Mit ‘Helmut Kritzinger’ getaggte Artikel

Dienstag, 6. September 2011, von Elmar Leimgruber

Verdienstorden und Südtiroler Minderheitenpreis verliehen

Die mit Südtiroler Verdienstorden und Minderheitenpreis Ausgezeichneten 2011 mit Schildhofbauern und LH Luis Durnwalder
Foto: LPA

Auf den Tag genau 65 Jahre nach der Unterzeichnung des Pariser Vertrags (5. September) hat die Südtiroler Landesregierung  auf Schloss Tirol bei Meran in Südtirol die Verdienstorden des Landes Südtirol verliehen. Ausgezeichnet wurden Richard Agreiter, Renato Ballardini, Gaetano Gifuni, Helmut Kritzinger, Franco Pasargiklian, Herbert Neumayer, Claudio Riesen, Carla Skoz und Ludwig Zack, während der in diesem Jahr zum zweiten Mal verliehene Südtiroler Minderheitenpreis an die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) ging.

Schloss Tirol bei Meran in Südtirol

Der Landeshauptmann erinnerte daran, dass weder Zeit noch Ort der Ehrung zufällig gewählt worden seien. Der Jahrestag des Pariser Vertrags erinnere an die Grundlagen der Autonomie und daran, “dass Italien und Österreich damals gut daran getan haben, diesen Kompromiss einzugehen und zu verankern, nachdem daraus eine Vorzeigeregion hervorgegangen ist”, so Durnwalder. Dass die Autonomie zur Erfolgsgeschichte werden konnte, sei auch den Freunden von außerhalb Südtirols zu verdanken. Sie alle hätten einen Platz in der Südtiroler Zeitgeschichte. “Und deshalb haben wir auch Schloss Tirol als Ort der Ehrung gewählt: es ist Symbol unseres Landes, Symbol der Zusammengehörigkeit Tirols, aber eben auch ein Museum der Landesgeschichte”, so der Landeshauptmann.

Der 5. September, jener Tag also, an dem 1946 Alcide Degasperi und Karl Gruber ihre Unterschriften unter den Pariser Vertrag - und damit das Gründungsdokument der Südtiroler Autonomie - gesetzt haben, gilt als (inoffizieller) Südtiroler Feiertag. Die Landesregierung nutzt ihn seit 2008, um Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik, Kunst und Verwaltung, Sport, Wirtschaft und Sozialem zu ehren, die Südtirol von außen unterstützt haben.

Der Verdienstorden des Landes Südtirol, welcher gemeinsam mit dem Großen Verdienstorden 2006 eingeführt wurde, wurde in diesem Jahr  auch an den in Tirol lebenden Bildhauer mit ladinischen Wurzeln, Richard Agreiter, verliehen. Er hat seinen Nachlass schon zu Lebzeiten dem Museum Ladin in St. Martin in Thurn überlassen und die Richard-Agreiter-Stiftung ins Leben gerufen, die alle drei Jahre einen Gesamttiroler Kunstpreis für Bildhauerei vergibt. “Wir werden alles daran setzen, dass sowohl der Nachlass, als auch der Kunstpreis zum Bindeglied zwischen Tirol und Südtirol wird”, so Durnwalder, der Agreiter heute wissen ließ: “Wir wissen es sehr zu schätzen, dass Sie immer stolz auf Ihre Südtiroler Wurzeln waren.”

 

Den Verdienstorden in Empfang nehmen konnte auch Renato Ballardini, langjähriger Europa- und Kammerabgeordneter, der Anfang der 70er der Regierung in der Abgeordnetenkammer als Berichterstatter über das Zweite Autonomiestatut gedient hatte. “Wir können nur erahnen, wie viel Überzeugungsarbeit, wie viele Verhandlungen notwendig waren, um Mehrheiten für das Paket zu gewinnen”, so der Landeshauptmann. “Es ist demnach auch Ihnen zu verdanken, dass das Maximum herausgeholt werden konnte.”

