Mit ‘Trigema’ getaggte Artikel

Freitag, 30. Juli 2010, von Elmar Leimgruber

Konsumentenschützer fordern Umwelt- und Sozialstandards in Textilindustrie

Der Redakteur dieses Beitrags im extravaganten T-Shirt unterwegs in Wien: gekauft in Italien, hergestellt in Bangladesh
Foto: © Leimgruber

Viele Firmen im Textilhandel versprechen ihren Kunden mehr Umwelt- und Sozialverantwortung als sie einhalten. Das zeigt eine von der Stiftung Warentest veröffentlichte Untersuchung. “Die Politik muss dafür sorgen, dass dieser Etikettenschwindel ein Ende hat”, fordert der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) Gerd Billen. Hierfür sei ein entsprechender Auskunftsanspruch im Verbraucherinformationsgesetz (VIG) zu verankern. Darüber hinaus fordert der vzbv verbindliche Umwelt- und Sozialstandards für Baumwolle, die regelmäßig von unabhängiger Seite kontrolliert werden.

In der Untersuchung der Stiftung Warentest hatten besonders enttäuschend Hersteller von T-Shirts aus Bio-Baumwolle abgeschnitten. Sie konnten nicht nachweisen, ob die Baumwolle tatsächlich biologisch hergestellt wurde. “Wer Bio auf ein Produkt schreibt, muss auch in der Lage sein, die Herkunft und Qualität nachzuweisen. Im Lebensmittelhandel wäre es den Unternehmen längst untersagt, ihre Ware weiter als biologisch auszuloben”, kritisiert Billen.

Als völlig inakzeptabel kritisiert der vzbv zudem das Verhalten einiger Textilketten, die jegliche Auskunft gegenüber der Stiftung Warentest verweigerten. “Wer bei seinen Kunden mit Umwelt- und Sozialfreundlichkeit punkten will, der muss sich auch von unabhängigen Testern in die Karten gucken lassen”, so Billen.

Die Qualität von billigen T-Shirts ließ zu wünschen übrig, aber auch bei teuren Shirts gab es Reinfälle, heisst es in einem jetzt veröffentlichten Test der Stiftung Warentest. Untersucht wurden 39 Damen-Kurzarm-Shirts, darunter 19 mit Aufdruck.

Bei den Basic Shirts waren nur die drei T-Shirts von Esprit, Tom Tailor und hessnatur insgesamt “gut”. Billig-T-Shirts sind laut test “oft mit dem Leid der Näherinnen erkauft.”

Der Redakteur diesmal in einem in Indien produzierten und in Österreich gekauften T-Shirt und unterwegs in Meran/Südtirol
Foto: © Leimgruber

Im Textil aller untersuchten Shirts fanden die Tester zwar keine problematischen Substanzen, doch die Aufdrucke machen Sorge: Formaldehyd kann Allergien auslösen und steht im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Die Aufdrucke von Esprit, Takko und Tom Tailor enthalten Zinnverbindungen, von denen einzelne die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen beeinträchtigen oder ein Kind im Mutterleib schädigen können. Diese Verbindungen waren zwar nur in geringen Mengen vorhanden, haben dort aber nichts zu suchen. Nur die Hälfte der bedruckten T-Shirts war schadstofffrei.

Viele T-Shirts gerieten durch das Waschen aus der Form. Manche hatten schon vor dem Waschen defekte Nähte und Maschinenschäden und sahen bereits nach zehn Wäschen grau und lappig aus. Das satte Schwarz und Marineblau überstanden den Test nicht lange.

Die Stiftung Warentest schaute sich die 20 Anbieter von Basis-T-Shirts aus einem Produkttest auch hinsichtlich des Einsatzes für Umwelt und Beschäftigte und auch in Sachen Unternehmenspolitik, Verbraucherinformation und Transparenz genauer an. Das Ergebnis: Nur hessnatur zeigte sich stark engagiert.

Mexx, NKD und zero verweigerten die Auskunft, genau wie H&M – was erstaunt, zumal H&M seit Jahren an einem grünen Image feilt. Engagiert zeigten sich nur sechs Anbieter, der Rest lediglich in Ansätzen oder in bescheidenen Ansätzen. Oft können Fabrikarbeiter ihre Lebenskosten mit ihrem Lohn kaum decken, wie die Prüfung der Unterlagen und Gespräche vor Ort ergaben.

Bei C&A fiel positiv auf, dass sich beide indischen Fertigungsstätten durch eine weit entwickelte Sozial- und Umweltpolitik auszeichnen. Anbieter Otto konnte dagegen nicht nachweisen, dass sein T-Shirt tatsächlich aus Bio-Baumwolle besteht – und das, obwohl für jede Stufe vom Anbau bis zum Händler Zertifikate vorliegen müssten. Auch bei den Bio-Baumwoll-T-Shirts von armedangels, panda und trigema wissen die Tester nicht, ob beim Anbau Biokriterien eingehalten wurden.

