.

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Anhang: Ich habe im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl auf Facebook nicht öffentlich folgende Gedanken gepostet, welche ich hiermit nachträglich ebenfalls veröffentliche:

Eigentlich wollte ich auf redakteur.cc einen Kommentar vor der Wahl
des Bundespräsidenten schreiben. Das mache ich nun doch nicht, sondern werde dann (wenn das Ergebnis am Sinntag spannend ist -was ich hoffe) meinen Senf dazu abgeben. Aber:

Dennoch teile ich jetzt schon hier auf Facebook gern ein paar Gedanken dazu:

Die beiden Großkoalitionäre Khol und Hundstorfer sind beide (unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit) aus unterschiedlichsten Gründen (die ich hier nicht ausbreiten werde) für mich unwählbar.

Die in den Umfragen beliebtesten drei (VanderBellen, Hofer und Griss) sind zu Recht an dieser Stelle, weil sie die unterschiedlichsten pluralistischen Standpunkte unserer Gesellschaft widerspiegeln: Und das passt schon so.

Ich möchte zwar Lugner nicht als Bundespräsident. Und seine Öffentlichkeitsgeilheit lehne ich auch ab.
Dennoch liegt er bei mir noch vor den beiden letzten, weil er der einzige erfolgreiche wirklich unabhängige (keine Partei und deren Unterstützung hinter sich) Kandidat ist.
Da er aber mangels Mehrheitsfähigkeit sowieso nicht in die Stichwahl kommt, empfehle ich hiermit jenen, die noch nicht wissen wen wählen, dem Lugner im ersten Wahlgang am Sonntag mit ihrer Stimme zumindest einen Achtungserfolg zu gönnen.

In jedem Fall aber ersuche ich jeden und jede inständig:
Bitte nützt euer demokratisches Recht und wählt (wen auch immer, Hauptsache dass): Dankeschön:-)

Dienstag, 19. April 2016, von Elmar Leimgruber

Jan Böhmermann und die Grenzen der Satire (Kommentar)

Karikaturen eines Satiremagazins verhöhnen einen Religionsgründer, was zunächst zu Unruhen führt, schließlich zu Terror. Und jetzt kürzlich ein Schmähgedicht über einen totalitären Staatsführer, der im eigenen Land keine andere Meinung duldet und all seine lautstarken Kritiker jahrelang hinter Gitter bringt oder sie verschwinden gar von der Bildfläche. Und dieser “Staatsmann” fordert dann auch noch von der Bundesrepublik Deutschland, dass eben dieser Satiriker wegen Beleidigung eines benachbarten Staatsoberhauptes strafrechtlich verfolgt wird.

Daher die Frage: Was muss Kunst? Was darf Satire? Was darf sie nicht? Die Grenzen der Kunst: Gibt es welche?

Und meine klare Antwort dazu lautet eindeutig: Kunst und Satire dürfen alles mit einer einzigen Einschränkung: Ernsthafte Aufrufe zu Gewalt oder anderen schwerwiegenden Straftaten müssen eine Ausnahme darstellen. Alles andere jedoch darf und muss sogar erlaubt sein. Wenn ein so genannter Staatsmann sich “beleidigen lässt” (also Zensur ausüben möchte), dann spricht dies nicht für seine Macht und Stärke, sondern von Schwäsche und mangelendem Selbstbewusstsein und entspricht wieder genau jener Praxis in seinem Land, wo Kritiker einfach auf die eine oder andere Weise zum Schweigen gebracht werden.

Natürlich müssen wir auch darüber diskutieren, ob Kunst sich selbst zensurieren darf (also nicht von außen her verpflichet). Und auch hier sage ich in aller Klarheit: JA:

Jeder der öffentlichkeitswirksam tätig ist, der publiziert, trägt Verantwortung, auch wenn man zuweilen den Eindruck hat, dass man sich vor allem im Bereich der Satire um nichts dergleichen schert und einfach wild drauf losballert ohne Rücksicht darauf, ob wer in seiner Würde verletzt wird oder nicht. Das muss sich also natürlich ändern.

In einer zivilsierten Gesellschaft über massive Kritik und Satire den Bann zu erheben, widerspricht  jedenfalls klar unseren europäischen Grundsätzen wie der Meinungs- und Pressefreiheit. Wir können inhaltlich selbst schwerwiegende Probleme mit irgendwelchen Satiren oder Karikaturen haben; dies rechtfertigt aber niemals einen Bann. Hier muss man klar und entschieden auch nur die leiseste Zensur bekämpfen.

Wenn unsere Gesellschaft damit beginnt, Zensur zu begrüßen, sind jeglichem Missbrauch damit Tor und Tür geöffnet. Dies darf somit in einer europäischen freiheitlichen Gesellschaftsordnung niemals akzeptiert werden, selbst dann wenn im konkreten Fall gerichtliches Eingreifen vernünftig erscheinen sollen. Also bitte sich hier niemals zum problematischen Einreissen unserer Freiheit verführen lassen. Europa darf hier keinesfalls undemokratie und Meinungsfreiheit-verachtende Denkweisen von wo auch immer importieren.

Und dann noch die letzthin vielfach diskutierte Frage: Warum lassen wir nicht die Gerichte entscheiden? Normalerweise würde ich sagen: Ja selbstverständlich. In diesem Fall aber nein. So lange es längst überholte Unrechtsparagraphen aus dem 19. Jahrhundert gibt, welche tatsächlich Verhöhnung von ausländischen Staatsoberhäuptern unter Strafe stellen, also: nein Danke. Sind diese Gesetze hingegen endlich Geschichte und es würde damit juristisch sehr schwer möglich sein, dass wer für eine Satire oder ein Kunstwerk bestraft wird, würde dem nichts entgegenstehen. Dem ist aber nicht so. Und daher zum aktuellen Zeitpunkt: Nein Danke zur Verurteilung von Vertretern der Meinungs- und Pressefreiheit!

Ich schätze die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr, zumindest im Prinzip. Aber dass sie hier -wohl unter massiven internationalem Druck- einer strafrechtlichen Verfolgung des Satirikers Jan Böhmermann wegen Beleidigung von Recep Tayyip Erdoğan, zustimmt, zeugt von Charakterschwäche und Duckmäusertum, das vor allem an der Spritze Deutschland und Europas untragbar und zutiefst demütigend ist. Öffentliche Buße zumindest im Sinne einer öffentlichen Entschuldigung bei der Bevölkerung wäre höchst angebracht.

Und bitte kämpfen wir für unsere europäischen Werte, allen voran Meinungsfreiheit und Pressefreiheit! Sonst werden unsere freien Tage schon bald gezählt sein.

Donnerstag, 24. Dezember 2015, von Elmar Leimgruber

Frohe Weihnachten und alles Beste für 2016

Liebe treue Freunde von redakteur.cc, kulturia.com, meinsenf.net, Ferienwohnung Wien-Schönbrunn und elmadonmusic:

Ich wünsche Ihnen allen frohe und glückliche Weihnachtsfeiertage sowie ein friedliches und erfolgreiches Neues Jahr 2016.

Ihr Elmar Leimgruber

Montag, 12. Oktober 2015, von Elmar Leimgruber

Sieg der Angst – Analyse zur Wien-Wahl 2015

Michael Häupl hat ein “G’spür für Wien”. Ehrlich jetzt: Dass er nach 21 Jahren als Wiener Bürgermeister (der Bundespräsident darf für maximal 12 Jahre im Amt bleiben), mit Firmenpleiten, Bürokratie, Geldverschwendung, Korruption, Massenarbeitslosigkeit (vor allem unter Jugendlichen und Migranten) und Gebührenlawinen für Wiens Bürgerinnen und Bürger immer noch knapp 40 Prozent (nur etwa 5 Prozent weniger als 2010) der Wählenden für sich mobilisieren kann: Der Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl ist ein absoluter Polit-Profi: Alle Achtung.

