Mit ‘Sprache’ getaggte Artikel

Dienstag, 15. März 2011, von Elmar Leimgruber

Deutsch ist, wer deutsch spricht

Wenn es um die Frage geht, was nationale Identität ausmacht, ist den Deutschen ihre Sprache am wichtigsten. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für das Magazin Reader’s Digest (März-Ausgabe). Demnach ist für 43 Prozent der Menschen die deutsche Sprache das entscheidende Identitäts-Kriterium, gefolgt von der gemeinsamen Geschichte (35 Prozent) und den ähnlichen Werten (14 Prozent). Nur drei Prozent der insgesamt 1002 Befragten gaben an, für sie sei die Religion besonders identitätsstiftend.

Ganz anders stellen sich die Verhältnisse in den beiden deutschsprachigen Nachbarländern dar. Eine Umfrage in Österreich ergab, dass hier nur etwa 16 Prozent der Bürger die Auffassung vertreten, dass die deutsche Sprache das entscheidende Kriterium für das Nationalbewusstsein ist. In der Schweiz, wo Reader’s Digest das Institut Isopublic mit einer repräsentativen Umfrage beauftragte, halten immerhin 22 Prozent die gemeinsame deutsche Sprache für besonders prägend.

Zurück zu Deutschland: Hier gibt es Unterschiede je nach Bildungsstand und Lebensmittelpunkt. Bei den formal gebildetsten Befragten gaben 28 Prozent an, ihnen seien die gemeinsamen Werte besonders wichtig. Hingegen waren nur acht Prozent der Personen mit Hauptschulabschluss dieser Meinung.

Auch bei der Frage, welchen Stellenwert die Geschichte einnimmt, gehen die Meinungen auseinander. 46 Prozent der Sachsen und Thüringer sowie 43 Prozent der Befragten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt nennen die gemeinsame Vergangenheit als wichtigste Grundlage der deutschen Identität. Im Unterschied dazu scheinen die Menschen in Baden-Württemberg mit 27 Prozent deutlich weniger geschichtsbewusst zu sein.

Freitag, 4. März 2011, von Elmar Leimgruber

Über Südtirols Nein zu den italienischen Einheitsfeiern

Die “Expansion” Italiens von 1815 bis 1870

Am 17. März feiert Italien 150 Jahre italienische Einheit. Die 1961 durch militärärische Siege von Giuseppe Garibaldi und durch die anschließende Einsetzung eines König erzwungene Einheit Italiens war jedoch von Anfang an auch innerhalb des damals neuen Italien umstritten. Dies änderte sich erst recht nicht mit Ende des ersten und zweiten Weltkriegs, als das italienische Staatsgebiet zusätzlich vergrößert wurde.

Und auch heute, 150 Jahre nach der “Einheitsgründung” Italiens, sehen auch viele Italiener der Einheit Italiens sehr skeptisch und daher keinen Grund zum Feiern. So will die mit Silvio Berlusconi im römischen Parlament sitzende Lega Nord schon längst einen eigenen Staat Padanien (Poebene).

Südtirol wurde erst nach dem ersten Weltkrieg Teil des italienischen Staatsgebietes, was für die Südtiroler Bevölkerung bis heute als Unrechts-Anschluss gesehen wird. Dies hängt mit mehreren Faktoren zusammen:

Einerseits war Südtirol bereits im 10. Jahrhundert Teil des Herzogtums Bayern (einer Art Vorgänger Österreichs) gehörte seit 1363 zu Tirol und war als Kronland auch Teil der Habsburgermonarchie, orientierte sich kulturell und geschichtlich vor allem am süddeutschen Kulturraum (Schloss Tirol liegt in Südtirol und der Südtiroler Andreas Hofer leitete auch den Tiroler Freiheitskrieg gegen Napoleon) und daher war selbst bei der Volkszählung 1910 zu 89 Prozent der Südtiroler Bevölkerung deutschsprachig.

Andererseits sorgte zudem das Verbot der deutschen Sprache und Kultur, die Zwangsitalienisierung und massenhafte Ansiedlung von Süditalienern während des italienischen Faschismus in Südtirol zu großem Unmut und Enttäuschung: Bei der letzten Volkszählung 2001 schienen 61 Prozent der Bevölkerung in Südtirol als deutschsprachig auf, 24,5 als italienisch und 4 Prozent als ladinisch.

