Mit ‘Kritik’ getaggte Artikel

Dienstag, 4. Oktober 2011, von Elmar Leimgruber

Unterhaltsames, aber nichts Himmlisches im Wiener Ronacher

Nur wenige Musicals habe ich in Wien mit mehr Spannung und Neugier erwartet als Sister Act und am 3. Oktober 2011 war es soweit. Im Gegensatz zu manchen anderen Besuchern habe ich mir aber gar nicht die Musik von Marc Shaiman aus dem gleichnamigen Film erwartet und war daher auch nicht überrascht, sie nicht zu hören. Die Musik des Musicals vom Disney Haus- & Hofkomponisten Alan Menken erinnert jedoch an manchen Passagen ganz klar an den damaligen Original Score, jedoch finde ich, dass er schon schönere Musik komponiert hat (“Arielle”, “Glöckner”, Schöne und das Biest”, “Hercules”…). Auch die Story wurde an manchen Stellen etwas abgeändert (beispielsweise findet die Verfolgungsjagd nun nicht mehr in einem Casino statt, sondern direkt im Kloster). Da aber nicht nur das Musical denselben Titel wie der Film trägt und der Grundstrang der Story im Grunde derselbe ist und zudem auch noch die damalige Film-Hauptdarstellerin, nämlich Whoopi Goldberg , auch Co-Produzentin des Musicals ist, sind Vergleiche angebracht:

Und da fällt Eines schon ganz deutlich auf: Das filmische Haupt-Thema: Oberflächliche Disco-Queen landet durch Verfolgung im Kloster und findet dort ihre Läuterung und einen neuen Sinn im Leben, kommt im Musical nur sehr am Rande vor, im ersten Teil überhaupt nicht, was ich sehr bedauerlich finde, was jedoch an Glenn Slater (Liedtexte) sowie an Cheri & Bill Steinkellner (Buch) liegen dürfte. Außer der Mutter Oberin werden alle Klosterschwestern so dargestellt, wie wenn sie ihr Ordens-Leben nicht wirklich lieben würden. Und auch Monsignore O’Hara wirkt im Musical eher lächerlich und oberflächlich und ausschließlich an Geld und eigenem Prestige interessiert, jedenfalls nicht wie ein Mann Gottes. So verliert eine (durch im Film sinnvolle und tiefgehende und auch noch höchst erfolgreiche) Story im Musical leider an Gehalt und Tiefgang und verkommt zu einer zugegebenermaßen lustigen Unterhaltungs-Show von Tänzerinnen in kitschig glitzernden Nonnenkostümen. Aber mit dem Film “Sister Act” hat das Musical leider nur den oberflächlichen Erzählstrang gemeinsam.

Nichts desto Trotz: die Darstellerinnen und Darsteller der Wiener Produktion sind ausgezeichnet gecastet: allen voran Ana Milva Gomes als Deloris van Cartier und Suzanne Carey als Mutter Oberin: Gomes ist ein außergewöhnliches Talent im Singen, im Tanzen und im Schauspiel und sie ist die Idealbesetzung für diese Rolle und dasselbe trifft auch auf Carey zu: Die Frau hat eine unglaublich schöne Stimme und sie ist nicht die Mutter Oberin: sie ist sie: Dieser hat Alan Menken übrigens die meines Erachtens schönsten Melodien geschrieben, die teilweise sehr an seinen “Glöckner von Notre Dame” und “Die Schöne und das Biest” erinnern, aber einfach traumhaft sind.

Michael Schönborn, der Bruder des Wiener Erzbischofs Kardinal Christoph Schönborn, ist zwar sicher ein ausgezeichneter Schauspieler und beweist hier vor allem auch komödiantisches Talent als Monsignore O’Hara, doch aber bei aller Sympathie: ich würde diese Rolle nicht spielen wollen. Besonders positiv erwähnenswert seien noch Barbara Obermeier als faszinierend schön singende Novizin Sr. Mary Robert, komödiantisch hervorragend Sonja Atlas als Sr. Mary Patrick, Thada Suanduanchai als tollpatschiger Polizei Eddie (ein großartiges schauspielerisches Talent mit Vorzügen auch im gesanglichen Bereich) die drei “Unterweltganoven” Bernhard Viktorin, Peter Kratochvil und Arcangelo Vigneri und vor allem Kathy Tanner als Sr. Mary Lazarus, die für mich nach diesem Abend bereits eine Schauspiel-Legende ist. Das Orchster der Vereinigten Bühnen Wien unter der Leitung von Michael Römer musizieren -wie meistens- großartig, die Regiearbeit von Carline Brouwer ist gut durchdacht (wenn es mir teilweise auch zusehr glitzert) und das Bühnenbild von Klara Ziglerova passt ebenfalls.

Zusammengefasst: Wer sich also bei “Sister Act” ein religiöses oder gar tiefgehendes Musical erwartet, dürfte ziemlich sicher enttäuscht werden: Den Autoren sei an dieser Stelle empfohlen, ihre Texte (vor allem “Nonnen haben’s gut”) zu überarbeiten. Wer hingegen einfach nur einen lustigen Musicalabend, fernab von religiösen oder tiefgehenden Gedanken verbringen, will, wird damit in “Sister Act” bestens bedient. Und dasselbe trifft auch für jene Freunde von Musicals zu, die schöne Stimmen und fabelhafte Interpretationen auch im schaupielerischen Bereich zu schätzen wissen.

Und hier sind Eindrücke in Bilder vom Musical “Sister Act”, unter anderem von der Premiere am 15. September im Wiener Ronacher.
Fotos, auf denen nicht kulturia.com als Urheber aufscheint,  sind ©  Vereinigte Bühnen Wien (VBW)/ Ralf Brinkhoff/Birgit Mögenburg:

Montag, 19. September 2011, von Elmar Leimgruber

Dolly ist wieder da: Hello:-)

Das Musical-Traumpaar Sigrid Hauser und Robert Meyer
Foto: Dimo Dimov/Volksoper

Musical kann zeitlos sein, wenn es gut geschrieben wurde, passend inszeniert ist und zumindest die Hauptdarsteller ideal besetzt sind. Dies beweist die Wiederaufnahme von Jerry Hermans musikalischer Komödie “Hello Dolly” am 17. September 2011 an der Wiener Volksoper:

Die Regiearbeit von Josef Ernst Köpplinger ist teilweise so übertrieben kitschig, dass sie einfach zu hundert Prozent zum Stück passt. Sigrid Hauser gibt eine Mrs Dolly Levi, wie sie idealer nicht besetzt könnte: Hauser ist Levi: sie glänzt sowohl schauspielerisch als auch gesanglich als auch optisch. Und Hausherr Volksoperndirektor Robert Meyer (vgl. weitere Kritiken hier auf kulturia.com), welcher vor allem mit seiner Mimik und seinem vorbildlichen komödiantischen Talent dem geizigen Sonderling Horace Vandergelder ein unverwechselbares Profil verpasst, mag zwar nicht mit der schönsten aller Gesangsstimmen ausgezeichnet sein, singt aber weitaus treffsicherer und präziser als viele seiner Kolleginnen und Kollegen im Opern- und Operettenbereich.

