Mit ‘Verständnis’ getaggte Artikel

Freitag, 4. März 2011, von Elmar Leimgruber

Über Südtirols Nein zu den italienischen Einheitsfeiern

Die “Expansion” Italiens von 1815 bis 1870

Am 17. März feiert Italien 150 Jahre italienische Einheit. Die 1961 durch militärärische Siege von Giuseppe Garibaldi und durch die anschließende Einsetzung eines König erzwungene Einheit Italiens war jedoch von Anfang an auch innerhalb des damals neuen Italien umstritten. Dies änderte sich erst recht nicht mit Ende des ersten und zweiten Weltkriegs, als das italienische Staatsgebiet zusätzlich vergrößert wurde.

Und auch heute, 150 Jahre nach der “Einheitsgründung” Italiens, sehen auch viele Italiener der Einheit Italiens sehr skeptisch und daher keinen Grund zum Feiern. So will die mit Silvio Berlusconi im römischen Parlament sitzende Lega Nord schon längst einen eigenen Staat Padanien (Poebene).

Südtirol wurde erst nach dem ersten Weltkrieg Teil des italienischen Staatsgebietes, was für die Südtiroler Bevölkerung bis heute als Unrechts-Anschluss gesehen wird. Dies hängt mit mehreren Faktoren zusammen:

Einerseits war Südtirol bereits im 10. Jahrhundert Teil des Herzogtums Bayern (einer Art Vorgänger Österreichs) gehörte seit 1363 zu Tirol und war als Kronland auch Teil der Habsburgermonarchie, orientierte sich kulturell und geschichtlich vor allem am süddeutschen Kulturraum (Schloss Tirol liegt in Südtirol und der Südtiroler Andreas Hofer leitete auch den Tiroler Freiheitskrieg gegen Napoleon) und daher war selbst bei der Volkszählung 1910 zu 89 Prozent der Südtiroler Bevölkerung deutschsprachig.

Andererseits sorgte zudem das Verbot der deutschen Sprache und Kultur, die Zwangsitalienisierung und massenhafte Ansiedlung von Süditalienern während des italienischen Faschismus in Südtirol zu großem Unmut und Enttäuschung: Bei der letzten Volkszählung 2001 schienen 61 Prozent der Bevölkerung in Südtirol als deutschsprachig auf, 24,5 als italienisch und 4 Prozent als ladinisch.

Das Herzogtum Bayern im 10. Jahrhundert mit Südtirols Landeshauptstadt Bozen
Karte: CC tk

Südtirols Landeshauptmann hat kürzlich bekanntgegeben, dass die Südtiroler Landesregierung offiziell nicht an den 150-Jahr-Feierlichkeiten Italiens teilnehmen wird. Die folgende Reaktion von Staatspräsident Giorgio Napolitano, der sein Unverständnis darüber äusserte und meinte, auch die Südtiroler wären Italiener, provozierte eine weitere ausführliche Antwort von Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder: Er habe zwar vollstes Verständnis für all jene, die das Einheits-Jubiläum feiern wollten. “Das selbe Maß an Verständnis erhoffe und erwarte ich mir allerdings auch für all jene, die keinen Grund zum Feiern sehen”, so Südtirols Landeshauptmann.

Die unterschiedliche Herangehensweise an das Jubiläum sei vor einem historischen Hintergrund zu sehen, beginnend mit der Tatsache, dass Südtirol vor 150 Jahren noch nicht zu Italien gehört habe, sondern nach wie vor Teil Österreichs gewesen sei. Auch weist Durnwalder darauf hin, dass die Annexion Südtirols durch Italien im Jahr 1919 gegen den ausdrücklichen Willen der Bevölkerung erfolgt sei. “Ich glaube nicht, dass man von einem Teil der Südtiroler Bevölkerung – einem großen Teil zudem - erwarten kann, dass sie die Einheit Italiens feiert, wenn die Generation ihrer Eltern oder Großeltern jahrzehntelang gelitten hat, nur weil sie ihre Muttersprache sprechen, ihre Kultur verteidigen und ihre Traditionen leben wollte”, betonte Durnwalder.

Schloss Tirol, der ehemalige Sitz der Grafen von Tirol, in Dorf Tirol oberhalb von Meran in Südtirol

Wären die drei Volksgruppen im Land der selben Meinung, hätte er – Durnwalder – kein Problem, die gesamte Bevölkerung zu vertreten. “Aber während die Italiener im Land sicherlich das Recht und auch einen Grund zum Feiern haben, dürfte die Zurückhaltung der Deutschen und Ladiner doch verständlich sein”, so der Landeshauptmann, der betont, keine alten Wunden aufreißen zu wollen. “Geben wir stattdessen allen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie feiern wollen oder nicht, und zwar in vollem Respekt vor den verschiedenen historischen Hintergründen und Gefühlen”, erklärte Durnwalder.