Nur: Wie wurde dieser “Sieg” errungen? Man muss Heinz Christian Strache echt dankbar sein, dass er das Hauptargument geliefert hat, ja es gar selbst war, um die Amtszeit Häupl um weitere Jahre an der Spitze der Stadt Wien zu verlängern. Thematisch konnte Häupl ja nicht punkten: Neue Wohnungen und Jobs zu versprechen, wo er 21 Jahre hindurch selbst die gesamte Macht innehatte und diese Chance offenbar nicht genützt hat, konnte nicht glaubwürdig sein. Und damit wäre auch keine Wahl gewonnen worden.

Was also hatte Häupl den Wählern in Wien tatsächlich zu bieten? Sicherlich hat er durch seine “Haltung”, sich um Flüchtlinge zu kümmern, bei manchen Wählern gepunktet. Aber diese Wähler hätten niemals gereicht.Vielmehr wurde Häupl aus demselben Gefühlsgrund von bisherigen Nichtwählern und klassischen Anhängern anderer Parteien diesmal gewählt wie FPÖ-Chef Heinz Christian Strache: Die Angst.

Angst als Wahlmotiv hat -zumindest hier in Österreich- bislang noch immer funktioniert. Während bislang vor allem rechte Populisten (FPÖ und teols auch BZÖ) die Gunst der Stunde nützten und von den Ängsten der Menschen profitierten, nützte dieses Mal vor allem Häupl dieses Wählerpotential und zwar hochprofessionell:

Strache trat an, um Häupl herauszufordern und um Bürgermeister von Wien zu werden. Was gibt es Idealeres als ein solches inszeniertes Feindbild: Strache darf nicht Bürgermeister werden! Und dies kann nur verhindert werden, wenn Häupl die Nummer 1 bleibt. Alle anderen Parteien egal, diesmal muss Häupl gewählt werden, sonst wird Strache Bürgermeister.

Anfangs war die Idee eines Herausforderers für Häupl ja gedanklich sogar mehrheitsfähig, zumal ein Großteil der Bevölkerung Wiens weder Häupl- noch Strache-Fan ist, aber einfach grundweg unzufrieden ist mit der SPÖ-Stadtpolitik und ihrem Chef Häupl. Und nur einem hätte man das Aufbrechen verkrusteter Strukturen und die Entmachtung der SPÖ (die seit 1945 ausnahmslos immer den Bürgermeister gestellt hat)  mehr zugetraut als eben Strache. Dieses Wiener Wunschdenken nach einer gänzlich anderen Politik in Wien bewiesen anfangs auch einige ernstzunehmende Umfragen. Also wurden seitens der SPÖ zunächst die klassischen indirekten Wahlbotschaften (ja die funktionieren offenbar immer noch bestens) überall positioniert: Brot und Spiele (Festln und Gelage und nochmal Festln, politische Massenkundgebung mit Gratiskonzerten mit Anti-FPÖ-Botschaft) verbunden mit dem Wohlfühlgedanken einer lebenswerten Stadt, was selbstverständlich daran liegt, dass hier die SPÖ regiert. Aber wehe, es käme wer anderer, dann wäre alles anders. Also sei zu hoffen, dass die bisherige Politik wiedergewählt wird und bleibt.

Bei diesen psychologischen Machtspielchen mit den tiefsten Ängsten der Menschen das zu verlieren, was ihnen wichtig ist und ihnen Lebensqualität schenkt, war es der SPÖ noch weniger wichtig als schon bei vorangegangenen Wahlkämpfen, dass entgegen den folgenden falschen und daher manipulierenden Umfragen kein wirkliches Duell um den ersten Platz in Wien (mehr ) stattfand (eine Mehrheit hätte vielleicht Häupl abgewählt, aber sicher nicht durch Strache ersetzen wollen), sondern Häupl in Wirklichkeit immer weit vor Strache lag.

Obwohl man genau wusste, dass man durch diesen verlogenen Ego-Trip (nur mich wählen, sonst kommt Strache) alle anderen Parteien massiv schädigen würde, baute man, weil man deren Erfolg sah, diese Angstkampagnen vor einem riesigen die Lebensqualität in Wien zerstörenden Feind, der de fakto nicht vorhanden war, durch das ständige Anheizen der medialen Debatte von der Nähe Straches am Bürgemeistersessel aus. Dadurch dass man dieser Ängste-Schürung nirgendwo entkam, mobiliserte sie nicht nur die eigenen Wähler, sondern auch Stammwähler anderer Parteien und selbst Menschen, die seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr wählen.

Man wählte wohl großteils weniger aus Begeisterung für Häupl (ein kleiner Stammwähleranteil nur wird ihn als aus persönlicher Überzeugung für seine Arbeit gewählt haben), sondern vor allem, um zu verhindern, dass Strache Bürgermeister von Wien wird. Die Angst hat also über die Vernunft gesiegt in Wien. Ich bin davon überzeugt, dass Häupl dies weiss (mit Angst kann man zwar Wahlen gewinnen, aber nicht regieren) und auch ahnt, wie sein Wahlergebnis ohne diese Angst-Wohlfühlkampagnen ausgefallen wäre und dass viele Wählerstimmen flüchtig und in Wirklichkeit gar nicht seine sind. Auch daher hat er wohl schon am Wahlabend Reformen versprochen, welche aber wohl erfahrungsgemäß nicht kommen werden werden: bis zu den nächsten Wahlen dauerts ja wieder Jahre…

Klar zählte auch bei Strache-Wählern vor allem die Angst als Wahlmotiv. Aber das Wahlmotto aller anderen Parteien schien zu lauten: Alle gegen Strache. Auch diese Ausgrenzung durch die anderen mobilisierte sowohl seine eigenen Anhänger als auch viele Mitglieder anderer Parteien und Nichtwähler, die in ihm eine Art Neustart in Wien sehen. Und natürlich war bei Strache die Angst vor Migranten und Flüchtlingen aus anderen Kulturen mit einer der Hauptmotive ihn zu wählen, obwohl die Stadt Wien auch unter einem Bürgermeister Strache rechtlich nicht in der Lage wäre, die Flüchtlingsproblematik auf eigene Faust und anderes und entgegen den nationalen und internationalen Vorgaben zu lösen. Die Angst war hier jedenfalls prägend. Und dennoch wäre das zu kurz gedacht. Dass vor allem sehr viele ehemalige SPÖ-Stammwähler nun blau gewählt haben, zeigt aber vor allem und eine allgemeine Unzufriedenheit der Menschen mit den verstaubten Langzeitpolitikern in Wien und in der Bundespolitik.

Der ÖVP, im speziellen der Wiener ÖVP, haftet dieses verstaubte Image noch mehr an als der SPÖ. Dies hängt damit zusammen, dass sich vor allem die Wiener Partei einer Reform unterzogen hat, dies aber offensichtlich nicht ausreichend kommunizieren konnte. Dabei hatte ausgerechnet die Wiener ÖVP eine drastische Verjüngungskur vorgenommen und zudem gab es im Zuge einer Demokratisierung parteiintern einen echten Vorzugsstimmenwahlkampf, der Vorbildwirkung auch für andere Parteien haben könnte. Daher kandidierten zahlreiche junge ÖVPler nicht nur auf der Landesliste, sondern auch und vor allem im Bezirk. Sie brachten sich und ihre jungen politischen Ziele ein, gingen auf die Straßen und gingen zu den Menschen, um Wien und ihren Bezirk mit konkreten vernünftigen Ideen noch lebenswerter zu gestalten. Das wurde von vielen Wahlberechtigten offenbar übersehen.

