Mit ‘Seligsprechung’ getaggte Artikel

Montag, 30. Januar 2012, von Elmar Leimgruber

Politikerin Hildegard Burjan in Wien seliggesprochen

Die neue Selige Hildegard Burjan mit Ehemann Alexander
Foto: © CS

Erstmals gab es gestern im Wiener Stephansdom eine Seligsprechung. Und: Die österreichische Sozialpionierin und Gründerin der Caritas Socialis (CS) Hildegard Burjan wurde als erste demokratisch gewählte Politikerin der Welt am Sonntag, den 29. 01. 2012, seliggesprochen. In Vertretung Papst Benedikts XVI. nahm Kardinal Angelo Amato, der Präfekt der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen, diese erste Seligsprechung im Wiener Stephansdom vor. “Wir Frauen wollen nicht unsere besten Kräfte verbitternden, fruchtlosen Parteikämpfen opfern, sondern praktische, die Gesamtheit fördernde Arbeit leisten,” war das Motto Hildegard Burjans.

Hildegard Burjan wurde 1883 in Görlitz geboren. Sie engagierte sich als erste christlich-soziale Abgeordnete im Parlament für Randgruppen der Gesellschaft und vor allem für die Rechte der Frauen (“Gleicher Lohn für gleiche Arbeit”). Im Oktober 1919 gründete sie die religiöse Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, deren Vorsteherin sie als verheiratete Frau und Mutter bis zu ihrem Tod, am 11. Juni 1933 war.

Hildegard Burjan 1919 als Abgeordnte im Wiener Parlament
Foto: © CS

“Hildegard Burjan ist ein Vorbild für uns alle in ihrer Verbindung von Kontemplation und Aktion, von Mystik und gesellschaftlichem Handeln,” betont Wiens Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn. “Heiligkeit ist das Zeichen geglückter Nachfolge Christi. Bei Hildegard Burjan sieht man, was Jüngerschaft bedeutet: Mitten im Leben stehen, den eigenen Glauben und die Lebensführung deckungsgleich halten und sich am Beispiel Jesu Christi ausrichten.”

Bereits Kardinal König hatte 1963 den Seligsprechungsprozess eröffnet. Das dazu notwendige Wunder betrifft die Heilung einer Frau: Infolge mehrerer Operationen konnte sie kein Kind zur Welt bringen. Dass sie später dennoch drei gesunden Kindern das Leben schenkte, ist nach Auffassung der den Fall beurteilenden Ärzte medizinisch nicht erklärbar.

Sonntag, 1. Mai 2011, von Elmar Leimgruber

Heilige heute? Zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II.

Papst Johannes Paul II. nachdenklich in Rom

Vorausgeschickt sei: Es gibt die vielen unbekannten, teils sehr einfachen und unscheinbaren Seligen und Heiligen, die treu ihre Pflicht erfüllen und ein wahrhaft christliches Leben führen, für Gott, für ihre Lieben und für die Gesellschaft. Diese  werden “im Frieden entschlafen” und daher wohl einen sicheren “Platz” bei Gott und seinen Heiligen finden, auch wenn sie nie offiziell “zur Ehre der Altäre” erhoben werden. Und dann gibt es da jene Menschen, die aus ihrem christlichen Glauben heraus in ihrem Land sehr bekannt werden für das, was sie für ihre Mitmenschen leisten. Und manche diese Menschen werden weltweit bekannt.

Ich denke da besonders an Anjezë (Agnes) Gonxhe Bojaxhiu, besser bekannt als Mutter Teresa, deren christlicher Einsatz für die Ärmsten der Gesellschaft als großartiges Vorbild dient. Und ich denke auch an Karol Józef Wojtyła, der von 1978 bis zu seinem Tod im Mai 2005 als Papst Johannes Paul II. segensreich wirkte. Mutter Teresa wurde durch Johannes Paul II.  bereits 2003 seliggesprochen, seine Seligsprechung findet am heutigen Sonntag (1. Mai 2011) im Petersdom von Rom statt.

