Mit ‘Artur Ortens’ getaggte Artikel

Montag, 19. August 2013, von Elmar Leimgruber

Jesus Christ Superstar in Baden: Highlight mit Schönheitsfehlern

Das Wirken von Jesus Christus auf Erden hat die Kunst seit jeher nicht nur geprägt, sondern auch inspiriert. Künstler aller Jahrhunderte haben darum gerungen, ihre jeweilige Sicht der Menschwerdung Gottes in Skulpturen oder Malereien in der Literatur und in der Musik zu verewigen. Andrew Lloyd Webber (Texte: Tim Rice), welcher später selbst sogar ein christliches Requiem im Gedenken an seinen verstorbenen Vater schrieb und der wiederum später zusammen mit Jim Steinman (“Tanz der Vampire”) mit “Whistle Down The Wind” (vgl. dazu auch meine Kritik von 2006) ein weiteres “Jesus”-Musical schuf, komponierte nach der Adaptierung eines alttestamentlichen Themas (“Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat”) bereits 1970 die Rockoper “Jesus Christ Superstar”, welche nach wie vor zu den bekanntesten und meist aufgeführten Musicals überhaupt gehört. Zu klären, ob dieser Musical-Jesus auch dem christlichen entspricht, ist freilichs nicht Aufgabe meiner Kritik.

Die Bühne Baden bei Wien in Niederösterreich (NÖ) produziert neben zahlreichen vielbeachteten Operetten seit Jahren auch erfolgreich Musicals. So gabs unlängst die österreichische Erstaufführung von “Xanadu”. Und ebenfalls in diesem Jahr war am 10. August die Premiere von “Jesus Christ Superstar” in Baden unter der Regie von Hausherr Robert Herzl angesagt. Und diese ist eine gelungene und sehr sehenswerte Produktion -ein absolutes Highlightmit kleinen “Schönheitsfehlern”:

Es gibt wohl -zumindest im gesamten deutschen Sprachraum- wenige Musical-Stars, welchen diesen Titel wahrlich verdienen. Spätestens seit seiner Interpretation von Judas Ischariot in der Badener Inszenierung von Jesus Christ Superstar wird er von mir hiermit “geadelt”: Chris Murray. Selten zuvor habe ich auf der Musicalbühne jemanden erlebt, der nicht nur gesanglich sensationell ist, sondern auch in der Lage ist, seine Rolle so glaubwürdig zu spielen. Allein seiner Interpretation wegen lohnt sich bereits der Besuch der Rockoper in Baden (wird 2014 übrigens erneut ins Programm genommen, wie Intendant Herzl im Anschluss auf der Premierenfeier ankündigte).

Gesanglich und schauspielerisch ebenfalls außergewöhnlich der Südtiroler Erwin Windegger, welcher Pontius Pilatus so authentisch spielt, wie man dies kaum für möglich halten würde: er zweifelt und er kämpft, resigniert letztlich doch und fügt sich dem Willen der aufgehetzten Mengenmenge. Diese Rolle hatte Windegger übrigens bereits in der Saison 2004/2005 bei den Vereinigten Bühnen Bozen verkörpert, wo er auch für die Regie der Rockoper verantwortlich zeichnete.

Karin Seyfried hat zwar durchaus eine für ihre Rolle (Maria Magdalena) passable Stimme, scheitert jedoch leider schaupielerisch: sie wirkt -trotz gefälliger Kostüme (Ausstattung: Pantelis Dessyllas)- ausdrucksschwach und gefühllos, ja eher kalt und kein Liebesfunke wird sichtbar, wenn sie diese zu Jesus musikalisch umschreibt. Probleme mit den tiefen Tönen, welche diese Rolle geradezu auszeichnen, hat Artur Ortens als Hoherpriester Kaiphas, während Beppo Binder als Annas hervorragend agiert, so auch Stefan Bleiberschnig als Petrus und ganz besonders Markus Neugebauer als Simon Zelotes. Vollkommen lächerlich und gerade deswegen gleichermaßen auch genial und lustig interpretiert Thomas Markus den Herodes.

Darius Merstein MacLeod als Jesus leidet, weniger am Kruezestod, sondern vielmehr am Unverständnis der Menschen für seine Mission, welche doch eine göttliche und keine menschliche ist, am meisten jedoch daran, dass ausgerechnet einer seiner Auserwählten, ein Apostel, Judas ihn verrät. Merstein und Murray sind übrigens ein geiniales Künstler-Duo, wie sie auch schon als Jean Valejan und Javert in der Bedener Produktion von “Les Miserables” beweisen haben.

