Mit ‘Sisi – Kaiserliche Schönheit’ getaggte Artikel

Samstag, 1. Juni 2013, von Elmar Leimgruber

Berührend: Die Seele von Kaiserin Sisi – Musical-Kritik

Gewiss: Auch dank den finanzkräftigen Vereinigten Bühnen Wien (VBW) (Wien Holding) im Hintergrund schaffte es das Musical “Elisabeth” von Sylvester Levay und Michael Kunze verdientermaßen zu Weltruhm. Doch bereits 1991 schuf der österreichische Komponist Roland Baumgartner mit “Sissi & Romy” ein Werk, welches damals bei den Seefestspielen von Mörbisch uraufgeführt wurde und welches ebenfalls in die Musicalgeschichte eingehen sollte. Später tourte dieses Musical dann mehrmals musikalisch und textlich überarbeitet vor allem unter dem Titel “Sisi – Kaiserliche Schönheit” durch Deutschland und Österreich, wo es unter anderem auch im Wiener Ronacher aufgeführt wurde. Hier sangen Domino Blue und Matthias Reinthaller die Hauptrollen.

Für das Wiener Pygmalion Theater schuf Roland Baumgartner (übrigens mit einer Fanseite auch auf Facebook vertreten) eine vollständige Neufassung seines Musicals (Premiere war am 22. Mai), in der mehr denn je zuvor “Die Seele einer Kaiserin” beleuchtet werden sollte: Baumgartner stellt Sisi ihre Seele Titania (hervorragend interpretiert von Ingeborg Mammerler) gegenüber, welche ihr Leben ständig hinterfragt: von der ersten Begegnung mit Kaiser Franz Joseph bis zu ihrer tragischen Ermordung.

Merle Saskia Krammer ist eine exzellente Kaiserin Elisabeth in der Neufassung des Musicals, diesmal mit dem Titel “Sisi – Die Seele einer Kaiserin”: sowohl schauspielerisch, tänzerisch (schon bewegend, sie auf Korfu unter den entsetzten beobachtenden Augen von Franz Joseph einen Sirtaki -der übrigens in der 1999er-Version schon mal mit dabei war- tanzen zu sehen) gesanglich berührt und bewegt sie das Publikum und nimmt es mit auf ihre tragische Lebensreise. Und ihr kaierlicher Gemahl Franz Joseph ist -optisch, gesanglich und schauspielerisch- sehr würdig interpretiert von Till von Orlowsky. Pygmalion-Chef Geirun Tino, der für Bühne und Regie der Neuproduktion in seinem Haus in der Wiener Alser Straße verantwortlich zeichnet,  inszeniert sehr feinfühlend und geschmackvoll.

Gerade Menschen auf der Bühne sterben zu lassen, ist ein sehr sensibles Thema: Tino gelingt es mit seiner Inszenierung, bedrückend realistisch sowohl Rudolf (Reinhold Gugler spricht -im Gegensatz zu vorherigen Versionen, wo der Inhalt gesungen wurde- seinen Text authentisch) als auch die Kaiserin selbst sterben zu sehen und die Zuschauer in diese Handlung mit hineinzuziehen.

Neu in dieser Inszenierung mit dabei ist Andreea Chira, eine Meisterin ihres Faches: es wirdweltweit sicher wenige Panflöten-Spieler geben, die gleichermaßen gefühlvoll wie technisch ihr Instrument beherrschen wie sie. Dafür muss man sich beim Hören von Luka Gudelj  bei der Rolle des Graf Andrasy ernsthaft Sorgen um den Verlust seiner Stimme machen, interpretiert er doch zu massiv stimmbänderbelastend, was bei seinem Duett mit Sisi (als Reitlehrer) glücklicherweise nicht so extrem, vielmehr ausgesprochen angenehmer klingt. Eine außergewöhnliche Bühnenpräsenz weist Nele Moser (Nene) auf, deren Persönlichkeit man sich kaum entziehen kann. Hingegen wirken die beiden zusätzlichen Rollen für Ingeborg Mammerler (Zeitungsjunge) und für Reinhold Gugler zu “theatralisch”.

Das Musical “Sisi – Die Seele einer Kaiserin” wird in den kommenden Wochen und Monaten noch öfters live im Wiener Pygmalion Theater live aufgeführt. Die Tickets sind zum Einheitspreis von 20 Euro erhältlich. Wer sich für Kaiserin Sisi und ihre wahre Geschichte -Roland Baumgartner erzählt sie musikalisch anhand ihrer Tagebuchaufzeichnungen- interessiert, sollte sich dieses Musical keinesfalls entgehen lassen.