“Ich habe die Verfassung immer respektiert, auch weil ich der Meinung bin, dass wir mit dem Staat eine moderne Autonomie entwickelt haben, die wir – so glaube ich – auch gut und im Sinne aller drei Volksgruppen in Südtirol verwalten”, so der Landeshauptmann, der darüber hinaus betont, sich auch immer für das friedliche Zusammenleben eingesetzt zu haben. “Dieses Zusammenleben hat heute ein Niveau erreicht, um das uns viele beneiden, weil wir auf den Dialog und auf das gegenseitige Verständnis gesetzt haben”, so Durnwalder.

Sonntag, 14. November 2010, von Elmar Leimgruber

Prälat Ungar Journalistenpreis 2010 vergeben

Am 10. November wurde von der Caritas Wien der diesjährige Prälat Leopold Ungar Journalistenpreis vergeben. Die beiden ORF-Report Journalisten Ernst Johann Schwarz und Münire Inam wurden in der Kategorie TV ausgezeichnet. Der Falter-Journalist Stefan Apfl ist der Print-Preisträger, in der Kategorie Hörfunk hat Isabelle Engels (Ö1) überzeugt. Heuer vergibt die Jury erstmals in der Kategorie Online einen Gesamtpreis an das Projekt “dastandard.at”.

“Mit dem Preis zeichnen wir herausragende Leistungen von Journalistinnen und Journalisten aus, die den Mut haben, sich auf soziale Themen einzulassen, Bruchstellen in der Gesellschaft aufzuzeigen und den Weg einer engagierten, anwaltschaftlichen und unbequemen Berichterstattung einschlagen – speziell auch wenn es um Unrecht geht. Diese Journalistinnen und Journalisten leisten mit ihrer Arbeit einen wesentlich Beitrag zu einer offenen und ehrlichen Auseinandersetzung mit sozialen Themen”, so Caritasdirektor Michael Landau.

Die Auszeichnungen im Detail:

Ernst Johann Schwarz und Münire Inam führen in ihrem prämierten Report-Beitrag “Österreich ohne Ausländer” mit den dramaturgischen Mitteln des Fernsehens “Ausländer raus”-Rufe und “Migranten-Stopp”-Ansagen der Wahlkampf-Populisten ad absurdum. “Hervorzuheben ist der kreative Kunstgriff eines “Was wäre wenn”-Spiels, in dem Pfarrer, Kabarettisten und VerantwortungsträgerInnen vom Krankenhaus über die Bauwirtschaft bis zum Fußball “mitspielen” und authentische Aussagen über ein Österreich ohne AusländerInnen machen. Dadurch wird die Fiktion vorübergehend zur Realität und die Misere, in die Österreich geraten würde, noch glaubwürdiger vor Augen geführt”, so die Jurybegründung.

Der Falter-Journalist Stefan Apfl überzeugte in der Kategorie Print mit zwei Reportagen – “In einem Land vor unserer Zeit” über die Alltagswirklichkeit im Kosovo und “Leopoldine und Emir” über die Mühen der Integration am Beispiel des Islamischen Zentrums in Wien-Floridsdorf. Er kultiviert das Genre der Reportage, die das öffentliche Interesse an aktuellen Konflikten nützt, um den Blick zu weiten, Hintergründe auszuleuchten und den widerstreitenden Argumenten auch konkrete Gesichter und Biografien zu geben. Apfl arbeitet damit leidenschaftlich gegen die Kurzatmigkeit der schnellen Nachricht und Meinungsbildung, so die Jurybegründung, und gibt dem Zeitungsjournalismus seinen unersetzlichen Wert zurück: Aufklärung im besten Sinn – engagiert, aber ohne jeden Anhauch von Polemik und Einseitigkeit, heißt es in der Begründung.  Er versteht seine Arbeit abseits von schwülstigem Betroffenheitsjournalismus und enthüllt so durch die nüchterne Schilderung von Fakten menschenrechtliche Skandale.