Die ÖVP Wien insgesamt strich bei diesem Wahlkampf auch u.a, auf Plakaten sehr klar ihre Wirtschaftskompetenz für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Wien hervor, aber mit einem sachlich-vernünftigen Wien-spezifischen Programm wurde sie offensichtlich durch das inszenierte Häupl-Strache-Duell im Wahlkampf als echte Alternative im Rathaus ebenfalls schlichtweg übersehen: Dass ein echtes und vernünftiges Programm für Wien nicht gewürdigt und dementsprechend nicht so gewählt wird wie bunte Plakate, flotte Sprüche und Angstkampagnen, ist demokratiepolitisch durchaus beunruhigend.

Dass es ein schwerwiegender Fehler war, Ursula Stenzel (die jetzt als Unabhängige für Strache antrat) im 1. Bezirk nicht mehr als Spitzenkandidatin antreten zu lassen, obwohl sie auch 2010 der ÖVP den Bezirksvorsteher-Sessel rettete, müsste spätestens jetzt nach dem Wahlergebnis klar sein. Aber das war auch schon der einzige Fehlgriff von Wiens ÖVP-Chef Manfred Juracska. Er gilt zudem als ein rationaler Mann mit einem klaren sachlichen Standpunkt und dennoch als sehr kompromissbereit, was in einer Koalitionsregierung wichtig ist. Als kluger und dialogfähiger Vizebürgermeister in einer rotschwarzen Koalition hätte er im Rathaus die Umsetzung seiner vernünftigen Wahlversprechen beweisen können.

Juracskas Rücktritt als ÖVP-Chef in Wien nach dem katastrophalen Wahlergebnis seiner Partei in Wien entspricht seiner verantwortungsbewussten Persönlichkeit, wodurch die Wiener ÖVP und wohl auch das Wiener Rathaus einen bodenständigen und vernünftigen Politiker verliert. Bleibt zu hoffen, dass rasch ein vernünftiger Nachfolger gefunden wird. Ob jetzt eine Regierungsbeteiligung seitens der ÖVP sinnvoll ist, zweifle ich nach diesem Wahlergebnis an. Aber unabhängig davon, ob in der Regierung oder in der Opposition: Die Wiener ÖVP muss schärfer und klarer in ihrem Profil werden und dieses auch zeigen: nicht nur vor Wahlen, sondern ab jetzt und sofort.

Dass die Wiener Grünen mit Maria Vassilakou relativ wenige Stimmen verloren haben, liegt vermutlich an zwei Hauptfaktoren: Zum einen wurden sie von jenen, welche schon bislang die Grünen in den Gemeinderat wählten offenbar bestätigt (aber was konkret?) in ihrer Arbeit und zum anderen wird nun mal (ja auch von Mauranten und Akademikern) großteils aus dem Bauch heraus gewählt. Und die grünen Wahlplakate waren nun mal einfach die schönsten.

Die Neos mit Beate Meinl Reisinger wären heute bereits Geschichte, wären sie auch in Wien nicht gewählt worden. Diesmal hat es jedoch (zwar schlechter als erwartet, aber immerhin) erwartungsgemäß geklappt. Es ist gut, dass sie genauso wie Rote, Grüne, Schwarze und Blaue im Gemeinderat vertreten sind: eine bunte und vielfältige Parteienlandschaft ist in jedem Fall begrüßenswert. Und vielleicht gibts ja sogar eine Dreierkoalition mit den Neos.

Die SPÖ wird nun in den kommenden Wochen Gespräche und Koalitionsverhandlungen führen. Es ist zu wünschen, dass die Wienert Politik in Zukunft besser wird, dass sie nicht nur auf oberflächliche Wohlfühlpakete setzt, sondern echte Reformen (anstatt kostspielige Prestigeprojekte) zugunsten der gesamten Bevölkerung angeht.

Eines aber bleibt beunruhigend beängstigend von dieser Wahl:
Angst lähmt und hindert daran, Politik und Zukunft aktiv zu gestalten.
Und trotzdem ist in Wien Angst offenbar der stärkste Motor so oder anders zu wählen: Angst vor Fremden, Angst vor den Blauen oder ganz einfach nur die Angst, dass sich auch nur das Geringste ändern könnte, wenn man anders wählt als bisher. Das finde ich äußerst bedenklich und problematisch.

Tja: Wien ist und bleibt eben anders: Es wird hier immer sein, wie’s immer war. Und Basta!

 

Weitere Kommentare und Infos zur Wiener Stadtpolitik:

Raunz net! Wähl! – Vor-Wahl-Kommentar 2015

Es muss anders werden:  Vorwahlkommentar 2010

Wiener Gemeinderatswahl 2010: Eindrücke in Bildern (Fotos)

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Kommentar zum Wahlergebnis 2010

Wiener Wahl-Endergebnis 2010

Wer rot-grün säht, wird tiefblau ernten: Kommentar zur Wiener Koalition 2010

rot-grün lässt Wiens Einwohner bluten

Donnerstag, 8. Oktober 2015, von Elmar Leimgruber

Raunz net! Wähl! (Vorab-Kommentar zur Wien-Wahl 2015)

Der Countdown zur Wienwahl läuft in vollen Touren: Und: Was vor einigen Jahren noch undenkbar schien: Jetzt gibts es tatsächlich ein “Duell” um den prestigeträchtigen Wiener Bürgermeister-Sessel, auch wenn es sich hier auf beiden Seiten mehr um eine Angst-Show (davor, dass der jeweils andere Nummer 1 werden könnte) als um einen ernsthaften Politwechsel handelt:

Auch wenn Hans Christian Strache (FPÖ) aufgrund der allgemeinen Unzufriedenheit (und nicht nur wegen der aktuellen Flüchtlingskrise) mit den “Mächtigen” mit einem hohen Protestpotential (jedenfalls über 30%) rechnen kann (wie ich bereits nach den letzten Wiener Wahlergebnis 2010 schrieb: “Wer rotgrün säht, wird tiefblau ernten”):

Selbstverständlich wird wiederum Michael Häupl (SPÖ) die meisten Stimmen in Wien erhalten und eine Dreierkoalition (wohl rot-schwarz-pink) bilden: selbstverständlich ohne FPÖ. Die jeweiligen Appelle, ja den eigenen Kandidaten zu wählen, um den Konkurrenten zu verhindern, entbehren also jeglicher Grundlage, sollen also nur die jeweils eigenen Sympathisanten dazu motivieren, an der  Wahl teilzunehmen und schaden letztlich den anderen in Wien antretenden Parteien. Ich unterstütze dieses künstlich hochgezüchtete Duell daher nicht.

Während Häupl, der seit 21 Jahren (!) Wiener Bürgermeister ist, im Wahlkampf sein “Gspür für Wien” (bereits 2010 waren viele seiner ex-Genossen zur FPÖ übergelaufen), neue Wohnungen und Arbeitsplätze plakatiert (das hätte er übrigens auch bislang schon machen können),  plädiert Strache dafür, im Sinne einer “Oktober-Revolution” so zu wählen, wie man denkt und plakatiert gegen die Ausgrenzung. Wer schließlich von den Menschen als glaubwürdiger empfunden wird – der Amtsinhaber oder der Herausforderer- wird sich am Wahlergebnis zeigen. Deren Duell will ich im Vorfeld der Wahl hier nicht kommentieren, da die beiden sowieso den Wahlkampf und die Öffentlichkeit dominieren.

