Mit ‘Arbeitslosigkeit’ getaggte Artikel

Freitag, 26. März 2010, von Elmar Leimgruber

Arbeiterkammer will Finanzmärkte bändigen (Info+Kommentar)

AK-Präsident Herbert Tumpel mit Arbeitern
Foto: AK/Peter Rigaud

Europa braucht einen Kurswechsel in der europäischen Wirtschaftspolitik: Damit die Konjunktur weiter gestärkt wird, muss die EU die Finanzmärkte bändigen,  eine Finanztransaktionssteuer einführen, die Krisenkosten fair verteilen und neue Beschäftigungsprogramme entwickeln. Dafür plädiert der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Herbert Tumpel anlässlich des gerade stattfindenden EU Gipfels. Bei diesem wird der Europäische Rat die neue EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung beschließen.

Europa riskiert laut Tumpel eine gefährliche soziale Krise, wenn nicht rasch weitere Maßnahmen folgen, um ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum anzuschieben. “Ich erwarte mir vom Europäischen Rat ein klares Signal, dass die Belebung der Konjunktur und die Senkung der Arbeitslosigkeit absolute Priorität haben. Nur dann kann es auch gelingen, die Budgetdefizite mittelfristig in die den Griff zu kriegen”, ist der AK-Chef überzeugt.

In der EU sind laut AK derzeit fast 23 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit, besonders dramatisch ist die Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen. Fast jeder fünfte der unter 25-Jährigen ist arbeitslos. Diese dramatische Entwicklung am Arbeitsmarkt ist eine Folge des Kollaps der Nachfrage und hat nichts mit starren Löhnen oder zu großzügigen Sozialleistungen zu tun. “Seit Jahren hat Europa die Förderung der Binnennachfrage vernachlässigt und zu sehr auf den Export gesetzt. Das muss jetzt anders werden,” fordert Tumpel:

+ Die Finanzmärkte müssen endlich gebändigt werden. Dort wird schon wieder genauso hemmungslos spekuliert wie vor der Krise, und die Neuregulierung des globalen Finanzsystems verläuft mehr als schleppend.

+ Es muss endlich der Steuerbetrug wirkungsvoll bekämpft werden. Allein in der EU haben wir laut EU- Kommission Ausfälle durch Steuerbetrug von geschätzen 200 bis 250 Milliarden Euro jährlich. Das entspricht immerhin 1,6 Prozent des BIP der EU-27.

+ Die Kosten müssen jene zahlen, die die Krise verursacht haben. Die EU könnte schon morgen eine Finanztransaktionssteuer beschließen. Gemeinsam mit der Bankensteuer würde das neue Einnahmen für öffentliche Investitionen im Sinne der Ziele der EU 2020-Strategie bringen.

+ Wir brauchen Beschäftigungsprogramme. Wenn der Markt nicht Beschäftigung schafft, dann muss die Politik eingreifen. Es gibt Beschäftigungspotentiale in vielen Bereichen, zum Beispiel Bildung, Gesundheit, Soziales.

+ Wir müssen die eigenen Wachstumskräfte stärken: Die USA fallen als Weltkonsument aus, China kann diese Rolle bei weitem nicht einnehmen. Wachstum schafft Europa derzeit nur mit öffentlicher Nachfrage. Daher dürfen die Konjunkturprogramme erst zurückgefahren werden, wenn der Aufschwung selbsttragend ist. Das ist dann der Fall, wenn genügend Menschen in Jobs sind und gut verdienen.

Vorausgeschickt: Ich fürchte, wir stehen leider derzeit nicht am Ende einer schweren Wrtschaftskrise, sondern wir stehen vor einer ganz immensen (noch nie dagewesenen) Wirtschaftskrise (Griechenland ist erst der Anfang: Portugal, Spanien und Italien werden folgen…), die uns in spätestens zwei Jahren erreichen wird, wenn nicht weltweit die nötigen vorbeugenden Schritte unternommen werden.

Tumpel hat in einigen Bereichen also vollkommen recht: die Spekulationen in grossem Rahmen vor allem im Bereich Unlautere “Wetten”: Profit und Abzocken, indem Unternehmen oder gar ganze Staaten ind en Bankrott geritten werden, müssen ausnahmslos verboten und strengstens geahndet werden! Und jene, die bisher durch solche unlauteren Machtspielchen zu Lasten anderer in grossem Rahmen spekuliert haben und grosse Gewinne eingefahren haben, sollten nachträglich auch noch zur Kasse gebeten werden.

