Archiv für Februar 2012

Freitag, 17. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

EU-Parlament sorgt sich um EU-Grundrechte in Ungarn

Ungarns Regierungschef Victor Orban vor dem EU-Parlament
Foto: © EU-Parlament

Ungarn mit seinem Regierungschef Victor Orban (Fidesz) steht unter Beobachtung des EU-Parlaments. In einer nicht bindenden  Resolution wird die EU-Kommission aufgefordert, mögliche Änderungen und Umsetzungen der ungarischen Gesetze genau zu verfolgen. Das Europäische Parlament ist “zutiefst besorgt über die Lage in Ungarn in Bezug auf die Praxis der Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Achtung und den Schutz der Menschenrechte und der sozialen Rechte, die Gewaltenteilung, die Gleichheit und das Diskriminierungsverbot”.

Ungarn muss die Grundwerte der EU einhalten, sind die Abgeordneten überzeugt. Das EU-Parlament hat daher am Donnerstag entschieden, zu untersuchen, ob EU-Rechte und Grundwerte in Ungarn geachtet werden. Zusätzlich zum Bericht wird dann darüber entscheiden, ob Artikel 7 des EU-Vertrags aktiviert werden soll. Artikel 7 wird benutzt, um eine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundwerte der Union zu prüfen. Das Parlament beauftragt den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres in Zusammenarbeit mit der Kommission, dem Europarat und der Venedig-Kommission weiterzuverfolgen, wie die Empfehlungen der Kommission und des Europäischen Parlaments umgesetzt wurden und hierzu einen Bericht vorzulegen.

Die Abgeordneten fordern konkret die Kommission dazu auf, die Rechtsvorschriften Ungarns und ihre Umsetzung sorgfältig auch darauf hin zu prüfen, ob sie nicht nur buchstabengetreu, sondern auch mit dem Geist der europäischen Rechtsvorschriften im Einklang stehen. Die Kommission soll eine eingehende Studie in Auftrag geben, um die folgenden Punkte zu gewährleisten:

- die vollständige Unabhängigkeit der Justiz,
- dass die Regelungen über die ungarische Nationalbank mit den Rechtsvorschriften der EU vereinbar sind,
- dass die institutionelle Unabhängigkeit in Bezug auf Datenschutz und Informationsfreiheit wiederhergestellt und garantiert ist,
- dass die Befugnis des Verfassungsgerichts zur Prüfung sämtlicher Gesetze in vollem Umfang wiederhergestellt wird, einschließlich des Rechts auf Prüfung von Haushalts- und Steuergesetzen,
- dass die Medienfreiheit und der Medienpluralismus im Wortlaut und bei der Durchführung des ungarischen Mediengesetzes garantiert werden,
- dass das neue Wahlgesetz den demokratischen Normen der EU entspricht und der Grundsatz des politischen Wechsels geachtet wird,
- dass das Recht auf Ausübung politischer Opposition auf demokratischem Wege innerhalb und außerhalb der Institutionen gewährleistet ist,
- dass das Gesetz über Kirchen und Glaubensgemeinschaften die Grundsätze der Gewissensfreiheit achtet und auch davon Abstand genommen wird, die Registrierung von Glaubensgemeinschaften einer Billigung durch das Parlament Ungarns mit Zweidrittelmehrheit zu unterwerfen.

Die ungarischen Behörden indes müssen den Empfehlungen, Einwänden und Forderungen der Kommission, des Europarats und der Venedig-Kommission nachkommen und die betroffenen Gesetze unter Einhaltung der Grundwerte und Normen der EU abändern, heißt es in der von Fraktionen S&D, ALDE, Grünen/EFA und der VEL/NGL-Fraktion vorgelegten Entschließung. Der Text wurde mit 315 Ja-Stimmen bei 263 Nein-Stimmen und 49 Enthaltungen angenommen.

 

 

Zum Hintergrund der Aktion des EU-Parlaments: Am 18. April 2011 hat das ungarische Parlament die neue Verfassung angenommen, die am 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist. Am 17. Januar 2012 hat die Europäische Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn in drei Angelegenheiten eingeleitet und hat daher auch Regierungschef Victor Orban bereits am 18. Januar nach Straßburg zitiert: in Bezug auf die Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank, die Herabsetzung des verbindlichen Ruhestandsalters von Richtern von 70 auf 62 Jahre und die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde. Die Kommission hat die staatlichen Stellen Ungarns außerdem um weitere Informationen über die Unabhängigkeit der Justiz ersucht hat. Die ungarische Regierung hat einen Monat Zeit, um darauf zu reagieren.

Donnerstag, 16. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Lauter fesche Katzen in Wien – Kritik Musical CATS

Vor vielen Jahren entwickelte Wien sich mit diesem Opus zur Musicalmetropole und löste damit im gesamten deutschsprachigen Raum einen Run auf das Musical als Genre aus: “Cats” (nach den Gedichten von T.S. Eliot / deutsche Texte von Michael Kunze) von Andrew Lloyd Webber (Musik). Bereits zwei Jahre nach der Uraufführung in London und ein Jahr nach Broadway-Premiere startete “Cats” 1983 in Wien und lief hier und nicht weniger als sieben Jahre hindurch unter der Intendanz von Peter Weck äußerst erfolgreich.