Dieser inszenierte Angst-Zweikampf zwischen Häupl und Strache in Wien wird aber -so spannend er auch ist- dazu führen, dass die anderen in Wien antretenden Parlamentsparteien vermutlich zunehmend übersehen werden. Die beiden Duellierenden liegen in den Umfragen nämlich jeweils bei weit über 30 Prozent, wodurch für die restlichen Parlamentsparteien (ÖVP, Grüne und NEOS) gesamt nur mehr zwischen 40 oder gar nur mehr 30 Prozent übrigbleiben. Die weiteren bei dieser Wienwahl (ganz Wien) vertretenen Parteien seien an dieser Stelle nur kurz namentlich erwähnt: Andas (KPÖ, Piraten Extrem-Grüne und weitere Linke) WWW (Wir wollen Wahlfreiheit, unterstützt von Stronach-Partei) und GFW (Gemeinsam für Wien: “Türkenpartei” für Migranten). Zudem kandidieren in diversen Bezirken noch einzelnen Gruppierungen, am häufigsten die bei einer Gemeinderatswahl (mangels Umsetzungsmöglichkeit irrelevante) EUAS (EU-Austrittspartei).

Leidtragende des Duells in Wien wird nach meiner Einschätzung bedauerlicherweise vor allem die ÖVP sein. Endlich bringt sie sich unter Manfred Juraczka auch aktiv in die Wiener Politik und in den Wahlkampf ein, will einen bürgerlichen Kurswechsel und bietet nach eigenen Angaben die “Antwort in schwierigen Zeiten”: Sie will 25.000 neue Jobs schaffen (was sie natürlich nur kann, wenn sie mitregiert), das Gymnasium ausbauen, sich für Familien einsetzen und mit Vernunft die Wirtschaft fördern. Dieser Neubeginn mit der ÖVP würde Wien vermutlich gut tun: Und auch die offensichtliche Verjüngung ihrer Kandidaten, allen voran der erst 25-jährige charismatische Spitzenkandidat im Bezirk Favoriten: Nico Marchetti, der mit seiner Facebook-Aktion “Nico gegen Goliath” unter dem Motto “Geht nicht gibts nicht”) für gehöriges Aufsehen sorgt.

Alles was die Wiener ÖVP unter Manfred Juraczka in diesem Wahlkampf anstrebt (sofern man Wahlversprechen grundsätzlich ernstnehmen kann), ist durchaus lobens- und fördernswert, nur würde ich mir ihr entschiedeneres und lautereres Auftreten für ihre Ziele wünschen: wer zu leise ist, wird zu leicht überhört und daher auch nicht gewählt. Dadurch dass die ÖVP aktuell aber nicht in der Wiener Stadtregierung sitzt, wäre gerade diese Wahl die Chance für einen selbstbewussten Neubeginn im Rathaus.

Und am Rande erwähnt: Dass die ÖVP-Chefin des 1. Wiener Bezirks, Ursula Stenzel, nun nach ihrer Demontage zur FPÖ gewechselt wird, darf ihr keiner verübeln: Bei aller Sympathie für eine Verjüngung der oft als vertaubt Volkspartei: Bei den vergangenen Wahlen 2010 kassierte sie immerhin 617 Vorzugsstimmen, während der damalige Zweitgereihte und heutige Spitzenkandidat Markus Figl nur 174 erhielt.

Die Wiener Grünen unter Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, welche bislang mit Michael Häupls SPÖ mitregierten, waren in diesen Jahren (wie von mir schon 2010 prognostiziert) großteils gezwungen, Häupls Politik mitzutragen und umzusetzen. Die Einführung des 365 Euro-Jahrestickets für die Wiener Öffis war zweifelsohne eine gute Idee, aber genau diese realistische Vision hatte ich auch schriftlich schon im Februar 2010. Und halbherzige grüne Umsetzung einer autofreien Mariahilferstraße ist auch immer noch sehr umstritten. Will man also tatsächlich diese sonderbare Allianz zwischen rot und grün fortsetzen? Nur die schönsten Wahlplakate allein reichen nicht. Oder doch?

Die Neos unter Beate Meinl-Reisinger sind genauso wie die Bundespartei ein Sammelsurium unterschiedlichster Standpunkte, welche im Prinzip das gesamte Spektrum an Meinungen vom wirtschaftsliberalen Rand der SPÖ über den linksliberalen Bereich der ÖVP über Wirtschaftsgrüne bis hin zu Autonomen alles irgendwie alles abdeckt:

Einerseits möchte man mit undefinierter Bildung punkten, andererseits aber gibts letztlich nur ein Ziel für die Wiener Neos: in eine Koalition mit Häupls SPÖ einzutreten, ist dieser gegenüber also handzahm, während man Hans Christian Strache und seine FPÖ zum Feind erklärt. Mitregieren zu wollen an sich ist legitim, aber sich als Neuling am glatten Wiener Polit-Parkett mit Anti-Strache-Wahlkampfgetöse und wenig Programm der SPÖ an den Hals zu schmeissen, ist einem peinlichen Eigentor gleichzusetzen. Dadurch werden die Neos vermutlich weniger gewählt, als ihrem eigentlichen Potential in Wien entsprechen würde.

An dieser Stelle wage ich eine vorsichtige Prognose für die Wiener Gemeinderatswahlen 2015:
SPÖ: 35,4% (2010: 44,2%)
FPÖ: 34,0% (27%)
ÖVP: 10,1%
Grüne: 11,9%
Neos: 5,6%
GFW: 1,9%
Andas: 0,9%
WWW: 0,2%

Abschließend noch mein Appell:
Jede Wahl ist besser als keine Wahl. Daher:
Raunz net! Wähl!

Seien Sie ein überzeugter Demokrat und nützen Sie Ihre Chance: Gehen Sie zur Wahl und bestimmen Sie mit, wer Wien in den kommenden Jahren regieren soll.
Zur Orientierungshilfe, welche Standpunkte von Ihnen sich mit welchen Parteien antretenden Parteien denken, gibts übrigens wahlkabine.at

Nur wer wählt, entscheidet mit. In diesem Sinne: Treffen Sie eine Gute Wahl!

 

Weitere Infos und Kommentare zur Wienwahl:

Es muss anders werden:  Vorwahlkommentar 2010

Wiener Gemeinderatswahl 2010: Eindrücke in Bildern (Fotos)

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Kommentar zum Wahlergebnis 2010

Wiener Wahl-Endergebnis 2010

Wer rot-grün säht, wird tiefblau ernten: Kommentar zur Wiener Koalition 2010

rot-grün lässt Wiens Einwohner bluten

Montag, 6. Juli 2015, von Elmar Leimgruber

Griechenland: Nein zum Grexit, Ja zum gemeinsamen Weg (Kommentar)

Ja, es stimmt: Griechenland hat sich finanziell selbst in die Misere geritten. Oder besser nicht Griechenland, sondern sondern deren Regierungen seit Jahrzehnten. Und sprechen wir jetzt mal nicht über die Schulden Österreichs, die vor allem durch die vollkommen unsinnige Notverstaatlichung vor einigen Jahren ausgelöst wurde. Nein, bleiben wir bei Griechenland:

Ja, es stimmt auch: im Vergleich zu anderen Staaten und der Eurozone hat Griechenland eine erstaunlich niedrige Mehrwertsteuer. Und daher -wenn man die Diskussion über den grundsätzlichen Wert der Mehrwertsteuer nicht führen will – muss diese selbstverständlich, auch wenns weh tut, an das EU-Niveau angepasst, also erhöht werden. Aber doch nicht jetzt: Die Menschen in Griechenland können sich jetzt schon ihr Leben kaum mehr leisten. Und ohne Konsum gibts kein Wirtschaftswachstum.