Das “Hello Dolly” Ensemble der Wiener Volksoper beim Schlussapplaus

Obwohl die weitere Besetzung (allen voran Katja Reichert als Irene Molloy, Jeffrey Treganza als Cornelius Hackl, Sulie Girardi als Ernestina Money und Gerhard Ernst als Richter) ebenfalls lobende Erwähung verdienen, lebt die gesamte Produktion vor allem von den erwähnten beiden charaktervollen Hauptdarstellern Hauser und Meyer. Großes musikalisches Lob aber verdienen an dieser Stelle auch das Wiener Staatsballett unter der Choreographie von Ricarda Regina Ludigkeit und das Orchester der Wiener Volksoper unter der Leitung von John Owen Edwards.

Wer großes Musical liebt, kommt in der Wiener Volksoper also wieder mal voll auf seine Kosten und verlässt das Theater mit Begeisterung in der Brust. “Hello Dolly” gelangt noch bis 4. Dezember 2010 in der Wiener Volksoper zur Aufführung.

Montag, 12. September 2011, von Elmar Leimgruber

Phädra an der Burg ist ein Hit

Oenone (Therese Affolter) und Phädra (Sunnyi Melles)
Foto: burgtheater.at/Tania Dorendorf

Der Inhalt ist bitter, geht es doch um die ganz große -natürlich unerfüllte- Liebe: “Phädra” von Jean Racine (17. Jh.), der den antiken griechischen Stoff in ein aussergewöhnliches Theaterstück verwandelte. Ebendieses wird derzeit am Wiener Burgtheater aufgeführt. Und wer jetzt das tragische Ende des Stücks nicht erfahren will, möge in dieser Besprechung zwei Absätze nach “unten” springen:

Theseus (Paulus Manker) und Phädra (Sunnyi Melles)
Foto: burgtheater.at/Tania Dorendorf

Da ist zunächst Hippolit, der Sohn der Amazonenkönigin Antiope und von Theseus, des Königs von Athen, welcher verbotenermaßen die Kriegsgefangene Arikia liebt. Von ihm jedoch in unstillbarem Verlangen angezogen wird  -was weitaus problematischer ist- Phädra, seine Stiefmutter, die Gemahlin des Theseus. Und als die Nachricht Athen erreicht, gesteht Phädra Hippolit ihre Liebe und trachtet vergeblich danach, ihn zu verführen.

Doch Theseus ist nicht tot, sondern kehrt wohlbehalten zurück nach Athen. Um ihre Herrin zu schützen, berichtetet ihre Vertraute Oenone dem König, dass Hippolith sich an Phädra vergangen hat, worauf hin dieser des Landes verweist und ihn verflucht. Als Hippolith im heldenhaften Kampf mit einem Ungeheuer stirbt, verstößt Phädra Oenone, die sich daraufhin das Leben nimmt. Von Schuldgefühlen geplagt nimmt Phädra Gift, bekennt anschließend ihrem Gemahl die ganze Wahrheit und stirbt ebenfalls.

Arikia (Sylvie Rohrer) und Hippolit (Philipp Hauß)
Foto: burgtheater.at/Tania Dorendorf

Ich mache es kurz und schmerzlos: Mit Ausnahme des “Trojanischen Boots” von und mit Mnozil Brass hatte ich noch nie so ein “Vergnügen”, in der Burg zu sein, wie am 10. September: Ok, der Inhalt ist bereits durch den Autor perfekt aufbereitet, aber dennoch: Ich habe noch selten eine zeitgenössische Regiearbeit (Matthias Hartmann) und vor allem Dramaturgie (Andreas Erdmann) erlebt, die so sowohl Liebe zum Detail als auch im richtigen Moment vermag, die nötige Spannung aufzubauen, wie hier.

Die Besetzung der Rollen ist einfach ideal: Vor allem die Hauptdarsteller könnten besser nicht sein: Paulus Manker, der ansonsten sicherlich nicht zu meinen Lieblingsschaupielern gehört, spielt den hintergangenen, enttäuschten und zornentbrannten griechischen König Theseus großartig, Sunnyi Melles spielt nicht, nein sie ist die labile und psychisch kranke verbotenliebende Phädra und Therese Affolter (die ich hier erstmals erlebte) ist vermutlich nicht nur in dieser Rolle (Oenone) eine Traumbesetzung: sie ist eine großartige Schauspielerin. Ebenfalls ganz besonders hervorheben muss ich hier auch Philipp Hauß (Hippolit), Sylvie Rohrer (Arikia) und der wunderbare Hans-Michael Rehberg (Theramenes).

Wer also einen spannenden Theaterabend mit hervorragenden Darstellern erleben will, sollte sich “Phädra” im Wiener Burgtheater nicht entgehen lassen.

Sonntag, 9. Januar 2011, von Elmar Leimgruber

Neujahrskonzert 2011: Fehlbesetzung am Dirigentenpult

Franz Welser-Möst dirigiert die Wiener Philharmoniker
Foto: ORF/Ali Schafler

Es ist das musikalische TV-Highlight des Jahres und die musikalische Botschaft aus Wien an die ganze Welt: Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker: In etwa 70 Länder wurde das Event -zu dem ist es ja in den vergangen Jahren tatsächlich leider verkommen ist- übertragen. Bis zu 1,233.000 Zuseherinnen und Zuseher verfolgten laut ORF am 1. Jänner 2011, die 53. Übertragung des Neujahrskonzerts aus dem Wiener Musikverein im ORF. Via ORF 2 waren demnach bei Teil zwei des Konzerts durchschnittlich 1,169.000 Zuschauerinnen und Zuschauer dabei, der nationale Marktanteil betrug 65 Prozent.

Und am Dirigentenpult war beim Neujahrskonzert 2011 einer, dessen internationaler Erfolg mir- auch und vor allem nach diesem Konzert- vollkommen unerkärlich ist: Franz Welser-Möst.