Das Herzogtum Bayern im 10. Jahrhundert mit Südtirols Landeshauptstadt Bozen
Karte: CC tk

Südtirols Landeshauptmann hat kürzlich bekanntgegeben, dass die Südtiroler Landesregierung offiziell nicht an den 150-Jahr-Feierlichkeiten Italiens teilnehmen wird. Die folgende Reaktion von Staatspräsident Giorgio Napolitano, der sein Unverständnis darüber äusserte und meinte, auch die Südtiroler wären Italiener, provozierte eine weitere ausführliche Antwort von Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder: Er habe zwar vollstes Verständnis für all jene, die das Einheits-Jubiläum feiern wollten. “Das selbe Maß an Verständnis erhoffe und erwarte ich mir allerdings auch für all jene, die keinen Grund zum Feiern sehen”, so Südtirols Landeshauptmann.

Die unterschiedliche Herangehensweise an das Jubiläum sei vor einem historischen Hintergrund zu sehen, beginnend mit der Tatsache, dass Südtirol vor 150 Jahren noch nicht zu Italien gehört habe, sondern nach wie vor Teil Österreichs gewesen sei. Auch weist Durnwalder darauf hin, dass die Annexion Südtirols durch Italien im Jahr 1919 gegen den ausdrücklichen Willen der Bevölkerung erfolgt sei. “Ich glaube nicht, dass man von einem Teil der Südtiroler Bevölkerung – einem großen Teil zudem - erwarten kann, dass sie die Einheit Italiens feiert, wenn die Generation ihrer Eltern oder Großeltern jahrzehntelang gelitten hat, nur weil sie ihre Muttersprache sprechen, ihre Kultur verteidigen und ihre Traditionen leben wollte”, betonte Durnwalder.

Schloss Tirol, der ehemalige Sitz der Grafen von Tirol, in Dorf Tirol oberhalb von Meran in Südtirol

Wären die drei Volksgruppen im Land der selben Meinung, hätte er – Durnwalder – kein Problem, die gesamte Bevölkerung zu vertreten. “Aber während die Italiener im Land sicherlich das Recht und auch einen Grund zum Feiern haben, dürfte die Zurückhaltung der Deutschen und Ladiner doch verständlich sein”, so der Landeshauptmann, der betont, keine alten Wunden aufreißen zu wollen. “Geben wir stattdessen allen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie feiern wollen oder nicht, und zwar in vollem Respekt vor den verschiedenen historischen Hintergründen und Gefühlen”, erklärte Durnwalder.

“Ich habe die Verfassung immer respektiert, auch weil ich der Meinung bin, dass wir mit dem Staat eine moderne Autonomie entwickelt haben, die wir – so glaube ich – auch gut und im Sinne aller drei Volksgruppen in Südtirol verwalten”, so der Landeshauptmann, der darüber hinaus betont, sich auch immer für das friedliche Zusammenleben eingesetzt zu haben. “Dieses Zusammenleben hat heute ein Niveau erreicht, um das uns viele beneiden, weil wir auf den Dialog und auf das gegenseitige Verständnis gesetzt haben”, so Durnwalder.

Donnerstag, 9. September 2010, von Elmar Leimgruber

Minderheitenfestival mit Ladinern, Katalanen und Bretonen

Allianz für die Minderheiten: Aureli Argemi, Lauret Viérin, LR Florian Mussner und Pierre Le Berre
FOTO: LPA/Deorsola

Volks-Minderheiten sehen “im globalen Föderalismus -beruhend auf einem Initialpakt unter Ähnlichen- das beste Instrument für die Schaffung von echten föderalistischen Staaten, die Garanten für die Freiheit ihrer Mitglieder darstellen”. Dies geht aus einer gemeinsamen Erklärung der Teilnehmer am “Festival Des Peuples Minoritaires” im Aostatal hervor, an dem die Bretonen, die Katalanen und die Ladiner im Mittelpunkt standen. Zudem sind alle Minderheiten dazu eingeladen, “ihre Sprache und Kultur ausdrücken zu wollen” und sich mit ihren Brüdern europaweit und weltweit zu vereinen. Zudem ergeht der Appell an die Staaten, allen Minderheiten die gleichen Möglichkeiten und Instrumente für den Erhalt ihrer Besonderheiten zuzusichern.

“Wir wollen eine Allianz der Minderheiten erreichen, um Synergien zu nutzen sowie die Kontakte und die Zusammenarbeit auszubauen”, betont der Südtiroler Ladinerlandesrat Florian Mussner, der die Dolomitenladiner beim Festival vertrat. Mussner hat gemeinsam mit dem Kulturassessor von Aosta Laurent Viérin sowie mit Aureli Argemi, dem Präsidenten des Minderheitenzentrums CIEMEM in Katalonien und Pierre Le Berre, dem Vizepräsidenten der Organisation “Quimper Comunita” aus der Bretagne eine Deklaration für eine Allianz der Minderheiten unterzeichnet.

