Mit ‘Russland’ getaggte Artikel

Dienstag, 26. Mai 2015, von Elmar Leimgruber

Was bleibt vom 60. Eurovision Song Contest in Wien?

Jetzt wo selbst die ESC-Bühne in der Wiener Stadthalle in Windeseile schon wieder abgebaut und eingeschmolzen wird, bleibt eine gewisse Leere zurück in Wien. Ein Jahr lang wurde hingefiebert auf das große Ereignis, dass Österreich -dank Conchita Wurst- nach so vielen Jahren endlich wieder Austragungsort des wichtigsten musikalischen Events der Welt sein darf: für den 60. Jubiläums-Eurovision Song Contest:

Unzählige Freiwillige haben sich sogar eigens für diesen Zeitraum Urlaub genommen, um nicht nur im Publikum mit dabei zu sein, sondern als freiwillige Helfer. So viel Idealismus kommt selten vor, zumal es sich hier ja nicht um eine Charity handelt: Respekt.

Nicht nur die internationalen Organisatoren, Teilnehmer und auch die zahlreichen Gäste aus aller Welt waren voll des Lobes für die Gastfreundschaft und das österreichische Planungs- und Organisationsteam, welches eine Produktion der Superlative auf die Bühne (die Bühne selbst ist auch ein Meisterwerk) brachte und damit wieder mal der führenden Rolle Österreichs als Musikland voll entsprach. Allein in Österreich selbst waren bis zu 1,9 Mio. Menschen beim Finale vor dem Fernseher (weltweit bis zu 200 Mio.), um dem Großevent zu folgen, insgesamt wurde die Show in 45 Länder weltweit übertragen, nun erstmals auch nach China. Dennoch: Wieso gleich drei Moderatorinnen, die beinahe nichts zu sagen hatten in der Show? Die charismatische Tirolerin Mirjam Weichselbraun hätte vollkommen gereicht.

Und das Ziel war heuer ganz besonders “Building Bridges”, Musikbeiträge aus den verschiedenen europäischen Staaten (und erstmals mit Australien), die Brücken bauen sollte auch zwischen den einzelnen Ländern: niemand gegen niemand und alle für die Musik und für ein gemeinsames Europa, für die Einheit in der Vielfalt. Dass der ORF dem Verantwortlichen für den ESC in Österreich und Botschafter für die Vielfalt, Conchita, aber in der Liveübertragung dessen Kurzkonzert in der Stadthalle einfach kurzerhand durch Werbeeinschaltungen ersetzte, ist wohl ein Zeichen dafür, dass es dem ORF vorrangig offensichtlich nicht um die Künstler geht, sondern um seine eigene Kohle.

Dennoch: Eines war in diesem Jahr im Voting ganz besonders offenbar: die alten historischen Blöcke in Europa existieren nach wie vor, was sich besonders beim Wahlverhalten von Staaten des ehemaligen Jugoslawien und der ehemaligen Sowjetunion zeigt: da geht es leider immer noch weniger darum, wer die herausragendsten Künstler sind, welche nun auftreten, sondern vielmehr darum, aus welchem Land sie kommen. Und so wählt man sich eben vielfach (wohl aus alter historischer Tradition heraus) als geografische Nachbarn gegenseitig die meisten Punkte. Dass so niemals ein objektives Ergebnis zustande kommen kann, erklärt sich von selbst. Bei den Vergabekriterien ist daher dringender Handlungsbedarf seitens der Organisatoren angebracht. Da freut mich sich, dass wenigstens die Performance des Ausnahmepercussionisten Martin Grubinger ausgestrahlt wurde, wenn man ihn auch eigentlich live als Musiker erleben muss: Das ist saugeil.

Was dennoch natürlich nicht geht, ist aufgrund politischer Vorkommnisse einen ESC-Teilnehmer auszubuhen, wie das offenbar der Kandidatin aus Russland widerfahren ist: Der Eurovision Song Contest steht für Vielfalt in der Musik und für gemeinsam und nicht für dagegen.

Dass Österreich (trotz guter internationaler Jury-Bewertung) so schlecht abschnitt, ist leider ein Wermutstropfen: Die Nummer “I’m Yours” ist meines Erachtens besser als so manche andere Ballade im Wettbewerb und sie wurde von den MakeMakes auch gut performt. Ihr schlechtes Abschneiden im Voting ist daher -rein musikalisch betrachtet- nicht nachvollziehbar. Genauso bedauere ich auch das frühzeitige Ausscheiden Finnlands, Irlands und besonders der Schweiz.

Ich gratuliere Mans Zelmerlöw, dem diesjährigen Charm-Gewinner des Eurovision Song Contest, aber wirklich zufrieden bin ich mit dem Ergebnis nicht: Sein Song “Heroes” ist mir leider zu mainstream-langweilig, das macht ein sehr sympathisch wirkender Sänger mit Laser-Grafiken-Unterstützung auch nicht wett: bin ja gespannt, ob er wenigstens die Spitzen der europäischen Charts erreichen wird. An sich hätte in diesem Jahr in jedem Fall der Beitrag “Grande Amore” der italienischen Poptenöre Il Volo eindeutig gewinnen müssen: So votete das begeisterte Publikum Il Volo mit 80 PUnkten Vorrang auf den ersten Platz: Die Jurys der einzelnen Länder waren aber trotz einer großartigen und bravourös interpretierten Komposition aber offenbar anderer Meinung. Auf den weiteren Spitzenplätzen hätte ich mir übrigens die Schweiz, Israel, Großbritannien und vor allem Lettland und Serbien gewünscht und ja: Österreich wenigstens in den Top 10.