Schon auf CD, DVD, Blue Ray und Download erhältlich: Das Neujahrskonzert 2011 der Wiener Philharmoniker unter Welser-Möst
Foto: DECCA

Zugegeben: ich war neugierig auf “sein” Neujahrskonzert, vor allem, da seine bisherige musikalische Laufbahn ja durchaus beindruckend ist, ich aber niemals in seinen CD-Einspielungen auch nur annähernd was finden konnte, was diesen Hype rechtfertigen könnte. Aber Menschen verdienen immer neue Chancen, vor allem Künstler (Dirigenten, Komponisten, Regisseure, Schauspieler, Sänger, Maler, Autoren…) verdienen diese neuerlichen Gelegenheiten zu beweisen, dass sie wirklich Talent haben. Und ich hoffte innig, dass Welser-Möst, wenn er schon den -nach eigenen Angaben- musikalischen Nobelpreis erhalten würde durch die Möglichkeit, das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zu dirigieren, vielleicht wirklich durch und in dieser Verantwortung wachsen würde. Leider war dem nicht so.

Man konnte im Gegenteil den Eindruck gewinnen, dass die hochehrwürdigen “starken Persönlichkeiten” (Zitat Welser-Möst) der Wiener Philharmoniker so drauf los spielten, wie sie eben die Musik aus der Strauss-Zeit interpretieren, unabhängig davon, wer oder ob ob überhaupt da vorn jetzt einer am Dirigentenpult steht oder nicht. Kann man dies Welser-Möst vorwerfen? Oder liegt es an der Überheblichkeit der Musiker, wenn man als kritischer Zuschauer und Zuhörer diesen Eindruck gewinnen muss?

Tatsache ist allemal: Starke Persönlichkeiten brauchen eine stärkere Persönlichkeit, als sie selbst, sind am Dirigentenpult, sonst ist dieser Posten überflüssig. Und dies trifft bedauerlicherweise auf das Neujahrskonzert 2011 unter Franz Welser-Möst zu: Nur im TV hübsch anzukommen und als austauschbar oder gar als Statist oder Platzhalter am Dirigentenpult zu stehen, reicht nicht.

Welser-Möst selbste meinte ja in der vor dem Neujahrskonzert im ORF übertragenen Doku, dass es nur ganz wenige grosse Dirigenten gebe, keinen Mittelbau und dann eben die durchschnittlichen Dirigenten. Und da muss ich ihm zustimmen, ihm aber gleichzeitg -trotz seiner beindruckenden Karriere- absprechen, zu den grossen Dirigenten er Gegenwart zu gehören. Er dirigiert vollkommen austauschbar und teils sogar noch undifferenzierter als Dirigenten, die international niemand kennt. Diese Kritik trifft übrigens genauso auf vor weitere in Wien gehypte Dirigenten zu, die ich an dieser Stelle bewusst namentlich nicht nennen möchte. Und wirkliche Spezialisten, was die Strauss-Ära und die authentische Interpretation betrifft, die teilweise sogar aus Österreich sind, kommen -aus welchen Gründen auch immer- wohl niemals in diese erste Reihe.

Wie gerne erinnere ich mich hingegen an manche Neujahrskonzerte der vergangenen Jahre, beispielsweise mit Nikolaus Harnoncourt (der in früheren Jahren vielfach Musik “gedrescht” hat, aber mit zunehmendem Alter auch musikalisch weiser und besonnener wurde), Lorin Maazel und besonders Carlos Kleiber, die mit Gespür und Persönlichkeit die Neujahrskonzerte dirigierten.

Ich wünschte mir am Dirigentenpult des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker starke und gleichzeitig verständnisvolle Dirigentenpersönlichkeiten, die jene Musik, die sie hier dirigieren “müssen”, auch zumindest verstehen, wenn schon nicht lieben (an diesem Problem scheiterte wohl der ansonsten grossartige Daniel Barenboim vor zwei Jahren). Und auch wenn es wohl nicht im Sinne der Event-Kultur wäre, hier Experimente aufkommen zu lassen: ich bin trotzdem dafür:

Jedenfalls spannend wären sicher Neujahrskonzerte unter dem “verrückten Jazzer” Roger Norrington, dem mystischen Jazzer Andre Previn, dem Energiepaket Christian Thielemann, dem ehemaligen Wiener Musikdirektor Claudio Abbado (aber bitte NICHT den Showman Riccardo Muti) oder dem impulsiven Jungstar Gustavo Dudamel. Oder warum nicht die Wiener Philharmoniker beim Neujahrskonzert wen Musik der Strauss-Dynastie dirigieren lassen, der diese Kultur im Blut hat, beispielsweise der begnadete Pianist Rudolf Buchbinder, der Vorarlberger Christoph Eberle (den die Philhamoniker auch schon lange kennen) und ganz besonders (und ich muss das wie vor einem Jahr erneut vorschlagen:) der gebürtige Wiener Alfred Eschewe (den die Philharmoniker ebenfalls bereits als ihren Dirigenten in der Staatsoper bei zahlreichen Opern kennen), der “immer schon” Strauss dirigiert hat, und  zwar weitaus besser als so mancher -wie im Falle Welser-Möst- prominent und medial gehypte Dirigenten-Star.

Und hier können Sie in jeden Titel des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst kostenlos reinhören:

Zum Vergleich sei meine Kritik zum Neujahrskonzert 2010 der Wiener Philharmoniker erwähnt. Und hier als Bonus für alle besonders Interessierten noch Neujahrskonzerte (zum Anhören und Ansehen) im Vergleich und im Laufe der Zeit.

Montag, 20. September 2010, von Georg Jajus

Woche der Filmmusik: Kritik: “Hollywood in Vienna”

Das ORF Radio Symphonie Orchester Wien interpretiert Meisterwerke der Filmmusik
Foto: © Georg Jajus

Mitte September Stand Wien ganz im Zeichen Hollywoods – über die “Woche der Filmmusik in Wien” wurde hierorts ja schon berichtet. Den Abschluss bildete der zum dritten Mal stattfindende “Hollywood in Vienna” Abend im Wiener Konzerthaus. Filmmusikkompositionen der “klassischen” Musik gleichberechtigt akzeptiert zu sehen, galt über viele Jahre ja als schweres Unterfangen, zu festgefahren war die gesellschaftlich akzeptierte Ansicht, dieses Prädikat nur der “ernsten” Musik zuzugestehen.

