Mit ‘Studiengebühren’ getaggte Artikel

Dienstag, 22. November 2011, von Elmar Leimgruber

Die Schuldenbremse und der falsche Weg

Eigentlich war ich überrascht und habe ich mich echt gefreut, als SPÖ und ÖVP vor einigen Tagen aus heiterem Himmel in ungewohnt trauter Zweisamkeit überraschend ankündigten, dass eine Schuldenbremse her muss. Nun kam dies sicherlich unter internationalem Druck zustande, dass Österreich das AAA Rating riskierte, wenn es nicht endlich wirklich Reformen umsetze.

Aber es gibt zwei Schwachpunkte:

- Der eine lautet: Ja, wir wollen zwar nicht sparen, aber wir müssen, und daher werden wir das nicht jetzt umsetzen, sondern erst kurz vor 2020. Und das ist ein Standpunkt, der so typisch ist für die aktuelle rot-schwarze Regierung.

- Und der andere Schwachpunkt ist noch weitaus schlimmer: Schuldenbremse nein, außer die Regierung macht das, was ich will: Das ist typisch für die aktuelle Opposition in Österreich (zu der ebenfalls typischerweise auch maßgebliche Kräfte innerhalb der SPÖ gehören). Und ganz besonders einer regelrechten Erpressung nahe kommt die Reaktion der Grünen: Entweder die Regierung führt die so genannte “Reichensteuer” ein oder wir stimmen gegen die Schuldenbremse.

Allen aktuellen österreichischen Politikern (angesichts des aktuellen Budgets wohl leider auch denen der ÖVP) ist offenbar der Ernst der Lage nicht bewusst: Offenbar ist es ihnen nicht klar, dass sie riskieren, mit dieser Verzögerungstaktik und Uneinigkeit das gesamte Land ins politische und wirtschaftliche Aus zu schiessen. Gibt es denn echt niemanden  in Österreich, der ein Machtwort spricht, den Bundespräsidenten beispielsweise (immerhin ist er das Staatsoberhaupt), der die Parteien an ihre Pflicht und an ihre Verantwortung für das Land erinnert? Amateurhaftes Kasperltheater ist das und nicht Politik!

Nun denn: dann verleihe wenigstens ich als einfacher Bürger und Journalist/Kolumnist meiner tiefsten Überzeugung Ausdruck und nehme hiermit meine bescheidene Verantwortung wahr:

Was die diesbezüglich vorbildliche österreichische Bundesregierung unter ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel begonnen hat, nämlich Nulldefizite anzustreben und tatsächlich nicht nur in Bezug auf die nächsten Wahlen zu regieren, sondern in Verantwortung für die künftigen Generationen Staatsschulden abzubauen, fand leider anschließend ein jähes Ende. Und der diesbezügliche Standpunkt des in mancher anderen Hinsicht sicherlich großartigen SPÖ-Kanzlers Bruno Kreisky ist auch Jahrzehnte später bedauerlicherweise offenbar immer noch in vielen Genossenköpfen und bei ihren ideologischen Brüdern und Schwestern eingemeiselt: “Mir sind ein paar Milliarden Schilling Schulden lieber als ein paar hunderttausend Arbeitslose.” Dass es Österreich auch vor allem ihm, dem SPÖ-Langzeitkanzler zu verdanken hat (er trieb die Staatsschulden von 3 Mrd. Euro auf 27 Mrd. Euro innerhalb seiner Regierungszeit), dass es heute so hoch verschuldet ist, wird heute daher von den großteils links dominierten Medien leider verschwiegen.

Tatsache ist und bleibt heute aber: Es kann -beim besten Willen- mit den Staatsausgaben nicht mehr so weiter gehen wie bisher: Auch wenn das vielen Roten und Grünen nicht passt: Was für Privatpersonen und Unternehmen zutrifft, gilt auch für den Staat: Man kann nicht auf Dauer Geld ausgeben, das man nicht hat. Aber wieder mal gehts den Politikern -wie so häufig- um die eigenen engen Partei-Interessen und nicht um das Gemeinwohl und um das Große und Ganze.