Aber was bleibt jetzt vom Eurovision Song Contest? Ist Österreich dadurch weltoffener und toleranter geworden? Ich hoffe doch sehr: Sind Sie Sie für ein Österreich, in dem es immer noch mehr Vorschriften und Möglichkeiten der Überwachung gibt und wo der einzelne Mensch immer unfreier wird? Oder wünschen Sie sich nicht vielmehr ein offenes Österreich und eine offene Gesellschaft, wo jeder so leben kann, wie er es für richtig hält, sofern er anderen damit nicht schadet? Ich plädiere für ein Leben in Freiheit, wo jeder Mensch selbst über sein Leben bestimmen kann, ohne dass Gesetze oder Gesellschaft ihn in irgendwelche (zu oft auch medial forcierten) konformen Massenzwänge stecken wollen und wo alle Menschen in ihrer Verschiedenheit und Vielfalt auch ihre Meinung frei äußern können: Wer Toleranz fordert, muss sie auch (jenen, die entgegengesetzt denken) gewähren und zwar genausoweit uneingeschränkt, als sie anderen nicht schadet. Ich bin dafür!

Wenn das vom Eurovision Song Contest bleibt, bin ich zuversichtlich, dass wir einer guten Zukunft entgegen gehen.

Und hier sind interne (mitten im Publikum fotografiert) Eindrücke in Bildern (Fotos) vom 60. Eurovision Song Contest in Wien:

Dienstag, 8. Oktober 2013, von Elmar Leimgruber

Kreml Goes Olympia: Reporter ohne Grenzen warnt

Anlässlich des Olympischen Fackellaufs in Moskau weist Reporter ohne Grenzen (ROG) mit dem Bericht „Der Kreml auf allen Kanälen“ auf die “systematische Unterdrückung unabhängiger Stimmen in russischen Medien” hin. ROG fordert die russische Regierung auf, ihrem eigenen Anspruch ernst zu nehmen, dass die Olympischen Spiele in Sotschi zur Modernisierung des Landes beitragen sollen: “Dies darf sich nicht auf Wirtschaft oder Infrastruktur beschränken, sondern muss auch die Entwicklung einer lebendigen Zivilgesellschaft einschließen. Dazu gehört ein freier Zugang aller Bürger zu umfassenden Informationen, der momentan nicht gewährleistet ist,” so ROG.

Reporter ohne Grenzen beobachtet mit Sorge, dass sportliche Großereignisse häufig an autoritär regierte Staaten vergeben werden, die Menschenrechte missachten. „Mit der Entscheidung für Russland übernimmt das Internationale Olympische Komitee die Verantwortung dafür, dass  demokratische Grundrechte während der Winterspiele gewahrt werden“, sagte Christian Mihr. „Das IOK muss den Anspruch seiner eigenen Charta einlösen und eine umfassende, freie Berichterstattung über die Olympischen Spiele 2014 sicherstellen. Es sollte den Grundsatz der Pressefreiheit weitaus deutlicher als bisher verteidigen und sich nicht scheuen, die Einhaltung grundlegender Bürgerrechte in der Russischen Föderation anzumahnen.“
Seit dem Amtsantritt Wladimir Putins im Jahr 2000 hat der Kreml laut ROG die landesweiten Fernsehsender wieder weitgehend unter seine Kontrolle gebracht und durch gezielte Personalpolitik kritische Journalisten aus den Redaktionen gedrängt. Übrig bleiben bei den drei wichtigsten landesweiten Fernsehsendern (Perwyj Kanal, Rossija und NTV) demnach Redakteure, die sich den Machthabern nicht offen entgegenstellen oder ihre Überzeugungen nicht offen auf dem Bildschirm vertreten. Ihren Einfluss stützen diese Sender auf ein noch aus sowjetischer Zeit stammende Übertragungssystem, das fast alle Haushalte des riesigen Landes erreicht. Kremlkritische Sender, wie der vor dreieinhalb Jahren gegründete Kanal TV Doschd werden auf diesem Weg nicht übertragen. Unabhängige Zeitungen oder Onlinemedien spielen bei der politischen Willensbildung im Land nur eine geringe Rolle.

Dies “steht in krassem Widerspruch zum Image eines modernen und offenen Landes, als das sich Russland zu den Winterspielen in Sotschi präsentieren will“, sagte ROG- Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin: „Der Kreml nutzt das landesweite Fernsehen, um seine Macht zu sichern und mit der Kraft kontrollierter Bilder seine Sicht auf die Welt zu vermitteln“, so Mihr. ROG appelliert an die Programmverantwortlichen der deutschen Rundfunkanstalten, in der Sotschi-Berichterstattung Problemen wie Umweltzerstörung, Zwangsumsiedlungen und der Ausbeutung von Gastarbeitern einen angemessenen Platz einzuräumen.

Internationale Journalisten ruft Reporter ohne Grenzen zu einem transparenten und verantwortungsvollen Umgang mit Fernsehbildern und journalistischem Material aus Russland auf. Angesichts der massiven Kontrolle des russischen Fernsehens durch den Staat sollten Rundfunkanstalten, die Material staatsnaher russischer Sender übernehmen, dies deutlich kennzeichnen und die Herkunft der Bilder durch Quellennachweise transparent machen. Berichterstatter sollten die Realität vor Ort im Blick behalten und sich nicht durch professionell produziertes, vermeintlich journalistisches Material täuschen lassen, das im Auftrag der russischen Führung entsteht und deren Image im Ausland verbessern soll.

Der Bericht „Der Kreml auf allen Kanälen“ fußt auf rund 30 Interviews mit Journalisten, Medienexperten und Beobachtern, die ROG-Pressereferentin Ulrike Gruska im Sommer 2013 in Moskau und Berlin geführt hat. Viele Kollegen – vor allem aus staatlichen oder staatsnahen russischen Medien – waren nur anonym dazu bereit, mit Reporter ohne Grenzen zu sprechen, um ihre weitere Tätigkeit nicht zu gefährden. Russland steht auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit Russland nur auf Platz 148 von 179 Staaten. Seinen Präsidenten Wladimir Putin zählt Reporter ohne Grenzen seit Jahren zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit.