Dabei sind -historisch betrachtet- gerade Wien und seine angrenzenden Städte der österreichisch-ungarischen Monarchie die Wiege der symphonischen Filmmusik: Erich Wolfgang Korngold aus Brno/Brünn, Miklós Rózsa aus Budapest und schliesslich Max Steiner aus Wien eroberten mit ihren Filmkompositionen die goldene Ära Hollywoods, inspirieren mit ihren Inszenierungen fast alle heute tätigen Filmmusikkomponisten.

Howard Shore dirigiert das ORF Radio Symphonie Orchester Wien
Foto: © Georg Jajus

So bildeten “The Sea Hawk” (Korngold) und “Ben Hur” (Rózsa) dann auch den Auftakt, ehe das Programm mit “The Rocketeer” (James Horner) in die Neuzeit schwenkte und sich mit “Indiana Jones” und “Jurassic Park” (John Williams) auf schon Vielgehörtes fokussierte. Und das ist vielleicht ein Umstand, der – trotz aller Perfektion des ORF Radio Symphonie Orchesters Wien unter Dirigent John Axelrod – aus der Sicht des Cineasten kritisch hinterfragt werden könnte:

Warum nur Populäres, wieso nichts Neues? Gerade John Williams Repetoire ans Filmmusik ist breit gefächert, warum nichts aus “Minority Report”, “Amistad” oder “Empire of the Sun” (“Im Reich der Sonne”). Auch ein Auszug aus James Horners “Avatar” konnte im Anschluss nur mässig überzeugen, ob dieser Film und seine Musik das Potential zum Klassiker hat, wird erst die Zeit weisen. Die Welturaufführung von Klaus Badelts “Pirates of the Caribbean” Suite (“Fluch der Karibik”) setzte des Schlusspunkt des ersten Teils und überzeugte nicht nur druck- und schwungvoll inszeniert, sondern auch mit teils zum ersten Mal gehörten Variationen des Grundthemas: Von Klaus Badelt darf in den nächsten Jahren gewiss noch viel erwartet werden.

Hollywoodgrössen unter sich: Klaus Badelt, Rick Porras und Howard Shore
Foto: © Leimgruber

Der zweite Teil des Abends war Howard Shore gewidmet, dessen musikalisches Schaffen sich über unterschiedliche Genres und Regiesseuren wie David Cronenberg “The Fly” (“Die Fliege”), Jonathan Demme “Silence Of The Lambs” (“Das Schweigen der Lämmer”) über David Fincher (“The Game”) erstreckte, ehe er mit der Filmmusik zu Peter Jacksons “The Lord on the Rings” Trilogie (“Der Herr der Ringe”) jene Popularität und jene Wertschätzung zuteil wurde, die er schon früher verdient hätte. Ein Querschnitt seines musikalischen Schaffens wurde in Form eines Medleys präsentiert, gefolgt von der “Lord of the Rings – Grand Suite” (wie bei Fluch der Karibik ebenfalls eine Welturaufführung) ehe der 1946 in Toronto geborene Komponist mit dem “Max Steiner Award” geehrt wurde. Seinen Score zu “Lord of the Rings” dirigierte Howard zum Abschluss schliesslich selbst und bewies auch hier sein Können.

Zusammenfassend ein sehr gelungener Abend, welcher nicht zuletzt dank der äusserst positiven Publikumsresonanz auch im nächsten Jahr stattfinden dürfte. Und nachdem John Williams Kompositionen schon bei den vergangenen “Hollywood in Vienna” Konzerten vertreten waren, wäre er sicher ein möglicher würdiger Kandidat für den nächsten “Max Steiner Award”.

Dienstag, 27. Juli 2010, von Elmar Leimgruber

Barenboim: Frieden heisst, den ersten Schritt auf den anderen zugehen


“Wie kann man verkünden, dass man Frieden will, ohne allen Menschen die gleichen Grundrechte einzuräumen,” fragte gestern der der jüdische Stardirigent Daniel Barenboim bei seiner Eröffungsrede der Salzburger Festpiele. Friede sei mehr als ein Zustand der Nicht-Aggression: “Friede verlangt Perfektion, nämlich die Perfektion von Gerechtigkeit, Strategie und Mitgefühl.”

Friede könne demnach nur erreicht werden, “wenn eine für alle Beteiligten günstige Lösung gefunden werden kann, eine Lösung, die für alle gerecht, in strategischer Hinsicht für alle von Vorteil und in Bezug auf alle moralisch vertretbar ist. Zu warten stellt in keinem Fall eine Option dar, denn wenn man wartet, gestattet man es bloß ungeduldigen, militanten Elementen, die Oberhand zu gewinnen,” erläuterte der bereits seit Kindestagen auch erfolgreiche Pianist seinen Standpunkt.

“Die wirklich brennende Frage ist nicht die, ob die Lösung in der Erschaffung eines Zweivölkerstaats oder in der eines legitimen und souveränen palästinensischen Staats besteht. Die wirklich aktuelle Frage ist die, ob beide Parteien willens sind, aufeinander zuzugehen”, bezog der Dirigent erneut zum Konflikt im Nahen Osten Stellung: “Zu warten, bis der andere zu einem kommt, ist eine kurzsichtige Taktik, eine, die seit mehr als sechzig Jahren erfolglos geblieben ist. Man hat oft gesagt, dass Gerechtigkeit Opfer verlangt, aber was für ein Opfer stellt die Aufhebung der Besetzung palästinensischen Gebiets und der Abriss jüdischer Siedlungen dar?”

Jetzt sei es an der Zeit, die einerseits bewunderten und andererseits verachteten Eigenschaften des jüdischen Volkes, “die hohe Moral, das Gerechtigkeitsempfinden und die Intelligenz wieder zu entdecken, sich um eine universelle Moral zu bemühen, eine Moral, die wir nicht nur auf uns selbst anwenden, sondern auf alle Völker, einschließlich des palästinensischen,” forderte Barenboim: “Es gibt keine andere Lösung, wenn der Staat Israel eine Zukunft haben will und wenn die Palästinenser irgendwann in den Besitz ihrer Grundrechte gelangen sollen”.

Und jetzt sei auch der richtige Zeitpunkt, “sich des Einflusses bewusst zu werden, den ein internationales Festival von dieser Bedeutung, von solch hohem künstlerischem Niveau und mit solch einer illustren Geschichte haben könnte. Und vor allem ist es der richtige Zeitpunkt, einmal zu überlegen, welche Verantwortung sich aus einem solchen Einfluss ableitet. Diese Verantwortung besteht nämlich darin, eine Quelle der Stärke und der moralischen Autorität darzustellen, mit deren Hilfe man extremistische, fundamentalistische Ideologien de-radikalisieren oder ihnen entgegenwirken kann. Und sie besteht auch darin, ein Forum für Gespräche über die notwendigen Voraussetzungen für Frieden abzugeben”, erklärte der Dirigent.