Das Grab von Johannes Paul II. unter dem Petersdom in Rom

Auch Österreichs und Deutschlands Kirche feiert die Seligsprechung von Papst Johannes Paul II.: Bereits um 15.00 Uhr lädt der Verein “Rettet das Papstkreuz” am “Sonntag der Barmherzigkeit” zu einer Festmesse zu Ehren des neuen Seligen in den Wiener Donaupark ein. Der Gottesdienst findet vor dem 40 Meter hohen Papstkreuz statt, das bis heute am “Originalschauplatz” an die Papstmesse mit Johannes Paul II. im September 1983 erinnert. Und am Abend findet ein Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom statt. Der Wiener Diözesansender Radio Stephansdom überträgt übrigens in Zusammenarbeit mit Radio Vatikan die Seligsprechungsfeier von Johannes Paul II. ab 10.00 Uhr live aus Rom. Der Apostolische Nuntius in der Bundesrepublik Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Pérriset, wird im Bonner Münster die Dankmesse zelebrieren. Außerdem wird er eine Gedenkplatte für den neuen Seligen in der Krypta segnen. Und in einem dreistündigen “ZDF spezial” (von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr) überträgt das Zweite Deutsche Fernsehen am Sonntag, 1. Mai 2011, die Seligsprechung von Johannes Paul II. (die übrigens in 3D aufgezcihnet wird) live aus Rom.

Gewiss kann man ein grundsätzliches Fragezeichen dahinter setzen, in wie weit es sinnvoll ist, so kurz nach dem Tod eines Menschen bereits seine Seligsprechung durchzuführen. Wenn man allerdings bedenkst, dass die meisten Heiligen der ersten Jahrhunderte als solche gelten, obwohl sie offiziell nie heiliggesprochen wurden, dann relativiert dies die Frage wiederum. Zudem sollte man beachten, dass wir heute in einer Zeit leben, in der Informationen über die gesamte Welt innerhalb kürzester Zeit auch über diese verbreitet werden können und dass wir heute daher -zumindest theoretisch- schneller mehr wissen als dies früher möglich war. Dies allein rechtfertigt zwar nicht eine Selig- oder Heiligsprechung, ermöglicht aber eine bessere Recherche.

Papst Johannes Paul II. unter Menschen bei einem Pastoralbesuch in der Arena von Verona

Reicht nun das Wirken Papst Johannes Paul II. aus, um ihn selig- bzw. heiligzusprechen? Er galt zwar sicherlich in der Dogmatik und in der Moraltheologie als konservativ (was aus gesamtkirchlicher Sicht auch so sein muss), aber Wojtyla verstand es als erster Papst, die katholische Kirche tatsächlich zu einer Weltkirche umzubauen, als die sie sich eigentlich fühlte: Er ernannte zahlreiche Bischöfe, die bislang vor allem aus Europa, vor allem aus Italien stammten, aus aller Welt zu Kardinälen, was dazu beitrug, den europäischen Schwerpunkt auszugleichen.

Im Heiligen Jahr 2000 sprach der Papst ein historisches „Mea culpa“ für die Kirche wegen ihrer Verfehlungen wie Glaubenskriege, Judenverfolgungen und Inquisition aus und beschritt insgesamt neue Wege in der Ökumene und im Dialog mit anderen Religionen. Aus Anlass des UNO-Jahres der Jugend verkündete Johannes Paul II. 1985 die Schaffung der Weltjugendtage, welche im darauffolgenden Jahr erstmals offiziell stattfanden und dann zu einem regelmäßig wiederkehrenden Ereignis wurden. Am 17. Mai 1993 erschien im Auftrag des Papstes der erste Weltkatechismus seit 1566, in dem Glaubenslehre und Moral der katholischen Kirche behandelt werden.

Zudem ging er als “Medienpapst” und als reisender Papst in die (Kirchen-)Geschichte ein und besuchte insgesamt 127 Länder weltweit. Und um die einzelnen Landeskirchen auf allen Kontinenten zu stärken, gab es in seiner Amtszeit insgesamt 1338 Selig- und 482 Heiligsprechungen. Und bedeutend sind auch Johannes Pauls Einsatz gegen den Kommunismus und gegen andere Unrechtsysteme weltweit sowie sein Einsatz für den weltweiten Frieden. Für seine Selig- und spätere Heiligsprechung spricht zudem sein heroisch-stoisches Glaubenszeugnis im Leiden während einer Parkinson-Erkrankung in seinen letzten Lebensjahren.

Papst Johannes Paul II. war sicherlich nicht ununstritten: ein Papst muss ja auch -wie die Kirche insgesamt- Zeichen des Widerspruches sein, wie dies schon ihr Gründer Jesus Christus selbst war. Und natürlich muss die katholische Kirche eine sich ständig reformierende sein, aber im beständigen Glauben  und im Vertrauen auf die eigentliche Führung der Kirche durch ihren Stifter. Und ja: ich halte seine Seligsprechung für richtig. Ich konnte ihm mehrmals persönlich begegnen und ich bin davon überzeugt, dass er heilig gelebt hat und letztlich ein Vorbild für viele Menschen sein kann: für Mut, für Tapferkeit, für Liebe und vor allem für tiefen unerschütterlichen Glauben bis in den Tod.