Daher: Hier darf es nicht um parteiliche Eigenbefindlichkeiten, um Populismus oder um Wahlspekulation gehen, sondern um das, was Österreich wirklich braucht: Will es Österreich nicht riskieren, mittel- oder langfristig auch zu den Pleitestaaten der EU zu gehören, ist zum Wohle Österreichs von der Regierung mit Zustimmung der Opposition -obwohl es sehr schmerzhaft ist- Folgendes dringend zu erledigen:

 

- Das gesetzliche Pensionsalter bei 65 Jahren ist ok so, das effektive Durchschnittspensionsalter mit 58 Jahren ist nicht ok: Das muss sich ändern und zwar dringend, auch wenn die SPÖ damit rechnen muss, für so eine Maßnahme von ihren wichtigsten Stammwählern, den Pensionisten abgestraft zu werden. Die viel zu vielen Frühpensionen vor allem aus den Reihen der schwer defizitären ÖBB (die übrigens auch maßgeblich für das Staatsdefizit gesamt mitverantwortlich ist) kosten unzählige Milliarden an Steuergeldern: Das effektive Pensionsalter muss daher dort und auch in allen anderen Bereichen schrittweise dem gesetzlichen so angepasst werden, dass es finanziell kaum mehr leistbar ist, in Frühpension zu gehen.

- Die so genannte Verwaltungsreform muss endlich in die Tat umgesetzt werden: beispielsweise der so genannte Bundesrat ist mittlerweile nicht mehr notwendig. Und auch die Anzahl der Abgeordneten sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene könnte problemlos drastisch gesenkt werden. Dasselbe gilt auch für Beamte (die Forderung nach einer Nullohnrunde für diese empfinde ich nach den hohen Lohnzuwächsen aller anderen Arbeitnehmer als Frechheit): Die von der Innenministerin kürzlich durchgeführte Polizei-Reform mit Einsparungen in der Führungsebene (aber nicht im Einsatz für die Menschen) ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ähnliche Einsparungspotentiale gibt es sicherlich auch in anderen Ministerien und vor allem auch auf Landesebene. Und natürlich gibt es diese in der ÖBB und in anderen staatsnahen Betrieben genauso und zwar im teils antiquierten Verwaltungsapparat, jedoch nicht im Bereich Technik und Sicherheit und erst recht nicht in der Kundenbetreuung: Eine Reduktion der Zugbegleiter wäre jedenfalls kontraproduktiv für die Qualität und den Service der Bahn.
Und ja: Der Vorschlag vom Wissenschaftsminister, dass die Universitäten selbst Studiengebühren festlegen können und sollen, ist gut und -sozial abgefedert- sinnvoll: Jeder soll es sich finanziell leisten können, ein Studium zur Berufsvorbereitung zu absolvieren.
Einsparungspotentiale im Verwaltungsapparat und im Umfeld von Krankeneinrichtungen zu prüfen, ist zwar sicher auch sinnvoll, aber das “Einsparen” von notwendigem ärzlichem Personal -wie dies derzeit im Wiener AKH geplant ist- ist für viele Menschen lebengefährend und daher striktest abzulehnen.

- Und dann gehört mal auf Bundes- wie auf Landesebene die Subventionsvergabe einer unabhängigen kritischen Prüfung unterzogen: Warum beispielsweise bekommen im kulturellen Sektor einige wenige Institutionen und Vereine (ohne die Verpflichtung, möglichst kostendeckend zu arbeiten) den Großteil der öffentlichen Gelder, während andere ums nackte Überleben kämpfen müssen? Dasselbe gilt auch besonders für den Sport.
Und nur mal so als Idee: Was wäre, wenn der ORF sich wirklich weitgehend selbst finanzieren müsste: Nachdem der (trotz verpflichtenden Radiogebühren) reine Kommerzsender Ö3 schon immer damit gerechtfertigt wird, dass er notwendig sei, um den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF, vor allem Ö1 finanzieren zu können: Dann möge es auch so sein. Und anstatt jetzt die GIS-Gebühren auf Wunsch des ORF um 7 Prozent anzuheben, wäre es sinnvoller, auch hier mal vorurteilslos alle, vor allem die höheren Positionen von ORF-Mitarbeitern (also nicht die der Anfänger und einfachen Mitarbeiter) auf ihren Bedarf und auf ihren effektiven Verdienst im Vergleich zu ihrer Leistung hin zu prüfen: Hier gibt es sicher auch jede Menge Reformbedarf und Einsparungspotential.
Und natürlich muss owohl auf Bundes- wie auf Landesebene Schluss damit sein, dass man eigene hochbezahlte “Versorgungsposten” für “verdiente” Parteisoldaten aufrecht erhält.