Musik biete zwar sowohl die Möglichkeit, die Hässlichkeit der Welt zu vergessen, und verleihe die Fähigkeit verleiht, die Welt und ihre Gräuel zu verstehen und zu transzendieren, aber es erfülle ihn dennoch mit Schmerz: “Ich fühle mich persönlich zerrissen von jenem Bruch, der zwischen Israelis und Palästinensern besteht, demselben Bruch, der auch Israel daran hindert, eine praktikable Lösung für die Zukunft zu finden. Nichts, was ich sage, kann diesen Bruch heilen, keine Sonate, Symphonie oder Oper kann die tiefe Kluft zwischen zwei Völkern, die nicht willens sind, die notwendigen Schritte zur gegenseitigen Annäherung zu machen, schließen,” so Barenboim.

Hier ist die Rede Daniel Barenboims in voller Länge abrufbar.

Weitere Beiträge über Daniel Barenboim:

- Das Brahms-Requiem interpretiert von Barenboim (CD-Besprechung)

- Barenboim oder wie das Leben so spielt (Konzert-Kritik)

- Barenboim und der Gottesdienst (Konzert-Kritik)

- Barenboim und das spirituelle Opfer (Konzert-Kritik)

- Barenboim und der Frühling (Konzert-Kritik)

- Barenboim, der Renaissance-Musiker (Konzert-Kritik)

Und hier können Sie der Musik von Daniel Barenboim als Dirigent und Pianist lauschen:

Freitag, 18. Juni 2010, von Elmar Leimgruber

Hans Dichand ist tot – Lang lebe Hans Dichand!

Hans Dichands “Erinnerungen” in Buchform


Ja, er war mächtig. Sehr mächtig. Für viele viel zu mächtig. Und gar nicht wenige haben ihm schon lange den Tod gewünscht, was ich äusserst bedenklich finde, offenbart dies doch einen sehr menschenverachtenden Charakter gerade solcher Menschen, die gern ihre eigene “Mitmenschlichkeit” öffentlich zelebrieren.

Hans Dichand ist tot. Er war streitbar: ohne Zweifel. Ich war ihm gegenüber wohlwollend kritisch eingestellt:

Ich habe ihn einerseits bewundert: Er war für mich jener Journalist, der weit über Österreich hinaus nicht nur “Trends” erkannte, sondern der wie kein zweiter sein Ohr beim Volk hatte: Daher habe ich bereits vor knapp zwei Jahren auf meinsenf.net öffentlich über Hans Dichand nachgedacht.

Andererseits hat er sich -als österreichischer Patriot- in den letzten Jahren politisch, vor allem in EU-Fragen- sehr weit rausgelehnt: Es war vielleicht im Sinne Österreichs, ein grosses Fragezeichen hinter die EU-Mitgliedschaft zu stellen, aber es war sicher nicht im Sinne eines gemeinsamen Europa. Dadurch hat er sich sowohl in der EU viele Feinde gemacht, als auch in gewissen Kreisen in Österreich selbst. Aber er war ein Mensch mit einer eigenen Meinung. Und diese hat er auch vertreten. Und das ist sehr gut so. Mögen auch die meisten Politiker sich diesbezüglich ihn zum Vorbild nehmen.

Ich persönlich bin in der EU-Frage immer auf jenem (geänderten) Standpunkt Dichands knapp vor der Abstimmung Österreichs über den EU-Beitritt gestanden, dass es keine Alternative gibt: Österreich gehört -ohne wenn und aber- in die Europäische Gemeinschaft und Union (siehe dazu meinen Grundsatzkommentar über Europa).

Gefährliche Wolken über dem “Krone”-Haus in Wien
Foto: © Leimgruber


Wenn auch Hans Dichand in den letzten Jahren seinen Standpunkt zu Ungunsten der Europäischen Union sogar soweit verändert haben mag, dass selbst ein EU-Austritt Österreichs als Option möglich schien : Ich war und bin hier anderer Meinung und hielte vor ar allem dessen Propagierung für äusserst gefährlich. Aber es muss in einer Demokratie möglich sein, auch in dieser Frage ungestraft verschiedene Standpunkte zu vertreten.

Was mich aber dennoch störte, waren damit in Zusammenhang stehene Polemiken der Kronenzeitung gegen die EU, die meines Erachtens nur Schaden anrichteten, jedoch niemanden wirklich nützten.

Ja, Hans Dichand hatte grosse Macht. Und diese hat er auch genützt, aber nicht für sich selbst, sondern für sein Land, für Österreich und seine Menschen. Kritisiert wurde er vor allem dafür, dass er angeblich Politikern vorschrieb, welche Politik sie zu vertreten hätten, wofür sie dann seine wohlwollende Berichterstattung erzalten würden: Früher wurde von ihm des öfteren die Grünen-Bewegung lautstark unterstützt, dann auch immer wieder Hans Peter Martin. Lange Zeit hindurch wurde der inzwischen verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) von Dichand gefördert, ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) soll ihm seinen Wahlsieg zu verdanken haben und dessen Nachfolger, der aktuelle SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann soll diesen Job erst aufgrund massiver Unterstützung durch den Königsmacher Dichand erhalten haben.

Und dennoch: Ist ein -zugegebenermassen mächtiger und einflussreicher- Medienmacher schuld daran, wenn (Möchtegern-)Spitzenpolitikern kein eigenes Profil haben, aber trotzdem so machtgeil und funktionsbessessen sind, dass sie sich von ihm kaufen lassen? Kann man das wirklich ihm zum Vorwurf machen?

Sicher: Seine Macht nicht in Verantwortungsbewusstsein auszuüben, sondern zu missbrauchen, wäre Unrecht. Aber wer handelt unmoralischer? Der, der ein unmoralisches Angebot macht oder der, der es annimmt? Ich finde, Zweiterer zeigt damit eindeutig seine Nichteignung als Spitzenpolitiker. Da aber Populisten vom unmündigen Wahlvolk immer brav gewählt und damit in ihrer Politik gestärkt werden und da jeder machtbesessene Poltiker wiedergewählt werden will, kann mans ihnen nicht mal wirklich verübeln, dass eigene Meinungen und Überzeugungen sowie Prinzipientreue nicht gerade ihren Charakter prägen.