Sonntag, 8. September 2013, von Elmar Leimgruber

USA beenden (hoffentlich!) Krieg Assads gegen sein Volk – Analyse zur Syrien-Krise

6.5 Mio. Flüchtlinge, darunter eine Million Kinder sowie über 100.000 Menschenleben innerhalb von zwei Jahren kostete schon bislang der Kampf des machtbesessenen Diktators Baschar Al-Assad gegen sein eigenes Volk. Selbst der vollkommen verrückte und sinnlose Irak-Krieg (gegen den ich übrigens war und bin), bedeutete letztlich 120.000 Tote, aber innerhalb von 10 Jahren. Und hier war es es bald Anliegen der Weltgemeinschaft, diesen von vorne herein umstrittenen Krieg von US-Präsident George W. Bush gegen Saddam Hussein zu beenden.

Die aktuelle Situation mit Syrien ist vollkommen anders: Ein lange Zeit angesehener und von der westlichen Welt geförderter Diktator (das verbindet Assad mit Hussein) droht, seine macht zu verlieren, weil der “Arabische Frühling”, spät aber doch auch sein Land erreicht. Da Reformen im eigenen Land und Demokratie unmöglich scheinen, formiert sich zunächst friedlicher Widerstand gegen den Diktator, der von vorne herein nicht toleriert wird, sondern blutig niedergeschlagen wird. Der Widerstand geht weiter und führt letztlich zum Bürgerkrieg, der bis heute bereits über zwei Jahre dauert. Möglich war dies vor allem deswegen, weil die EU ein Waffenembargo (das erst vor Kurzem gelockert wurde) verhängte, allen voran aber Russland dennoch Assad mit Waffen belieferte.

Im Westen wurde den Kämpfern für Freiheit und Demokratie in Syrien sofort Nähe zum Islamismus unterstellt, während man Assad als Garanten für die Religionsfreiheit in Syrien sah, was vor allem der christlichen Minderheit dort zugute komme. Daher dürfte man keinesfalls eingreifen, zumal diese Rebellen eh bald besiegt sein würden und somit die Stabilität im Nahen Osten gewährleistet sei. Doch: Kann es im Sinne Jesu Christi sein, 100.000 Tote zu “opfern”, um einen machtgeilen und rücksichtslosen Diktator zu “retten”,  nur weil dieser vielleicht auch Christen freie Religionsausüberung ermöglicht?

Inzwischen sind zwei bittere Jahre vergangen und Assad schlachtet nach wie vor sein Volk ab und setzte nun (mit ziemlicher Sicherheit) bereits zweimal Giftgas gegen seine Bevölkerung ein und bedrohte zudem auch das benachbarte Israel. Und wären es wirklich nur irgendwelche wenigen “Rebellen” im Kampf gegen Assad, sie hätten garantiert schon längst aufgegeben: niemand führt auf Dauer einen sinnlosen Krieg, wo er noch dazu damit rechnen muss zu unterliegen.

Wie jeder andere Diktator ist es auch Assad gewohnt, seinen eigenen Willen durchzusetzen, andere Meinungen zu unterdrücken und mit Waffengewalt zu zeigen, wer der Stärkere ist. Und so bedauerlich und tragisch dies auch ist: Ein Diktator versteht leider nur die Macht des Stärkeren und nicht Diplomatie: Und: Entweder es hat in diesen beiden Jahren niemand versucht, ihn “diplomatisch” zur Vernunft zu bringen oder es war erfolglos. Wie sollte es auch eine diplomatische Lösung funktionieren, wenn die zwei ebenso diktatorischen Weltmächte Russland und China hinter Assad stehen und Maßnahmen gegen ihn in der UNO verhindern?

Und wenn jetzt, wo wenigstens die USA endlich tätig werden wollen, um dem Massenschlachten Assads ein Ende zu setzen, mehren sich die Stimmen all jener, die lautstark nach einer diplomatischen Lösung rufen und den USA ihre Unterstützung verweigern. Ich bin für jede diplomatische Maßnahme, die dazu führt, dass Assad seine Macht verliert und vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestellt wird. Ich bin für und begrüße weltweites Gebet um den Frieden und gegen den Krieg. Aber was die USA hier versuchen ist nicht die Initiierung eines Krieges, sondern die Beendigung des Krieges von Assad gegen sein eigenes Volk.

Und zur Erinnerung: Hätten nicht die USA erst kürzlich in den Eroberungskrieg Serbiens am Balkan eingegriffen und ihn gewaltsam beendet, hätten wir vermutlich heute noch Krieg mitten in Europa. Man möge also den USA dankbar sein für ihr Eingreifen anstatt sie an ihrer Arbeit zur Friedenssicherung zu behindern. Jetzt also, wo die USA den Krieg Assads (hoffentlich!) beenden wollen, vor einem Krieg zu warnen ist eine Themenverfehlung: Dieser Krieg Assads findet bereits seit zwei Jahren statt und bedeutet 100.000 Tote. Diesen Krieg Assads gilt es endlich zu beenden: und wenns über den Weg der Diplomatie nicht klappt, dann eben mit Gewalt.

Es gibt daher im Prinzip nur drei Möglichkeiten, den Krieg in Syrien zu beenden: Entweder es gelingt, Assad zum Rücktritt zu bewegen, einen Plan, den ich für unrealistisch halte: Tyrannen lassen sich maximal zum Rücktritt zwingen aber sicher nicht dazu überreden. Oder man schafft es, ihn tatsächlich abzusetzen und festzunehmen, was ähnlich unwahrscheinlich ist. Oder aber man zwingt ihn militärisch zur Kapitulation, was wohl leider nur den USA gelingen dürfte. Auch wenn ersteres zu schön wäre und zweiteres wünschenswert: Ich fürchte bei allem Idealismus: es bleibt nur die militärische Gewalt, bei aller Tragik und bei allen offenen Fragen, wer dann in Syrien regieren wird: Und klar wird man diese Frage in Folge auch beantworten müssen.