- Wenn schon Reichensteuer, dann muss es die wirklich Reichen treffen, nämlich jene 10 Prozent der Bevölkerung, die 58 Prozent des Vermögens in Österreich besitzen: die sollte man durchaus hoch besteuern. das würde viele staatliche Finanzlöcher stopfen.
Die populistischen Vorschläge aus den Reihen der SPÖ und der Grünen, nämlich beispielsweise jegliches Eigentum nochmals zusätzlich zu besteuern (aktuelle Forderung der Grünen), was einen Wert von 500.000 Euro übersteigt, bringt zwar in der Masse sehr viel Geld für den Staat, aber das liegt daran, dass nicht die 10 Prozent Superreichen dadurch besteuert werden (für jene sind die geforderten 0.5 % Peanuts), sondern die Nicht-Reichen, also weit mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung Österreichs: Diese populistischen rot-grünen Forderungen treffen also vor allem den Mittelstand, also Familien mit Eigentumshäusern und zudem einen Großteil der Familienunternehmen in Österreich, die damit neben den sowieso schon hohen Einkommenssteuern noch zusätzlich zur Kasse gebeten werden sollen.
Dabei bezahlt bereits jetzt schon jeder Grundstück-Eigentümer beim Erwerb (und bei raschem Verkauf) von Immobilien hohe Steuern und zusätzlich jährlich Steuern für Grund und Boden. Wenn er seine Immobilie dann auch noch anderen Menschen in Form einer Miete zur Verfügung stellt, bezahlt er zusätzlich auch noch Eigentumssteuer. Eine neue Zusatzsteuer würde die meisten kleinen Vermieter dazu zwingen, ihre Zinshäuser zu verkaufen mit der Folge, dass auch hier wieder vor allem in Wien die großen steinreichen Baufirmen profitieren, die kaufen und das gesamte Stadtbild durch Neubauten zerstören.
Viel vernünftiger wäre in diesem Zusammenhang, im Gehalt die Obergrenze für Sozialabgaben zu streichen, so dass wer viel mehr verdient,  proportional dazu auch Sozialabgaben entrichtet. Oder aber es werden die wirklichen Einkünfte ab einer Obergrenze höher besteuert: das wäre auch sinnvoll.
Würde aber die neue Zusatzsteuer nicht nur für das Einkommen, sondern auch für Immobilien und Wertanlagen tatsächlich eingeführt, dann würden sich immer weniger Familien in Österreich ihr eigenes Haus leisten können und zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe müssten zusperren oder verkaufen, was natürlich ein Vorteil für einige wenige steinreiche Großbetriebe wäre. Aber genau damit ruiniert man den Wirtschaftsstandort Österreich. Leistung muss sich (auch finanziell) lohnen. Und daher verdient, wer viel leistet, auch mehr zu haben, ohne durch Zusatzsteuern auf Raten enteignet zu werden.

