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Mittwoch, 22. Juni 2011, von Georg Jajus

Jean Michel Jarre: Essentials, Rarities, Monaco und Wien

Die Musikindustrie ist im Umbruch begriffen, durch Digitalisierung immer schnellebiger: die Charts von heute werden zu einem nicht unerheblichen Teil durch digitale Downloads bestimmt. Nicht eingerechnet sind hier illegale Downloads, durch die der Künstler vielleicht in seiner Bekanntheit bei neuen Zielgruppen profitiert, nicht jedoch finanziell.Viel wird produziert, das meiste davon morgen schon vergessen.

Auf der anderen Seite: Immer mehr Künstler schieben ein Album auf, und performen ihre Greatest Hits lieber in Konzerthallen und Stadien. Mit einer ausgedehnten Tournee lässt sich mitunter mehr Geld verdienen als mit klassischen Tonträger-Verkäufen.

Auch Synthesizer-Pionier Jean Michel Jarre geht mit seiner globalen „Tour 2010“ schon ins zweite Jahr. Und er setzt dabei auf Altbewährtes: Egal ob Klassiker wie „Oxygene 4“, „Magnetic Fields 2“ oder „Souvernir of China“, keines seiner bahnbrechenden und legendären Alben – und Soundcollagen daraus – dürfen dabei fehlen. Und er lässt dabei das Gros der aktuellen Elektroniker ganz schön alt aussehen:

Jarre ist immer noch eine Klasse für sich, und kann mit gutem Gewissen behaupten, auch besser zu sein als seine diversen Nachahmer. Bekannt wurde der 1948 in Lyon geborene Jarre – Sohn von Hollywood-Komponist Maurice Jarre („Lawrence Of Arabia“) dem – sonst der elektronischen Musik eher unkundigem – Massenpublikum vor allem durch seine an Gigantomanie grenzenden Open Air-Shows, mit welchen er neben musikalischer Oppulenz und bahnbrechenden visuellen Effekten gleich dreimal den Eintrag ins Guinnes Buch der Rekorde schaffte: 1979 eine Million Zuseher in Paris auf der Place de la Concorde, 1990 zwei Millionen in La Defense und 1997 dreieinhalb Millionen in Moskau. Vor Ort, versteht sich, andere schaffen das nicht mal vor den Bildschirmen: Das lässt einen dann auch milde und versöhnlich lächeln über all die frechen Nachahmer, die sich gegenwärtig von Trance bis Pop mit Lasershows ein wenig pimpen und damit meinen, originell oder gar innovativ zu sein – und das Publikum frisst es auch noch.

Weitere Höhepunkte seiner Open Airs waren etwa Konzerte 1986 beim NASA-Stützpunkt in Huston und in Lyon anlässlich des Besuches von Papst Johannes Paul II, 1992 in Zermatt anlässlich der 100millionsten Swatch, 2005 in Gdansk anlässlich des 25 Jubiläums der Solidarnosc. So schaffte es Jarre auch, Histrorisches und Zeitgeschichtliches in seinen Auftritten zu koordinieren. In Wien gastierte Jarre zuletzt 1997 mit „Oxygene 8“ vor dem Wiener Rathaus, als Musikgast der Fernsehshow „Wetten, dass?“

In etwas kleinerem, nichtsdestotrotz nicht minder energiegeladenem Rahmen füllt Jarre nun wieder die Konzerthallen. Eingerahmt vor einer gigantischen LED-Leinwand, hinter der sich ein atemberaubend gut klingendes Audio-System befindet – und die Bühne so frei macht von sichtbaren Lautsprechern – werkt der Meister mit seiner Crew live in seiner klangalchemistischen Hexenküche, an einem Maschinenpark, der Synthesizer-Sammlern buchstäblich das Wasser im Mund zusammenrinnen lässt. Mit dabei auch das Theremin, eines der ersten elektronischen Musikinstrumente überhaupt, natürlich darf auch die Laser-Harp nicht fehlen. Neben Klassikern spielt Jarre auch einige unveröffentlichte Kompositionen, im im Laufe der Tour immer mehr Feinschliff finden und schliesslich einmal Eingang in ein zukünftiges Album finden werden.

Anlässlich der Hochzeit von Fürst Albert II. und Charlene Wittstock gibt Jarre am 1. Juli in Monaco eine Open Air-Version seiner Show bei freiem Eintritt. Das Konzert wird via Live-Stream im Internet sowie über die Nachrichtensender Euronews übertragen, mit welchen Jarre kürzlich einen weitreichenden Kooperationsvetrag abgeschlossen hat, der weitere Konzertübertragungen inkludiert. Am 17. November 2011 macht Jarre Halt in Wien, am 18. in Graz. Und gerade eben erschien das Doppel-Album „Essentials & Rarities“ mit einer Auswahl seiner frühesten und späteren Werke.

Galerie: Jean Michel Jarre in Budapest 2010, Copyright Georg Jajus