Hier waren die Katzen-Rollen unter anderem mit Angelika Milster (sie wurde dadurch bekannt), Steve Barton (der spätere Original Graf Krolock im “Tanz der Vampire”), Ute Lemper (die damit eine Weltkarriere begann) und dem unverwechselbaren und einmaligen und meines Erachtens bis heute in dieser Rolle weltweit unübertroffenen Gordon Bovinet (er wurde künstlerischer Leiter der Vienna Musical School) als Old Deuteronomius besetzt. In Peter Wecks Musicalschule absolvierte übrigens auch der soeben ernannte neue Musicalintendant der Vereinigten Bühnen Wien (VBW), Christian Struppeck, damals seine Ausbildung. Und nun seit Ende Januar bevölkern die Katzen wiederum Wien und treffen sich allabendlich am Müllplatz in der Hoffung auf ein neues, ein besseres Leben, und dies in der Londoner Originalinszenierung (Gillian Lynne) allerdings in deutscher Sprache.

Und das Ergebnis dieser Tourneeproduktion kann sich sehen lassen: Stimmlich ganz besonders war ich (Besetzung am 11. Februar 2011 Abend) von David Arnsperger als Munkustrap und von Eva Maria Bender als Grizabella beeindruckt. Pieter Tredoux als Old Deuteronomius wirkt zwar sehr sympathisch (und er verbleibt während der Pause als “Foto-Motiv auf der Bühne) und singt die tieferen Gesangspassagen durchaus gefällig, aber bei den höheren Tönen (vor allem gemeinsam mit dem Ensemble) hört man ihn schon nicht mehr, was natürlich auch ein Problem der Tonregie (eindeutig ein Schwachpunkt der Produktion) sein könnte. Die weiteren Stimmen waren zwar großteils gut, aber sie blieben, was auch teilweise mit der nicht wirklich perfekten Tontechnik (manchmal- besonders störend ausgerechnet im zweiten Teil von “Erinnerung”- wurde leider auch das Mikrofon viel zu spät aktiviert: das darf eigentlich nicht passieren) im Zelt zusammen hängen mag, manchmal auch textlich schwer verständlich.

Die Inszenierung hingegen hat mich vollends begeistert und genauso auch die Kostümierung und die Masken (nach John Napier). Und auch sonst vom optischen Standpunkt aus kann ich nur sagen: Lauter fesche Katzen. Sensationell waren auch die Choreographie und das tänzerische und schauspielerische Talent der Darsteller, das teilweise das übliche Maß weit überstieg: Manches verlangte den Darstellern gar artistisches Talent ab. Hier gebürt allen Beteiligten ganz großes Lob, so auch dem kleinen, aber guten Orchester unter der Leitung von Heribert Feckler.

Und ja: Der Besuch der Katzen-Show in Neu St. Marx (sie wird noch bis 28.5. in Wien zu Gast sein, anschließend in Köln, Stuttgart und Nürnberg) lohnt sich bei allen verbesserungswürdigen Schwächen allemal: Wann hat man schon die Chance, eines der erfolgreichsten Musicals aller Zeiten live auf der Bühne zu erleben, vor allem, wenn man sich auch selbst zu den Katzenfreunden zählt wie ich. Nähere Informationen zur Tournee-Produktion sind hier abrufbar und Tickets sind hier erhältlich.

Hier können Sie in das Musical Cats (Deutsche Originalaufnahme Wien) und in englische Versionen des Musicals kostenlos reinhören.

Und hier gibts jede Menge Eindrücke in Bildern (Fotos) der ÖBB-CATS-Lok und von Mitgliedern des Ensembles, teils vom Musicalabend selbst, teils von der Eröffnung der Bahnhofcity Wien West am 24.11.2011.

Mittwoch, 15. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Reporter Ohne Grenzen und der Eurovision Song Contest

Der Eurovision Song Contest ist nicht unpolitisch, kritisieren Reporter ohne Grenzen
Grafik: eurovision.de/NDR

“Der Eurovision Song Contest (ESC) ist nicht einfach eine unpolitische Musikveranstaltung, wie die Organisatoren uns weismachen wollen”, sagt ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. “Er findet in einem Land statt, in dem es keine freie Berichterstattung gibt und kritische Journalisten bedroht werden”, so Rediske. Reporter ohne Grenzen fordert daher von der aserbaidschanischen Regierung, die Visavergabe und Akkreditierung für ausländische Journalisten frei und transparent zu gestalten. Unbehinderte Recherche muss vor, während und nach dem ESC sowohl in Baku als auch im Rest des Landes möglich sei. Journalisten dürfen in ihrer Arbeit nicht thematisch beschränkt werden.

Einen Tag vor dem Deutschland-Finale des Eurovision Song Contests (ESC) ruft Reporter ohne Grenzen (ROG) zudem alle am Contest daher alle Beteiligten auf, sich intensiv mit dem Gastgeberland Aserbaidschan auseinanderzusetzen und öffentlich Position zu den Verletzungen der Presse- und Meinungsfreiheit dort zu beziehen. Rediske: “Jury, Journalisten, Produzenten und Sänger – sie alle können und sollten dazu beitragen, dass die Menschenrechtsverletzungen nicht ignoriert werden.”
Zum Eurovision Song Contest versucht die aserbaidschanische Regierung – mit tatkräftiger Hilfe westlicher PR-Agenturen – ihr Land als modernen, offenen Staat zu präsentieren. Als für den Bau einer millionenschweren Veranstaltungshalle im Zentrum Bakus etliche Einwohner mit Gewalt aus ihren Häusern vertrieben wurden, versuchten die Behörden hingegen, eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern. „Die Diskrepanz zwischen der glitzernden PR-Fassade und der bitteren Wirklichkeit Aserbaidschans kann nur eine unabhängige Presse sichtbar machen“, betont ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske.