- Dasselbe betrifft auch die ebenfalls von rot-grün geforderte Erbschaftssteuer: Es spricht nichts dagegen, die beispielsweise 100 reichsten Unternehmen in Österreich mit einer Erbschaftssteuer zu belegen, aber nur diese. Aber mal abgesehen davon: Wie kommen die Enkel dazu, steuerlich dafür bestraft zu werden, weil ihre Großeltern durch harte Arbeit und viele persönliche Opfer und Entbehrungen es geschafft haben, einen Betrieb aufzubauen und zu vererben? Grundsätzlich die Erbschaftssteuer wieder einzuführen, wäre der falsche Weg: Die Folge wären unzählige Firmen-Zusammenbrüche, weil dadurch viele Erben finanziell nicht mehr in der Lage wären, das Unternehmen weiter zu führen. Und wer würde auch in diesem Fall profitieren: wieder die obersten und reichsten Unternehmen, die sich dies leisten können.
Die populistischen Forderungen von SPÖ und Grünen nach Vermögens- und Erbschaftssteuer mögen also zwar schön klingen, aber bei genauerem Hinsehen wird klar erkennbar: Der jetzige Mittelstand würde sich sein Leben, seine Familie, sein Haus, seine Firma mittelfristig nicht mehr leisten können und dank dieser Steuerlast vielleicht auch nicht mehr wollen. Die Folge wäre, dass auch der Mittelstand zunehmend verarmen würde (was wiederum die Inanspruchnahme von erhöhten Sozialleistungen durch den Staat verursachen würde).
Und das Tragische daran: Die jetzt schon Superreichen wären die einzigen, die letztlich von der Zerstörung des Mittelstandes profitieren würden: niemand und erst recht nicht das Staatsdefizit würde saniert durch diese unsinnigen neuen Steuern, sondern im Gegenteil: Es gäbe noch viel mehr Arme als heute, zu Gunsten von jenen, die heute schon steinreich sind und die dann auch noch durch die Zwangsverkäufe des Mittelstandes profitieren würden.
Das muss hier also einfach mal klar so gesagt werden: Wer die geplanten Vermögenssteuern will, hilft direkt niemanden, auch nicht dem Staat, aber er stützt und fördert und mästet indirekt die Superreichen: und nur diese.

 

Wenn uns also nun schon jahrzehntelange ungebremste SPÖ-Regierungen diese hohen Schuldenberge hinterlassen haben, so muss jetzt endlich gehandelt werden: Die Schuldenbremse ist nicht bis 2020 irgendwann anzugehen, sondern muss ab sofort umgesetzt werden: nicht alles auf einmal, aber Schritt für Schritt: Und zwar so, dass die Menschen die notwendigen Sparmaßnahmen verstehen, nachvollziehen können und daher auch mittragen. Keinesfalls aber darf der Wirtschaftsstandort Österreich durch neue unsinnige Steuern gefährdet werden.

Die Schuldenbremse ist jetzt dringend notwendig. Politiker und Parteien jedoch, die den Ernst der Lage jetzt nicht erkennen wollen, und daher notwendige Reformschritte blockieren, haben in einer Regierung nichts verloren, weil sie nicht Willens sind, verantwortungsbewusst zu handeln.

Wer aber jetzt bereit ist, die notwendigen Sparmaßnahmen zu setzen, hat es zwar wohl schwer, die Gunst der Wähler zu gewinnen, aber er tut letztlich -unabhängig von sonst wohl zu erwartenden Sanktionen- das Richtige für die künftigen Generationen: er schützt sie vor dem Untergang und übernimmt so die Verantwortung für Österreich und seine Bevölkerung. Und genau so muss es sein!

Sonntag, 3. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

Studiengebühren schrecken offenbar nicht ab

Weder schrecken Studiengebühren junge Leute vom Studium ab noch halten sie Studienberechtigte mit ausländischen Wurzeln oder aus Arbeiterfamilien von den Hochschulen fern. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Ländercheck des Stifterverbandes. Das Gebührenland Hamburg gehört demnach zu den Siegern des Länderchecks. Es konnte trotz Studiengebühren nicht nur besonders viele Studierende, sondern auch vermehrt Studierende aus benachteiligten Schichten an seine Hochschulen locken. Schlusslichter bei der Studierendenentwicklung sind hingegen die gebührenfreien Länder Bremen und Rheinland-Pfalz sowie das Gebührenland Niedersachsen.

