Mit ‘Amtsmissbrauch’ getaggte Artikel

Freitag, 9. März 2012, von Elmar Leimgruber

Widerstand gegen Lockerung des Berufsgeheimnisses

Österreichs Justizministerin Beatrix Karl

Die österreichische Journalistengewerkschaft startet eine Online-Petition gegen die Einschränkung der Pressefreiheit durch eine Gesetzesabänderung (konkret § 112 StPO): Konkret geht es darum, dass weisungsgebundene Staatsanwälte mit Hilfe der Polizei praktisch jederzeit redaktionelle Unterlagen und Daten von Redaktionscomputern beschlagnahmen können. “Informanten wird damit jeder Schutz entzogen.

Die Aufdeckung von Korruptionsfällen und Fehlverhalten der Regierung sollen damit praktisch unmöglich gemacht werden, reagiert Franz C. Bauer, Chef der Journalistengewerkschaft. “In einer überfallsartigen Änderung des ursprünglichen Ministerratsentwurfs und nach Ende der Begutachtungsfrist habe Justizministerin Beatrix Karl nach der Gebutachtungsfrist Formulierungen in eine Änderung der Strafprozessordnung (StPO) eingeschleust, die das Redaktionsgeheimnis und damit die Pressefreiheit abschaffen, lautet der Vorwurf. Und hier kann die Petition “Rettet die Pressefreiheit” der Journalistengewerkschaft online unterzeichnet werden.

Auch der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) fordert eine sofortige Rücknahme der geplanten StPO-Änderung: er befürchtet eine endgültige Aushebelung des Redaktionsgeheimnisses: “Dies ist ein neuerlicher Versuch des Justizministeriums die Grund-und Freiheitsrechte und damit die Pressefreiheit einzuschränken”, reagiert ÖJC-Präsident Fred Turnheim: “Dieser neuerliche Angriff auf Grundpfeiler des demokratischen Rechtsstaates zeigt von einem gefährlichen demokratiepolitischen Gedankengut der Justizministerin.” Der ÖJC fordert daher alle Nationalräte auf, “diesem Angriff auf die Pressefreiheit keinesfalls zuzustimmen”.

Ähnliche Reaktionen kommen auch von der Österreichischen Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) und von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder: Die ÖRAK kritisiert “die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen, unter denen Redaktionsgeheimnis, anwaltliche Verschwiegenheit und eine Reihe weiterer gesetzlich geregelter Verschwiegenheitspflichten und -rechte problemlos von der Staatsanwaltschaft ausgehebelt werden können, und zwar ohne Einbindung eines unabhängigen Gerichts, dessen Kompetenzen im Strafverfahren weiter zugunsten der weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft eingeschränkt werden”. Beschuldigte Rechtsanwälte, Journalisten, Ärzte, Steuerberater, Notare, Priester könnten so künftig nicht mehr der Sicherstellung von Aufzeichnungen und Datenträgern widersprechen: “Es wäre daher ein Leichtes, die Verschwiegenheit eines Rechtsanwaltes oder das Redaktionsgeheimnis auszuhebeln, indem man den Betroffenen in die Position eines Beschuldigten versetzt”, mahnt ÖRAK-Präsident Rupert Wolff.

Bisher hatten unabhängige Gerichte zu entscheiden, ob die Verwendung zulässig ist. Mit dem neuen Gesetz liege das nun im Ermessen des Staatsanwalts, kritisiert die Kammer der Wirtschaftstreuhänder: “Das ist ein unzulässiger Eingriff in die Schutzrechte der Klienten und ist abzulehnen”, sagt der Präsident der Freien Berufe, Klaus Hübner, der auch Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist.

Da das BZÖ wegen dieser geplanten Gesetzesänderung einen Misstrauensantrag gegen Justizministerin Beatrix Karl eingebracht hat, reagiert nun auch diese auf die Vorwürfe: “Scheinbar ist es den Kritikern nicht recht, dass sich das Justizsystem auf die Schwerstkriminalität in Sachen Amtsmissbrauch und Korruption konzentriert”. Und sie verspricht, dass “das Redaktionsgeheimnis und Informationen von Geheimnisträgern weiterhin vollumfänglich geschützt werden.” Und natürlich werden laut Karl “auch in Zukunft werden Hausdurchsuchungen ausschließlich durch einen Richter bewilligt. Zusätzlich soll es für dabei sichergestellte Unterlagen die Möglichkeit des Widerspruchs zunächst an die Staatsanwaltschaft und bei Uneinigkeit eine Anrufung des Einzelrichters und eine Beschwerdemöglichkeit an einen Richtersenat geben”, verspricht die Justizministerin und: “rechtswidriges Handeln von Amtspersonen führt selbstverständlich zur Nichtigkeit etwaiger Entscheidungen”.