ROG zählt den aserbaidschanischen Präsidenten Ilcham Alijew zu den Feinden der Pressefreiheit, Journalisten arbeiten in dem südkaukasischen Land unter ständiger Bedrohung. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben lokaler NGOs über 50 Medienvertreter überfallen oder von der Polizei angegriffen, besonders während der Proteste gegen die Regierung im Frühjahr 2011. Immer wieder werden Journalisten und Blogger aus fadenscheinigen Gründen verhaftet. Awas Sejnalli, Chefredakteur der Zeitung Chural, sitzt seit Ende Oktober 2011 im Gefängnis, nachdem er in Artikeln den autokratisch regierenden Präsidenten Ilcham Alijew kritisiert hatte. Gegen mehrere Blogger, die im Frühjahr zu Protesten aufgerufen hatten, wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Morde an den Journalisten Elmar Husejnow (2005) und Rafik Tagi (2011) sind bis heute nicht aufgeklärt.

Dienstag, 14. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Run auf Whitney Houston-Downloads


Die Musiklegende Whitney Houston verstarb aus noch nicht gänzlich geklärten Ursachen vor wenigen Tagen plötzlich. Der Tod der erst 48-Jährigen löste einen regelrechten Download-Boom aus, wie media control berichtet. Demnach wurden allein in Deutschland am Sonntag rund 100 Mal so viele Houston-Alben heruntergeladen wie noch einen Tag vor ihrem tragischen Tod.

Auch Single-Downloads waren begehrt und stiegen auf mehr als das 28-fache an. Whitney Houstons Single-Downloads führt der “Bodyguard”-Titelsong “I Will Always Love You” an. “One Moment In Time” und “I Wanna Dance With Somebody” belegen die Positionen zwei und drei.

Aktuell meistverkauftes digitale Album der sechsfachen “Grammy”-Preisträgerin ist “The Ultimate Collection”, das ihre größten Hits in einer Zusammenstellung vereint. Es war am Sonntag gleichzeitig das am häufigsten heruntergeladene Album überhaupt. Houstons zweit- und drittbeliebtester Album-Download sind “The Essential Whitney Houston” und der Soundtrack zum 1990er-Jahre-Liebesthriller “The Bodyguard”.

Und hier können Sie in die großartige Musik der Pop & Soul-Diva Whitney Houston kostenlos reinhören:

 

 

Montag, 13. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Ö-Sparpaket: Verhaltene Zeichen und Wunder und Opfer

 

Bundeskanzler Faymann (rechts) und Vizekanzler Spindelegger (links) bei der Präsentation des Sparpakets

Nein, es ist nicht schlecht, was Österreichs Bundesregierung (Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger) da am Freitag nach 10 mühsamen Wochen Verhandelns aus dem Sparhut gezaubert hat: Es ist wichtig und richtig, dass Spitzenverdiener (ab 182.000 Euro jährlich gestaffelt), in Zeiten der notwendigen Einsparungen (vgl. meinen Kommentar “Der Weg aus dem Würgegriff der Finanzmärkte”) zusätzlich zu den bestehenden Steuern noch einen “Solidarbeitrag” zur Budgetsanierung von bis zu 6,28 Prozent zahlen müssen. Aber meine Frage an die dies nur begrenzt fordernde ÖVP: warum nur vorübergehend bis 2016?

Dass es aber bei der Pensionsversicherung überhaupt eine Höchstbeitragsgrundlage gibt (sie beträgt bislang 4.230 Euro und wird nun auf 4.410 Euro angehoben), ist mir vollkommen unverständlich. Diese “Grenze” gehört ersatzlos gestrichen. Gott sei Dank aber kommt (hoffentlich!) -dank ÖVP- die so genannte (von grün und rot geforderte) “Vermögenssteuer” nicht. Dafür könnte man tatsächlich Luxusgüter (z.B. Luxusautos und -Wertgegenstände) höher besteuern. Kapitalbesteuerung (also Besteuerung des Geld-Kapitals und von Luxusgütern): ja. Vermögenssteuern: nein danke. Meinen diesbezüglichen Standpunkt habe ich in meinen vorhergehenden Kommentaren (vgl. u.a.: “Die Schuldenbremse und der falsche Weg” und “Schuldenbremse jetzt”) bereits zur Genüge begründet.

rechts: Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ); links: Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP)

Dass die Umwidmung von Grund und Boden von Grünland zu Bauland bisher steuerfrei war, war schwer nachvollziehbar, weil hier vielfach hochspekulativ und teils auch höchst unmoralisch beim Kauf agiert wurde. Dass Gewinne aus solchen Spekulationen künftig besteuert werden, ist gerecht. Dass die Spekulationsfrist bei Immobilien wegfällt (Ausnahme Erstwohnungen), ist hingegen einerseits aus Staatssicht verständlich, aber aus Sicht von Betroffenen sorgt diese Maßnahme mit Sicherheit dafür, dass weniger investiert wird: Sinnvoll in diesem Fall wäre also, diese geplante 25 Prozent-Besteuerung auf Immobilienverkaufs-Gewinne nach 10 Jahren nur dann einzuheben, wenn diese nicht weiter in den Immobilienbereich investiert werden: so würde man die Investitionsfreudigkeit und damit die Wirtschaft fördern.