 

Besetzung:

Sisi:   Merle Saskia KRAMMER
Kaiser Franz Josef:    Till VON ORLOWSKY
Nene:    Nele MOSER
Graf Andrasy / Bay Middleton:    Luka GUDELJ
Hofdame:    Astghik KHANAMIRYAN
Titania / Zeitungsjunge:    Ingeborg MAMMERLER
Lucheni / Rudolf:    Reinhold GUGLER
Hofdame / Panflöte:    Andreea CHIRA

Komposition und Texte:    Roland BAUMGARTNER

Regie & Bühne:    Geirun TINO

Korrepetitorin:   Ana CRACIUN

Mittwoch, 2. Mai 2001, von Elmar Leimgruber

Wenig Neues in Sisi-Musical von Roland Baumgartner, dafür aber gute Besetzung

Domino Blue als Sisi und Mathias Reinthaller als Kaiser Franz Josef

Im Wiener Etablissement Ronacher wird in diesen Tagen das Musical “Sisi – Kaiserliche Schönheit” aus der Feder des Niederösterreichers Roland Baumgartner aufgeführt. Der Komponist ließ zwar vielfach Melodien seines Musicals “Sissy und Romy” aus den Neunzigern in sein aktuelles Werk einfließen, diese hören sich aber großteils immer noch gut an. Allerdings schien sich Baumgartner an manchen Stellen nicht sicher gewesen zu sein, wen er eher ansprechen möchte: Die Freunde des Wiener Walzers, die Musikantenstadl-Fans oder die Anhänger von Musicals. Was zu Beginn eher schnulzenhaft beginnt, steigert sich im Laufe der Handlung auch musikalisch, so dass das Publikum zu Recht am Ende des Musicals kaum genug applaudieren konnte.

Es brillierten Domino Blue als Sisi, Mathias Reinthaller als Kaiser Franz Josef, Jason Fleck als Graf Andrasy und Stefan Trdy als König Ludwig II. Besonders gut kam beim Publikum auch der Kabarettist und Schauspieler Michael A. Mohapp in seiner Sprechrolle als Wiener Zeitungsverkäufer an. Soundmäßig gesehen erstaunt die Tasache, dass im Graben tatsächlich ein Orchester musiziert, aber der Klang irgendwie voll-elektronisch auf die Zuschauer wirkt. Vielleicht wäre es hier sinnvoll, die in Musical-Produktionen übliche Verstärkung authentischer und dezenter einzusetzen, damit der natürliche Klang der akustischen Instrumente besser zur Geltung kommt. Baumgartner, der nicht nur die Musik, sondern auch den Text verfasste, stellte an den Beginn seines Musicals den Tod der Kaiserin und lässt dann im Todeskampf ihr Leben rückblendend wiedergeben. Dabei wird sie von ihrer kommentierenden Seele Titania begleitet.

“Sisi” gelangt noch bis einschließlich 6. Mai zur Aufführung. Das Musical wurde vorher bereits in Bad Ischl und in München zur Aufführung gebracht, bevor dessen Rechte von der Orbi Entertainment AG aufgekauft wurden, erklärte Produzent Tom Blue. Sisi soll nun weltweit vermarktet werden; weitere Orbi-Projekte in Österreich sind aber demnächst nicht geplant, sagte Blue. Baumgartner selbst schreibt derzeit ein “überdimensionales Werk”, die “Opera Mystica”, eine Art “Weltraumoper”, die “Zukunft und Vergangenheit mit Musikstilen verschiedener Epochen miteinander verbindet”, wie er sagte.

Der 45-jährige Roland Baumgartner begann seine Ausbildung als Fünfjähriger, studierte dann am Wiener Konservatorium Komposition, Klavier und Trompete. Nach seiner Graduierung als 18-Jähriger wurde er mit 21 Jahren der jüngste Direktor des Salzburger Musikschulwerks. Zu dieser Zeit schrieb er sein Ballet Bergsegen, das vom Royal Ballet in London uraufgeführt wurde. 1979 ging er nach Amerika, um bei Leonard Bernstein Kompositionslehre zu studieren. Anschließend dirigierte er unter anderem die Tschechoslowakische Philharmonie, das NDR-Symphonieorchester, das Philadelphia Philharmonic und das Bolshoi Symphony Orchestra.

Seine Missa Pacis wurde zum Anlass der 200-Jahr-Feier der amerikanischen Verfassung in Anwesenheit des amerikanischen Präsidenten uraufgeführt, 1994 von der Deutschen Welle via Satellit in 38 Länder übertragen, dann überarbeitet und 1995 bei der Linzer Klagwolke vor 70.000 Zuschauern zur Aufführung gebracht. Zum hundertjährigen Hollywood-Jubiläum erschien seine Hollywood Symphonie und im Frühjahr 1994 leitete er eine Movie Classics-Deutschlandtour mit dem Bolshoy Symphony Orchestra und Margot Werner. Bei der Linzer Klangwolke 1996 wurde seine dem Greenpeace-Gründer David McTaggart gewidmete Symphonia Globalis vor 95.000 Zuschauern zur Aufführung gebracht. Baumgartner schrieb die Musik zu über 80 TV-Filmen und –Serien, sein Kompositionsreichtum (über 3000 Werke) ist auf über 120 CDs in 40 Ländern der Welt abgespeichert.