Die westliche Welt möge sich aber in jedem Fall dazu durchringen, Assad zu entmachten und zur Verantwortung zu ziehen für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Klar haben die Friedensappelle beiden Seiten zu gelten: Assad und den “Rebellen”. Aber wie könnte mit Assad ein Neubeginn in Syrien stattfinden, einem unmenschlichen Diktator, der seit zwei Jahren sein eigenes Volk abschlachtet? Syriens Zukunft muss daher garantiert ohne Assad sein. Hoffentlich!

Freitag, 3. Mai 2013, von Elmar Leimgruber

Internationaler Tag und Feinde der Pressefreiheit 2013

Zum heutigen Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai stellt Reporter ohne Grenzen (ROG) die neue Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ vor. Sie umfasst rund 40 Staatschefs, paramilitärische Gruppen und kriminelle Netzwerke, die unabhängige Journalisten verfolgen und versuchen, Medien gleichzuschalten. Neue „Feinde der Pressefreiheit“ sind demnach Ägypten, Syrien und Pakistan. Die Liste ist hier abrufbar.

Zahlreiche Organisationen beziehen zum heutigen Welttag der Pressefreiheit Stellung, darunter der Österreichische Journalisten Club (ÖJC): “Pressefreiheit ist unteilbar. Wenn man die Morde an Journalisten in Mexiko, Syrien und Afghanistan verurteilt, dann muss man auch im eigenen Haus, zum Beispiel bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für freie und demokratische Medien, für Ordnung sorgen”, argumentiert ÖJC-Präsident Fred Turnheim und fordert einen “Runden Tisch zur Verbesserung der Pressefreiheit in Österreich”.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) appelliert aus Anlass des Internationalen Tags der Pressefreiheit an die Medienunternehmer in Deutschland, die Arbeitsbelastung der Journalisten zu reduzieren und die redaktionelle Personalausstattung zu verbessern: „Die Pressefreiheit muss gelebt werden“, forderte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Das ist nur möglich, wenn Journalistinnen und Journalisten die Möglichkeit haben, frei und kritisch zu recherchieren.“ Eine unterbesetzte Redaktion sei dazu ebenso wenig in der Lage wie ein freier Journalist, der mehr auf Masse als auf Klasse setzen müsse, um wirtschaftlich zu überleben, so Konken.

Die Österreichische Journalistengewerkschaft fordert zum heutigen Tag freien Zugang zu Information sowie die Sicherung der materiellen Basis der Medien und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. “Österreichs Politiker und Behörden betrachten die Information der Bürgerinnen und Bürger immer noch als Akt obrigkeitlicher Gnade. Wir fordern daher die gesetzliche Verankerung einer behördlichen Informationspflicht”, so Franz C. Bauer, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft in der GPA-djp. Der freie Zugang zur Information dürfe nicht Gegenstand behördlicher und politischer Willkür bleiben.

Den diesjährigen Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai nimmt der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) zum Anlass, mit einer Kampagne die Bedeutung von unabhängigen Zeitungen und Magazinen für die Wahrung der Pressefreiheit hervor zu streichen. “Wenngleich Soziale Medien Möglichkeiten des Meinungsaustausches bieten und Suchmaschinen Werkzeuge zur Informationsbeschaffung sind, können sie keine objektive Information gewährleisten oder gar die ‘Watchdog’-Funktion der freien Presse ersetzen”, zeigt sich VÖZ-Präsident Thomas Kralinger überzeugt.

Auf Platz 1 des ROG-Rankings der Pressefreiheit steht nicht mehr Norwegen (jetzt Platz 3) wie im Vorjahr, sondern heuer Finnland, gefolgt von den Niederlanden. Österreich verliert 7 Positionen und stürzt von Platz 5 auf 12. Die Schweiz verliert 6 Positionen und und belegt nun den 14. Platz, während Deutschland nur leicht absackt und jetzt auf Rang 17 liegt.

Neu auf der ROG-Liste der “Feinde de Pressefreiheit stehen u.a. die Muslimbruderschaft in Ägypten, die syrische Rebellengruppe Al-Nusra-Front und bewaffnete Rebellen im pakistanischen Baluchistan. Andere, wie die baskische Untergrundorganisation ETA und den birmanischen Präsidenten Thein Sein, zählt Reporter ohne Grenzen hingegen nicht mehr zu den „Feinden der Pressefreiheit“. Andere „Feinde der Pressefreiheit“ stehen seit Jahren unverändert auf der ROG-Liste. Dazu gehören RUSSLANDS Präsident Wladimir Putin, die Staatschefs von ASERBAIDSCHAN und BELARUS, Ilcham Alijew und Alexander Lukaschenko, Drogenkartelle aus MEXIKO, Mafiagruppen aus ITALIEN und Taliban-Chef Mullah Omar. Neu ist in diesem Jahr die Form, in der ROG die „Feinde“ präsentiert: Sie stellen sich in ironischen Selbstporträts vor oder werden in Form fiktiver Anklagen für ihre Verbrechen gegen die Pressefreiheit zur Rechenschaft gezogen.

In ÄGYPTEN tauschten die Muslimbrüder mithilfe ihrer Mehrheit im Parlament und ihrem Kandidaten Mohammed Mursi als Präsident die Herausgeber und Chefredakteure staatlicher Zeitungen aus und ersetzten sie mit Getreuen. Der von Mursi ernannte Generalstaatsanwalt Talaat Abdullah überzieht kritische Journalisten mit Klagen wegen Verleumdung, Beleidigung des Präsidenten und Verunglimpfung des Islam. Ausländische Korrespondenten werden als Spione diffamiert, einheimische Kollegen mit Gewalt bedroht.