Wenn alle zur Kasse gebeten werden müssen, warum die Bauern nicht? Natürlich ist es sinnvoll, dass auch sie (wie alle anderen auch) Spritsteuer bezahlen und dass sie gemeinsam mit den Selbständigen (bisher 17,5 Prozent) nun 18,5 Prozent (bisher 15,5 Prozent) in die Pensionskasse einzahlen. Im ASVG-Bereich zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immerhin gemeinsam 22,8 Prozent hierfür ein. Dass aber künftig die staatlichen Prämien für Bausparverträge und private Pensionsvorsorge gekürzt werden, ist gänzlich der falsche Weg: Dies muss raschestens wieder rückgängig gemacht werden.

Und es ist sogar notwendig, dass auch bei den Pensionen eingespart wird: und sogar lobenswert finde ich, dass in Zeiten der notwendigen Sparsamkeit zwar die Pensionen der kommenden Jahre sich grundsätzlich um etwa ein Prozent unter der Inflationsrate erhöhen werden, dass Kleinpensionen (unter 1000 Euro, das sind laut Kanzler Faymann 60 Prozent Betroffene) von diesem Einschnitt jedoch nicht betroffen sind. Nicht betroffen sind leider aber auch Hacklerregelungen und -wenn man schon immer für Gleichberechtigung ist- für das selbe Pensionsalter von Frauen und Männern, was mit Sicherheit der SPÖ zu “verdanken” ist.

Kanzler Faymann

Das eigentliche Problem bezüglich Pensionen aber wurde nicht wirklich angepackt: Ab 2014 ist zwar die Umstellung aller auf das “Pensionskonto” geplant, was schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Es wird künftig zwar finanziell erschwert, in Frühpension zu gehen. Leider aber wurde gerade diesbezüglich bei der ÖBB dank Klientel-Politik der SPÖ auch nicht wirklich der Rotstift angesetzt, was jeden Steuerzahler auch weiterhin viel Geld kosten wird. Die jetzt vorgesehenen Maßnahmen, um das in Österreich übliche Frühpensionistentum (aktuell: Männer mit 59, Frauen mit 57 Jahren) auf ein Mindestmaß zu reduzieren und das effektive Pensionsalter dem vorgeschriebenen anzunähern, werden also keinesfalls reichen: sie sind einfach zahnlos: hier müssen effektive Maßnahmen her:

Es ist zwar sinnvoll, dass Arbeitgeber künftig bei Kündigung von über 50-Jährigen einen “Arbeitsmarktbeitrag” leisten müssen. Aber 110 Euro sind bitte mehr als lächerlich. Sinnvoller wären die vor Verkündung des Sparpaket angedeuteten (aber dann verschwundenen?)  drastischen Strafen für Unternehmen, die langjährige Mitarbeiter ohne Notwendigkeit vor dem Erreichen des Pensionsalters kündigen. In diesem Zusammenhang müssten sich aber auch die Gewerkschaften bewegen, damit die langjährigsten Mitarbeiter nicht automatisiert und undifferenziert die höchsten Löhne erhalten: “Normale” Löhne auch kurz vor der Pensionierung würden wohl einigen Unternehmen das Behalten ihrer verdienten Mitarbeiter erleichtern.

Auch die Einschnitte im Beamtenbereich sind sinnvoll vor allem der geplante “Aufnahmestopp” (außer bei Polizei, Justiz und Lehrern). Da Beamte zudem sowieso automatisch durch Biennienssprünge 1,8 Prozent Gehaltszuwächse pro Jahr erhalten, sind die angekündigte Nullohnrunde und die Minigehaltserhöhung im folgenden Jahr wohl für die meisten Staatsdiener nicht weiter problematisch. Ich hoffe jedoch, dass Bundes-Vertragsbedienstete (also angestellte Nicht-Beamte), welche keine Bienniensprünge zu erwarten haben, sehr wohl zu Gehaltssteigerungen zumindest in Höhe der Inflation kommen.

Vizekanzler Spindelegger

Und ebenfalls sinnvoll ist, dass auch die Zahl der Nationalratsabgeordneten von derzeit 183 auf künftig 165 (mit 16 anstatt bisher 18 Minstern) sinken und die Zahl der Bundesräte auch geringfügig verkleinert werden soll. Da der Bundesrat aber im Prinzip keine gesetzgebende Funktion hat, sondern “nur” existiert, stellt sich in Zeiten notwendiger Sparsamkeit die Frage nach seiner Daseinsberechtigung. Da der Föderalismus und die Mitbestimmung der Länder aber durchaus ihren Platz haben sollen, empfehle ich hier, entweder ein neues kleines Bundesrats-Gremium, bestehend aus den jeweiligen Landeshauptleuten und zwei weiteren vom Landtag zu wählenden Personen zu schaffen oder aber noch besser den jeweiligen Landeshauptleuten auch in der Bundesregierung (sofern der Standpunkt der Landeshauptleute hier einstimmig ist) ein Vetorecht zu gewähren.