Insofern muss man einfach sagen: jeder auch noch so einflussreiche Medienmacher hat nur so viel Macht, als man glaubt, dass er sie hat. So wie er immer seinen Standpunkt klar vertreten hat, so erwarte ich mir dies auch von den Politikern: Welche Achtung sollte ein Medienmacher auch vor Politikern haben, die ihn vergöttern?

Eva Dichand (hier im Bild mit “heute”-Co-Herausgeber Wolfgang Jansky
Foto: obs, AHVV Verlags GmbH, Elisabeth Kessler

Mit Hans Dichand verliert Österreich einen “Politiker”, der eine klare Linie und Ziele hatte: diese zu vertreten und zu erreichen, war sein Bestreben. Er war sich seiner Verantwortung für Österreich und seine Menschen bewusst. Und Macht nur der Macht willen anzustreben war ihm ein Greuel, weswegen ihn mit Möchtegern-Nachfolger Wolfgang Fellner nicht wirklich tiefe Freundschaft verband.

Ich trauere um ihn. Und ich befürchte, jene Medienschlacht, die schon vor Jahren um die Macht bei der Krone und in der Mediaprint begann, wird jetzt erst richtig beginnen: Und all die weniger Fähigen und daher rein Machtgeilen werden alles daran setzen, seine Nachfolge anzutreten.

Aber Hans Dichand ist unersetzbar. Er hat über 50 Jahre hindurch – und zwar meist sehr weise- als Kaiser im Hintergrund regiert. Aber eine Nachfolege muss es geben, und die sollte sehr vernünftig und sehr weise geregelt werden. Denn Eines ist sicher: Was Hans Dichand für Österreich und seine Menschen geleistet hat, darf jetzt mit seinem Tod nicht zu Ende sein. Und die im gesamten Medienbereich zu erwartende Schlacht um seine Nachfolge muss auch nicht sein.

Die wirklich sinnvolle Lösung ist diese: auch wenn ich mit diesem meinem Standpunkt schon ins x-te Fettnäpfchen dieses heutigen Beitrags trete: Das ist meine Meinung: Eva Dichand (erfahren, intelligent, besonnen, klug, zukunftsorientiert) ist die Richtige für diese Position: sie möge die Geschicke der Kronenzeitung (in welcher offiziellen Funktion auch immer) in Zukunft leiten, aber: Wer grosse Macht hat, trägt auch grosse Verantwortung.

Hans Dichand ist tot – Lang lebe Hans Dichand!

krone.at hat übrigens ein Online-Kondolenzbuch bereitgestellt.

Dienstag, 4. Mai 2010, von Elmar Leimgruber

Kaffeeverkosten für einen guten Zweck und was draus wurde

Der Festsaal des Wiener Rathauses als edle Kulisse der Kaffeeverkostungs- Staatsmeisterschaft
Foto: © Leimgruber

Kaffee ist Geschmacksache. Gar keine Frage. Auch welcher Kaffee wem zu welcher Tageszeit und wo schmeckt. Dennoch: es gibt auch leckeren Kaffee, den Kaffeegeniesser grundsätzlich zu schätzen wissen. Und damit meine ich keinesfalls dieses bräunliche warme Wässerlein, das man zuweilen in Wien auch in angeblich guten Traditions-Cafes vorgesetzt bekommt und dies zu einem teils unterträglich hohen Preis.

Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang auch einen selbstkreierten Scherz, den ich seit Jahren über die Wiener Kaffeehauskultur erzähle: Warum sitzen so viele Menschen in Wien den ganzen Nachmittag über in Kaffeehäusern bei einer Tasse Kaffee? Ja, weil er so grauslich schmeckt und dabei so schweineteuer ist, dass man eben seine drei bis vier Stunden benötigt, um dieses Gesöff runterzubekommen.

Ok, ich gebe es zu: in den letzten paar Jahren hat sich selbst in Wien auch Einiges zum Guten verändert, aber noch immer bekommt man vor allem in relativ wenigen Wiener Kaffeehäusern noch keinen wirklich guten Kaffee. Dies trifft sicher nicht auf alle Wiener Kaffeehäuser zu -ich denke da vor allem an ein Traditionshaus, in dem es unwiderstehlich herrlichen Kaffe gibt- aber was sonst teilweise als Kaffee serviert wird, ist unter jeder Kritik. Und hier sollte sich vor allem in einer Stadt mit Kaffekultur was zum Positiven hin ändern, finde ich.

Dompfarrer Toni Faber und “sein” Stephansdom
Foto: © Leimgruber

Aber nun zum eigentlichen Thema: Gestern fand -wie berichtet- in Wien die österreichische Staatsmeisterschaft im Kaffeeverkosten statt. An sich eine sehr gute Idee, vor allem weil bei der anschliessenden Kaffeegala mit jeder Menge Prominenten im Festsaal des Wiener Rathauses für einen guten Zweck Kaffee verkostet wurde: zu Gunsten des Wiener Stephansdoms (für diesen wurde zudem auch ein Bild des Malers Michael Fuchs versteigert). Als Sieger in diesem Promiwettbewerb ging übrigens der Entertainer Comedian und Sänger Mad Mat Schuh hervor.

Aber nun muss ich echt senfen: Laut den Wettbewerbsregeln wird der zu verkostende Kaffee “in einer guten Standard-Filtermaschine” zubereitet und in “vorgewärmte Thermosflaschen” abgefüllt. Kaffee aus einer Filtermaschine? Was soll das für ein Kaffee sein (obwohl es selten, aber doch auch leckeren Filterkaffee gibt) und inwiefern steht dies für die Wiener Kaffee(haus)kultur? Ok, ich gebs zu,ziemlich so ähnlich schmeckt so manches Kaffeewässerchen tatsächlich in Wiener Cafes. Also bitte: Und das bei einer Staatsmeisterschaft: So gehts nun wirklich nicht!