Ballardini betonte heute, aus einer inneren Überzeugung heraus gehandelt zu haben. “Ich bin überzeugt davon, dass alle Menschen gleich behandelt werden müssen, gerade weil sie unterschiedlich sind”, so der ehemalige Abgeordnete. Der Minderheit in Südtirol sei über lange Jahre Unrecht getan worden, weshalb er das Paket auch stets verteidigt habe. “Ich war immer der Meinung, das Richtige getan zu haben, diese Auszeichnung ist heute mehr als nur eine Bestätigung dafür”, so Ballardini.

Verliehen wurde der Verdienstorden auch (dem nicht anwesenden) Gaetano Gifuni, der den Südtirol stets gewogenen Staatspräsidenten Oscar Luigi Scalfaro und Carlo Azeglio Ciampi als Generalsekretär und damit deren höchster Beamter zur Seite gestanden hatte. “Gifuni war damit maßgeblich daran beteiligt, dass diese beiden Präsidenten Südtirol einen Besuch abgestattet haben, um sich selbst ein Bild zu machen”, so Durnwalder. “Jener von Scalfaro war im Übrigen der erste offizielle Besuch eines italienischen Staatspräsidenten in unserem Land.”

Das zweithöchste österreichische Staatsamt hatte Helmut Kritzinger, gebürtiger Sarner und im ersten Halbjahr 2008 Präsident des Bundesrats, inne. Auch er konnte heute aus den Händen von Landeshauptmann Durnwalder den Verdienstorden des Landes Südtirol entgegen nehmen. Kritzinger verkörpere die Südtiroler Nachkriegsgeschichte, habe am eigenen Leib erfahren müssen, welches Klima Anfang der 60er Jahre geherrscht habe. “Du hast acht Monate im Gefängnis gesessen, auch wenn ich überzeugt bin, dass Du niemandem etwas Böses tun wolltest, sondern Dich nur für Deine Heimat eingesetzt hast”, so der Landeshauptmann. Ein Einsatz, der auch mit der Auswanderung nicht geendet habe: “Wie vielen Deiner Landsleute hast Du in Österreich geholfen”, so Durnwalders rhetorische Frage.

Kritzinger selbst nannte die Auszeichnung heute “Dank und Verpflichtung zugleich”. “Dabei sind die Dankbaren gerade in der Politik leider in der Minderheit, weshalb dieser Orden Motivation und Kraftquelle ist”, so Kritzinger. Man habe, so seine Überzeugung, nie genug Freunde, gerade als Minderheit: “Südtirol braucht diese Freunde, wenn es als Minderheit überleben will.”

Mit dem Verdienstorden ausgezeichnet wurde heute auch Franco Pasargiklian, Zivilschutz-Fachmann und Chefredakteur des Fachblatts “La Protezione Civile italiana”, der als einer der wichtigsten Ansprechpartner des Südtiroler Zivilschutzes gilt. “Dass man in Italien unser Zivilschutzsystem kennt und schätzt, ist auch Ihrer Aufklärungsarbeit zu verdanken”, so Durnwalder, der Pasargiklian auch dafür dankte, dass dieser immer ein offenes Ohr für die Anliegen des Südtiroler Zivilschutzes habe.

Für seinen Einsatz um den Journalistenaustausch zwischen Österreich und Südtirol wurde dagegen Herbert Neumayer mit dem Verdienstorden geehrt. Er hatte fast zwanzig Jahre lang den Bundespressedienst in Wien geleitet. “In dieser Position haben Sie dafür gesorgt, dass die Aufmerksamkeit der internationalen Medien immer wieder auf Südtirol gelenkt worden ist”, so der Landeshauptmann, der unterstrich, wie wichtig es für eine Minderheit sei, nie aus der öffentlichen Debatte zu verschwinden.

Claudio Riesen, auch er seit heute Träger des Verdienstordens des Landes Südtirol, hat sich dagegen um die Beziehungen zwischen Südtirol und dem Kanton Graubünden verdient gemacht. Riesen ist seit 1991 Vorsteher der Bündner Standeskanzlei und damit höchster Beamter des Kantons. “Als solcher haben Sie verstanden, dass die Probleme in Mitteleuropa, im Alpenraum – des Verkehrs, der Umwelt, der Berglandwirtschaft – sehr ähnlich gelagert sind und wir sie am besten gemeinsam lösen”, so Durnwalder heute.