In SYRIEN, wo seit Beginn des Aufstandes im März 2011 mindestens 23 Journalisten und 59 Bürgerjournalisten getötet wurden, zählt ROG Präsident Baschar al-Assad seit Jahren zu den „Feinden der Pressefreiheit“. Auf der aktuellen Liste stehen jedoch auch gegen ihn kämpfende Rebellen. Die im April 2011 gegründete Al-Nusra-Front greift systematisch Mitarbeiter syrischer Staatsmedien an, entführt Journalisten und bedroht ausländische Korrespondenten, die die Rebellen kritisieren. Neu hinzugekommen sind auf der Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ 2013 außerdem religiöse Extremisten auf den MALEDIVEN und bewaffnete Gruppen in PAKISTAN, die in der rohstoffreichen Provinz Baluchistan für mehr Unabhängigkeit kämpfen.

In anderen Ländern hat sich die Situation laut ROG verbessert. Den Präsidenten von BIRMA, Thein Sein, zählt Reporter ohne Grenzen nicht mehr zu den „Feinden der Pressefreiheit“. Im Zuge innenpolitischer Reformen ließ er etliche regimekritische Journalisten frei, schaffte die Vorzensur für Printmedien ab und erlaubt seit April 2013 die Herausgabe privater Tageszeitungen. Ebenfalls von der Liste gestrichen wurde in SPANIEN die baskische Untergrundorganisation ETA, die den bewaffneten Kampf weitgehend eingestellt und Ende 2012 angekündigt hat sich aufzulösen. Nach wie vor müssen einige Journalisten im Baskenland unter Polizeischutz arbeiten, systematische Angriffe gegen Medien beobachtete ROG allerdings im vergangenen Jahr nicht mehr.

 

Freitag, 5. April 2013, von Elmar Leimgruber

Reporter ohne Grenzen: Merkel sei hart zu Putin! (Info und Kommentar)

INFO: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel soll bei ihrem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Sonntag (7. April) ihre Sorge um die zunehmende Kontrolle des Internets in Russland zum Ausdruck zu bringen, forert “Reporter ohne Grenzen” (ROG). „Die neuen Regeln, die angeblich Kinder und Jugendliche schützen sollen, sind so schwammig formuliert, dass sie leicht gegen Oppositionelle und kritische Medien benutzt werden können“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Es ist hochproblematisch, wenn einige wenige Beamte darüber entscheiden, welche Seiten sich Nutzer anschauen dürfen und welche nicht.“

Seit November 2012 führt laut ROG die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor eine schwarze Liste von Webseiten, die Internetprovider im Land blockieren müssen (Internetzensur). Offiziell dient sie dem Jugendschutz und soll Pornografie und Themen wie Drogenkonsum oder Selbstmord aus dem Netz fernhalten. Doch schon kurz nach dem Start fanden sich darauf auch Seiten von Oppositionellen und angeblichen Extremisten. So sperrte der russische Blog-Anbieter Live Journal im Februar das Konto von Michael Jakowlew, dem Oppositionsführer in Russlands siebtgrößter Stadt Omsk. Kurz zuvor hatte der Youtube-Beitreiber Google vor einem Moskauer Gericht gegen die Sperrung eines angeblich jugendgefährdenden Videos geklagt.

Mehr als 2000 Seiten finden sich Angaben der russischen Piratenpartei zufolge inzwischen auf der schwarzen Liste. Vor allem Seiten über Homosexualität und „Extremismus“, Glücksspiel und Drogen seien in den vergangenen Monaten gesperrt worden, so der russische Journalist Andrej Soldatow. Er hat sich mit seiner Webseite Agentura.ru auf Überwachung und Geheimdienste spezialisiert und dokumentiert akribisch alle bekannten Fälle von Internetzensur. Soldatow berichtet von einem Experiment in der Region Kostroma, wo lokale Internetprovider ihren Nutzern nur noch Zugang zu einem „gesäuberten“ Internet anböten.

Doch es sind nicht nur strenge Internetgesetze, die die Pressefreiheit in Russland bedrohen. Im März verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das den Gebrauch von Schimpfwörtern in den Medien verbietet und dafür bis zu 5000 Euro Strafe vorsieht. Dies hielt selbst die russische Regierung für so unpräzise, dass sie die Abgeordneten bat, das Gesetz noch einmal zu überarbeiten. Im November 2012 hatten Abgeordnete der Regierungspartei Einiges Russland versucht, das umstrittene Agentengesetz von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf Medien auszuweiten. Medien, die über russische Politik berichten und sich zu 50 Prozent aus dem Ausland finanzieren, müssten sich als ausländische Agenten registrieren, forderten sie in ihrem Gesetzvorschlag.

Nur wenige Medien wagen in dieser Lage noch offene Kritik an der Regierung. Zu ihnen gehören der Internet-Sender Doschd TV, die Boulevard-Zeitung Moskowski Komsomolez, die Zeitung Nowaja Gaseta und der Radiosender Echo Moskwy. Auf der ROG Rangliste der Pressefreiheit steht Russland auf Platz 148 von 179 – nur zwei Plätze vor dem Irak. Nowaja Gaseta-Chefredakteur Dmitri Muratow zeichnete zum 20-jährigen Jubiläum seiner Zeitung ein entsprechend düsteres Bild: In Russland habe die Presse ihre grundlegende Aufgabe aufgegeben, die Mächtigen zu kontrollieren. „Heute kontrollieren die Medien eher die Bevölkerung“, so Muratow.

KURZKOMMENTAR: Sicher ist es notwendig, dass gegen Internetzensur aufgetreten wird. Dies gilt auch und im Besonderen für Russland. Und sicher ist es auch sinnvoll, dass “Frau Europa” Angela Merkel (CDU), die sich immer wieder für Pressefreiheit eingesetzt hat, hier beim russischen Machthaber auftritt. Aber mindestens genauso notwendig wäre es, dass das, was ROG von Merkel verlangt, auch von Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) erwartet wird, der immerhin nun in Diensten Putins steht.