Donnerstag, 31. März 2011, von Elmar Leimgruber

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Es reicht!

ÖVP-Parteichef Josef Pröll (links) und sein Generalsekretär Fritz Kaltenegger
Foto: © ÖVP Jakob Glaser

Vorausgeschickt und trotz aller Unschuldsvermutung, die natürlich auch diesen Kommentar auszeichnet: Nein, es ist nicht ein Privileg der ÖVP, korrupte Politker mit an Bord zu haben. Vielmehr ist  JEDE Partei, unabhängig von ihrer Parteifarbe, die (lange Zeit hindurch) an der Regierung ist, in Versuchung, diese Macht zu missbrauchen. Nicht weil deren Politiker an sich korrupter wären als jene der so genannten Oppositionsparteien, sondern weil Macht grundsätzlich dazu verleitet, die Macht nicht nur zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen, sondern auch zu seinem eigenen und zum Vorteil von “Freunderln”.

Und natürlich ist deswegen, weil jetzt gerade zufällig drei ÖVPler mutmaßlich durch Amtsmissbrauch bzw. Korruption öffentlich aufgeflogen sind, nicht die ÖVP die korruptere Partei als die anderen. Und ebenfalls selbstverständlich muss gewissen so genannten Aufdeckungsjournalisten leider vorgeworfen werden, dass sie immer nur im schwarzen, orangen und blauen Umfeld grasen, während es mächtige und äußerst spannende Seilschaften und Netzwerke mit Sicherheit auch bei der SPÖ und bei den Grünen gibt. Etwas weniger Einaugenblindheit und Fixiertheit rein auf bestimmte Parteien zugunsten von mehr Ausgewogenheit und Kritikfähigkeit allen Parteien gegenüber erwarte ich mir schon.

Und dennoch: die ÖVP hat ein schwerwiegendes Problem: Ganz abgesehen von der Ideen- und Perspektivenlosigkeit, die die die Volkspartei seit dem Amtsantritt von Josef Pröll hat, verliert sie seither auch alle Wahlen dramatisch. Der Schock des Wiener Wahlergebnisses ist offenbar nicht tief genug gegangen: Was nützen die besten idealistischen Ideen aus der Basis und von “niederen” Funktionären, wenn von oben her -und man hat tatsächlich das Gefühl aus Machterhaltsgründen- zwar gedankt und gelobt, aber unterm Strich nur geblockt wird.

Es wird Zeit, dass in der ÖVP die so genannten Parteibonzen, die nur teilweise öffentlich als solche in Erscheinung treten (was natürlich nicht nur auf die ÖVP zutrifft) endlich die Macht verlieren und jene an die Macht kommen, die noch genügend Idealismus (für die Bevölkerung arbeiten zu wollen) und aktiven Gestaltungswillen und vor allem eine starke Persönlichkeit für den Job als Politiker mitbringen.

Josef Pröll hat offenbar eine denkbar schlechte Hand, was die Auswahl seines Personals auf höchster Ebene betrifft (unabhängig davon, ob er solche Entscheidungen wirklich selbst treffen darf oder ob sie ihm vorgegeben werden): Angafngen bei der erfolglosen Christine Marek über den Lobbyisten Ernst Strasser, dessen EU-Parlamentskarriere Pröll gegen innerparteiliche Widerstände einfach durchgeboxt hat, dessen Nachfolger im Europaparlament, eine weitere EU-Abgeordnete. Aber was sollte man auch von einem Parteiobmann ein kluges Gespür für Menschen und Entwicklungen erwarten, der selbst vollkommen orientierungslos zu sein scheint und anstatt regieren zu können, dauernd interne Probleme auszutragen hat: einerseits mit aufgedeckten Skandalen, andererseits aber auch, um die verschiedenen Bedürfnisse der parteieigenen Sozialpartner und Stände gegeneinander aufzuwiegen. Unterm Strich aber passiert nichts ausser sinnloses Blabla ohne Inhalte, jedenfalls nichts, was die jetzt schon vielfach frustrierten ÖVP-Wähler und auch -Funktionäre davon überzeugen könnte, dass es wiederum aufwärts geht mit ihrer Partei.