Mit Carla Scoz konnte heute auch die langjährige Sekretärin der Sechser- und Zwölferkommission sowie zweimalige Regierungskommissarin in Bozen den Verdienstorden des Landes Südtirol entgegen nehmen. “Es ist wichtig, dass wir in Rom Ansprechpartner haben, die die Situation im Land kennen und das nötige Verständnis dafür aufbringen”, so der Landeshauptmann. Scoz sei eine solche Ansprechpartnerin, eine sehr offene noch dazu: “Sie haben uns immer gesagt, was Ihrer Meinung nach nicht funktioniert, dies aber immer in einer sehr konstruktiven Art und Weise”, so Durnwalder.

Auch Ludwig Zack ist schließlich seit heute Vormittag Träger des Verdienstordens des Landes Südtirol. Der Theologe und Priester Zack stand von 1969 bis 2006 dem österreichischen Kolpingverband als Zentralpräses vor und hatte maßgeblichen Einfluss auf den Auf- und Ausbau der Kolpinghäuser in Südtirol. Durnwalder lobte heute vor allem die dynamische Sicht, die Zack auf die Nöte der Menschen entwickelt habe. “Sie haben stets dort eingegriffen, wo in einer sich wandelnden Gesellschaft Hilfe nötig war”, so der Landeshauptmann. Diese Erfahrung habe Zack auch auf Südtirol übertragen, “und zwar in einer Zeit, in der solche Einflussnahme weder selbstverständlich noch einfach war”.

Nach 2009 zum zweiten Mal verliehen wurde heute auch der Minderheitenpreis des Landes Südtirol, der an Personen oder Gruppierungen geht, die sich für den Frieden, den Minderheitenschutz und das Zusammenleben der Sprachgruppen besonders eingesetzt haben. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und ging in diesem Jahr an die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV), die sich als Dachorganisation von derzeit rund 80 Mitgliedsvereinigungen aus mehr als 30 europäischen Ländern um die Vertretung ethnischer Minderheiten in Europa kümmert. Den Preis entgegen genommen hat heute FUEV-Präsident Hans Heinrich Hansen. “Die FUEV hat verstanden, dass es ein friedliches Europa auf Dauer nur geben kann, wenn der Frieden bis in die kleinsten Winkel reicht”, so Durnwalder, der Südtirol heute ein Beispiel dafür nannte, wie Minderheitenkonflikte gelöst werden könnten – “friedlich und nur mit viel, viel Geduld”.

An den langen Weg der Entwicklung der Autonomie erinnerte auch FUEV-Präsident Hansen mit einem Blick zurück auf den Pariser Vertrag, über den Außenminister Gruber geurteilt hatte: Es brauche viel guten Willen zu dessen Umsetzung. “Der gute Wille der Nationalstaaten ist ohnehin Voraussetzung jeder Minderheitenpolitik, dazu braucht es aber auch eine Kraft, die die oft trägen Staaten antreibt, und das sind die Minderheiten selbst”, so Hansen. Minderheiten müssten sich austauschen, sich gegenseitig stärken, voneinander lernen. Auch darin sehe die FUEV ihre Aufgabe. “Außerdem haben wir in der FUEV einen Tiroler Charakterzug verinnerlicht: Nicht locker lassen!”, so Hansen heute.

Montag, 18. April 2011, von Elmar Leimgruber

Südtirol als “Herzensangelegenheit” für österreichisches Parlament

Österreichische Parlamentarier beschäftigen sich mit der “Herzensangelegenheit Südtirol”
Foto: © Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles/Mike Ranz

Mit dem Thema Südtirol beschäftigte sich unlängst -wenn auch nicht offiziell politisch- das österreichische Parlament: Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und der Zweite Präsident Fritz Neugebauer luden zur Aufführung der Dokumentation “Südtirol ist eine Herzensangelegenheit” ins Hohe Haus. Präsidentin Barbara Prammer erklärte in ihrer Begrüßung, sie freue sich über die zahlreich erschienenen Gäste, denn sie  zeigten, wie sehr das Thema Südtirol bewege. Dem Parlament sei es wichtig, zu Südtirol Schwerpunkte zu setzen, schon bisher habe es immer wieder Veranstaltungen zu dieser Frage gegeben. Dies umso mehr, als Tirol ein Land sei, dass sich seiner Geschichte sehr bewusst ist.