Isabelle  Engels ist in ihrem Feature “Die Kinder vom Schwedenstift” in der Ö1-Serie “Hörbilder” scheinbar Unmögliches gelungen: Ein Radio-Porträt über Menschen, die sich akustisch nur durch Schreien und andere Laute ausdrücken können. “Die Kinder vom Schwedenstift” nimmt sich mit hoher gestalterischer Professionalität eines selten behandelten Themas an und lassen ein tief berührendes Bild komplexer menschlicher Beziehungen in extremen Umständen entstehen, urteilte die Jury. Das “Schwedenstift” ist Pflegeheim für schwerstbehinderte Kinder und junge Erwachsene in Niederösterreich. Mit großer Sensibilität und ohne falsches Pathos erzählt das Hörbild über verschiedene Beziehungen – zu Eltern und Geschwister, Betreuerinnen und Betreuer oder “Eltern auf Zeit” im Rahmen einer Partnerschaft. Engels zeigt, welch große Fähigkeit die Kinder haben, Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufzubauen, obwohl das auf den ersten Blick angesichts des Grades ihrer Behinderungen schwer möglich erscheint.

In der Kategorie Online, die heuer zum ersten Mal prämiert wurde, ging die Auszeichnung an die Redaktion von dastandard.at. Online bietet dastandard.at ein bemerkenswert qualitätvolles Angebot, das sich dem Thema “Migration in Österreich” in allen Facetten des täglichen Lebens widmet – und das zudem die journalistische Kompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund bündelt und fördert. Die eingereichten Beiträge beleuchten eine Welt, die für die überwiegende Mehrheit der Österreicher zugleich ganz nah und doch ferne ist. Dabei nehmen es junge JournalistInnen nicht länger hin, dass andere über sie schreiben, sondern berichten selbst und das in einer modernen Form. Sie haben sich in kürzester Zeit als ein Sprachrohr jener etabliert, die in diesem Land diskreditiert und diskriminiert werden, so die Jurygründung.

Anerkennungspreise für hervorragende journalistische Leistungen wurden in der Kategorie Hörfunk an Georgia Schulze (Ö1), Elisabeth Putz gemeinsam mit Iris Nindl (Ö1) und in der Kategorie Print an Edith Meinhart (Profil) vergeben. In der Kategorie TV wurden Zoran Dobric (ORF Thema), Markus Mörth (ORF Kreuz & Quer) und Danielle Proskar (ORF Kreuz & Quer) ausgezeichnet.

Für den renommierten Medienpreis haben heuer laut Caritas insgesamt 90 Journalistinnen und Journalisten ihre Beiträge eingereicht, davon 34 in der Kategorie TV, 24 in der Kategorie Print, 25 in der Sparte Hörfunk und sieben in der Kategorie Online. Der Preis, der im Sinne des Lebenswerkes von Prälat Leopold Ungar bereits zum siebten Mal von der Caritas der Erzdiözese Wien vergeben und von der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien gesponsert wird, ist heuer erstmals mit 20.000 Euro dotiert.

Freitag, 2. Juli 2010, von Elmar Leimgruber

Sozial-Journalistenpreis ausgeschrieben

Die Wiener Caritas schreibt den siebten Prälat Leopold Ungar Journalistenpreis aus. Ausgezeichnet werden “herausragende journalistische Arbeiten, die sich mit Themen wie Armut, Wohnungslosigkeit, Flucht, Migration, Krankheit oder Diskriminierung auseinandersetzen und Toleranz sowie Verständnis im Umgang mit Menschen an den Rändern der Gesellschaft fördern”.

Namensgeber der Auszeichnung ist der langjährige Präsident der Caritas, Prälat Leopold Ungar, “der nie den einfachen Weg gegangen ist und der bekannt dafür war anzuecken”, erklärt Caritasdirektor Michael Landau. “Und das gehört auch zur Arbeit guter Journalistinnen und Journalisten, dass sie den Mut haben, anzuecken, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen und im besten Sinn des Wortes anwaltschaftlich zu sein.”

Journalistische Arbeiten aus den Bereichen Print, TV, Hörfunk und Onlinemedien, die zwischen 1. September 2009 und 31. August 2010 in
Österreich veröffentlicht wurden, können eingereicht werden. Die Einreichfrist endet am 1. September 2010 (Datum des Poststempels).
Pro Bewerber können maximal drei Beiträge eingereicht werden, die Bewerbungen sind in fünffacher Ausfertigung der Text-, Ton, oder Filmbeiträge einzureichen, bei Online-Beiträgen reicht eine Link-Angabe auf dem Einreichformular. Ausschreibung und Einreichformular sind unter
www.caritas-wien.at/ueber-uns/praelat-ungar-preis zum Download abrufbar.Erstmals wird heuer neben den etablierten Kategorien Print, TV und Radio ein Preis für Onlinejournalisten vergeben.

Die Preisträger werden am 10. November 2010 im KunstSozialRaum brunnen.passage der Caritas in Wien-Ottakring ausgezeichnet. Der bisher mit 15.000 Euro dotierte Medienpreis wurde von der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien auf 20.000 Euro aufgestockt.