Bei aller Sympathie für den charmanten Moderator Karl Hohenlohe und bei aller Solidarität für den guten Zweck, der durchaus lobenswert ist: Ich ersuche die Verantwortlichen für die Kaffeeverkostungs-Staatsmeisterschaft, für die Zukunft die Regeln dahingehend zu verändern, dass frischgemahlener und frischgebrühter Bohnenkaffee serviert wird, wie es sich wohl gehört. Dafür müsste sich schon der Österreichische Kaffee- und Teeverband stark machen ganz im Sinne der Kaffeekultur in Österreich und Wien. Dann werde ich mich vielleicht nächstes Jahr auch persönlich an der Verkostung beteiligen. Und bis dahin gönne ich mir meine Kaffees weiterhin immer wieder gern in jenem edlen Wiener Haus, in dem der Kaffee doch tatsächlich noch besser schmeckt als bei mir zuhause, wo ich ihn natürlich auch nur frischgemahlen und serviert geniesse.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass für die Besucher der Kaffeegala frischer Automatenkaffee angeboten wurde. Aus Neugier habe ich diesen verkostet. Und als begeisterter Kaffeekenner und Kaffeegeniesser muss ich leider sagen: der war maximal unterer Durchschnitt: er schmeckte verdächtig nach einer Marke, die sich trotz Aromalosigkeit ind er Werbung mit einem “Verwöhnaroma” schmückt, auf meine Frage, welcher Kaffee denn verwendet wurde, antwortete man mir aber: er sei speziell für den Automatenhersteller gefertigt worden: na dann:-)

Mittwoch, 31. März 2010, von Elmar Leimgruber

Gregorianika Unplugged und A Cappella live in Meran + Weitere Shows in Südtirol

Gregorianika im Meraner Kursaal im März 2010
Foto © Leimgruber

An sich treten Gregorianika meist in Form einer Show auf. Im Meraner Kursaal am 30. März war es anders. Die sieben Sänger im Mönchsgewand aus der Ukraine sangen nicht nur vollkommen Unplugged, also ohne jegliche Verstärkung, ja ohne Mikrofon, sondern sie sangen auch ohne jegliche instrumentale Begleitung (nur in einem Stück spielte einer der “Mönche” eine Flöte), also A Cappella Pur.

Im beinahe ausverkauften Kursaal waren ziemlich einige im Publikum überrascht, verwwechselten sie wohl Gregorianika mit den bekannteren Gregorian (ich habe unlängst über deren Konzert hier berichtet) und erwarteten sich eine Show. Die Bühnenbeleuchtung war in beiden Teilen des Abends statisch und Show war es sicherlich keine. Musste es aber auch nicht sein:

Man konnte sich einfach zuerst überraschen lassen und dann einlassen auf den grossteils geistlichen Gesang von der Gregorianik über byzantinisch-ostkirchliche Gesänge bis hin zu mittelalterlichen Liedern. Nur ganz wenige Eigenkompositionen und ein paar bekanntere Stücke wie “Ameno”, “Guten Abend, gut Nacht” und “Moon River” ergänzte das ansonsten relativ unbekannte Repertoire des Chores.

Das Programm von Gregorianika war hoch anspruchsvoll für die Sänger und für das Publikum, wobei vor allem bei den höchsten Stellen der Tenöre -vermutlich bewirkt durch falsche Atmung- zuweilen die Töne zu gequält erschienen und gleichzeitig schnell “die Luft wegwar”.

Dennoch war es durchaus ein gelungener Konzertabend, nur muss man eben wissen, dass es sich dabei nicht um eine Show im eigentlichen handelt, sondern um ein erlesenes aus sieben sehr guten Sängern bestehendes Chorkonzert handelt.
Und hier gibts die Möglichkeit, in die aktuelle CD von Gregorianika reinzuhören:

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Der Veranstalter des Abends, Showtime Agency, bringt übrigens in den kommenden Wochen weitere internationale Grössen wie Bushido und die Wise Guys nach Südtirol, bzw. organisiert Busfahrten beispielsweise zu AC/DC nach Udine und zu U2 nach München. Und die TV-Show “Musikantenstadl” kommt im September ebenfalls nach Südtirol. Wer im Vorverkauf Tickets bucht, bekommt einen Rabatt von 5 Euro.

Pink in Innsbruck

Für das Konzert der US-amerikanischen Sängerin Pink am 5. Juni in
der Olympiaworld in Innsbruck sind die Tickets ab sofort auch in
Südtirol bei den üblichen Vorverkaufsstellen erhältlich.

Goggelbauer Luis

Alle kennen Luis. Alle wollen ihn sehen. Die Vorstellung am 22.
April im Waltherhaus Bozen ist bereits ausverkauft. Auf Grund der
großen Nachfrage gibt es eine Zusatzvorstellung im Waltherhaus am 25.
April. Tickets für alle Vorstellungen sind ab sofort erhältlich.

Er ist ohne Frage der Mann der Stunde. Nicht nur im deutschen
HipHop, nicht nur in der deutschen Musikszene, nicht nur in der
deutschen Popkultur. Er ist, schlicht und ergreifend: der Mann der
Stunde über alles. Am 25. April kommt er nach Bruneck, genauer gesagt
ins UFO. Karten für das Top-Event sind ab sofort erhältlich.

AC/DC Black Ice Tour 2010

Die Black Ice World Tour 2010 geht weiter. Ihr einziges Konzert in
Italien wird am 19. Mai im Stadio Friuli in Udine stattfinden. Tickets
sind jetzt schon rar. Ein Bus wird die Südtiroler Fans nach Udine und
nach dem Konzert wieder nach Bozen bringen. Tickets inklusive Busfahrt sind erhältlich.

Musikantenstadl 2010 live aus Bozen

Ab sofort können die Karten für den Musikantenstadl am 18.09.2010 in Bozen auch online gekauft werden. Hier geht´s zur Online-Bestellung.

U2 – 360° Tour

Sie möchten noch Karten für das Konzert von U2 in München am 15.
September im Olympiastadion? Kein Problem! Und nicht nur das! Wir haben
nicht nur die Karten, sondern bringen Sie auch noch mit dem Bus bequem
direkt vor das Stadion und holen Sie dort wieder ab.

Wise Guys

Vokal-Pop mit Spaßfaktor. Die Wise Guys sind Deutschlands
bekannteste und beliebteste A-cappella-Band. Sie zählen zu den
erfolgreichsten Live-Acts im gesamten deutschsprachigen Raum. Das
Konzert ist bereits ausverkauft.

Alle aktuellen und künftigen Top-Events für Südtirol sind online verfügbar.

Montag, 29. März 2010, von Elmar Leimgruber

Hans Karl Peterlini und die Südtiroler Helden-Psyche

Seine sprachlichen Fähigkeiten sind überdurchschnittlich, seine Beobachtungsgabe und seine geistige Aufnahmefähigkeit sind exzellent, und er schafft es immer wieder gekonnt, jene entscheidenden Dinge, die es -natürlich aus seiner Sicht- zu sagen gilt, auf den Punkt zu bringen: Hans Karl Peterlini.