Es gibt daher nur eine Alternative, wenn die ÖVP nicht gänzlich in der Versenkung versinken will: Sie muss sich neu aufstellen und jene machtmässig noch unverdorbenen Nachwachsmenschen an die Macht lassen, die als einzige sowohl den nötigen Idealismus als auch die entsprechende Tatkraft hierfür mitbringen. Und an die Adresse jener Macht- und Wirtschaftsbosse im Hintergrund sei in diesem Zusammenhang gesagt: Schon klar dass ihr euch an eure Macht und Privilegien klammert. Aber das nützt euch letztlich alles nichts: Wenn die ÖVP nicht gewählt wird, weil sie nicht attraktiv und daher auch nicht wählbar ist, dann nützt euch längerfristig euer über Jahrzehnte hindurch aufgebauter Einfluss auf diese Partei rein gar nichts. Denn dann werden eben andere Parteien an die Macht kommen, die regieren.

Die ÖVP ist rein theoretisch eine christlich-soziale Partei: ich stelle aktuell weder was sichtbar Christliches, noch was sichtbar Soziales fest, und schon die Wahlergebnisse unter Josef Pröll zeigen: Die ÖVP ist keine Volkspartei mehr, sondern eine Minderheitspartei: sie vertritt ja auch schon lange nicht mehr das Volk, ja nicht mal mehr wirklich Interessen (es sei denn ihren Selbsterhalt). Aktuell betrachtet ist die ÖVP -hart ausgedrückt- überflüssig. Dabei hätte sie, die so viele Stammwähler hat, so große Chancen, dieses schöne Land groß zu machen für die gesamte Bevölkerung. Aber dazu ist Josef Pröll offensichtlich nicht in der Lage. Und daher muss eine echte Persönlichkeit an die Spitze der ÖVP. Und zwar nicht morgen, sondern am besten schon heute, schon damit der neue bis zu den nächsten Nationalratswahlen noch genügend Zeit hat, sich zu profilieren und die Partei von Grund auf -und das hoffe ich ernsthaft- zu reformieren.

Der interessanteste ÖVP-Minister in der aktuellen Regierung ist zweifelsohne Michael Spindelegger. Nur: wird er geeigneter als Parteichef und Vizekanzler sein als Josef Pröll? Das lässt sich schwer abschätzen. Aber wenigstens kann es unter Spindelegger schwer noch schlimmer werden wie es aktuell jetzt schon um die Volkspartei steht. Für weitere sinnvolle Personalvorschläge bin ich natürlich ebenfalls offen.

Und der neue (oder die neue: Fekter wäre eine interessante, wenn auch möglicherweise problmatische Option mit klarer Anti-Links-Positionierung) darf dann keine unnötigen Rücksichten mehr nehmen, weder parteiintern noch in Verantwortungsausübung für Österreich und seine Bevölkerung: Sowohl müssen alle Gesetze verschärft werden, welche Korruption unter Parlamentarien ermöglichen. Und zudem muss eine strikte Verwaltungsreform muss her und natürlich muss das Thema Pensionen endlich richtig angepackt werden und nicht dauernd verschoben werden. Und die ÖVP muss wieder eine klare christlich-soziale Linie bekommen und der neue Parteichef muss Linie zeigen und zu der stehen, unabhängig davon, wer dagegen hetzt. Die ÖVP muss, wenn sie überleben will, eine echte Alternative zu den anderen Parteien darstellen. Das war sie unter Schüssel. Und das kann sie auch heute, wenn man in der ÖVP mutig genug ist, Machtansprüche und Privilegien aufzugeben und anstatt dessen jenen die Macht und Verantwortung zu übergeben, die tatsächlich zum Wohle der Bevölkerung in die Politik gegangen sind.

Bleibt die ÖVP hingegen starr und unbeweglich, werden andere Parteien an ihre Stelle rücken, und dies schon sehr bald und zwar grantiert.

Weitere politische Kommentare (Auswahl):

- über den Korruptions-Sumpf

- über das Unsolidarische in der EU

- über die orientierungslosen Deutschen

- Zum Thema Atomenergie

- über Südtirols Nein zu den italienischen Einheitsfeiern

- über die Macht des Wiener Bürgermeisters und seine Marionetten

- über die ÖVP im Sterben

- zum Budget 2011

- zum Wiener Wahlergebnis

- im Vorfeld der Wien-Wahl

- zur Machtergreifung der SPÖ im ORF

- über Freie Medien

- über die österreichische Bundesregierung

- über den Medienmacher Hans Dichand

- über HC Strache

- über SPÖ Niessl

- über Helmut Zilk

- über Bruno Kreisky