Zudem: Auch der Steuerbetrug im grossen Rahmen muss nachhaltig und international bekämpft werden. In diesem Zusammenhang erneuere ich meine Forderung, dass die Schweiz von sich aus Steuersünder bekanntgeben muss.

Auch die von der österreichischen Regierung geplante Bankensteuer ist sinnvoll. Mehr noch: Genauso wie Versicherungen durch das Finanzministerium überwacht und geprüft werden und grosse Teile ihrer Gewinne an die Versicherten weitergeben müssen, muss dies auch bei Banken so kommen; und zwar selbstverstöndlich ohne zusätzliche Kosten für Konsumenten. Eine Finanztransaktionssteuer macht meines Erachtens aber nur ab einer gewissen noch zu definierenden Höhe Sinn.

Und ich bin auch mit Tumpel -entgegen dem Standpunkt der Wirtschaftskammer- einer Meinung, dass sogenannte “flexiblere Löhne” das Arbeitslosenproblem nicht lösen können: Die Menschen müssen vom Lohn leben können und das Soll-Ziel müssen daher Angestelltenverhältnisse sein. Sonst muss wiederum die öffentliche Hand mit Sozialleistungen eingreifen, was wiederum zu schweren Belastungen für alle führt. Sozialleistungen in ihrer Grundversorgung müssen übrigens nach meiner Überzeugung für alle Menschen auch dauerhaft erhalten bleiben müssen.

Was aber die von Tumpel geforderten Konjunktur- oder Beschäftigungsprogramme betrifft: klingt ja alles nett, bringt aber nix, wenn man nicht auch konkret sagt, was der Staat tun soll, um mehr Beschäftigung und eine Steierung der Konjunktur zu erreichen und natürlich auch, wie dies finanziert werden soll. Eine neue “Schuldenpolitik” ist jedenfalls -ausser im äusserten Notfall- strikt abzulehnen: schon aus Verantwortung den künftigen Generationen gegenüber.

Montag, 1. März 2010, von Elmar Leimgruber

Im Gedenken an Bruno Kreisky

Bruno Kreisky (1911-1990)
Foto: unhcr.de

Heute vor genau 40 Jahren (1. März 1970) gewann Bruno Kreisky mit seiner SPÖ -knapp an der absoluten Mehrheit vorbei- die Nationalratswahlen in Österreich. Er gründete unter Duldung der FPÖ als Nachfolger des konservativen Kanzlers Josef Klaus (ÖVP) eine neue linksliberale Minderheitsregierung:

“Bruno Kreisky machte mit seiner legendären Aussage, dass ihm ein paar Milliarden Schulden weniger schlaflose Nächte bereiten, als ein paar hunderttausend Arbeitslose, deutlich, dass das Wohl der Menschen immer im Mittelpunkt seiner Politik stand. Im Sinne Kreiskys hat es für die Sozialdemokratie noch immer oberste Priorität gegen Arbeitslosigkeit und den Abbau von Sozialleistungen zu kämpfen”, schreibt dazu die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas.

Er war aber bei weitem nicht nur ein “Held”, wie ihn jetzt die Sozialdemokraten (SPÖ) darzustellen versuchen:Immerhin fallen jahrzehntelange Schuldenpolitik auf die künftigen Generationen zurück, was inzwischen offensichtlich ist. Er versuchte auch gar gegen den Willen der Nationalbank, den Schilling abzuwerten. Und er war zudem ein Gegner von Simon Wiesenthal, aber ein Freund von Muammar al-Gaddafi, der damals schon international umstritten war und erst vor wenigen Tagen zum “Dschihad gegen die Schweiz, den Zionismus und die ausländische Aggression” aufgerufen hatte. Auch sei die Frage erlaubt, ob die Einführung der sogenannten “Fristenlösung” durch Kreisky als “Fortschritt” und nicht eher als humanistischer Rückschritt zu Lasten der Schwächsten, nämlich der (ungeborenen) Kinder aufzufassen ist.

Aber schon in den 70er-Jahren (er blieb bis 1983 im Amt) wurden von Kreisky auch wichtige positive Massnahmen getroffen: der Zivildienst als Alternative zum Militärdienst und die Einführung des Pflichturlaubs, von Schülerfreifahrten und gratis Schulbüchern für Pflichtschüler.Und auch die Studiengebühren für die Universitäten -wie immer man auch zu diesen stehen mag- wurden von Kreisky abgeschafft.

