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Freitag, 11. Juni 2010, von Elmar Leimgruber

Die Vögel der Nacht erobern Wien – Musical-Kritik: “Tanz der Vampire”

Thomas “Graf von Krolock” Borchert mit “Sarah” Marjan Shaki
Foto: © VBW, Brinkhoff-Mögenburg

Den “Tanz der Vampire” (nach dem gleichnamigen Film von Roman Polanski) als Musicaluraufführung in Wien hatte ich seinerzeit schon 1998 live erlebt. Und ich war damals schon inhaltlich fasziniert und musikalisch bewegt, enthält dieses Musical doch äusserst bekannte Welterfolge von Bonnie Tyler und von Meat Loaf. Beide Stars wurden damals nicht nur vom Musikmagier Jim Steinman produziert, sondern er schrieb auch vielfach deren Songs. Die ganz besonderen Highlights jener Zeit sind sicherlich “Objects In The Rear Mirror May Appear Closer Than They Are” von Meat Loaf und “Total Eclipse of The Heart” (war in den 80ern in zahlreichen Ländern ein Nummer 1-Hit) von Bonnie Tyler , die beide ins Musical einflossen als “Die unstillbare Gier” und “Totale Finsternis”.

Buch und Liedtexte stammen von Michael Kunze, der sich auch im Musicals unter anderem durch “Elisabeth“, “Mozart” und “Rebecca” einen Namen gemacht hat und der 2005 den Echo und 2010 den Musikautorenpreis -in beiden Fällen für sein Lebenswerk- erhielt.

“Professor Abronsius” Gernot Kranner
Foto: © VBW, Brinkhoff-Mögenburg

Steve Barton, jener Star aus der Weltauraufführung des Musicals in Wien, verkörperte die Rolle des Grafen schon sehr gut. Aber -und das muss ich an dieser Stelle betonen-: Thomas Borchert ist der abolute Wahnsinn, was Gesangeskunst und Interpretation betrifft: Diser schlanke Mann ist ein Musikenergie-Bündel, das seinesgleichen sucht und vermutlich nicht findet: Er verkörpert nicht nur den Vampirgrafen von Krolock: ja er ist es: so angsteinflössend und mächtig wirkt er auf der Bühne: Absolut Top. Ich kann mir keinen Darsteller und Sänger vorstellen, der diese Rolle authentischer darstellen und kraftvoller singen und interpretieren könnte wie Borchert: ein Genuss für für alle Sinne.

Gernot Kranner war bereits der Professor Abronsius der Uraufführung 1997. Und damals wie heute ist er auch die Optimalbesetzung für diese Rolle: Er ist ein hervorragender Schauspieler, ein genialer Comedian und ein wunderbarer Sänger.

Marjan Shaki ist spätestens seit “Romeo und Julia” eine der ganz Grossen unter den jungen Musicaldarstellerinnen. Und der Rolle der vom Grafen magisch angezogenen Sarah ist sie nicht nur vollends gewachsen, sondern ist sie glänzt durch Perfektion. In der von mir besuchten Vorstellung des Musicals am 7. Juni 2010 interpretierte nicht Lukas Perman den Abronsius-Schüler und in Sarah verliebten Alfred, sondern Sebastian Smulders. Smulders (der mir übrigens schon in “Frühlingserwachen” positiv aufgefallen ist) ist ein exzellenter Schauspieler mit komödiantischem Talent und auch ein ausgezeichneter Sänger, der die Rolle des Alfred bestens, jedenfalls nicht störend “schnulzig” interpretiert. Daher bin ich eigentlich verwundert, dass er hier nur die Zweitbesetzung ist.

Ebenfalls ganz besonders positiv erwähnt sei an dieser Stelle auch Maike Katrin Schmidt: Auch sie verdiente grössere Rollen: Als Magda ist sie kraftvoll, energiegeladen und sensibel und hilflos gleichzeitig: eine grossartige Künstlerin mit einer aussergewöhnlich kräftigen Stimme.

Im Vergleich zur Wiener Fassung von 1997 ist nun nicht mehr Roman Polanski der offizielle Regisseur des Musicals, sondern Cornelius Baltus, der unter anderem auch nach wie vor Künstlerischer Leiter des Walt Disney Musicals “König der Löwen” in Hamburg ist. Inszenierung und Choreographie stammen heute wie damals von Dennis Callahan. Das neue Bühnenbild und die Kostüme (teilweise sogar Gothic-Style) kommen hingegen nun vom ungarischen Künstler Kentaur (damals von William Dudley). Diesen drei im Leading Team sei an dieser Stelle auch ein grosses Lob ausgesprochen, vor allem Callahan für die grossartige Choreographie. Und Michael Römer, der Dirigent des Abends (der mir schon im Udo Jürgens-Musical “Ich war noch niemals in New York” positiv aufgefallen ist), ist ein Herzblutmusiker: Das konnte man als Zuschauer und Zuhörer auch erleben: Kompliment.

Auf den Punkt gebracht: Der “Tanz der Vampire” hat alles, was ein erfolgreiches Musical braucht: saugeile Musik, eine spannende Story, gut inszeniert und authentische Interpreten. Und diese sind im Wiener Ronacher live zu erleben: hoffentlich noch sehr lange.

Derzeit zu sehen ist das Musical in Wien noch bis zum 3. Juli und dann wieder ab 11. September. In Lizenz durch die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) wird es zudem noch bis Jänner auch in Stuttgart aufgeführt.

Und hier können Sie in die 2007er-Version vom “Tanz der Vampire” mit Borchert, Kranner, Shaki, Perman… reinhören (eine Besprechung der aktuellen Gesamtaufnahme folgt):