“In den Zahlen der offiziellen Statistik lassen sich keine Hinweise darauf finden, dass Studiengebühren in Höhe von 500 Euro eine abschreckende Wirkung haben. Dies gilt sowohl für Studierende allgemein, als auch für Studierende aus bildungsfernen Schichten, aus ärmeren Elternhäusern oder aus Migrantenfamilien”, sagte der Generalsekretär des Stifterverbandes Andreas Schlüter bei der Vorstellung der Studie. In Deutschland steigen seit Jahren die Studienanfängerzahlen ganz gleich, ob ein Bundesland Studiengebühren erhebt oder nicht. Zum ersten Mal seit über 20 Jahren nimmt auch der Anteil von Studierenden mit einem schwierigen sozioökonomischen Hintergrund wieder zu, und zwar in Gebührenländern ebenso stark wie in Nichtgebührenländern.

“Die Studie widerlegt viele Argumente von Gebührenkritikern”, meint Schlüter und sieht sich in der Forderung nach Studiengebühren in moderater Höhe bestätigt. “Eine Abschaffung der Studiengebühren, wie sie in NRW geplant ist, bedeutet nicht, dass mehr Studierende aus allen sozialen Schichten an die Hochschulen kommen”, so Schlüter. “Sozial benachteiligte Studierende profitieren am meisten von einer Erhöhung des BAföGs. Für alle Studierenden ist eine gute Ausstattung ihrer Hochschulen wichtig. Studiengebühren leisten einen wichtigen Beitrag zu ihrer Finanzierung.”

Für den Vergleich der Bundesländer wurden acht Indikatoren berücksichtigt, mit denen sich Trends zwischen 2005 und 2009 erfassen lassen. Zu den Kennzahlen gehören die Entwicklung der Studierendenzahlen, Wanderungsbewegungen zwischen den Bundesländern, Übergangsquoten (Anteil der Studienanfänger an allen Studienberechtigten) oder der Anteil von Studenten mit niedriger oder mittlerer sozialer Herkunft oder ausländischen Wurzeln. Der Ländercheck Studienbeiträge und kompakte Sonderauswertungen für Nordrhein-Westfalen, die Nichtgebührenländer Ost und West, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hamburg und das Saarland ist online abrufbar.

Weitere Meldungen zum Thema:

- Freier Hochschulzugang oder Zugangsbeschränkungen? (Info + Kommentar)

- TU-Rektor fordert 10.000 Euro Studiengebühren jährlich (Info + Kommentar)

- Die Lebenssituation von Studenten erforscht

- 2000 von insgesamt 11.000 Südtiroler Studenten studieren in Südtirol

Dienstag, 31. August 2010, von Elmar Leimgruber

Freier Hochschulzugang oder Zugangsbeschränkungen? (Info + Kommentar)

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl will sowohl Uni-Zugangsbeschränkungen als auch Studiengebühren. Umfragen bestätigen ihren Weg.
Foto: bmwf.gv.at

Aufnahmetests, Knock-Out-Prüfungen und Studienorientierungs-Hilfen sind sinnvoll. Das Wirtschaftsmagazin “Gewinn” befragte 300 Leser und drei Viertel davon bejahten diese Frage, stehen also hinter den Uni-Rektoren und befürworten eine starke Auslese an den Universitäten. Laut derselben Umfrage befürworten 42 Prozent (17% sind dagegen) bei einem Master-Studium ein verpflichtendes Auslandssemester, wobei die Bejahung im Zuge eines Bachelor-Studiums nur bei 25 Prozent (17 Prozent sind dagegen) liegt.

Auf die Frage an die “Gewinn”-Leser, wie viel sie bereit wären, für sich oder ihr Kind für ein Auslandsemester an Studiengebühr (ohne zusätzliche Lebenskosten) freizugeben, gab es folgende Antworten: Rund 47 Prozent würden bis zu 1.000 Euro investieren, weitere 26 Prozent bis zu 3.000 Euro, 15 Prozent bis zu 5.000 Euro und weitere zwölf Prozent über 5.000 Euro.zu investieren.