Denn: nein: nicht eine falsche Politik der griechischen Regierung in den vergangenen paar Jahren hat die Menschen in Griechenland ans Existenzminimum und darunter gebracht, sondern die internationalen Geldgeber. Und damit meine ich weniger die EU, welche der griechischen Regierung bis 2020 Zeit lässt (siehe dazu meinen Kommentar zum griechischen Wahlergebnis), um mit den Rückzahlungen zu beginnen, sondern jene anderen dubiosen Gläubiger (wer sind diese eigentlich?), die vor allem vom Internationalen Währungsfond (IWF) vertreten werden und welche riesige Geldsummen irgendwo hin überweisen, aber offenbar nicht dorthin, wo sie dringend benötigt werden, nämlich bei der griechischen Regierung und speziell beim griechischen Volk: nur das ergibt in Wirklichkeit einen Sinn. Ich fordere hier eine Offenlegung, wohin die so genannten Griechenland-Hilfsgelder der internationalen Geldgeber geflossen sind.

Einerseits von Seiten der Geldgeber aus Milliarden irgendwo hin zu schicken, wo es weder bei der griechischen Regierung noch beim griechischen Volk ankommt und andererseits aber von der griechischen Regierung zu verlangen, wiederum Milliarden hierfür zurückzuzahlen, ist gelinde gesagt zynisch.

Und: Nein: Eine weitere Rentenkürzung, wie neben der Mehrwertsteuererhöhung von den Geldgebern gefordert, wäre auch unverantwortlich: Schon jetzt leben dank zunehmender Arbeitslosigkeit Kinder und Enkelkinder in Griechenland vor allem durch ihre Großeltern.

Dass nun eine Mehrheit der Griechen letzthin nicht nur aktiv links gewählt hat, sondern beim Referendum zum neuen „Reform“-Kurs der EU für Griechenland ebenfalls nein gestimmt haben, darf daher nicht verwundern: Die Menschen in Griechenland haben jetzt schon keine Zukunftsperspektive mehr: wie sollten sie noch drastischeren Einsparungen durch ihre Regierung zustimmen können? Es geht so nicht mehr weiter!

Es war daher nicht nur konsequent und mutig, dass die griechische Bevölkerung mehrheitlich nein zu diesen Vorgaben gesagt hat: Es war eine Entscheidung aus der Not heraus und in Würde und Charakter. Das ist gelebte Demokratie, die immerhin in Griechenland auch ihren Ursprung hat.

Die Konsequenz dieses Wahlergebnisses muss daher sein: Natürlich muss die griechische Regierung endlich sinnvolle Vorschläge vorbringen, wie sie das Land auf Dauer sanieren und dann auch die Schulden zurückzahlen will. Vor allem aber muss die EU ihre Politik und ihre Vorgaben ernsthaft überdenken und es liegt nun an ihr, eine erneute Annäherung an Griechenland zu suchen. Denn das Ergebnis ist allein auf ihre Sturheit und auf die unsinnigen Vorgaben vor allem der anderen Geldgeber zurückzuführen.

Ein Grexit, der seit Wochen im Gespräch ist, macht aus meiner Sicht aktuell absolut keinen Sinn. Entweder man hätte schon vor Jahren (zu Beginn der Griechenland-Krise) Griechenland und auch weitere Krisenstaaten (siehe dazu meine EU-”Krisenländer-”Aufstellung” bereits vor Jahren) aus der Währungsunion vertreiben müssen, oder aber man zieht das durch bis zum bitteren Ende.

Da es aber wohl innerhalb der Europäischen Union keine Mehrheit für eine Halbierung (der gesamte Süden müsste aus der Eurozone fallen) der Euro-Zone gibt, wäre auch ein Ausscheiden allein Griechenlands unsinnig.

Sollte ein Grexit dennoch passieren, dann will man damit international wohl ein Exempel statuieren: entweder alle tanzen nach einer Pfeife oder man fliegt raus,

Wollen wir so eine „Solidargemeinschaft“, welche die EU vorgibt zu sein, oder sein zu wollen?

Aus meiner Sicht ergibt langfristig betrachtet nur eine Euro-Kernzone (oder gar eine Beeedigung des Proekts Euro) einen Sinn, in welcher nur jene EU-Staaten vertreten sind, welche auch wirtschaftlich stark genug sind. Kann man sich hierzu auch weiterhin nicht durchringen (wovon ich bedauerlicherweise zutiefst überzeugt bin), dann werden weiterhin die wirtschaftlich stärkeren EU-Staaten die wirtschaftlich schwächeren sosehr unterstützen müssen, dass ihre eigene Wirtschaftskraft zunehmend darunter leiden, wenn nicht vollends daran zugrunde gehen wird. Dieser sicheren Zukunft werden sich auch die Optimisten der Euro-AllInOne-Zementierer bald stellen müssen: dass es ihnen offenbar wichtiger ist, den europäischen Einheitsstaat (den es sowieso nie geben wird) in Geschlossenheit zu bewahren als die Wirtschaft in Europa insgesamt zu retten.

Ich plädiere bezüglich Griechenland dafür, dass die Europäische Union und der IWF sich erneut an den Verhandlungstisch mit der griechischen Regierung setzen und endlich vernünftige Vorschläge unterbreiten, welche die griechische Bevölkerung leben lassen und der griechischen Wirtschaft Wachstum ermöglichen.

Und bezüglich EU: Der Gedanke an ein großes friedliches und geeintes Europa, in dem alle europäischen Staaten vertreten sind und eine einzige Währung haben, ist schön und erträumenswert, keine Frage. Aber realistisch ist er bedauerlicherweise nicht: Jedes Land ist speziell und anders im  mehrfachen Sinn: da müsste man schon alles und alle gleichschalten, vor allem wirtschaftlich und steuerlich zentralisiert: Dann würde es ja vielleicht klappen. Aber so wie jetzt auf keinem Fall, da selbstverständlich jeder Staat auch seine eigenen Interessen und die seiner Bevölkerung vertritt: Vollkommen zu Recht.

Also entweder man ringt sich in der Eurozone (siehe dazu bereits meinen Kommentar zum Thema Griechenland und EU von 2011)  dazu durch, nur noch „Bundesländer“ der großen EU-Zone zu sein (Europäische Zentralreegierung) und damit auch finanziell und wirtschaftlich und steuerlich davon abhängig zu sein. Oder aber es geht weiter wie bisher: Die tüchtigeren und fleissigeren Staaten bezahlen für die Ärmeren und weniger Erfolgreichen. Oder aber: und dafür plädiere ich (obwohl am wenigsten Chancen): Man entscheidet sich schweren Herzens für eine starke Euro-Kernzone und entlässt alle anderen bisherigen EU-Mitgliedsstaaten in ihre Freiheit mit eigener Währung, aber dennoch bevorzugter wirtschaften Partnerschaft.

Lassen wir uns nun aber überraschen, was unsere Regierenden für unsere Zukunft vorhaben…

Donnerstag, 2. Juli 2015, von Elmar Leimgruber

ÖJC: Rechtssicherheit für Journalisten im Urheberrecht + Kurzkommentar

Der Autor dieses Beitrags, Elmar Leimgruber, vor dem Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. © Elmar Leimgruber, redakteur.ccDer Österreichische Journalisten Club (ÖJC) fordert vom Europäischen Parlament Rechtssicherheit im Urheberrecht. Ursache des aktuellen Statements ist die von EU-Bürokraten angedachte Einschränkung der so genannten “Panoramafreiheit”, also die Freiheit beispielsweise vor Kulturdenkmälern Selfies zu schiessen. Die “Panoramafreiheit” muss erhalten bleiben, fordert die Journalistenvereinigung.

 

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC ) kritisiert ” die weltfremde und verwirrende Entscheidung” des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments die sogenannte “Panoramafreiheit” einzuschränken. “Es kann nicht Sinn europäischen Rechts sein, dass wenn man ein Selfie vor der Karlskirche in Wien machen will, vorher die Erlaubnis der Katholischen Kirche und des Barock-Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach einholen muss”, macht sich ÖJC-Präsident Fred Turnheim über diesen Streich einiger EU-Abgeordneten lustig.