Und Kreisky hat bereits als österreichischer Aussenminister auch Grossartiges für Südtirol geleistet: Als Italien entgegen dem Pariser Vertrag (Gruber-Degasperi-Abkommen) und entgegen den Protesten des offiziellen Österreich die Zwangsitalienisierung Südtirols fortsetzte, brachte Bruno Kreisky -selbst Flüchtling und daher wohl auch persönlich betroffen- das “Südtirol-Problem” vor die Vereinten Nationen (UNO). Die UNO-Vollversammlung forderte dann 1960 und 1961 Österreich und Italien auf zu verhandeln und eine Lösung hinsichtlich der Durchführung des Pariser Vertrages zu finden, was letztlich zur Autonomie in Südtirol führte.

Heute hat Südtirol übrigens wieder ähnliche Probleme, aber das heutige offizielle Österreich ist vollkommen taub und ignorant gegenüber den berechtigten Anliegen Südtirols. Es bräuchte heute auch wieder österreichische Politiker vor allem in der Regierung, die nicht nur vorgeben, Südtirol-Freunde zu sein, sondern die voll und ganz zu Südtirol als eigenes Land in Europa stehen und die genauso mutig wie seinerzeit Kreisky -bei Bedarf- auch gegen die italienische Regierung öffentlich Stellung beziehen.

Und wenn die SPÖ Kreisky heute schon feiert, dann sollte sie sich vor allem diesbezüglichan ihm orientieren: Es ist äusserst wichtig, auf das Volk zu hören, aber auf keinem Fall Populismus leben. Tja hat die SPÖ wohl noch Einiges zu lernen…

…mal ganz abgesehen davon, dass Kreisky in seinen letzten Jahren mit der SPÖ selbst nicht mehr wirklich konnte…

Dienstag, 16. Februar 2010, von Elmar Leimgruber

Karneval ist uns egal, dafür wollen wir die Staatsschulden loswerden

Die passende Meldung zum Faschingsdienstag und zur Rückkehr in die “Normalität”:

Dem närrischen Faschingstreiben steht die Mehrheit der Deutschen gleichgültig gegenüber. In einer Umfrage für das Hamburger Magazin “stern” sagte jeder Zweite (52 Prozent), der Karneval sei ihm egal. 15 Prozent finden ihn sogar “schrecklich”. Immerhin ein Drittel (33 Prozent) begeistert sich aber für Pappnase und Konfetti. Uneinigkeit herrscht bei der Frage, ob das Fernsehen zu viel über Karnevalsumzüge und -sitzungen berichtet: 41 Prozent bejahen dies, knapp die Hälfte (47 Prozent) ist mit dem derzeitigen Angebot zufrieden. Zwei Prozent würden sogar gern noch mehr sehen.

Derzeit beschäftigen hingegen die gigantischen Staatsschulden, die Deutschland, aber auch andere EU-Staaten auftürmen, die Bundesbürger am meisten. Im Sorgenbarometer des “stern” sagten fast zwei Drittel der Bürger (62 Prozent), sie befürchteten, dass dieser Schuldenberg eines Tages nicht mehr bezahlbar sei. Allein Bund, Länder und Kommunen in Deutschland müssen sich dieses Jahr voraussichtlich mehr als 145 Milliarden Euro neu leihen.

Auf dem zweiten Platz folgt die Sorge um die Ausbildung der Kinder. 61 Prozent der Befragten erklärten, sie hätten große oder sehr große Angst, dass die Kinder in Deutschland keine vernünftige Ausbildung erhalten. Dieses Thema wurde zum ersten Mal im Sorgenbarometer abgefragt. Auf Platz drei und vier liegen die Sorge vor einem Anstieg der Arbeitslosigkeit (59 Prozent) und unsicheren Renten (56 Prozent).

Sprunghaft gestiegen ist die Furcht, dass die Politiker ihren Aufgaben nicht gewachsen sind. Im letzten Sorgenbarometer des stern Mitte November 2009 hatten 44 Prozent der Deutschen diese Angst, jetzt fürchten sich 55 Prozent davor.