Während die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) nach wie vor sowohl gegen Zugangsbeschränkungen auftritt, als auch gegen Studiengebühren ist, zeigt eine weitere kürzlich erschienene Umfrage des Magazins “profil” ein noch viel eindeutigeres Votum: Demnach sprechen sich 81% der Österreicher für Zugangsbeschränkungen an den heimischen Universitäten aus: 47% plädieren sowohl für Aufnahmeprüfungen als auch Studienbeiträge; 27% wollen lediglich Aufnahmetests; 7% sind nur für Studiengebühren. Nur 14% geben laut der im Auftrag von “profil” vom Meinungsforschungsinstitut Karmasin Motivforschung durchgeführten Umfrage hingegen an, für einen freien Hochschulzugang in allen Fächern einzutreten. 1% nannte andere Maßnahmen, 5% wollten sich nicht festlegen.

Es ist eindeutig ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bin ich für den freien Universtätszugang für alle, die studieren möchten, und zwar vor allem ohne finanzielle Hindernisse. Dabei stehe ich nach wie vor zu dem, was ich im April in einem Kommentar zum Thema Studiengebühren geschrieben habe: “Ich habe aber nicht grundsätzlich was gegen angemessene und gerechte Studiengebühren. Aber zum Einen müssen deren Einnahmen tatsächlich an die Unis fliessen und die Gebühren müssen für alle Studierwilligen auch leistbar sein.”

Andererseits: welchen Sinn sollte es haben, jeden beispielsweise Mathematik oder Medizin studieren zu lassen, wenn nicht jeder die zumindest intellektuellen Voraussetzungen hierfür mitbringt? Insofern würden Eignungstests für spezielle Studienrichtungen schon sinnvoll sein, nicht um Studierwilligen das Studium zu erschweren, sondern um im Gegenteil Orientierungshilfe über die persönliche Eignung für das konkrete Studium zu bieten. Der gleichzeitige Ausschluss eines zu hohen Anteils an Studierwilligen würde jedoch dazu führen, dass nur noch die intellektuelle Elite studieren darf: Und dies lehne ich entschieden ab. Daher darf auch das Anforderungsprofil (Aufnahmetest, -prüfungen…) für angehende Studenten nicht höhrer sein als das tatsächliche Niveau eines Maturanten, der dieses konkrete Studium beginnen möchte.

Demnach: Bei gewissen Studienrichtungen, wo man in den letzten Jahrzehnten den Eindruck gewinnen musste, dass diese nur besucht werden, um aus Orientierungslosigkeit oder Langweile “irgendwas” zu studieren, was aber weder mit Einsatz noch mit Begeisterung verbunden ist, scheint es jedenfalls sinnvoll, anhand eines Eignungstests herauszufinden, ob zumindest die Grundvoraussetzungen für die mögliche Absolvierung dieses Studiums gegeben sind. Dasselbe gilt natürlich auch für sehr begehrte Prestige-Studien wie Medizin. Aber diese Tests müssen in erster Linie der Orientierungshilfe für Studenten dienen und dürfen keinesfalls einer rein intellektuellen Elitenbildung Vorschub leisten, die den freien Universitätszugang zerstören würde. Zudem müsste im Rahmen der Orientierungshilfen und der Meinungsbildung auch mehr als bisher darauf hingearbeitet werden, dass von den Studienanfängern zunehmend jene Studienrichtungen gewählt werden, die am Ende des Studiums (nach aktueller Einschätzung) auch berufliche Beschäftigungen erwarten lassen, anstelle jene bekanntermassen einfachen Studien mit praktisch keinen künftigen Berufsaussichten.