Und bei aller berechtigten Kritik Russland gegenüber sollte nicht vergessen werden, dass Internet-Überwachung und -Zensur inzwischen auch im “freien” Europa auf der Tagesordnung steht und dies hier nicht nur toleriert, sondern offensichtlich sogar erwünscht ist. Erinnert sei hier beispielsweise an die fast kritiklose Umsetzung von Internetkontrollmaßnahmen durch das als besonders liberal geltende Frankreich. Ebenfalls fragwürdig in diesem Zusammenhang ist auch, dass bekanntlich selbst die Vereinten Nationen (UNO) eine weltweite Kontrolle des Internet fordern. Es wäre daher angemessen, dass Reporter ohne Grenzen auch hier mahnt.

Und noch eine grundsätzliche Frage sei abschließend gestattet: In welchem (auch westlichen) Land manipulieren und kontrollieren nicht “öffentliche Meinung” und Medien die Bevölkerung?

Mittwoch, 14. Dezember 2011, von Elmar Leimgruber

GfK Global Trust Report 2011: Wem vertrauen die Menschen?

Gewinner und Verlierer im Vertrauensranking
Grafik: GfK Verein

Die Deutschen vertrauen staatlichen Institutionen wie Polizei, Justiz und Bundeswehr am meisten, während sie den politischen Parteien stark misstrauen. Wirtschaftlich setzen die Deutschen am meisten auf das Handwerk, am wenigsten vertrauen sie Banken und Versicherungen. Der GfK Verein hat in 25 Ländern die Vertrauensfrage gestellt “Welche Wirtschaftsbranchen und Institutionen genießen das Vertrauen der Bevölkerung?” und hat anschließend die Ergebnisse im GfK Global Trust Report 2011 veröffentlicht.

Der Kirche vertrauen demnach im Durchschnitt alle untersuchten Länder 56 Prozent. Es folgen die Medien, die in Indien und Indonesien mit 81 bzw. 77 Prozent jeweils auf Platz zwei stehen. Der Kirche wird in Südafrika mit 82 Prozent das meiste Vertrauen entgegengebracht, doch auch in den USA ist mit 78 Prozent das Vertrauen in diese Institution überdurchschnittlich hoch und in Russland ist die Kirche mit 60 Prozent Vertrauenschampion der Organisationen. Dagegen ist in Deutschland das Vertrauen mit nur 40 Prozent deutlich geringer.

Im internationalen Vergleich verschiedener Institutionen können Militär und Armee mit 79 Prozent das größte Vertrauen verbuchen. Dabei zeigt sich ein international einheitliches Bild: In Frankreich, Großbritannien, Polen, den USA, Brasilien und Japan beispielsweise liegt das Militär bzw. die Armee ganz vorne. Auf Rang zwei folgen mit 59 Prozent die Medien (TV, Radio, Zeitungen).

GfK Global Trust Report: Vertrauensvergleich
Grafik: GfK Verein

Über die 25 Länder insgesamt betrachtet, liegen bei den Wirtschaftsbereichen die Unterhaltungselektronik- und Haushaltsgerätehersteller sowie die Lebensmittelhersteller an der Spitze, diesen Branchen vertrauen mehr als 70 Prozent. Jedoch zeigen sich Unterschiede zwischen den Ländern: In Großbritannien, den USA und Japan führt die Unterhaltungselektronik- und Haushaltsgerätebranche das Ranking an. In Deutschland, Italien und Polen steht das Handwerk an der Spitze. Die Franzosen halten den Handel für besonders verlässlich und in Brasilien vertrauen die Menschen vor allem den Arzneimittelherstellern. In Südafrika, wo das Vertrauen in die Wirtschaft generell besonders hoch ist, liegen die Lebensmittelhersteller mit 83 Prozent vorne, während sie global an zweiter Stelle stehen.

In Deutschland führen staatliche Institutionen das Vertrauens-Ranking an, was ein Beleg für eine gut funktionierende Demokratie sein kann. An der Spitze steht mit Abstand die Polizei, der 85 Prozent der Deutschen vertrauen. Gute Werte erzielen auch Justiz und Gerichte mit 67 Prozent, Militär und Armee mit 62 Prozent sowie Ämter, Behörden und Verwaltung mit 59 Prozent. Aber nur 29 Prozent vertrauen der Regierung. Wenig Zuversicht haben die Deutschen auch in Nichtregierungsorganisationen – sie erreichen mit 27 Prozent den schlechtesten Wert in Europa. Am wenigsten vertrauen die Deutschen den politischen Parteien – sie erlangen nur 17 Prozent. Andere europäische Länder zeigen allerdings noch größere Politikverdrossenheit: In Frankreich liegt der Vertrauenswert der Parteien bei 12 Prozent, in Italien und Spanien bei nur jeweils 9 Prozent.

77 Prozent der Deutschen gaben an, dass sie anderen Menschen allgemein voll und ganz bzw. überwiegend vertrauen. Nur 21 Prozent sagen, dass sie wenig oder überhaupt kein Vertrauen in andere haben. In Europa wird das Miteinander insgesamt eher positiv eingeschätzt: Eine deutliche Mehrheit der untersuchten Länder weist bei dieser Frage Werte von mehr als 70 Prozent auf. Nur die Italiener legen ein gewisses Misstrauen an den Tag: Lediglich 49 Prozent vertrauen dort ihren Mitmenschen. Dieser Wert wird mit 47 Prozent nur von Argentinien, Ägypten und Nigeria unterboten.

Nur 36 Prozent der Deutschen haben Vertrauen in Banken und Versicherungen – sie bilden damit das Schlusslicht bei der Bewertung von Wirtschaftsbranchen. Der Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, dass die Finanzinstitutionen in Italien (24 Prozent), Spanien (30 Prozent) und Frankreich (35 Prozent) noch schlechtere Werte aufweisen. Dafür schätzen die Deutschen das Handwerk am meisten: 88 Prozent der Befragten vertrauen diesem Wirtschaftszweig. Das wird nur in den Niederlanden mit einem Vertrauenswert von 90 Prozent übertroffen.