Der öffentliche Raum gehört uns allen. Eine Kommerzialisierung und Privatisierung des öffentlichen Raumes wird vom ÖJC strikt abgelehnt. Die österreichischen Abgeordneten zu EU-Parlament werden ersucht, für den Erhalt der Panoramafreiheit zu stimmen.

Der ÖJC begrüßt die Ablehnung des Geoblockings, da dies für die Informationsfreiheit von wesentlicher Bedeutung ist. Der ÖJC fordert ein einheitliches europäisches Urheberrecht als Gegengewicht zum amerikanischen Copyright. Diese beiden Rechte sind völlig unterschiedlich, da das Urheberrecht die Autoren schützt, das Copyright die Verlage.

Der ÖJC erwartet sich von den EU-Abgeordneten einen massiven Schutz der Urheberinnen und Urheber und ihrer publizistischen und künstlerischen Werke. Daher muss das Urheberrecht aus den TTIP-Verhandlungen herausgenommen werden.

Ich schließe mich den Forderungen des Österreichischen Jouzrnalisten Clubs vollinhaltlich an, besonders was die geplante Einschränkung der so genannten Panoramafreiheit betrifft: Fotos von öffentlichen Gebäuden zu schiessen und auch Selfies vor diesen darf kein Privileg von einigen wenigen sein, sondern muss Allgemeingut sein und bleiben!

Man muss sich nicht wundern, wenn die Zustimmung zur Europäischen Union und vor allem zu ihren Institutionen ständig sinkt, wenn irgendwelchen Bürokraten in Brüssel offenbar so langweilig ist (wieso sie in Zeiten der europaweiten Sparkurse nicht einfach einsparen?), dass sie ständig unsinnigere Ideen entwickeln, um das Leben und die Freiheit der Menschen in der EU immer noch mehr einzuschränken. Ich sage dazu nur: Nein danke!

Dienstag, 26. Mai 2015, von Elmar Leimgruber

Was bleibt vom 60. Eurovision Song Contest in Wien?

Jetzt wo selbst die ESC-Bühne in der Wiener Stadthalle in Windeseile schon wieder abgebaut und eingeschmolzen wird, bleibt eine gewisse Leere zurück in Wien. Ein Jahr lang wurde hingefiebert auf das große Ereignis, dass Österreich -dank Conchita Wurst- nach so vielen Jahren endlich wieder Austragungsort des wichtigsten musikalischen Events der Welt sein darf: für den 60. Jubiläums-Eurovision Song Contest:

Unzählige Freiwillige haben sich sogar eigens für diesen Zeitraum Urlaub genommen, um nicht nur im Publikum mit dabei zu sein, sondern als freiwillige Helfer. So viel Idealismus kommt selten vor, zumal es sich hier ja nicht um eine Charity handelt: Respekt.

Nicht nur die internationalen Organisatoren, Teilnehmer und auch die zahlreichen Gäste aus aller Welt waren voll des Lobes für die Gastfreundschaft und das österreichische Planungs- und Organisationsteam, welches eine Produktion der Superlative auf die Bühne (die Bühne selbst ist auch ein Meisterwerk) brachte und damit wieder mal der führenden Rolle Österreichs als Musikland voll entsprach. Allein in Österreich selbst waren bis zu 1,9 Mio. Menschen beim Finale vor dem Fernseher (weltweit bis zu 200 Mio.), um dem Großevent zu folgen, insgesamt wurde die Show in 45 Länder weltweit übertragen, nun erstmals auch nach China. Dennoch: Wieso gleich drei Moderatorinnen, die beinahe nichts zu sagen hatten in der Show? Die charismatische Tirolerin Mirjam Weichselbraun hätte vollkommen gereicht.

Und das Ziel war heuer ganz besonders “Building Bridges”, Musikbeiträge aus den verschiedenen europäischen Staaten (und erstmals mit Australien), die Brücken bauen sollte auch zwischen den einzelnen Ländern: niemand gegen niemand und alle für die Musik und für ein gemeinsames Europa, für die Einheit in der Vielfalt. Dass der ORF dem Verantwortlichen für den ESC in Österreich und Botschafter für die Vielfalt, Conchita, aber in der Liveübertragung dessen Kurzkonzert in der Stadthalle einfach kurzerhand durch Werbeeinschaltungen ersetzte, ist wohl ein Zeichen dafür, dass es dem ORF vorrangig offensichtlich nicht um die Künstler geht, sondern um seine eigene Kohle.

Dennoch: Eines war in diesem Jahr im Voting ganz besonders offenbar: die alten historischen Blöcke in Europa existieren nach wie vor, was sich besonders beim Wahlverhalten von Staaten des ehemaligen Jugoslawien und der ehemaligen Sowjetunion zeigt: da geht es leider immer noch weniger darum, wer die herausragendsten Künstler sind, welche nun auftreten, sondern vielmehr darum, aus welchem Land sie kommen. Und so wählt man sich eben vielfach (wohl aus alter historischer Tradition heraus) als geografische Nachbarn gegenseitig die meisten Punkte. Dass so niemals ein objektives Ergebnis zustande kommen kann, erklärt sich von selbst. Bei den Vergabekriterien ist daher dringender Handlungsbedarf seitens der Organisatoren angebracht. Da freut mich sich, dass wenigstens die Performance des Ausnahmepercussionisten Martin Grubinger ausgestrahlt wurde, wenn man ihn auch eigentlich live als Musiker erleben muss: Das ist saugeil.

Was dennoch natürlich nicht geht, ist aufgrund politischer Vorkommnisse einen ESC-Teilnehmer auszubuhen, wie das offenbar der Kandidatin aus Russland widerfahren ist: Der Eurovision Song Contest steht für Vielfalt in der Musik und für gemeinsam und nicht für dagegen.

Dass Österreich (trotz guter internationaler Jury-Bewertung) so schlecht abschnitt, ist leider ein Wermutstropfen: Die Nummer “I’m Yours” ist meines Erachtens besser als so manche andere Ballade im Wettbewerb und sie wurde von den MakeMakes auch gut performt. Ihr schlechtes Abschneiden im Voting ist daher -rein musikalisch betrachtet- nicht nachvollziehbar. Genauso bedauere ich auch das frühzeitige Ausscheiden Finnlands, Irlands und besonders der Schweiz.

Ich gratuliere Mans Zelmerlöw, dem diesjährigen Charm-Gewinner des Eurovision Song Contest, aber wirklich zufrieden bin ich mit dem Ergebnis nicht: Sein Song “Heroes” ist mir leider zu mainstream-langweilig, das macht ein sehr sympathisch wirkender Sänger mit Laser-Grafiken-Unterstützung auch nicht wett: bin ja gespannt, ob er wenigstens die Spitzen der europäischen Charts erreichen wird. An sich hätte in diesem Jahr in jedem Fall der Beitrag “Grande Amore” der italienischen Poptenöre Il Volo eindeutig gewinnen müssen: So votete das begeisterte Publikum Il Volo mit 80 PUnkten Vorrang auf den ersten Platz: Die Jurys der einzelnen Länder waren aber trotz einer großartigen und bravourös interpretierten Komposition aber offenbar anderer Meinung. Auf den weiteren Spitzenplätzen hätte ich mir übrigens die Schweiz, Israel, Großbritannien und vor allem Lettland und Serbien gewünscht und ja: Österreich wenigstens in den Top 10.