Und überhaupt wurde in der öffentlichen Verwaltung und in den Strukturen entgegen den Wirtschaftsfachleuten kaum bis nichts reformiert. Das kann so nicht weitergehen. Die Reformen sowohl im Gesundheitsbereich (und hier meine ich ausnahmslos Einsparungen in der Verwaltung und nicht im sozialen und medizinischen Bereich) als auch sonst im Öffentlichen Dienst müssen kommen. Sonst haben wir im kommenden Jahr das nächste Sparpaket. Und sollte die SPÖ (aus welchen Gründen auch immer) weiterhin die eigentlich schon beschlossene Transparanz-Datenbank verhindern, bleibt die jetzt beschlossene Aussetzung von Doppel- und Mehrfachförderungen nur ein sinnloser Papiertiger. Zudem gehört der österreichische Förderdschungel endlich grundsätzlich durchforstet.

Aber, und das befürchte ich genauso wie die Wirtschaftsforscher: dieses Sparpaket wird auf Dauer leider nicht ausreichen. Schon weil weiterhin riesige Geldsummen von EU-Seite in Pleite-Staaten gepumpt werden müssen. Und auch wenn die FPÖ-Idee dazu (Zahlungen verweigern) durchaus sympathisch klingen mag: Wenn man eine Gemeinschaft bildet, hat man sich gefälligst auch an die gemeinsam vereinbarten Spielregeln zu halten. Dennoch sind die im Sparpaket enthaltenen geplanten Zusatzeinnahmen durch Kooperation mit dem Steuerparadies Schweiz und durch eine (sehr zu begrüßende) Finanztransaktionssteuer bislang nichts als Luftburgen.

Dieses soeben vorgestellte Sparpaket wird also nicht halten, auch weil in Österreich grundsätzlich nur bis zu den nächsten Nationalratswahlen vorausgeplant wird: Wen wunderts da schon, dass es so ist wie es ist und dass die Zahl der über die Politik Frustrierten immer mehr zunimmt. Provisorisch aber doch Lob und Tadel von meiner Seite: es hätte schlimmer, viel schlimmer (auch für den Wirtschaftsstandort Österreich) kommen können. Aber die SPÖ denkt ja jetzt so kurz nach der Einigung schon wieder laut über neue Vermögenssteuern nach.  Und dies, nachdem erst am Freitag dieses angeblich “fixe” Sparpaket geschnürt wurde. Kein Wunder aber bei diesen Populisten, wenn sie nach den neuesten Umfragen nun -aus welchen Gründen auch immer- angeblich die Nummer Eins in der Wählergunst sind. Felix Austria und: Nach dem Sparpaket ist wieder zurück an den Start sag ich dazu nur, wenn Populismus von der Bevölkerung offenbar sosehr honoriert wird…

Sonntag, 12. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

ÖJC: ACTA ist autoren- und internetfeindlich

EU-Kommissar Johannes Hahn im Gespräch mit ÖJC-Präsident Fred Turnheim

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) lehnt das geplante Anti-Piraterie-Abkommen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) als “internet- und autorenfeinlich” ab. Der ÖJC kritisiert zudem “zu schwammige Formulierungen und rein unternehmensorientiertes Denken”, das den Entwürfen zugrundeliege und fordert daher die österreichischen Abgeordneten auf, gegen das Anti-Piraterie-Abkommen zu stimmen.

Kritik an der “Heimlichtuerei” rund um die amerkanischen Gesetzesvorschläge für Europa kommt auch vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV): “Journalistinnen und Journalisten leben von ihrer kreativen Arbeit. Das muss auch in Zukunft möglich sein. Ohne einen wirksamen Schutz des geistigen Eigentums würde vor allem freien Journalistinnen und Journalisten die berufliche Perspektive entzogen,” mahnt DJV-Präsident Michael Konken: Mit der Heimlichtuerei habe man aber Proteste gegen ACTA provoziert und den berechtigten Urheberinteressen einen Bärendienst erwiesen. Die deutsche Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche ihre Unterschrift unter ACTA verweigert.

“ACTA ist einseitig, schwammig  und  unsachlich und gegen die Rechte der Autoren formuliert”, erklärt ÖJC-Präsident Fred Turnheim , der bereits in den vergangenen Jahren mehrfach EU-Parlamentarier vor dem starken Einfluss der Unternehmenslobbyisten auf die Urheberrechtsgesetzgebung in Brüssel gewarnt hat. “Dieses Abkommen hilft aber nur den Unternehmen und ist ein Copyright-Abkommen im schlechtesten amerikanischen Sinn”: Das Abkommen wurde nur mit den Unternehmen verhandelt, Contentproduzenten waren nicht eingeladen. Weder die Interessen der User, noch die der Autoren werden geschützt, sondern rein die Verkaufsinteressen der Unternehmen, so der ÖJC.

Der ÖJC spricht sich hingegen für klare Urheberechtsregelungen im Rahmen der Europäischen Union (EU) aus: in erster Linie zum Schutz des geistigen Eigentums der Journalistinnen und Journalisten, der Pressefotografen und Kameraleute.  Der ÖJC  spricht sich aber deutlich gegen die Einführung des amerikanischen Copyrights auf dem europäischen Kontinent aus. Dieser ACTA- “Handelspakt” geht auf eine Initiative der USA und Japans zurück und verfolgt in erste Linie die Interessen der Industrie dieser Staaten. Der ÖJC verlangt eine Fortsetzung der für die Contentproduzenten besseren Regeln im Urheberrecht. “Eine Einschränkung des Internets liegt nicht im Interesse der Journalisten”, sagt ÖJC-Präsident Turnheim.