“Europa wird unsere Zukunft sein, deshalb gilt es sich innerhalb dieses Rahmens zu positionieren und zwischen den vielen Minderheiten ein Netzwerk zu schaffen, um die verschiedenen Identitäten, Sprachen und Kulturen zu schützen und gleichzeitig ein Klima der Toleranz und des Respekts zu schaffen”, unterstrich Landesrat Mussner. “Minderheitenkultur muss gelebt und den neuen Gegebenheiten angepasst werden und nicht im Museum eingeschlossen werden”, sagte Assessor Viérin.

Die gemeinsame Deklaration der Minderheitenvertreter bildete den Abschluss des dreitägigen Minderheitenfestivals mit Einblicken in die Kulturen sowie in Probleme der teilnehmenden Minderheiten. Zu den wichtigsten Passagen des Dokuments gehören die Anerkennung sprachlicher und kultureller Unterschiede als universelles Erbe und die Pflicht aller Staaten, Minderheiten zu akzeptieren. Die Vertreter der Valdostaner, Ladiner, Bretonen, Katalanen, Walser, Provenzalen und Okzitanen hoben auch die wichtige Rolle der Schule als Ort der Verbreitung von Minderheitensprachen und Ort der Erziehung zur Toleranz hervor. “Bildung wird die Säule des Friedens in Europa sein, deshalb lohnt es sich, in Bildung zu investieren”, unterstrich Landesrat Mussner. Zugleich seien Schule und Bildung auch für Minderheiten wichtig, um die eigene Kultur und Sprache zu erhalten und zu leben, so Mussner.

Die Deklaration ist hier (im italienischen original) abrufbar.

Montag, 26. April 2010, von Elmar Leimgruber

Italienischer Ministerrat verabschiedet neue Zweisprachigkeits-Regelung für Südtirol

Das historische und aktuelle Südtiroler Landeswappen aus dem Jahr 1370 (Ursprünge 1190), wie es auf Schloss Tirol in Dorf Tirol in Südtirol abgebildet ist

Der italienische Ministerrat in Rom hat am Freitag nach Anhören von Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder die Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut genehmigt, mit der der Nachweis der Zweisprachigkeit in Südtirol neu geregelt wird. Demnach wird es künftig Alternativen zum bisher einzig gültigen Nachweis in Form des Zweisprachigkeitsprüfungs-Diploms geben. Im historisch deutschsprachigen Land (mit ladinischen Minderheiten in Gröden und im Gadertal und einzelnen Italienern vor allem ganz im Süden) leben seit dessen Abtrennung von Österreich 1918 und der folgenden Zwangitalienisierung durch die italienischen Faschisten auch viele Italiener in Südtirol, vor allem in den Ballungsräumen. Seit 1992 gilt das sogenannte Autonomiestatut in Südtirol, das die Zweisprachigkeit (deutsch und italienisch) in Südtirol und auch die Vergabe von öffentlichen Stellen nach Sprachgruppenzugehörigkeit regelt.

Wie das Südtiroler Landespresseamt mitteilt, werden künftig die international anerkannten Sprachnachweise der Zweisprachigkeitsprüfung gleichgestellt. Es handelt sich hier etwa um die Diplome, die auf deutscher Seite das Goethe-Institut oder dessen italienisches Pendant, das Dante-Alighieri-Institut, verleihen. “Es gibt ein Verzeichnis der Institutionen, deren Diplome künftig anerkannt werden”, so Durnwalder. Sollte man mit einem solchen Diplom nur die Sprachkenntnisse in Deutsch oder Italienisch nachweisen können (und nicht in beiden Sprachen), muss man die Zweisprachigkeitsprüfung nur noch in der jeweils anderen Sprache ablegen.

Ebenfalls als Zweisprachigkeitsnachweis, und zwar als jener der Stufe “A”, gilt künftig, wenn jemand die Matura in einer Unterrichtssprache ablegt und danach ein Studium in der jeweils anderen Sprache abschließt. Selbiges gilt für jene, die ein Unistudium in der einen und danach ein darauf aufbauendes Studium, etwa einen Masterlehrgang, in der jeweils anderen Sprache abschließen. “Damit lösen wir das Problem des Sprachnachweises praxisnah, können wir doch davon ausgehen, dass jemand, der es schafft, die Matura in der einen und das Studium in der anderen Sprache zu absolvieren, die beiden Sprachen auch beherrscht”, so der Landeshauptmann, der sich erfreut darüber zeigt, dass mit der neuen Regelung auch die Forderung vom Tisch sei, allein die Matura als Zweisprachigkeitsnachweis anzuerkennen.