Aber was bleibt jetzt vom Eurovision Song Contest? Ist Österreich dadurch weltoffener und toleranter geworden? Ich hoffe doch sehr: Sind Sie Sie für ein Österreich, in dem es immer noch mehr Vorschriften und Möglichkeiten der Überwachung gibt und wo der einzelne Mensch immer unfreier wird? Oder wünschen Sie sich nicht vielmehr ein offenes Österreich und eine offene Gesellschaft, wo jeder so leben kann, wie er es für richtig hält, sofern er anderen damit nicht schadet? Ich plädiere für ein Leben in Freiheit, wo jeder Mensch selbst über sein Leben bestimmen kann, ohne dass Gesetze oder Gesellschaft ihn in irgendwelche (zu oft auch medial forcierten) konformen Massenzwänge stecken wollen und wo alle Menschen in ihrer Verschiedenheit und Vielfalt auch ihre Meinung frei äußern können: Wer Toleranz fordert, muss sie auch (jenen, die entgegengesetzt denken) gewähren und zwar genausoweit uneingeschränkt, als sie anderen nicht schadet. Ich bin dafür!

Wenn das vom Eurovision Song Contest bleibt, bin ich zuversichtlich, dass wir einer guten Zukunft entgegen gehen.

Und hier sind interne (mitten im Publikum fotografiert) Eindrücke in Bildern (Fotos) vom 60. Eurovision Song Contest in Wien:

Freitag, 13. Februar 2015, von Elmar Leimgruber

Euthanasie: Wird schon wieder über “lebensunwerte Menschen” gelästert?

Natürlich muss nicht nur über ein Leben in Würde, sondern auch über ein Sterben in Würde gesprochen werden. Doch mit welchem Ziel? Menschen zu töten, die wir anderen nicht mehr für lebenswürdig oder lebenswert erachten? Natürlich wünschen sich manche Menschen mit massiven Qualen manchmal vorübergehend den Tod, aber der Schmerzen wegen und nicht weil wie tatsächlich sterben möchten. Und natürlich muss die Medizin hier Mittel und Wege finden, um Menschen möglichst wenig leiden zu lassen und  ihre Schmerzen weitgehstenst zu lindern. Aber wollen wir anderen zugestehen, über Leben und vor allem Tod zu entscheiden oder wollen wir das gar selbst in die Hand nehmen?

Diese Diskussion, in der andere (natürlich ebenfalls mit schönen Worten begründet) darüber entschieden, wer (noch) lebenswert ist, hatten wir doch schon mal. Und die Folge waren unzählige Ermordete: Menschen anderer Völker, anderer Religionen oder Meinung, anderer sexueller Orientierung, Behinderte und eigentlich jeder, der nicht in ein ach so perfekten System passte. Der aktuelle Vorschlag der Bioethik-Kommission (was steckt da für eine “Ehtik” dahinter?), in gewissen Fällen bei Euthanasie Straffreiheit zu gewähren, kann daher nur entschieden abgelehnt werden.

Haben wir nicht dazugelernt? Wollen wir tatsächlich so eine Diskussion, wer es noch wert ist zu leben, von vorne beginnen? Keinesfalls! Jeder Mensch hat das Recht auf eine würdige Begleitung auch auf seinem letzten Lebensweg und zwar ohne dass man sein Leben verkürzt. Alles andere mag vielleicht wirtschaftlich sinnvoll erscheinen, widerspricht aber allen humanistischen Werten.

Heute sind es Schwerkranke, denen durch den Tod “geholfen” werden soll, morgen sind es Behinderte und schon übermorgen kann es jeden von uns treffen. Der aktuelle Widerstand ist also gerechtfertigt: Auf das unmenschliche Niveau, auch nur über “lebensunwerte” Menschen nachzudenken,  bewegen wir uns in der Geschichte hoffentlich nie wieder zu: nie wieder!

Elmar Leimgruber

 

Zum Mehrheitsvotum der Bioethikkommission, in “Härtefällen” Ausnahmeregelungen zur assistierten Selbsttötung im Strafrecht durchzuführen, gab es am Donnerstag auch zahlreiche Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft. Gegen jedwede Lockerung des Verbotes aktiver Sterbehilfe, insbesondere auch der straffreie Beteiligung von Ärzten daran, sprachen sich die Ärztekammer, Behindertenorganisationen sowie auch das kirchliche Bioethikinstitut IMABE aus.

“Es muss möglich sein, dass Kranke „an der Hand und nicht durch die Hand eines anderen Menschen  sterben”, zitiert Alfred Trendl vom Katholischen Familienverband eine Aussage des früheren Kardinals von Wien, Franz König und fordert einen Rechtsanspruch auf Palliativ- und Hospizversorgung: “Über Leben und Tod zu entscheiden steht uns schlicht nicht zu”, so Trendl.

Leben zu beenden widerspreche dem ärztlichen Berufsethos und dürfe nicht Bestandteil ärztlichen Handelns sein, reagiert die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) und lehnt die von der Bioethik-Kommission empfohlene Lockerung des Verbotes der aktiven Sterbehilfe ab. Vielmehr sei es die Pflicht jedes Arztes, Leben zu erhalten und Sterbende palliativmedizinisch zu begleiten. Dazu sei ein umfassender Ausbau der Palliativmedizin in Österreich dringend erforderlich, so die Ärztekammer. Von einem “offenen Schlag ins Gesicht von Menschen, die sich in der letzten Phase ihres Lebens befinden”, sprach Marianne Karner vom Behindertenberatungszentrum “Bizeps” mit Blick auf das Mehrheitsvotum der Bioethikkomission.

“Die Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patient würde dabei völlig untergraben”, betont die Geschäftsführerin des Bioetikinstituts Imabe, Susanne Kummer gegenüber “Kathpress”. In der Gesellschaft würde die Legalisierung in einem “breiten Konsens” abgelehnt, und es mute “eigenartig” an, “dass eine nicht demokratisch legitimierte Kommission diesen bestehenden Konsens brechen will”. Es sei gefährlich, wenn gemäß des Minderheitenvotums beim Sterbewunsch eines Patienten diesem automatisch ein Suizidwunsch unterstellt würde, da dies Unterschiede verwische, erklärt Kummer. Auch im Wortgebrauch ziele man scheinbar auf eine Entwicklung wie in Großbritannien ab, wo der Begriff “assistierter Suizid” mittlerweile verboten und nur noch die Rede von “Selbstbestimmung” sei. “Fakten werden somit komplett verschleiert”, so Kummer.

Die Empfehlung der Bioethik-Kommission bezüglich Euthanasie kann online unter www.bundeskanzleramt.at/bioethik/ nachgelesen werden.

Montag, 26. Januar 2015, von Elmar Leimgruber

Was der Linksruck in Griechenland für Europa bedeutet

Griechenland hat nun also gewählt. Und ich habe großes Verständnis für das Wählerverhalten. Das Land, das die Wiege der Demokratie ist und selbst der Logik, zumindest wenn man den alten griechischen Philosophen jene Ehre zukommen lässt, welche sie in der Tat verdienen. Das Land am Mittelmeer hat in den vergangenen Jahren mehr als genug gelitten, aber nicht unter den “Schikanen” der EU -was man der Bevölkerung dort aus populistischen Gründen seit Jahren eintrichtert- sondern wegen der schwerwiegenden Fehler der früheren vielfach sozialistisch geführten Regierungen.

