Mit ‘Musik’ getaggte Artikel

Mittwoch, 5. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Brahms-Requiem: Barenboim, die Himmelsleiter (CD-Besprechung)

Obwohl ich bereits drei Aufnahmen dieses Werkes von Brahms hatte, wollte ich beim günstigen Preis doch nochmal “zuschlagen”, ohne allzugrosse Erwartungen zu haben.
Aber Barenboim hat in mir wieder mal Gänsehaut erzeugt und ich glaubte, das “Deutsche Requiem” von Brahms (mit dem London Philharmonic Orchestra, Daniel Barenboim, Edith Mathis und Dietrich Fischer-Dieskau) das allererste Mal zu hören, als ich den CD-Player mit der neuerworbenen CD bestückte. Die Aufnahme aus dem Jahr 1972 ist trotz einiger musikalischer Unfeinheiten (die ich hier gern und bewusst übersehe) eine mustergültige und vorbildliche Interpretation dieses Werks:
Barenboim holt alles aus Orchester, Chor und Solisten heraus, was nur irgendwie möglich ist. Besonders Edith Mathis beweist hier wieder mal, wie authentisch sie gerade in der Interpretation geistlicher Musik sein kann. Ingesamt betrachtet empfehle ich diese CD allen, die Wert auf geistliche und tiefgehende Interpretation legen und die -wie Barenboim- ein Gespür dafür haben, dass es Musik gibt, die das rein Menschliche übersteigt und die eine Art Himmelleiter ist, sofern sie autehntisch interpretiert wird. Genau dies ist bei dieser Aufnahme mit Barenboim der Fall.
Nicht gefallen dürfte diese Aufnahme hingegen jenen, die sich einmal jährlich sich zur Feier des Festes und aus Tradition ein “geistliches” Konzert gönnen und sich erwarten, dass eh alles an der Oberfläche bleibt und nicht innerlich berührt.
Hier können Sie in diese meisterhafte Interpretation reinhören.

Samstag, 1. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Barenboim oder wie das Leben so spielt

Manchmal heiter, manchmal bewölkt, manchmal stürmisch bewegt, manchmal leicht schwebend, manchmal zu Boden gedrückt, manchmal hart und manchmal weich: ganz so wie das Leben mit uns spielt und wir es “spielen”, ganz so klingt Schumanns 4. Symphonie, wenn sie Daniel Barenboim dirigiert. Und auch dieses Werk wirkte einerseits widersprüchlich im guten Sinn, andererseits voll harmonisch und dann wieder zutiefst innerlich bewegend und erregend.
Bereits den vieren Tag hintereinander traten Barenboim und die Staatskapelle Berlin am 31. Januar im Wiener Musikverein auf. Und siehe da: Keine Spur von Müdigkeit, eher noch Steigerung an musikalischer Intensität und Schärfe gabs zu höeren, ja zu erleben.
Fast wagnerianisch klang so auch die 4. Symphonie von Brahms, die im zweiten Teil des Konzerts erklang. Ein grossartiges Musikerlebnis.
In diese Symphonie mit dem CSO unter der Leitung von Barenboim kann hier reingehört werden.

Freitag, 31. Januar 2003, von Elmar Leimgruber

Barenboim am Dirigentenpult oder wie Musik zum Gottesdienst wird

Schumanns ist ansonsten nicht ganz meine Musik. Doch wenn dessen 3. Symphonie so interpretiert wird, wie am 30. Januar 2003 von der Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim im Wiener Musikverein, dann bin ich dazu verleitet, gar noch ein Freund Schumanns zu werden:
Herrlich bewegt und erhebend war der Kulturgenuss an diesem Abend und wie schon am 28.1. schmolz auch an diesem Abend jegliches winterliches Eis zugunsten eines frischen starken Frühlings. Da überhört man gern die eine oder andere technische Unebenheit und Ungenauigkeit gegen Ende des Finalsatzes der Schumann-Symphonie.
Brahms 3. Symphonie im zweiten Teil des Konzerts war wiederum ein geistlicher Hochgenuss, ja mehr noch: je länger ich nach den passenden Worten ringe, um das zu beschreiben, was Barenboim in mir aus- und auflöst, desto sicherer werde ich mir: ihm zu lauschen und sich auf ihn einzulassen kommt einem Gottesdienst nahe. Oder wie mir der unvergessene italienische Dirigent Carlo Maria Giulini vor einigen Jahren in einem Interview sagte: Musik und Gott, Musik und Glauben sind eins. In Barenboim scheint diese Wahrheit Fleisch geworden zu sein…
In die Brahms Symphonie Nr.3 mit dem Chicago Symphony Orchestra unter Barenboim kann hier reingehört werden.