Durnwalder macht allerdings darauf aufmerksam, dass nicht der Ort des Studiums zähle, sondern die Sprache, die bei Vorlesungen und Prüfungen verwendet werde. “Studiert jemand in Italien, Vorlesungen und Prüfungen werden aber in Englisch abgehalten, gilt dieses Studium nicht als Sprachnachweis”, so der Landeshauptmann.

Bislang galt das Diplom der vom Land selbst organisierten Zweisprachigkeitsprüfungen in Südtirol als einziger offizieller Nachweis, der EU-Gerichtshof hatte allerdings Alternativen dazu eingefordert. Diese sind heute mit dem vom Ministerrat genehmigten, aus einem einzigen Artikel bestehenden Gesetzesvertretenden Dekret geschaffen worden. Mit dem Dekret werden fünf neue Absätze in die bestehende Regelung zum Nachweis der Zweisprachigkeit eingefügt, drei dieser Absätze stehen für jeweils eine neue Alternative zum bisherigen Nachweis. Bereits im Jahr 2000 hatte der Europäische Gerichtshof die bisherige Regelung des Nachweises der Zweisprachigkeit in Südtirol für unzulässig erklärt.

Weitere Meldungen über Südtirol (Auswahl):

- Merkel überraschend in Südtirol

- Südtirol jagt den inneren Schweinehund

- Südtiroler sind optimistische Konsumenten

- Hans Karl Peterlini die Südtiroler Helden-Psyche

- Das Märchen von der Überetscher Bahn

- Südtirol: Welschnofen ist am teuersten, Pfalzen am billigsten

- Tiroler Gedenkjahr offiziell beendet

- Dem Vater der Südtirolautonomie, Silvius Magnago, zum Geburtstag

- Österreich verweigert die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler

- Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler

- Italienischer Botschafter in Wien zu Südtiroler Ortsnamenfrage

- Südtirol: Wo bleibt die Schutzmacht Österreich?

Mittwoch, 7. Mai 2008, von Elmar Leimgruber

Stoppt Straches Nationalismus!

Man mag das Wirken von FPÖ-Chef H.C. Strache ja durchaus gut finden und vielleicht sogar für notwendig halten.
Aber was sich Strache bei seinem “Staatsbesuch” in Serbien geleistet hat, kann meines Erachtens nicht mehr toleriert werden:
Während ganz Europa versucht zusammenzuwachsen und einen gemeinsamen europäischen Weg zu gehen, fährt der FPÖ-Chef zu den serbischen Nationalisten, bestärkt sie in ihrem nationalistischen Denken, ermutigt sie zu einem antieuropäischen Weg und ruft ihnen auch noch auf serbisch zu: “Kosovo ist Serbien”.
Das kann man nicht mehr Populismus nennen, wenn Strache auch offenbar damit im Teich der Wiener Serben Wählerstimmen fischen will. Das was Strache in Serbien tat, ist eine Volksverhetzung solches Ausmaßes, die ich bisher noch nie erlebt habe. Es kann nicht sein, dass ein österreichischer Parlamentarier in ein fremdes Land fährt und sich mit nationalistischen Kräften solidarisiert und dessen aufgebrachte Bevölkerung noch weiter aufhetzt gegen Europa und damit auch gegen Österreich.
Es ist tragisch, dass keiner der namhaften Politiker hier dagegen Stellung bezieht. Wer hier schweigt, riskiert einen weiteren Balkankrieg.
Ich teile das Anliegen Serbiens, dass dessen Minderheitsbevölkerung im Kosovo geschützt wird und dass international gewährleistet und garantiert wird, dass die serbische Bevölkerung im Kosovo dieselben Rechte haben muss wie die Kosovo-Albaner.
Aber Nationalismus, von wem auch immer, von Österreichern oder Deutschen, von Serben, Franzosen, Italienern und Chinesen ist abzulehnen und zu verurteilen.
Wir leben in einem friedlichen geeinten Europa, das uns vor große Verantwortung stellt. Nehmen wir diese Verantwortung an und meistern wir sie: mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Patriotismus für die Interessen des eigenen Landes, seine Sprache, Kultur und Geschichte im eigenen Land und der EU gegenüber. Aber wir sind nicht nur Deutschland, Österreich, Südtirol, sondern wir sind auch Europa. Und das ist sehr gut so.