Während also seit Jahren unter den Griechen ein EU- und vor allem ein Deutschland-Hass gezüchtet und genährt wurde, ist es aber letztlich genau der EU und hier vor allem Deutschland zu verdanken, dass das seit Jahren nicht nur schwerverschuldete, sondern teils sogar zahlungsunfähige Land Griechenland immer wieder EU-Hilfszahlungen erhält und damit die drohende Staatspleite, welche die Bevölkerung dort erst recht vernichten würde, erfolgreich verhindert wird. Seit den Hilfsvereinbarungen ab 2010 flossen (von der EU und vom IWF) insgesamt 227 Milliarden Euro an Hilfsgeldern nach Griechenland. Und zudem wurde zwischen der EU und Griechenland bereits vereinbart, dass sowohl die Laufzeit der EFSF-Kredite gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung um 15 Jahre verlängert wird als auch  die Regierung in Athen bis 2022 (!) keine Zinsen auf das geborgte Geld zahlen muss. Das sind keinesfalls unseriöse Bedingungen.

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass gleich nach dem Auftreten der ersten finanziellen Probleme Griechenlands dessen Austritt aus der Europäischen Union zumindest hätte ernsthaft überlegt werden müssen. Nur: Eine Europäische Union, vor allem eine Währungsunion, welche alle Euro-Staaten miteinander in einer Währung verbindet, ist nun mal (zumindest im Notfall) auch eine Solidargemeinschaft, ob man dies nun will oder nicht. Nur so hat sie meines Erachtens überhaupt einen Sinn: So lange es eine Währungsunion in dieser Form gibt, führt an der Solidarität kein Weg vorbei.

Also musste alles versucht werden, um konjunkturschwächere Staaten (nicht nur Griechenland) mit Krediten zu unterstützen und damit ihre Mitgliedschaft in der Union zu erhalten, Natürlich nicht ohne Bedingungen: Niemand (egal ob als Privater, als Bank oder als Staat) borgt wem anderen über Jahre hindurch immer wieder neues Geld, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass das Geld inklusive Zinsen zurückgezahlt wird, unwahrscheinlich ist bzw. immer mehr sinkt. Daher werden selbstverständlich Kriterien ausgehandelt, die dafür sorgen sollen, dass durch notwendige Reformen die Ausgaben immer geringer werden und damit auch die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung gegeben ist. Genau dies verlangt die EU, allen voran Deutschland als Hauptgeldgeber (29%) der Kredite von Griechenland vollkommen zu Recht. So erklärt das offenbar aber niemand der griechischen Bevölkerung, weshalb die EU und allen voran Deutschland -zu Unrecht- als die Griechenland-Zerstörer diffamiert werden.

Selbstverständlich kann und muss man darüber reden, wie die Hilfsgelder teilweise auch direkt der griechischen Bevölkerung zugute kommen. Andererseits hat die griechische Regierung aber nach wie vor (ein Relikt aus der sozialistischen Versorgungs-Ära) einen sowohl personell als auch finanziell sehr aufgeblasenen Staats- und Beamtenapparat zu bezahlen. Haben aber die Banken keine Gelder zur Verfügung, gibts diese weder über die Geldautomaten und erst recht nicht für den Staat zur Bezahlung der Gehälter von Staatsbediensteten und Beamten. Und: Besser massive Gehaltskürzungen als Kündigungen. Das muss man der griechischen Bevölkerung auch mal darlegen.

Während ich nach den letzten Griechenland-Wahlen noch begeistert war von der überdurchschnittlichen Besonnenheit der griechischen Bevölkerung, habe ich diesmal zwar einen Wahlsieg des linken Nationalpopulisten (wie passt das überhaupt zusammen?) Alexis Tsipras von Syriza befürchtet. Die Bevölkerung musste ja wirklich harte Sparmaßnahmen über sich ergehen lassen und auch die Arbeitslosigkeit stieg dramatisch, ich hoffte aber dennoch erneut auf eine vernünftige Entscheidung der Bevölkerungs-Mehrheit. Und diese wäre auch mit Sicherheit zustande gekommen, würden nicht (wie in anderen Ländern genauso) letztlich in Krisenzeiten immer die charismatischen Populisten (egal ob links oder rechts) die Wahlen gewinnen.

Tsipras trat mit unrealistischen Forderungen an und gab Wahlversprechen ab, die er mit ziemlicher Sicherheit nicht einhalten wird können: Grundsätzliche aber nicht die Substanz ändernde Neuverhandlungen mit der EU sind zwar wohl möglich. Aber wer sollte die Kredite von  227 Mrd. Euro zurückzahlen, wenn nicht der Schuldner Griechenland selbst? Und warum sollte das hochverschuldete und (ohne Finanzhilfen) und immer wieder zahlungsunfähige Land auch weiterhin Milliardenhilfen erhalten, wenn es nicht bereit ist, die eingeleiteten Reformen fortzuführen und damit die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlungsmöglichkeit zu erhöhen? Seien wir uns ehrlich: Das ist nicht nur unwahrscheinlich, sondern einfach unrealistisch.

Die griechische Bevölkerung hier derart zu täuschen und zu blenden und sie mit falschen Wahlversprechen zu ködern, ist in hohem Maße verantwortungslos. Selbst wenn ich Tsipras als Idealisten betrachten würde, dem es tatsächlich um das Wahl seiner Bevölkerung geht, müsste ich ihm -der ja keinesfalls mehr ein Newcomer in der Politszene ist- politische Naivität vorwerfen. Ich befürchte aber eher, dass sein Wille zur Macht Staat der eigentliche Grund seines Handelns sein könnte.

Schon bald wird sich dann zeigen, ob Tsipras (falls er Regierungschef wird), tatsächlich diese seine Vorhaben umsetzen wird: die Superreichen des Landes hoch besteuern (viel Erfolg dabei!) und die Armen steuerlich entlasten, Neuverhandlungen mit der EU, Erzwingung eines weiteren Schuldenschnitts, aber kein Austritt aus der Eurozone.

Vor allem Deutschland als Hauptkreditgeber für Griechenland konnte die Hilfszahlungen für Griechenland schon anfangs der eigenen Bevölkerung gegenüber nur damit rechtfertigen, dass es sich hierbei um Kredite handelt, die selbstverständlich wieder zurückgezahlt werden müssen. Diese Gelder fehlen nun mal in Deutschland, Österreich und weitern EU-Ländern massiv. Und große Teile der Bevölkerung haben zunehmend immer weniger Verständnis dafür, wenn Milliarden an Euros für Banken- und Staaten-Rettungen offenbar im Übermaß vorhanden sind,  jedoch nicht, wo es um die finanzielle Grundversorgung der eigenen Bevölkerung geht. Ein bedeutsamer Schuldenschnitt der kreditgebenden Euroländer für Griechenland verbunden dennoch mit weiteren Hilfszahlungen würde also nicht nur die betroffenen Staatskassen langfristig massiv belasten, sondern führte zu einem weiteren Wirtschaftseinbruch und damit verbunden zu noch mehr Arbeitslosen. Mittelfristig würde das noch viele weitere Bevölkerungsschichten auf die Straße treiben, nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus Sorge um ihr finanzielles Überleben.

Natürlich war das warnende Statement der deutschen Bundeskanzlerin in bezug auf die griechischen Wahlen notwendig: Die Eurozone ist tatsächlich ohne Griechenland und auch ohne weitere Pleitestaaten denkbar. Selbstverständlich. Nur: Welchen Sinn macht dann ein Klein-Euro-Gebilde überhaupt noch?

Und auch wenn dieses Thema noch nicht aktuell sein mag: In ein Fass ohne Boden wirft man irgendwann kein Geld mehr, vor allem nicht Milliarden: Ohne die Einhaltung von Bedingungen wirds auf Dauer kein Geld mehr geben. Also zuerst der sichere Boden im Fass, dann das Geld. Wie der Boden aussehen muss, darüber darf und muss (z.B. Sinnhaftigkeit gewisser Reformen und direkte Geldzahlungen an die griechische Bevölkerung) gern diskutiert werden. Aber dass Griechenland langfristig den Geberländern das geborgte Geld zurückzahlen muss, darf nicht in Frage gestellt werden.