“Dafür konnten sie feststellen, dass Ernsting’s family und Peek&Cloppenburg in Bangladesch in anständiger Weise produzieren lassen und neben den kargen Mindestlöhnen immerhin extra Boni zahlen” schreibt die Stiftung Warentest. Alle Ergebnisse im Detail sind in der Augustausgabe der Zeitschrift “Test” abgedruckt und (gegen Bezahlung auch) online verfügbar.

Donnerstag, 24. Juni 2010, von Elmar Leimgruber

Reiche wollen höhere Steuern zahlen (Info und Kommentar)

Viele Deutsche mit hohem Einkommen würden angesichts der Finanzkrise des Staates höhere Steuern in Kauf nehmen. In einer Umfrage für das Hamburger Magazin stern sagten 42 Prozent der Deutschen, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von 4000 Euro und mehr verfügen, sie seien zur Bewältigung der Krise grundsätzlich bereit, mehr Steuern zu entrichten. Ähnlich hoch (43 Prozent) ist der Prozentsatz in der Einkommensklasse zwischen 3000 und 4000 Euro netto im Monat. Sogar knapp jeder Dritte, der weniger als 3000 Euro netto im Monat verdient, würde angesichts der Haushaltskrise mehr zahlen. Datenbasis für die Forsa-Umfrage waren 1001 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger vom 16. und 17. Juni 2010.

Ihre Bereitschaft zu höheren Steuern erklären im neuen stern auch mehr als 50 Unternehmer, Prominente oder weniger bekannte, gut verdienende deutsche Bundesbürger. Ernst Prost, Chef des Motorenöl-Herstellers Liqui Moly, sagt: “Mir ist das ein Rätsel, warum die Politik Leute vor einer höheren Belastung verschonen will, die gar nicht verschont werden wollen.” Modeunternehmer Jürgen Hoch empfindet es als “blanken Hohn, wenn Hartz-IV-Empfängern das Elterngeld gestrichen wird, und Leute wie ich müssen keinen Cent mehr bezahlen”. Auch Porsche-Konzernbetriebsratschef Uwe Hück hält es für “ungerecht und einen Skandal, wenn die Folgen der Krise nur von den Geringverdienern getragen werden”. Hück zum stern: “Ich erwarte von einer Regierung, dass sie Typen wie mich, die gutes Geld verdienen, stärker zur Kasse bittet”.

Die soziale Schieflage des Sparpakets prangert auch Tim Renner an, der Geschäftsführer der Motor Entertainment Group in Berlin. “Es ist obszön, dass der von den Finanzmärkten verursachte volkswirtschaftliche Schaden ausgerechnet von Arbeitslosen und Hartz-IV-Empfängern beglichen werden soll”, so Renner zum stern. Um den Größenwahn zu stoppen, der die Finanzkrise auslöste, schlägt Trigema-Chef Wolfgang Grupp vor, den Spitzensteuersatz “auf 60 oder 70 Prozent zu erhöhen und denen, die persönlich haften, einen Rabatt von 50 Prozent einzuräumen.”

“Eindeutig ja” zu mehr Steuern sagt im neuen stern auch Schauspieler Joachim Fuchsberger. “Wir hatten ja schon höhere Einkommenssteuersätze und sind auch nicht verhungert. Ich bin bereit, meinen Beitrag zu leisten beim Auslöffeln der Suppe, die wir uns alle eingebrockt haben”, so der 83-Jährige. Für einen “neuen Lastenausgleich” ist Autor und Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert: “Jeder, der mehr als 5000 Euro im Monat verdient, zahlt ein Monatsgehalt an den Staat, um damit die Schulden abzutragen”

Über das Thema Ungleichgewicht habe ich schon mehrmals geschrieben, so habe ich beispielsweise mal Jahreseinkommen von über 500.000 Euro als unmoralisch verurteilt, wo ich nach wie vor dahinterstehe.

Ich halte es zwar für problematisch, wenn im Rahmen von geplanten Steuererhöhungen wieder mal vor allem jene zur Kasse gebeten werden, die eh immer alles sanieren müssen und immer am meisten absahnen müssen (die bis zu einem Gehalt von 5.000 Euro monatlich). Aber: Solidarität ist das Gebot der Stunde: Wenn selbst schon Grossverdiener es offenbar mittlerweile einsehen, dass das Gleichgewicht nicht stimmt, wenn den Armen immer noch mehr weggenommen oder (vor allem berechtigte Sozialleistungen) verwehrt wird, dann wird es Zeit, dass nicht nur die Politiker umdenken. Es ist höchste Zeit, dass vor allem jene wirklich ganz ganz oben an den Geld-, Macht- und Einflusstöpfen, die die eigentlichen Regierenden sind, auch ein Einsehen finden und bereit sind, jene an ihrem Überfluss teilhaben zu lassen, die jedes Monat ums finanzielle Überleben kämpfen müssen.