Donnerstag, 30. Januar 2003, von Elmar Leimgruber

Barenboim und das spirituelle Opfer

Während Schumanns 2. Symphonie eher oberflächlich dahinplätscherte, war die zweite von Brahms am 29. Januar 2003 ein Höhepunkt dieser Saison im Wiener Musikverein. Ersteres mag sicherlich weder am Dirigenten, Daniel Barenboim, noch am Orchester, der Staatskapelle Berlin liegen, sondern eher an der Komposition selbst.
Beide brachten in gewisser Weise in wunderbarer Harmonie irgendwie ein geistliches Opfer dar. Besser kann ich die übernatürliche Gabe und das übergrosse Talent des vielfach unterschätzten jüdischen Dirigenten nicht zum Ausdruck bringen. Ich bin mitgerissen von dessen Kraft und bewegt von seiner tiefen Spiritualität…
Es wird Zeit, dass Barenboim die vier Brahmssymphonien als Tondokumente nochmal verewigt, und zwar diesmal mit “seiner” Staatskapelle Berlin. In seine Aufnahme dieser Symphonie aus dem Jahr 1993 mit dem CSO kann hier reingehört werden.

Mittwoch, 29. Januar 2003, von Elmar Leimgruber

Barenboim bringt Wiener Musikverein zum frühlinghaften Erblühen

Zunächst war es am 28. Januar Robert Schumanns “Frühlingssymphonie”, die Daniel Barenboim so kraftvoll dirigierte, dass selbst das härteste Eis der frischen neuen Leben des Frühlings weichen musste. Die Staatskapelle Berlin spielte souverän und einfühlsam: jedes Register passt hier und lässt sich vom Meister zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen.
Am Ende der 1. Symphonie von Johannes Brahms, die an diesem Abend nach der Pause zur Aufführung gelang, war ich vollkommen erschöpft: Mir war, wie wenn ich diese Symphonie selbst durchlebt und durchlitten hätte. Ich war wunderbar erschöpft und in einem himmelgleichen Zustand, den Barenboim wie schon des Öfteren bei seinem vorhergehenden Wien-Aufenthalten in mir ausgelöst hatte.
Eine solche Art der Interpretation und des Dirigierens übersteigt rein menschliche Kräfte…
In eine frühere Aufnahme der 1. Symphonie von Brahms mit dem CSO unter Barenboim lässt sich hier reinhören.

Donnerstag, 19. Dezember 2002, von Elmar Leimgruber

Rilling, der Mozart-Spiritualisierer


Mozart und geistliche Musik: beinahe ein Widerspruch in sich, obwohl der Komponist als Erzbischof Coloredos Hofmusiker doch unzählige Noten unter liturgische Texte setzte. Viel von der ursprünglichen Spiritualität und Begeistertung blieb jedenfalls nicht übrig, als Mozart seinerzeit das Hauptwerk seines hochverehrten und geschätzten “Musikgottes” Georg Friedrich Händel, den “Messias”, in ein laizistisches umarbeitete. Dennoch wagte es Helmuth Rilling im Wiener Musikverein am 18. Dezember den “Messias” in der Mozart-Bearbeitung zur Aufführung zu bringen.

Und ja, ich gebe es zu: ich bin überrascht, ja positiv beeindruckt: Rilling interpretierte mit seinem Stuttgarter Bach-Collegium und seiner Gächinger Kantorei dieses Werk im Sinne Händels und damit zutiefst spirituell. Rilling schaffte das schier Unmögliche: Ein profanisiertes Werk mit Tiefgang und -im eigentlichen Sinn- geistlich aufzuführen. Darüber kann ich nur staunen und dafür bin ich dankbar, besonders so kurz vor Weihnachten.

Ein hervorragender Genuss für Ohren und Seele war die Sopranistin Sybilla Rubens, die mit ihrer engelhaften Stimme verzauberte. Von ihr wird man sicher in Zukunft noch viel mehr hören. Schwachpunkt der Aufführung hingegen war Istvan Kovacs, dessen fehlende Kraft in der Stimme und bei Highlights des Oratoriums “Was toben die Heiden”und “Es schallt die Posaun” meine insgesamte Begeisterung von der Aufführung insgesamt leider etwas schmälert.