Weitere Beiträge zum Thema Universität und Studenten:

- TU-Rektor fordert Studiengebühren von 10.000 Euro jährlich (Info + Kommentar)

- Universität Bozen bietet Master in Fruit Science

- Donau-Uni und ÖJC bieten Journalisten-Seminare

- 2000 von 11.000 Südtiroler Studenten studieren in Südtirol selbst

- Spiegel, StudiVZ und McKinsey erforschen Lebenssituation von Studenten


Dienstag, 13. April 2010, von Elmar Leimgruber

TU-Rektor Skalicky fordert Studiengebühren von 10.000 Euro jährlich (Info+Kommentar)

TU-Rektor Peter Skalicky
Foto: Österreichische Zentralbibliothek für Physik

Österreichs Unis brauchen “ein umfassendes Stipendiensystem”, “kapazitätsabhängige Beschränkungen” und “hohe Studiengebühren von mindestens 10.000 Euro pro Jahr” , um die Finanzierung der Hochschulen sicherzustellen. Dies fordert Peter Skalicky, der Rektor der Technischen Universität Wien (TU). In einem Interview mit dem “Industriemagazin” erklärt Sakalicky zudem, warum er nationale Forschungsstrategie für überflüssig hält. Die Industrie wäre, so Skalicky, “gut beraten, ihr Innovationsniveau zu heben.” Und man müsse sich jetzt “Gedanken darüber machen, wie man mit dem Ansturm an Deutschen fertig wird”.

Andere TUs, wie beispielsweise die TU Aachen und der TU München, ETH Zürich und das Imperial College in London verfügten über das vierfache Budget. Einerseits würden Techniker zwar notwendig gebraucht, andererseits: “Fakt ist, dass die technischen und naturwissenschaftlichen Hochschulen unterfinanziert sind. Wir haben also entweder zu viele Hochschulen oder zu wenig Geld. Und eines von beiden wird man ändern müssen”, betont der Rektor im Interview. Skalicky bietet sich derzeit aus finanziellen Gründen mit seiner Uni der Industrie als Dienstleister in der Grundlagenforschung an und fährt zudem ein drastisches Einsparungsprogramm (Reduzierung der Institute, Nichtnachbesetzung von Professoren-Posten…). Das vollständige Interview mit dem TU-Rektor ist beim “Industriemagazin” abrufbar.

Ich bin auch dafür, dass die Unis ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um sich Forschung und Lehre nach wissenschaftlichen Kriterien auch leisten zu können. Aber dessen Finanzierung ist weder Aufgabe der Industrie (Manipulation muss weitgehendst ausgeschlossen werden: wer finanziert, bestimmt meist nicht nur das Tätigkeitsfeld, sondern oft auch die Forschungsergebnisse), noch der Studenten oder ihrer Eltern, sondern ist eindeutig Aufgabe der Öffentlichen Hand: des Staates und der Länder, auch indirekt aller Bürger in ihrer “Rolle” als Steuerzahler: Gutausgebildete und gewissenhafte Absolventen und Fachkräfte arbeiten ja letztlich auch wieder für die Allgemeinheit.

Es ist jedenfalls ganz sicher der falsche Weg, Studenten und deren Eltern 10.000 Euro jährlich an Studiengebühren abknöpfen zu wollen. Unis haben sicherlich irgendwie was Elitäres an sich, keine Frage. In Deutschland können beispielsweise fast nur mehr jene studieren, deren Schulergebnisse entsprechend gut sind. Schon das ist der falsche Weg: Bildung, auch Hochschulbildung muss grundsätzlich für jeden offenstehen.

Ich habe aber nicht grundsätzlich was gegen angemessene und gerechte Studiengebühren. Aber zum Einen müssen deren Einnahmen tatsächlich an die Unis fliessen und die Gebühren müssen für alle Studierwilligen auch leistbar sein.

Wenn aber künftig nur mehr jene studieren dürfen, die aus steinreichen Elternhäusern kommen (wer sonst kann sich 10.000 Euro jährlich für Sohnemann oder Tochter schon allein für Studiengebühren leisten), -wie vom TU-Rektor offenbar gewünscht- dann läuft hundertprozentig was falsch. Aber als Sohn des ehemaligen Siemens-Direktors hat man ja immer schon alles einfacher gehabt…

