Mit ‘Bildung’ getaggte Artikel

Dienstag, 13. April 2010, von Elmar Leimgruber

TU-Rektor Skalicky fordert Studiengebühren von 10.000 Euro jährlich (Info+Kommentar)

TU-Rektor Peter Skalicky
Foto: Österreichische Zentralbibliothek für Physik

Österreichs Unis brauchen “ein umfassendes Stipendiensystem”, “kapazitätsabhängige Beschränkungen” und “hohe Studiengebühren von mindestens 10.000 Euro pro Jahr” , um die Finanzierung der Hochschulen sicherzustellen. Dies fordert Peter Skalicky, der Rektor der Technischen Universität Wien (TU). In einem Interview mit dem “Industriemagazin” erklärt Sakalicky zudem, warum er nationale Forschungsstrategie für überflüssig hält. Die Industrie wäre, so Skalicky, “gut beraten, ihr Innovationsniveau zu heben.” Und man müsse sich jetzt “Gedanken darüber machen, wie man mit dem Ansturm an Deutschen fertig wird”.

Andere TUs, wie beispielsweise die TU Aachen und der TU München, ETH Zürich und das Imperial College in London verfügten über das vierfache Budget. Einerseits würden Techniker zwar notwendig gebraucht, andererseits: “Fakt ist, dass die technischen und naturwissenschaftlichen Hochschulen unterfinanziert sind. Wir haben also entweder zu viele Hochschulen oder zu wenig Geld. Und eines von beiden wird man ändern müssen”, betont der Rektor im Interview. Skalicky bietet sich derzeit aus finanziellen Gründen mit seiner Uni der Industrie als Dienstleister in der Grundlagenforschung an und fährt zudem ein drastisches Einsparungsprogramm (Reduzierung der Institute, Nichtnachbesetzung von Professoren-Posten…). Das vollständige Interview mit dem TU-Rektor ist beim “Industriemagazin” abrufbar.

Ich bin auch dafür, dass die Unis ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um sich Forschung und Lehre nach wissenschaftlichen Kriterien auch leisten zu können. Aber dessen Finanzierung ist weder Aufgabe der Industrie (Manipulation muss weitgehendst ausgeschlossen werden: wer finanziert, bestimmt meist nicht nur das Tätigkeitsfeld, sondern oft auch die Forschungsergebnisse), noch der Studenten oder ihrer Eltern, sondern ist eindeutig Aufgabe der Öffentlichen Hand: des Staates und der Länder, auch indirekt aller Bürger in ihrer “Rolle” als Steuerzahler: Gutausgebildete und gewissenhafte Absolventen und Fachkräfte arbeiten ja letztlich auch wieder für die Allgemeinheit.

Es ist jedenfalls ganz sicher der falsche Weg, Studenten und deren Eltern 10.000 Euro jährlich an Studiengebühren abknöpfen zu wollen. Unis haben sicherlich irgendwie was Elitäres an sich, keine Frage. In Deutschland können beispielsweise fast nur mehr jene studieren, deren Schulergebnisse entsprechend gut sind. Schon das ist der falsche Weg: Bildung, auch Hochschulbildung muss grundsätzlich für jeden offenstehen.

Ich habe aber nicht grundsätzlich was gegen angemessene und gerechte Studiengebühren. Aber zum Einen müssen deren Einnahmen tatsächlich an die Unis fliessen und die Gebühren müssen für alle Studierwilligen auch leistbar sein.

Wenn aber künftig nur mehr jene studieren dürfen, die aus steinreichen Elternhäusern kommen (wer sonst kann sich 10.000 Euro jährlich für Sohnemann oder Tochter schon allein für Studiengebühren leisten), -wie vom TU-Rektor offenbar gewünscht- dann läuft hundertprozentig was falsch. Aber als Sohn des ehemaligen Siemens-Direktors hat man ja immer schon alles einfacher gehabt…

Donnerstag, 18. Februar 2010, von Elmar Leimgruber

Merkel: Wir vertreten die Interessen des “Schatzes” Mensch

(Die Info zuerst, anschliessend mein Kommentar zum Thema in kursiv geschrieben)

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel
Foto: cdu.de

Da Deutschland nur über geringe Rohstoffvorkommen verfüge, sind alle Menschen “unser Schatz”. Dies betonte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer gestrigen Aschermittwochsrede und bezichtigte den Koalitionspartner FDP indirekt des Lobbyismus: “Wir sind die Partei, die Maß und Mitte hat. Wir interessieren uns nicht nur für Gruppen, sondern für alle”, unterstrich Merkel: “Das ist unser Credo, das hat die Soziale Marktwirtschaft stark gemacht”. Wie im normalen Leben gebe es auch in der Politik Unterschiede zwischen Menschen sowie zwischen kleinen Parteien und Volksparteien: “Wir wissen, dass das Geld erst verdient werden muss, damit man es hinterher den Schwachen geben kann… Soziale Marktwirtschaft bedeutet daher gleichermassen Stärkung der Leistungsträger und Solidarität mit den Schwachen”, erklärte die Kanzlerin.