Die Ergebnisse sind ein Auszug aus dem GfK Global Trust Report 2011 und basieren auf rund 28.000 Interviews, die im Auftrag des GfK Vereins im Herbst 2011 weltweit in insgesamt 25 Ländern durchgeführt wurden. Grundlage der Untersuchung ist die Abfrage des Vertrauens in elf Institutionen, elf Branchen und in die Mitmenschen allgemein mittels folgender Skala: “vertraue ich voll und ganz”, “vertraue ich überwiegend”, “vertraue ich weniger”, “vertraue ich überhaupt nicht”. Der GfK Global Trust Report wird künftig jährlich veröffentlicht. Der GfK Verein ist eine 1934 gegründete Non-Profit-Organisation zur Förderung der Marktforschung und Gesellschafter der GfK SE.

Donnerstag, 1. Dezember 2011, von Elmar Leimgruber

1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag

Provokante Anti-AIDS- Plakataktion vor einem Jahr in Wien

Heute ist Welt-AIDS-Tag. Aktuellen Schätzungen der Organisation UNAIDS zufolge, hat sich in Osteuropa und Zentralasien die Anzahl der Menschen, die mit dem HI-Virus leben, nahezu verdreifacht. Die weltweit höchsten Zuwachsraten weisen demnach Länder wie die Ukraine und Russland auf. In der Ukraine seien 1,1 Prozent der Erwachsenenbevölkerung betroffen, so Klemens Ochel vom Missionsärztlichen Institut in Würzburg. Vor allem die Entwicklung in Zentralasien sei aber auch besorgniserregend: “Bei der aktuellen Neuinfektionsrate in Armenien, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan wird sich die Anzahl der Betroffenen in den genannten Ländern in vier bis fünf Jahren verdoppeln”, sagt Ochel.

Renovabis arbeitet bereits seit mehreren Jahren eng mit kirchlichen Partnern in Osteuropa zusammen, um infizierten Menschen Hilfe anzubieten und präventive Maßnahmen zu ermöglichen. Aus Anlass des Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember weist Renovabis auf die Bedeutung von kombinierten HIV/AIDS- und Suchthilfeprojekten hin: Die Hauptgruppe der Betroffenen in Osteuropa sind weiterhin Männer, die Drogen nutzen. Die fehlenden gesundheitlichen Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten für drogensüchtige Menschen wirken sich maßgeblich auf die Ausbreitung von HIV und AIDS, aber auch Tuberkulose aus.

Insgesamt erhält in Osteuropa immer noch ein Großteil der Menschen mit einer HIV-Infektion keinen oder nur unzureichenden Zugang zur Behandlung ihrer Immunschwäche. “In Russland und der Ukraine bekommen weniger als ein Viertel aller Betroffenen eine lebenserhaltende Therapie”, so Klemens Ochel. Anders als in anderen Regionen steigt in Osteuropa und Zentralasien die Anzahl der Todesfälle als Folge einer AIDS-Erkrankung weiterhin, bestätigt auch die Organisation UNAIDS. Aus diesem Grund setzt Renovabis auf die Unterstützung von Projekten, in denen die Immunschwächebehandlung der HIV-Patienten mit einer Therapie für Suchtkranke verbunden wird.

Ausgehend von eigenen Erfahrungen in insgesamt 12 Aidsprogrammen in Asien und Afrika ruft die Kindernothilfe Österreich dazu auf, im internationalen Kampf gegen die Pandemie auch Antworten auf die Kinder betreffende Problemstellungen zu finden. “Eine in die Zukunft wirkende Strategie gegen AIDS muss sich verstärkt an Kindern orientieren” fordert Luzia Wibiral, Geschäftsführerin der Kindernothilfe Österreich. Vor allem sind aus Sicht der Kindernothilfe Österreich größere Anstrengungen bei der Vermeidung der Mutter-Kind-Übertragung, der rechtzeitigen Behandlung der Schwangeren sowie bei der Verfügbarkeit von kindergerecht dosierten Medikamenten notwendig. Zudem stehen sowohl für traumatisierte Aidswaisen als auch für seit ihrer Geburt HIV-positive Kinder zu wenige Betreuungsmöglichkeiten zu Verfügung.

Solidarisch mit AIDS-Kranken zeigte sich unlängst auch Papst Benedikt XVI: Er ermutige all jene, “die von AIDS und anderen Krankheiten” betroffen seien: Jeder Kranke verdiene Respekt und Liebe, hob Papst Benedikt XVI. am Sonntag, 20. November 2001, im westafrikanischen Benin hervor. Die Kirche müsse die Kranken nach dem Vorbild Jesu als Brüder und Schwestern anerkennen und ihre Leiden teilen. Durch sie weise Gott den Weg zum Himmelreich, so der Papst.

Sonntag, 22. Mai 2011, von Elmar Leimgruber

Das Sorgenbarometer der Europäer

Die Sorge Nummer Eins in Europa ist die Arbeitslosigkeit. Wie die Studie “Challenges of Europe 2011″ des GfK Vereins zeigt, rückt das Thema Inflation, das nun an zweiter Stelle steht, verstärkt in den Fokus:

Die Deutschen haben die meisten Sorgenfalten in Europa (gefolgt von Italien, Frankreich und Polen): In der aktuellen Studie des GfK Vereins gaben 68 Prozent der Deutschen spontan mehr als 3 Themen an, über die sie sich Sorgen machen. Mehr als die Hälfte der Deutschen zeigt sich 2011 übrigens besorgt über die Lage auf dem Arbeitsmarkt, während sich schon jeder Dritte Sorgen um die Stabilität der Preise und jeder vierte um soziale Sicherheit und Bildungspolitik macht. Im Durchschnitt nannte jeder Bundesbürger 3,7 Probleme, die ihn nachdenklich stimmen. Die sorgenfreiste Nation ist wie im Jahr 2010 Schweden, wo die Menschen im Durchschnitt nur ein Problem nennen können. Verdoppelt hat sich in Deutschland die Wahrnehmung von Zuwanderung und Integration. Mit 16 Prozent erreicht die Besorgnis bei diesem Thema ein hohes Ausmaß.