Der ÖJC ersucht daher die österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament, diesem Abkommen nicht zuzustimmen. Die Ratifizierung des ACTA-Abkommen in Österreich muss sofort gestoppt werden. Der ÖJC ruft zudem alle Organisationen auf, künftig gemeinsam ihre Interessen in Brüssel zu vertreten, um stärker für die Interessen dieser Berufsgruppen eintreten zu können.

Freitag, 10. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Lebensmittel: Wien ist teurer als Berlin

Auch wenn die Lebensmittelpreise in Wien von August bis November 2011 um 4 Prozent gesunken sind: Im Vergleich zu Berlin sind sie immer noch um 10 Prozent teurer. Dies belegt das aktuelle Preismonitoring der Arbeiterkammer Wien (AK) bei acht Wiener Supermärkten und Diskontern. Demnach wurde der Warenkorb in Berlin im selben Zeitraum um einen Euro teurer. Bei diesem Test handelt es jedoch ausdrücklich um keinen Qualitätsvergleich. Der Preisrückgang in den letzten drei Monaten in Wien ist laut AK vor allem auf fallende Preise bei Obst und Gemüse (bis zu 43 Prozent günstiger) und Convenience-Tiefkühlprodukten (bis zu 24 Prozent günstiger) zurückzuführen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der “Konsument” bei einem Gesamtvergleich Österreich-Deutschland im Dezember 2011.

Ein Warenkorb mit 40 Lebensmitteln kostete laut AK in Wien 79 (netto 71) Euro, in Berlin 72 (netto 67) Euro. Während Kaffee, Tafelessig und Cola in Österreich viel günstiger sind, kosten die meisten anderen Lebensmittel in Deutschland viel weniger. Besonders auffällig sind die Preisunterschiede bei unverarbeiteten Lebensmitteln wie Fleisch, Milch, Zucker oder Mehl. Hühnerkeulen kosten in Wien sogar mehr als doppelt so viel wie in Berlin. Dabei ist jeweils das günstigste Lebensmittel untersucht worden. Das ist mit Qualitätsunterschieden alleine nicht mehr zu erklären. “Es gibt also nach wie vor einen Österreich-Aufschlag”, vermutet AK Präsident Herbert Tumpel: “Der Wirtschaftsminister sollte überprüfen, wo solche Preisaufschläge zustande kommen: schon beim Bauern, bei den Zwischenlieferanten oder erst im Handel wegen der hohen Supermarktkonzentration in Österreich”, fordert Tumpel.

Wien ist auch teurer als Köln: Für Babynahrung, Pflege- und Reinigungsmitteln zahlen Konsumenten in Wiener Drogeriemärkten um ein Drittel mehr als in Köln. Dieselben Markenprodukte sind in Wien, auch wenn die unterschiedliche Mehrwertsteuer herausgerechnet wird – also netto – deutlich teurer. Dies belegte  ein AK Preismonitoring von insgesamt 301 Produkten bei den Drogeriemärkten Schlecker, Müller und DM in Wien und in Köln im Oktober 2011: “Babynahrung, Cremen, Geschirrspülmittel, Duschgels oder Weichspüler sind in heimischen Drogeriemärkten im Durchschnitt um 33,4 Prozent teurer als in Köln“, so die AK damals.

Und auch beim AK-Vergleich von identen Lebensmitteln zwischen Wien und München im Mai 2011 geht Deutschland als Preis-Sieger hervor: Idente Produkte (insgesamt 53 wurden vergleichen) kosten in Wien um durchschnittlich 16 Prozent mehr als in München. Das zeigt ein aktueller AK Preistest von 53 Lebensmitteln bei vier Supermärkten in Wien und München. “Unfassbar, dass die Konsumenten bei uns bei fast allen Produkten draufzahlen”, sagt AK Präsident Herbert Tumpel. “Auch bei Sprit und Energie dreht sich die Preisschraube weiter nach oben. Daher muss die Regierung Maßnahmen gegen die Teuerung einleiten”, so Tumpel.

Donnerstag, 9. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

“Stern” wird offiziell “investigativ”

Das deutsche Nachrichtenmagazin “Stern” ist seit gestern auch offiziell “investigativ”. Die stern-Unit Investigative Recherche bündelt ab sofort online einen digitalen Briefkasten für Informanten, einen Recherche-Blog, Projekte sowie aktuelle Beiträge der insgesamt sieben Recherchespezialisten.

Der digitale Briefkasten bietet Informanten die Möglichkeit, den “Stern”-Journalisten Hinweise über unbekannte Missstände und kriminelle Machenschaften zu übermitteln und dabei als Absender anonym zu bleiben. Neben Nachrichten können auch Dokumente in allen gängigen Formaten hochgeladen werden. Darüber hinaus finden User der Seite Details zu dem Redaktionsteam aus Online-Rechercheuren und Aktenspezialisten, Factcheckern und einer Datenjournalistin: in Form ihrer Schwerpunktthemen, Referenzartikel und Kurzbiografien.