Sozialer Aufstieg gelinge am ehesten über eine gute Bildung und Ausbildung, zeigte sich die CDU-Vorsitzende überzeugt. Deshalb werde die christlich-liberale Koalition 12 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung ausgeben: Die Menschen brauchten zukunftsfähige Arbeitsplätze und keinen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn.

Auch die Hinterziehung von Steuern mit Hilfe ausländischer Banken sei kein Kavaliersdelikt. Deutschland könne nur zusammenhalten, wenn jeder seinen Beitrag erbringe. Dessen ungeachtet seien Steuerzahler keine “Klientel”, denn sie finanzierten die Leistungen für die Schwächeren. Um die Facharbeiter, Meister, Ingenieure und Mittelständler zu motivieren, halte die christlich-liberale Koalition an der Einführung eines gerechteren und niedrigeren Steuersystems fest.

Merkel erinnerte daran, dass Deutschland als einziges Land mitten in der globalen Wirtschaftskrise eine Schuldenbremse im Grundgesetz verankert habe. Ab dem Jahr 2016 darf der Bund und ab 2020 dürfen die Länder nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen. Dies sei wichtig, damit die Jungen in einer alternden Gesellschaft überhaupt noch Gestaltungsspielräume hätten. In diesem Zusammenhang forderte die Bundeskanzlerin Griechenland zu einem nachhaltigen Konsolidierungskurs auf. So wie sich Deutschland um eine vernünftige Haushaltspolitik bemühe, werde das auch von Griechenland erwartet. Scharfe Kritik übte die Regierungschefin an den Banken, die beim Fälschen der griechischen Haushaltsstatistiken geholfen hatten. Und Kritik gab es auch an den den Grünen und der SPD, welche die Kanzlerin “ideenlose Leute” nannte.

Ein Industrieland wie Deutschland müsse zudem auch immer Energieland sein, sagte Merkel weiter. Die Energiepolitik dürfe weder Arbeitsplätze noch Wirtschaftlichkeit kosten. Deshalb könne derzeit weder auf die Kernenergie als Brückentechnologie noch auf moderne Kohlekraftwerke verzichtet werden.

Angela Merkel fasziniert mich: Sie ist wieder da und präsenter und selbstbewusster und provokanter denn je: Und das ist gut so: Sie spricht sich klar gegen Lobbyismus aus, empfindet sich als zuständig und verantwortlich für alle Menschen in Deutschland, für die Leistungsträger genauso wie für die Schwachen. Vor allem Letzteres ist sehr mutig. Es mehren sich ja nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland die Stimmen jener, die lautstark fordern, Sozialleistungen zu kürzen, wenn sie nicht gar zu streichen.

Budgetkonsolidierungen dürfen niemals zu Lasten jener umgesetzt werden, die sowieso Monat für Monat um das finanzielle Überleben kämpfen müssen. Die “Oberen 10000″ müssen endlich bereit sein, ihren Überfluss zu “teilen”. Merkel spricht sich ja auch schon seit Langem für Kürzungen und Einkommensbegrenzungen nach oben hin für Manager aus, was ich für ein Gebot der Stunde halte (siehe dazu meinen Kommentar vor Kurzem). “Solidarität mit den Schwachen” ist heute mehr denn je nötig. Und ich freue mich, diese wohltuenden Worte von Merkel, einem der bedeutendsten Politiker Europas zu hören.

Zukunftsfähige Arbeitsplätze, wie sie Merkel anstrebt, sind zu fördern. Aber genauso -und hier stehe ich im Widerspruch zur deutschen Kanzlerin- sind auch gesetzlich vorgeschriebene Mindestlöhne notwendig: Von ein bis zwei 300 Euro-Jobs kann kein Mensch auf Dauer leben. Da muss ein Umdenken beginnen: Dies gehört meines Erachtens jedenfalls zu einem nachhaltigen politischen Denken dazu.

Und wenn Merkel schon Ausbildung und Bildung als so massgeblich für einen sozialen Aufstieg sieht und dies auch befürwortet, dann muss sie auch in diesem Punkt umdenken: Nur jene studieren zu lassen und ihnen daher “Karriere” zu ermöglichen, die einen gewissen Notendurchschnitt überschreiten, ist weder sozial, noch gerecht: Es kann doch nicht sein, dass wer Arzt werden will, gezwungen ist, nach Österreich auszuwandern, um einen Studienplatz an der Medizin-Uni zu erhalten! Bildung muss in einem demokratischen mitteleuropäischen Land einfach allen -auch finanziell- ermöglicht werden, die eine solche wollen. Punkt.

Weitere Meldungen zum Thema:

- What about “Frau Europa” Angela Merkel?

- Deutsche Regierung handelt mutig, wenn auch moralisch zweifelhaft

- Deutscher Medienpreis für Angela Merkel

- Bravo Angela

- Die staalichen Grossverdiener und der gemeine Pöbel

- Superreiche sollten teilen

- Jobs schützen nicht vor Armut

- Eine Million Österreicher leben an der Armutsgrenze

- Arbeitnehmer-Steuer runter, Reichensteuer rauf

- Caritas fordert Konjunkturprogramm für Arme

- 6 Prozent der Österreich sind arm