Weitere Sorgen der Deutschen sind, dass sich der Zustand der Umwelt verschlechtert (54 Prozent, -2),  die Angst vor Inflation (44 Prozent, +5) und einem Einbrechen der Konjunktur (41 Prozent, +5). Eher gering ist die Angst vor Spannungen mit Ausländern (39 Prozent, +4) oder Kriegen mit deutscher Beteiligung (36 Prozent, +4). Unter den Berufstätigen ist die Furcht vor einem Jobverlust deutlich gesunken: Nur noch 19 Prozent der Beschäftigten rechnen damit. Im November 2009 waren es 26 Prozent.

Datenbasis: 1005 repräsentativ ausgesuchte  deutsche Bundesbürger Anfang Februar 2010, durchgeführt vom Forsa-Institut, Berlin, im Auftrag von “stern”.

Die Fastenzeit kann kommen…

Mittwoch, 30. Dezember 2009, von Elmar Leimgruber

Caritas fordert Konjunkturprogramm für die Ärmsten

Caritasdirektor Michael Landau
Wiens Caritasdirektor Michael Landau
Foto © Wilke

Zum Start des Europäischen Jahres zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung fordert die Caritas eine ernst gemeinte Armutsbekämpfung sowie ein Konjunkturpaket für die rund eine Million Menschen, die in Österreich an und unter der Armutsgrenze leben. “Armutsbekämpfung muss endlich ganz oben auf der politischen Agenda stehen”, schreibt Wiens Caritas-Direktor Michael Landau in einer Aussendung.

“Ein drittes Konjunkturpaket für die sozial Schwächsten ist mehr als überfällig. Ich erwarte mir gerade im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung mehr als kosmetische Maßnahmen. In einer insgesamt wohlhabenden Gesellschaft darf Armut nicht als Tatsache hingenommen werden, vielmehr ist die Änderung prekärer Lebenssituationen eine Frage des politischen Wollens”, betont Landau.

Die aktuelle Armutsstatistik EU-SILC 2008 bestätige, dass Armut auch in Österreich ein Stück Realität ist. Insgesamt waren demnach 2008 12,4% der Bevölkerung bzw. rund 1.018.000 Menschen armutsgefährdet, rund 492.000 Menschen lebten in manifester Armut. Ein Viertel der KlientInnen, die sich hilfesuchend an die Caritas-Sozialberatungsstellen wendeten, hätten nach Abzug der Fixkosten weniger als 4 Euro am Tag zur Verfügung.

“Armut kann jeden treffen. Die Opfer von Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise brauchen eine faire soziale Absicherung jenseits einer Sozialschmarotzer- und Generalverdachtsdebatte. Die Wirtschaftskrise darf nicht länger am Rücken der Armen ausgetragen werden”, so Landau.

Die Caritas fordert daher “ein Konjunkturpaket für die Ärmsten”, das die drei Schwerpunkte umfassen müsse:

“1) Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit ist ein richtiger Ansatz der Bundesregierung. Was die Menschen jedoch wirklich brauchen, ist eine Arbeit von der man auch leben kann.

2) Eine Mindestsicherung soll denjenigen, die nicht arbeiten können oder keine Arbeit finden, ein Überleben in Würde sichern. Die von der Bundesregierung geplante 15prozentige Kürzung, mit der die Betroffenen um 206 Euro unter die Armutsgrenze fallen, muss daher dringend zurückgenommen werden.

3) Drittens muss der faire und leistbare Zugang zu sozialen Dienstleistungen für alle gewährleistet sein: Gesundheit, Pflege, Kinderbetreuung oder Bildung spielen eine zentrale Rolle, wenn es um Armutsvermeidung und Chancengerechtigkeit geht.”

Soweit die Forderungen der Caritas. Die Sternsinger sammeln übrigens in den nächsten Wochen wiederum Geld für die Armen weltweit. Da kann auch jeder Einzelne von uns seinen eigenen kleinen Beitrag zur Armutsbekämpfung leisten: Viele von uns sind sicher um die Weihnachtszeit herum feinfühlender für die Anliegen unserer Mitmenschen.

Bleibt zu hoffen, dass auch die verantwortlichen Politiker sensibler im Bereich der Armutsbekämpfung reagieren und entsprechende sozial gerechte Schritte setzen. Natürlich aber sollten auch Sozialschmarotzertum und Wohlfahrtstaatsmissbrauch möglichst aussgeschlossen sein.