Sonntag, 15. Dezember 2002, von Elmar Leimgruber

Barenboim, der Renaissance-Musiker

Hört und sieht man Daniel Barenboim Richard Wagner dirigieren, -wie dieses Wochenende im Wiener Musikverein geschehn – glaubt man, vorher Wagner nicht gekannt zu haben: Barenboim entführt sein Publikum in mystische, verklärte, ja zutiefst spirituelle Welten. Ich sage dazu nur Gänsehaut pur. Ähnlich erging es dem aufmerksamen Hörer mit Beethovens Klavierkonzert Nr. 3: Auch hier entführte Barenboim die in ungewohnt einmaliger Harmonie spielenden Wiener Philharmoniker in längst vergangene Zeiten. Die menschliche Seele strebt nach Höherem, und Barenboims Kunstgespür ist eine menschliche Brücke hierfür.
Ich frage mich, wann Barenboim tatsächlich auch mal echte Renaissance-Musik aufführen und einspielen wird. Er hätte eindeutig das nötige Gespür dafür.

Mittwoch, 18. September 2002, von Elmar Leimgruber

Nigel Kennedy verzauberte Meran

Der Stargeiger Nigel Kennedy und Elmar Leimgruber
Stargeiger Nigel Kennedy und Elmar Leimgruber in Meran
Foto © Elmar Leimgruber

Englands Stargeiger Nigel Kennedy begeisterte das Publikum des ausverkauften Kursaals Meran. Seine Begleitung bei Vivaldis “Vier Jahreszeiten” waren keine geringeren als Mitglieder der Berliner Philharmoniker. Zwischen Vivaldi mischte der Meister der Violine Stücke von Bartok und Jimmy Hendrix. Zutiefst beeindruckt (technisch präzise und gefühlvoll und abwechslungsreich) dieser Mann, der auch als Showman auf der Bühne eine ausgezeichnete Figur bei seinem derzeitig einzigen Europakonzert (laut dem Intendanten der Meraner Musikwochen, Andreas Cappello) macht.

Donnerstag, 5. September 2002, von Elmar Leimgruber

Meraner Musikwochen erreichen weitere Höhepunkte

Das MOZARTEUM ORCHESTER SALZBURG, KRZYSZTOF PENDERECKI, TON KOPMANN und andere international bekannte Orchester und Dirigenten sind heuer bei den Meraner Festwochen in Südtirol schon aufgetreten. Weitere folgen: BOBBY MCFERRIN, der erst kürzlich in Wien die Wiener Philharmoniker dirgierte und der in der Unterhaltungsbranche vor allem aufgrund seines Songs “Don’t worry – be happy” bekannt ist, tritt heuer am 20. September bereits zum zweiten Mal bei den Meraner Festwochen auf. CHRISTOPH DONAHNY mit dem Philharmonia Orchestra London ist am 17. September live in Meran zu erleben. Highlight dieses Sommers dürfte allerdings der weltweit bekannte Stargeiger NIGEL KENNEDY sein, der zusammen mit dem Kollegium Berliner Philharmoniker am 14. September Vivaldis “Vier Jahreszeiten” interpretieren wird. Verantwortlich für die seit Jahren äußerst erfolgreichen Festwochen in Meran ist deren Intendant Andreas Cappello. Programm und Tickets unter: http://www.meranofestival.com

Montag, 19. August 2002, von Elmar Leimgruber

Kammerchor Leonhard Lechner beeindruckt unter Othmar Trenner

Im “Dom am Lande”, der Pfarrkirche St. Pauls in der Gemeinde Eppan/Südtirol finden in diesen Wochen wieder geistliche Konzerte statt. Anlass heuer ist die Weihe der neuen Schwalbennestorgel. Heute spielte der Brixner Domorganist Heinrich Walder bravorös und sang der weit über Südtirols Grenzen hinaus bekannte Kammerchor Leonhard Lechner. Unter der exzellenten Leitung von Othmar Trenner interpretierte der Chor gekonnt u.a. Werke von Leonhard Lechner, J.S. Bach, Max Reger, G. Verdi und F.Mendelssohn-Bartholdy. Auch die Solistinnen Eva Torggler, Barbara Höller (Soprane) sowie Renate Egger und Luise Pamer (Alt) sangen ganz hervorragend. Der Chor und sein Dirigent begeisterten und beeindruckten die anspruchsvollen Besucher des Abends. Bis Ende Oktober sind noch weitere geistliche Konzerte in der Pfarrkirche von St. Pauls geplant, u.a. mit dem Stiftspfarrchor Gries/Bozen.