Auch wenn er seit Jahren immer weniger journalistisch aktiv ist, dafür mehr pädagogisch und psychologisch und als Buchautor: Er ist ohne Zweifel einer der fähigsten und besten Südtiroler Journalisten, der sich zudem ständig weiterentwickelt (was bei manchem seiner Berufskollegen nicht festzustellen ist: bedauerlicherweise): Vertrautes aufgeben zu “müssen”, führt zum Fortschritt und zum Leben: dies entspricht ja auch seiner persönlichen Überzeugung.

Hans Karl ist zudem sehr streitbar. Und auch das ist gut so: Wenn Chefredakteurs-Positionen auch zuweilen mehr aus politischer und/oder wirtschaftlicher Nähe zu Parteien und Einflussnehmern oder aufgrund einer leichten Manipulierbarkeit wegen vergeben werden mögen: Ein wirklich guter Journalist ist und bleibt -mag er auch sprachlich und fachlich noch so kompetent sein- letztlich unbezahlbar und auch nicht käuflich, vor allem in dem, was er sieht, hört und denkt. Sich bewusst manipulieren und von niedrigen Machtgelüsten missbrauchen und verführen zu lassen, von wem auch immer dieses Angebot kommen mag, entspricht sicher keinem wahrlich grossen Journalisten.

Hans Karl Peterlini
Foto: © Leimgruber

Hans Karl ist auch diesbezüglich immer seinen Weg gegangen. Und natürlich hat er sich damit auch Feinde gemacht. Aber wie profil-los und unbedeutend -weil austauschbar- wäre er, wenn ihm jeder nur wohlgesonnen wäre? Ein Journalist muss für Pressefreiheit stehen, provozieren und anecken: nicht immer, aber immer wieder und dies vor allem den Mächtigen gegenüber.

Und ein Journalist muss auch nicht genauso gut über alle Einzelheiten eines Fachgebietes Bescheid wissen wie Fachleute auf diesem. Und dennoch darf er darüber schreiben und muss es zuweilen sogar aus Verantwortungsbewusstsein seinen Lesern gegenüber.

Bei der Präsentation von Hans Karl Peterlinis neuestem Buch “Freiheitskämpfer auf der Couch” letzthin in Bozen war auch der Historiker Leopold Steurer als Diskussionsteilnehmer geladen. Dieser nützte aber seine Chance, konstruktive Kritik aus historischer Sicht zu üben nicht, sondern startete vielmehr einen für die Anwesenden unerwarteten und aggressiven Frontal-Vernichtungsschlag gegen Peterlini, indem er dessen bisherige Publikationen pauschal verwarf und Peterlini einerseits “mangelnde Distanz” und andererseits -was das aktuelle Buch betrifft- psychoanalytische Fehldeutungen vorwarf. Trotz blendender Rhetorik konnte Steurer seine Angriffe aber nicht stichhaltig begründen.

Peterlinis Psychoanalyse der Südtiroler Heldengeschichte ist eine Erweiterung und Fortführung seiner Innsbrucker Diplomarbeit “Die Sprengung von Macht und Ohnmacht” von 2004, wo er sich vor allem die psychoanalytischen Motive hinter den Südtirol-Anschlägen von 1961 bis 1988 untersucht. Im aktuellen Buch geht es um die Psychoanalyse der Tiroler Verteidigungskultur von 1809 bis zum Südtirol-Konflikt bzw. noch weiter bis zu den zeitgenössischen Landeshauptleuten von Südtirol: den “reparativen Moses” Magnago und den “Libido-Narzisten” Durnwalder.

Ich bin zusehr Journalist und maximal Hobbypsycholge, als dass ich mir erlauben könnte, hier ein fachlich kompetentes (aus der Sicht eines Psychoanalysten) Urteil über das aktuelle Buch von Hans Karl Peterlini zu fällen. Aber die “Freiheitskämpfer auf der Couch” sind äusserst interessant zu lesen und die hinter diesem Werk stehende Absicht, “Mythen nicht zu zerstören, sondern verstehen zu lernen” ist allemal lobenswert: Bevor man nicht verstehen gelernt hat, dass man nicht allein im Augenblick steht, sondern Geschichte hat, von der Geschichte seines Landes geprägt ist und dass man -ob man will oder nicht- Teil der Leidensgeschichte auch seiner Vorfahren ist, bleibt man ein ständig ängstlich Verdrängender und Abwehrender alles Neuen und Fremden.

Man kann die schwierigsten Probleme des Lebens, vor allem Verletzungen und Schmerzen -auch der Vorfahren- nur dann verarbeiten und lösen, wenn man einerseits bereit ist, Ja zu dem zu sagen, was war, es so zu akzeptieren, wie es nun mal war, auch wenn es sehr weh tut und auch Trauer zuzulassen (auch in bezug auf die Südtiroler Geschichte des 20. Jahrhunderts). Und andererseits brauchen wir Menschen grundsätzlich Verständnis und Vergebung: Also zunächst erkennen, zulassen, verstehen lernen und schliesslich das Trauma lösen und bewältigen: und dies gelingt meist nur in der Vergebung aus tiefstem Herzen: seinen Vorfahren und auch sich selbst gegenüber. Sonst werden (teils auch nur vermutete) Schuld und Trauma ungelöst von eine Generation auf die nächste weitergegeben, wie Peterlini in seinem Buch schreibt.

“Freiheitskämpfer auf der Couch” von Hans Karl Peterlini kann aber vermutlich die eigentlichen Probleme auch der Südtiroler Geschichte und der Bevölkerung auch nicht wirklich lösen. Aber dieses Buch ist ein höchst interessanter Versuch einer psychologischen Annäherung an das Südtiroler Heldentum und es versucht vor allem zu erklären, warum sich Südtiroler in gewissen Situationen -psychologisch betrachtet- so und nicht anders -vielleicht sogar- verhalten mussten. Insofern ist es sicherlich kein seichtes Werk, das kalt lässt. Sondern es berührt und lädt zum Nachdenken über das Leben seiner Angehörigen und Vorfahren ein, aber auch über die eigene Geschichte und das eigene Leben, die man keineswegs verleugnen darf.

Dann kann und wird vermutlich immer wieder was -vielleicht Schmerzhaftes- aufbrechen im eigenen Leben: und es tritt Veränderung ein. Man muss sich ja nicht dagegen wehren. Sondern wir dürfen uns auf Veränderung einlassen: immer wieder.