Südtirol sei heute ein Vorzeigemodell, und immer wieder kämen Delegationen nach Südtirol, um zu sehen, wie Autonomie praktisch  funktioniere. Noch vor hundert Jahren, so Prammer, habe Südtirol  nicht ahnen können, welchen Weg es zurücklegen würde. Dabei  erinnerte die Präsidentin an die Mühsale, Beschwernisse und Schicksalsschläge, welche Südtirol und seine Bevölkerung im 20. Jahrhundert erdulden mussten, verwies aber auch auf die Reichhaltigkeit, welche die Region heute auszeichne.

Der Obmann des Südtirol-Unterausschusses Hermann Gahr meinte, Südtirols Geschichte spiegle 90 Jahre Kampf um Freiheit und Rechte, 90 Jahre Ringen um Identität und Sprache wider. Es sei den Filmemachern zu danken, dass sie dies mit ihrem Werk in Erinnerung riefen. Konkret mahnte der Redner dann drei aktuelle Punkte von entsprechender Wichtigkeit ein. So sollten die Südtirolkämpfer endlich begnadigt werden, sollte es eine vernünftige Regelung bei den Orts- und Flurnamen geben und müssten die Relikte des Faschismus endlich beseitigt werden. Der
Redner schloss mit dem Appell, gemeinsam für eine starke Region Tirol inmitten Europas zu wirken.

Die Dokumentation “Südtirol ist eine Herzensangelegenheit” beginnt mit den letzten Tagen der österreichischen Monarchie, geht dann auf die Abtrennung Südtirols im Gefolge des Friedensvertrags von St. Germain ein und spannt sodann den Bogen von den Jahren des Faschismus und des Krieges bis in die unmittelbare Gegenwart. Beim genauen Hinsehen und Hören der Gespräche mit den Zeitzeugen zeigt sich, dass es nicht nur eine Geschichte und nicht nur einen Blickwinkel auf die Geschehnisse gibt. Vielmehr gibt es eine Vielzahl an Menschen, die ihres dazu beigetragen haben, dass Südtirol zu einer prosperierenden Region Europas geworden ist und das Kronland Tirol sich heute in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino wiederfindet.

Von einer österreichischen Minderheit in Italien und der Südtiroler Erfolgsgeschichte spricht Luis Durnwalder. Von 400.000 Schilling, die er gemeinsam mit seiner damaligen Verlobten über den Brenner geschmuggelt hat, um seinen Onkel zu verteidigen, erzählt Andreas Khol. Helmut Kritzinger erinnert sich daran, Petitionsbriefe für die UNO geschrieben zu haben, ehe er ins Exil nach Österreich ging, wo er schließlich Bundesratspräsident werden sollte. Peter Jankowitsch kann sich noch an die Aussagen der italienischer Politiker erinnern, dass in der ganzen Welt Gefangene gefoltert werden – zumindest in den 60er Jahren.

Zahlreiche Zeitzeugen, Frauen und Männer, erzählen ihre Version der Geschichte Südtirols, die gleichzeitig auch eine der wesentlichen historischen Entwicklungen der österreichischen Außenpolitik ist.

Verbunden werden die Erzählungen durch historisches Film- und Bildmaterial, welches europaweit in Archiven gesucht und auch gefunden wurde – Bildmaterial, welches bis jetzt selten bis nie zu sehen war. Kommentiert wird die historische Entwicklung von Prof. Michael Gehler, der die wissenschaftliche Begleitung des Projektes übernommen hat.

Der Film “Südtirol ist eine Herzensangelegenheit” von Anita Lackenberger und Gerhard Mader hatte vor einem Jahr in Bozen Premiere, wurde mittlerweile auch bereits im TV gezeigt, nunmehr konnte der Streifen auch im Parlament betrachtet werden. An der Vorführung nahm ein ebenso zahlreiches wie prominentes Publikum, darunter Bundesratspräsident Gottfried Kneifel, Altnationalratspräsident Andreas Khol, die ehemaligen
Ministerinnen Hilde Hawlicek und Sonja Stiegelbauer (Moser) sowie der seinerzeitige Staatssekretär Ludwig Steiner, teil.