Im Blog der Seite beleuchten die Rechercheure zukünftig auch unveröffentlichte Hintergründe und neue Entwicklungen zu Geschichten. Ergänzt werden sie z.B. durch digitale Infografiken aus dem Bereich des Datenjournalismus und persönliche Randnotizen. Die englische Subsite der neuen Adresse öffnet die wichtigsten Bausteine dieses Angebots auch für User international. Oliver Schröm, Leiter des Teams Investigative Recherche beim stern: “Unser Ziel ist es, eine vertrauenswürdige Adresse zu schaffen und sie als Referenz zu etablieren, sowohl für Informanten als auch für interessierte Leser.”

Gegründet im Juni 2010 arbeitet die Unit Investigative Recherche unter der Leitung von Oliver Schröm themenübergreifend zusammen mit den verschiedenen Ressorts der stern-Redaktion. Zu den teils international beachteten Scoops dieser Arbeit gehören u. a. das weltweit einzige Interview mit dem untergetauchten Liechtensteiner Datendieb Heinrich Kieber, die Enthüllung eines asiatischen Mafiarings, der weltweit Fußball-Länderspiele manipulierte, sowie die Hintergründe zur Rekrutierung von Dschihad-Kriegern in Deutschland.

Mittwoch, 8. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Mietpreisstudie: Tokio, London und Moskau weltweit am teuersten

Mieten weltweit
Tabelle: ECA International

Tokio hat nach wie vor weltweit das höchste Mietpreisniveau, gefolgt von London und Moskau. Dies geht aus der neusten Mietpreisstudie „Accommodation Reports” von ECA International hervor. Darin untersucht das Personalberatungsunternehmen die Mietpreise für Dreizimmerwohnungen für ausländische Geschäftsleute an weltweit über 130 Standorten. Innerhalb Europas ist eine unmöblierte Dreizimmerwohnung in der Londoner Innenstadt am teuersten – mit einer Monatsmiete von 2500 Euro. Im weltweiten Vergleich belegt die britische Metropole hinter Tokio Platz zwei.

In Deutschland müssen Mieter für eine Dreizimmerwohnung mit circa 80 Quadratmetern in einer gehobenen Wohnlage in Frankfurt am tiefsten in die Tasche greifen. Während im europäischen Ranking auf London (2.500 Euro) und Moskau die Städte Genf, Stockholm und Zürich folgen, liegt Wien in Österreich bei Wohnungen für internationale Geschäftsleute auf dem 16. Platz. Und die EU-Hauptstadt Brüssel liegt europaweit an 26. und weltweit an 68. Position.

Mieten europaweit
Tabelle: ECA International

London hat Moskau als Stadt mit dem höchsten Mietniveau in Europa auf Platz 2 verdrängt. Am drittteuersten in Europa ist Genf (weltweit Platz 7). Schlusslicht ist Sarajevo (weltweit 117.). Europaweit hat das Mietniveau um 2,6 Prozent angezogen: Damit kostet eine Dreizimmerwohnung durchschnittlich 1090 Euro monatlich. Im Vorjahr waren die Mieten um noch vier Prozent gestiegen; dies trifft in diesem Jahr nur noch auf Deutschland zu. Der weltweit durchschnittliche Mietpreis für eine 80-Quadratmeter-Dreizimmerwohnung beträgt 1110 Euro.

Die teuerste deutsche Stadt ist Frankfurt und liegt an der 20. Position in Europa. Die Bankenmetropole liegt weltweit auf Rang 55 und ist etwas teurer als München (weltweit 57.). Hamburg (64.) und Düsseldorf (80.) folgen vor Berlin. Berlin (85.) ist damit die billigste untersuchte Stadt in Deutschland, hier kostet eine Vergleichswohnung durchschnittlich 775 Euro monatlich.

Tokio bleibt trotz der Katastrophen in Japan im vergangenen Jahr die Stadt mit den weltweit höchsten Mieten. Insgesamt sind die Mietpreise im Jahresvergleich zwar gefallen, allerdings wandern monatlich derzeit für eine Dreizimmerwohnung immer noch circa 3200 Euro auf das Vermieterkonto. Am günstigsten ist Wohnraum für Expatriates im pakistanischen Karatschi.

Innerhalb Asiens folgen auf Tokio Hongkong (5. Platz weltweit) und Singapur (6.). In Amerika bleiben Mietwohnungen im venezolanischen Caracas (weltweit 4. Platz) und im kolumbianischen Bogota (9.) am teuersten – hier leben Ausländer in kostspieligen besonders abgesicherten Wohnlagen. In Nordamerika sind die Mietpreise nur in San Francisco (weltweit 13.) höher als in New York (18.). Im Nahen Osten müssen Expatriates für eine Wohnung in Abu Dhabi (weltweit 11. Platz) am tiefsten in die Tasche greifen. Dubai hingegen landet im diesjährigen Ranking nur noch auf Platz 39.

Dienstag, 7. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Heute ist Safer Internet Day 2012

Heute ist der Safer Internet Day 2012: Zeit, vielleicht sein Internetverhalten zu überdenken, empfiehlt der TÜV Rheinland. 2011 meldete das deutsche Bundeskriminalamt für die zurückliegenden zwölf Monate im Bereich Internetkriminalität einen Schaden in Höhe von rund 61,5 Millionen Euro und eine Steigerungsrate von 19 Prozent. Insbesondere durch den Boom des mobilen Internets hat sich die Zahl der Opfer binnen eines Jahres auf sieben Millionen Menschen verdoppelt.