Merstein interpretiert Jesus musikalisch wie schauspielerisch großartig und äußerst würdig, ja manchmal beinahe schon “devot”. Umsomehr verwundert, dass er in der Inszenierung von Herzl plötzlich aus heiterem Himmel heraus mit einem Maschinengewehr durch die Gegend schießt, um die Händler aus dem Haus Gottes, dem Tempel zu vertreiben.

Das passt einfach nicht, genausowenig, wie die Erhängungs-Szene des Judas viel zu kurz angedeutet wird und so auch nicht wirken kann und ein leeres Kreuz während der Kreuzigung ist vielleicht auch nicht ganz ideal. Ansonsten aber ist Robert Herzl zu seiner Version von “Jesus Christ Superstar” in Baden sehr zu gratulieren und zu applaudieren.

Von der ursprünglich so komponierten Rockoper bleibt in Baden zwar wenig übrig, weil das Orchester unter der Leitung von Franz Josef Breznik zwar großteils gut musiziert, jedoch die rockigen Elemente vielfach fehlen, was auch an der Tontechnik in Baden liegen, welche bei der Premiere die Audioeinstellungen auch der Singmikrophone mangelhaft vorgenommen hatte und bedauerlicherweise oftmals nicht mal rechtzeitig die entsprechenden Mikrophone öffnete. Diese kleinen Mängel, welche jedoch das Hörvergnügen beeinträchtigen, werden hoffentlich rasch behoben werden können.

Das Premieren-Publikum war begeistert und gab Standing Ovations. Und: trotz meiner Kritikpunkte: Ich bin auch begeistert.
Also: nach Baden fahren und genießen.

Freitag, 29. Juni 2012, von Elmar Leimgruber

Die drei Musketiere duellieren in Baden

Der Theaterstoff ist eigentlich bekannt, aber da es sich bei Ralph Benatzkys Revue-Operette “Die drei Musketiere” um eine Fortsetzung (Text: Rudolph Schanzer und Ernst Welisch) des klassischen Stücks (von Alexandre Dumas) handelt, darf man inhaltlich dennoch gespannt sein, was passieren mag. Die Themen bleiben freilich dieselben: Der Kardinal intrigiert, aber dank der Loyalität der Musketiere kann schließlich die Gerechtigkeit siegen. Die Bühne Baden hat sich an dieses, 1929 in Berlin uraufgeführte, aber indes lang in Vergessenheit geratene Werk des Komponisten vom “Weissen Rössl” herangewagt und das Ergebnis (Premiere war am 22. Juni) kann sich sehen und hören lassen:

“Musik von gestern und heute”, welche Ralph Benatzky verspricht, trifft dann auch ins Schwarze: Klar klingt sie nicht wie heutige zeitgenössische Klassik, aber für die damalige Zeit war sie sicherlich äußerst innovativ: von rein klassischer romatischer Musik spannt sich der Bogen hin zu Jazz und Swing vom Allerfeinsten und den Titelsong der “Drei Musketiere” habe ich immer noch im Ohr. Dafür, dass das Werk musikalisch so großartig ist, ist es eigentlich viel zu unbekannt und mindestens so herausragend wie sein allseits bekanntes “Weißes Rössl”.

Die Besetzung, das gesamte Ensemble ist großartig. Ganz besonders hervorzuheben sind Artur Ortens (Kardinal), Frauke Schäfer (Königin Anna), Stefan Bischoff (König Ludwig), Reinhard Alessandri (D’Artagnan), Miriam Sharoni (Leona de Castro), Edith Leyrer (Madame Brissard), Elisabeth Fruhmann (Miotte), Beppo Binder (Caramel), Robert Sadil (Pater Ignotus), Kateryna Pacher (Catherine), Jasmina Sacr (Manon)  und nicht zuletzt Daniel Ohlenschläger (Porthos) und Darius Merstein-MacLeod (Aramis).

Die Regie/Inszenierung von Intendant Robert Herzl (Ausstattung: Pantelis Dessyllas) ist großartig, die Choreographie vom neuen Ballettchef Michael Kropf ist innovativ, die Fechtchoreographie von Christian Zmek (auch Kommandeur der Musketiere) ist authentisch und Franz Josef Breznik dirigiert gewohnt souverän das präzise musizierende Orchester der Bühne Baden. Daher bleibt nur noch zu schreiben: Schauen sie sich “Die drei Musketiere” in der Sommer-Arena in Baden an und lassen sie sich in eine andere Welt entführen, die so verschieden der heutigen Zeit vielleicht gar nicht sein mag. Nähere Informationen, Termine und Tickets sind hier abrufbar.

Und hier sind Eindrücke in Bildern (Fotos) von der Premiere der “Drei Musketiere” in Baden: