Mit ‘Steve Barton’ getaggte Artikel

Donnerstag, 16. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Lauter fesche Katzen in Wien – Kritik Musical CATS

Vor vielen Jahren entwickelte Wien sich mit diesem Opus zur Musicalmetropole und löste damit im gesamten deutschsprachigen Raum einen Run auf das Musical als Genre aus: “Cats” (nach den Gedichten von T.S. Eliot / deutsche Texte von Michael Kunze) von Andrew Lloyd Webber (Musik). Bereits zwei Jahre nach der Uraufführung in London und ein Jahr nach Broadway-Premiere startete “Cats” 1983 in Wien und lief hier und nicht weniger als sieben Jahre hindurch unter der Intendanz von Peter Weck äußerst erfolgreich.

Hier waren die Katzen-Rollen unter anderem mit Angelika Milster (sie wurde dadurch bekannt), Steve Barton (der spätere Original Graf Krolock im “Tanz der Vampire”), Ute Lemper (die damit eine Weltkarriere begann) und dem unverwechselbaren und einmaligen und meines Erachtens bis heute in dieser Rolle weltweit unübertroffenen Gordon Bovinet (er wurde künstlerischer Leiter der Vienna Musical School) als Old Deuteronomius besetzt. In Peter Wecks Musicalschule absolvierte übrigens auch der soeben ernannte neue Musicalintendant der Vereinigten Bühnen Wien (VBW), Christian Struppeck, damals seine Ausbildung. Und nun seit Ende Januar bevölkern die Katzen wiederum Wien und treffen sich allabendlich am Müllplatz in der Hoffung auf ein neues, ein besseres Leben, und dies in der Londoner Originalinszenierung (Gillian Lynne) allerdings in deutscher Sprache.

Und das Ergebnis dieser Tourneeproduktion kann sich sehen lassen: Stimmlich ganz besonders war ich (Besetzung am 11. Februar 2011 Abend) von David Arnsperger als Munkustrap und von Eva Maria Bender als Grizabella beeindruckt. Pieter Tredoux als Old Deuteronomius wirkt zwar sehr sympathisch (und er verbleibt während der Pause als “Foto-Motiv auf der Bühne) und singt die tieferen Gesangspassagen durchaus gefällig, aber bei den höheren Tönen (vor allem gemeinsam mit dem Ensemble) hört man ihn schon nicht mehr, was natürlich auch ein Problem der Tonregie (eindeutig ein Schwachpunkt der Produktion) sein könnte. Die weiteren Stimmen waren zwar großteils gut, aber sie blieben, was auch teilweise mit der nicht wirklich perfekten Tontechnik (manchmal- besonders störend ausgerechnet im zweiten Teil von “Erinnerung”- wurde leider auch das Mikrofon viel zu spät aktiviert: das darf eigentlich nicht passieren) im Zelt zusammen hängen mag, manchmal auch textlich schwer verständlich.

Die Inszenierung hingegen hat mich vollends begeistert und genauso auch die Kostümierung und die Masken (nach John Napier). Und auch sonst vom optischen Standpunkt aus kann ich nur sagen: Lauter fesche Katzen. Sensationell waren auch die Choreographie und das tänzerische und schauspielerische Talent der Darsteller, das teilweise das übliche Maß weit überstieg: Manches verlangte den Darstellern gar artistisches Talent ab. Hier gebürt allen Beteiligten ganz großes Lob, so auch dem kleinen, aber guten Orchester unter der Leitung von Heribert Feckler.

Und ja: Der Besuch der Katzen-Show in Neu St. Marx (sie wird noch bis 28.5. in Wien zu Gast sein, anschließend in Köln, Stuttgart und Nürnberg) lohnt sich bei allen verbesserungswürdigen Schwächen allemal: Wann hat man schon die Chance, eines der erfolgreichsten Musicals aller Zeiten live auf der Bühne zu erleben, vor allem, wenn man sich auch selbst zu den Katzenfreunden zählt wie ich. Nähere Informationen zur Tournee-Produktion sind hier abrufbar und Tickets sind hier erhältlich.

Hier können Sie in das Musical Cats (Deutsche Originalaufnahme Wien) und in englische Versionen des Musicals kostenlos reinhören.

Und hier gibts jede Menge Eindrücke in Bildern (Fotos) der ÖBB-CATS-Lok und von Mitgliedern des Ensembles, teils vom Musicalabend selbst, teils von der Eröffnung der Bahnhofcity Wien West am 24.11.2011.

Freitag, 11. Juni 2010, von Elmar Leimgruber

Die Vögel der Nacht erobern Wien – Musical-Kritik: “Tanz der Vampire”

Thomas “Graf von Krolock” Borchert mit “Sarah” Marjan Shaki
Foto: © VBW, Brinkhoff-Mögenburg

Den “Tanz der Vampire” (nach dem gleichnamigen Film von Roman Polanski) als Musicaluraufführung in Wien hatte ich seinerzeit schon 1998 live erlebt. Und ich war damals schon inhaltlich fasziniert und musikalisch bewegt, enthält dieses Musical doch äusserst bekannte Welterfolge von Bonnie Tyler und von Meat Loaf. Beide Stars wurden damals nicht nur vom Musikmagier Jim Steinman produziert, sondern er schrieb auch vielfach deren Songs. Die ganz besonderen Highlights jener Zeit sind sicherlich “Objects In The Rear Mirror May Appear Closer Than They Are” von Meat Loaf und “Total Eclipse of The Heart” (war in den 80ern in zahlreichen Ländern ein Nummer 1-Hit) von Bonnie Tyler , die beide ins Musical einflossen als “Die unstillbare Gier” und “Totale Finsternis”.

Buch und Liedtexte stammen von Michael Kunze, der sich auch im Musicals unter anderem durch “Elisabeth“, “Mozart” und “Rebecca” einen Namen gemacht hat und der 2005 den Echo und 2010 den Musikautorenpreis -in beiden Fällen für sein Lebenswerk- erhielt.

“Professor Abronsius” Gernot Kranner
Foto: © VBW, Brinkhoff-Mögenburg

Steve Barton, jener Star aus der Weltauraufführung des Musicals in Wien, verkörperte die Rolle des Grafen schon sehr gut. Aber -und das muss ich an dieser Stelle betonen-: Thomas Borchert ist der abolute Wahnsinn, was Gesangeskunst und Interpretation betrifft: Diser schlanke Mann ist ein Musikenergie-Bündel, das seinesgleichen sucht und vermutlich nicht findet: Er verkörpert nicht nur den Vampirgrafen von Krolock: ja er ist es: so angsteinflössend und mächtig wirkt er auf der Bühne: Absolut Top. Ich kann mir keinen Darsteller und Sänger vorstellen, der diese Rolle authentischer darstellen und kraftvoller singen und interpretieren könnte wie Borchert: ein Genuss für für alle Sinne.

Gernot Kranner war bereits der Professor Abronsius der Uraufführung 1997. Und damals wie heute ist er auch die Optimalbesetzung für diese Rolle: Er ist ein hervorragender Schauspieler, ein genialer Comedian und ein wunderbarer Sänger.

Marjan Shaki ist spätestens seit “Romeo und Julia” eine der ganz Grossen unter den jungen Musicaldarstellerinnen. Und der Rolle der vom Grafen magisch angezogenen Sarah ist sie nicht nur vollends gewachsen, sondern ist sie glänzt durch Perfektion. In der von mir besuchten Vorstellung des Musicals am 7. Juni 2010 interpretierte nicht Lukas Perman den Abronsius-Schüler und in Sarah verliebten Alfred, sondern Sebastian Smulders. Smulders (der mir übrigens schon in “Frühlingserwachen” positiv aufgefallen ist) ist ein exzellenter Schauspieler mit komödiantischem Talent und auch ein ausgezeichneter Sänger, der die Rolle des Alfred bestens, jedenfalls nicht störend “schnulzig” interpretiert. Daher bin ich eigentlich verwundert, dass er hier nur die Zweitbesetzung ist.

Ebenfalls ganz besonders positiv erwähnt sei an dieser Stelle auch Maike Katrin Schmidt: Auch sie verdiente grössere Rollen: Als Magda ist sie kraftvoll, energiegeladen und sensibel und hilflos gleichzeitig: eine grossartige Künstlerin mit einer aussergewöhnlich kräftigen Stimme.

Im Vergleich zur Wiener Fassung von 1997 ist nun nicht mehr Roman Polanski der offizielle Regisseur des Musicals, sondern Cornelius Baltus, der unter anderem auch nach wie vor Künstlerischer Leiter des Walt Disney Musicals “König der Löwen” in Hamburg ist. Inszenierung und Choreographie stammen heute wie damals von Dennis Callahan. Das neue Bühnenbild und die Kostüme (teilweise sogar Gothic-Style) kommen hingegen nun vom ungarischen Künstler Kentaur (damals von William Dudley). Diesen drei im Leading Team sei an dieser Stelle auch ein grosses Lob ausgesprochen, vor allem Callahan für die grossartige Choreographie. Und Michael Römer, der Dirigent des Abends (der mir schon im Udo Jürgens-Musical “Ich war noch niemals in New York” positiv aufgefallen ist), ist ein Herzblutmusiker: Das konnte man als Zuschauer und Zuhörer auch erleben: Kompliment.

Auf den Punkt gebracht: Der “Tanz der Vampire” hat alles, was ein erfolgreiches Musical braucht: saugeile Musik, eine spannende Story, gut inszeniert und authentische Interpreten. Und diese sind im Wiener Ronacher live zu erleben: hoffentlich noch sehr lange.

Derzeit zu sehen ist das Musical in Wien noch bis zum 3. Juli und dann wieder ab 11. September. In Lizenz durch die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) wird es zudem noch bis Jänner auch in Stuttgart aufgeführt.

Und hier können Sie in die 2007er-Version vom “Tanz der Vampire” mit Borchert, Kranner, Shaki, Perman… reinhören (eine Besprechung der aktuellen Gesamtaufnahme folgt):