Weltweit nehmen bereits mehr als 60 Länder den von der Europäischen Union (EU) initiierten Safer Internet Day (www.saferinternet.org) am 07. Februar 2012 zum Anlass, um auf das Thema Internetsicherheit aufmerksam zu machen. Er steht unter dem Motto “Gemeinsam die Online-Welt entdecken – aber sicher!” und soll den generationenübergreifenden Austausch zum Thema Internetsicherheit fördern.

“Gleich, ob der User von zuhause oder von unterwegs aus ins Netz geht, jeder sollte sich über die Sicherheitsrisiken im Klaren sein, die mit dem Surfen verbunden sind”, erklärt Olaf Siemens, Geschäftsführer der TÜV Rheinland i-sec anlässlich des Safer Internet Day am 7. Februar 2012. An diesem Tag gibt es europaweit, so auch in Österreich zahlreiche Aktionen, die für eine sichere und verantwortungsbewusste Nutzung des Internets sensibilisieren.

Dass Österreichs Kinder immer früher im Internet unterwegs sind, darauf weist saferinternet.at hin: Damit Kinder das Web sicher nutzen und lernen, die Konsequenzen ihres Handelns im Netz zu bedenken, sind besonders die Eltern immer stärker gefordert. Im Alltag kommt die Medienerziehung allerdings oft zu kurz. Das zeigt eine aktuelle Studie von Saferinternet.at, die im Vorfeld des Safer Internet Day im österreichischen Bundeskanzleramt präsentiert wurde. Saferinternet.at ruft in diesem Zusammenhang Eltern dazu auf, sich stärker für die verantwortungsvolle Internetnutzung ihrer Kinder zu engagieren und sie beim Einstieg in die Online-Welt zu begleiten. Das Bundeskanzleramt und Saferinternet.at informierten zudem über den heute stattfindenden Aktionstag und sprachen sich für eine weitere Förderung von Medienkompetenz und Verbesserung der Internetsicherheit aus.

Zu einigen Studienvergebnissen im Detail: Die Hälfte der Eltern von Kindern zwischen 11 und 16 Jahren hat immer wieder Schwierigkeiten rund um die Internet- und Handynutzung ihres Kindes. Das Hauptproblem aus Sicht der betroffenen Eltern: Ihre Kinder verbringen zu viel Zeit vor dem Bildschirm (54%). Mit deutlichem Abstand folgen hohe Handyrechnungen, die in mehr als jeder dritten Familie (38%) Streitpotenzial bieten. Zu den weiteren Problemen der Eltern zählen das Ansehen ungeeigneter Online-Inhalte (23%), nicht altersadäquate Computerspiele sowie Computer-Viren (je 20%) und das Preisgeben von persönlichen Daten im Internet (14%). Die Antwort der Eltern muss laut saferinternet.at lauten: Interesse an den Aktivitäten im Web zeigen und mit den Kindern über das Erlebte sprechen. Während 88 Prozent der befragten Eltern angeben, dass sie darüber Bescheid wissen sollten, was ihre Kinder im Internet machen, zeigt die Praxis ein anderes Bild: Nur etwas mehr als die Hälfte kann auch wirklich behaupten, dass dies in der Realität zutrifft.

Fast zwei Drittel der österreichischen Eltern vereinbaren laut Studie gemeinsam mit ihrem Kind Regeln rund um die Internetnutzung. Zu diesen zählen zum Beispiel, dass das Kind nicht (alleine) online einkaufen darf, die zeitliche Beschränkung der Nutzungsdauer, ein Verbot, persönliche Daten preiszugeben, aber auch das Herunterladen von Filmen oder Videos ohne Erlaubnis sowie ein Verbot, bestimmte Websites zu besuchen. Die österreichische Initiative Saferinternet.at beauftragte das market Institut mit einer Studie zum Thema “Eltern und Interneterziehung”. In persönlichen Interviews wurden 420 Eltern aus ganz Österreich mit Kindern im Alter von 6 bis 16 Jahren zu ihren Erfahrungen, Sorgen sowie Wünschen rund um das Thema Interneterziehung befragt.

Im Rahmen des 9. Safer Internet Day am heutigen 7. Februar 2012 präsentiert die Initiative Saferinternet.at ein umfassendes Informationspaket für Eltern, das neben Ratgebern auch praktische Tipps für den Alltag beinhaltet. Darüber hinaus verrät ein neuer Elterntest auf www.saferinternet.at, welcher “Elterntyp” man bei der Interneterziehung ist. Doch nicht nur rund um den Safer Internet Day werden Internetsicherheit und Medienkompetenz bei Saferinternet.at großgeschrieben. Die EU-Initiative unterstützt Österreichs Eltern das ganze Jahr über mit umfassenden Informationsangeboten. Alleine im Jahr 2011 wurden 10.200 Eltern im Rahmen von Workshops und Veranstaltungen informiert. Diese können auf www.saferinternet.at gebucht werden. Das Veranstaltungsservice wird 2012 weiter ausgebaut. 2012 stellt Saferinternet.at außerdem den neuen Elternratgeber “Handy, Smartphone & Co” vor.