Montag, 1. März 2010, von Elmar Leimgruber

Im Gedenken an Bruno Kreisky

Bruno Kreisky (1911-1990)
Foto: unhcr.de

Heute vor genau 40 Jahren (1. März 1970) gewann Bruno Kreisky mit seiner SPÖ -knapp an der absoluten Mehrheit vorbei- die Nationalratswahlen in Österreich. Er gründete unter Duldung der FPÖ als Nachfolger des konservativen Kanzlers Josef Klaus (ÖVP) eine neue linksliberale Minderheitsregierung:

“Bruno Kreisky machte mit seiner legendären Aussage, dass ihm ein paar Milliarden Schulden weniger schlaflose Nächte bereiten, als ein paar hunderttausend Arbeitslose, deutlich, dass das Wohl der Menschen immer im Mittelpunkt seiner Politik stand. Im Sinne Kreiskys hat es für die Sozialdemokratie noch immer oberste Priorität gegen Arbeitslosigkeit und den Abbau von Sozialleistungen zu kämpfen”, schreibt dazu die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas.

Er war aber bei weitem nicht nur ein “Held”, wie ihn jetzt die Sozialdemokraten (SPÖ) darzustellen versuchen:Immerhin fallen jahrzehntelange Schuldenpolitik auf die künftigen Generationen zurück, was inzwischen offensichtlich ist. Er versuchte auch gar gegen den Willen der Nationalbank, den Schilling abzuwerten. Und er war zudem ein Gegner von Simon Wiesenthal, aber ein Freund von Muammar al-Gaddafi, der damals schon international umstritten war und erst vor wenigen Tagen zum “Dschihad gegen die Schweiz, den Zionismus und die ausländische Aggression” aufgerufen hatte. Auch sei die Frage erlaubt, ob die Einführung der sogenannten “Fristenlösung” durch Kreisky als “Fortschritt” und nicht eher als humanistischer Rückschritt zu Lasten der Schwächsten, nämlich der (ungeborenen) Kinder aufzufassen ist.

Aber schon in den 70er-Jahren (er blieb bis 1983 im Amt) wurden von Kreisky auch wichtige positive Massnahmen getroffen: der Zivildienst als Alternative zum Militärdienst und die Einführung des Pflichturlaubs, von Schülerfreifahrten und gratis Schulbüchern für Pflichtschüler.Und auch die Studiengebühren für die Universitäten -wie immer man auch zu diesen stehen mag- wurden von Kreisky abgeschafft.

Und Kreisky hat bereits als österreichischer Aussenminister auch Grossartiges für Südtirol geleistet: Als Italien entgegen dem Pariser Vertrag (Gruber-Degasperi-Abkommen) und entgegen den Protesten des offiziellen Österreich die Zwangsitalienisierung Südtirols fortsetzte, brachte Bruno Kreisky -selbst Flüchtling und daher wohl auch persönlich betroffen- das “Südtirol-Problem” vor die Vereinten Nationen (UNO). Die UNO-Vollversammlung forderte dann 1960 und 1961 Österreich und Italien auf zu verhandeln und eine Lösung hinsichtlich der Durchführung des Pariser Vertrages zu finden, was letztlich zur Autonomie in Südtirol führte.

Heute hat Südtirol übrigens wieder ähnliche Probleme, aber das heutige offizielle Österreich ist vollkommen taub und ignorant gegenüber den berechtigten Anliegen Südtirols. Es bräuchte heute auch wieder österreichische Politiker vor allem in der Regierung, die nicht nur vorgeben, Südtirol-Freunde zu sein, sondern die voll und ganz zu Südtirol als eigenes Land in Europa stehen und die genauso mutig wie seinerzeit Kreisky -bei Bedarf- auch gegen die italienische Regierung öffentlich Stellung beziehen.

Und wenn die SPÖ Kreisky heute schon feiert, dann sollte sie sich vor allem diesbezüglichan ihm orientieren: Es ist äusserst wichtig, auf das Volk zu hören, aber auf keinem Fall Populismus leben. Tja hat die SPÖ wohl noch Einiges zu lernen…

…mal ganz abgesehen davon, dass Kreisky in seinen letzten Jahren mit der SPÖ selbst nicht mehr wirklich konnte…