Die Hauptsorge der Österreicher  hingegen ist (im Gegensatz zum Rest Europas, wo diese Sorge gesamt betrachtet an letzter Stelle steht) die Zuwanderung bzw. die Integration (während dies beispielsweise für Polen gleich Null Relevanz hat), gefolgt von Arbeitslosigkeit und Bildungspolitik. Das Thema Wohnen und Mieten stellt (im Gegensatz zur dauernden Thematisierung durch die AK) hingegen in Österreich (genauso wie beispielsweise in Deutschland, Italien und Belgien) überhaupt kein Problem dar, während es vor allem in Russland (25 Prozent) und Frankreich vordringlich zu sein scheint.

In Europa insgesamt liegen die Themen Arbeitslosigkeit (mit 39 Prozent) sowie Preis- und Kaufkraftentwicklung (Inflation) den Menschen besonders am Herzen (26 Prozent), gefolgt von politischer und konjunktureller Stabilität, Kriminalität und Gesundheitswesen. Die mit Abstand stärkste und noch gestiegene Präsenz hat das Thema in Spanien. Dort sorgen sich gut drei Viertel der Bürger über die Lage auf dem Arbeitsmarkt, was bei einer Arbeitslosenquote von über 20 Prozent jedoch nicht überrascht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit in den Niederlanden mit nur 6 Prozent so gut wie kein Thema. Am stärksten beunruhigt die Inflation die Menschen in Russland, wo die Preise aktuell um etwa 9 Prozent gestiegen sind. 42 Prozent sind hier besorgt. In Deutschland und Polen sorgt sich jeweils jeder Dritte, in Frankreich jeder Vierte um die Preise.

An Brisanz gewonnen hat für die Europäer das Thema Politik und Regierung, das nun an dritter Stelle steht. Am stärksten besorgt zeigen sich mit 57 Prozent die Belgier. In Italien ist der Unmut diesbezüglich ebenfalls sehr groß: jeder dritte Bürger ist beunruhigt. Unverändert auf Platz 4 der Sorgenliste steht 2011 die Kriminalität, während die wirtschaftliche Stabilität mit 12 Prozent an 5. Stelle rangiert. Insbesondere in Italien (23 Prozent), Frankreich und den Niederlanden (jeweils 22 Prozent) wird die verstärkte Bekämpfung von Verbrechen gefordert. In Deutschland (17 Prozent) und Großbritannien (14 Prozent) spielt dieses Thema ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Diese Ergebnisse sind ein Auszug aus der GfK-Studie “Challenges of Europe” und basieren auf rund 13.300 Verbraucherinterviews, die im Auftrag des GfK Vereins im Februar 2011 in Deutschland, Italien, Frankreich, Polen, Österreich, Großbritannien, Belgien, Russland, Spanien, den Niederlanden und Schweden durchgeführt wurden. Die Ergebnisse sind daher noch nicht von der Reaktorkatastrophe in Japan beeinflusst. Grundlage der Untersuchung ist folgende offene Frage, die jedes Jahr unverändert gestellt wird: “Welches sind Ihrer Meinung nach die dringendsten Aufgaben, die heute in [jeweiliges Land] zu lösen sind?”

Freitag, 14. Januar 2011, von Elmar Leimgruber

PwC: China wird Weltwirtschaftsmacht Nr. 1

China wird im Jahr 2050 Wirtschaftsmacht Nr. 1 sein, prophezeit PwC.
Foto: Dieter Schütz/pixelio.de

Die Erde wird im Jahr 2050 eine vollkommen andere Weltwirtschaftsordnung haben als heute: China wird die Nummer werden, gefolgt von den USA am zweiten und von Indien am dritten Rang. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie “The World in 2050″ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers (PwC). Demnach wird zwar das Pro-Kopf-Einkommen in den Industriestaaten weiterhin höher bleiben, jedoch wird die Wirtschaftskraft der E7-Staaten die der G7 um über 60 Prozent übersteigen.

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird China im Jahr 2050 die mit Abstand größte Wirtschaftsmacht sein, gefolgt von den USA und Indien. Die Gewichtsverteilung in der globalen Wirtschaftsordnung ändert sich in den kommenden Jahren grundlegend. Zudem rücken Schwellenländer wie Brasilien, Russland oder auch Mexiko und Indonesien im weltweiten Wirtschaftsranking weit vor, während etablierte Industriestaaten wie Deutschland und Frankreich an Bedeutung verlieren. Deutschland fällt von Rang vier auf Rang acht.

Das Bruttoinlandsprodukt der so genannten E7-Staaten (Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Russland und die Türkei) wird 2050 den Berechnungen der PwC-Experten zufolge um fast zwei Drittel über dem der G7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA) liegen. Derzeit erreichen die E7-Staaten nur rund 36 Prozent der Wirtschaftsleistung der führenden Industrienationen. Wird die jeweilige Wirtschaftsleistung der Staaten in Kaufkraftparitäten statt zu Marktwechselkursen bewertet, ist das Bruttoinlandsprodukt der E7-Staaten im Jahr 2050 voraussichtlich sogar doppelt so groß wie das der G7.

Für die G7-Staaten sind die Konsequenzen dieser Entwicklung vielschichtig und schwer zu überblicken. Einerseits dürften mit dem wirtschaftlichen Erstarken der Schwellenländer auch neue Global Player entstehen, die mit Konzernen aus den etablierten Industriestaaten um Märkte und Rohstoffe konkurrieren. Andererseits schafft der wachsende Wohlstand in den E7-Staaten auch neue Absatzmärkte für Unternehmen der G7.

“Die Motoren zum Antrieb des weltweiten Wachstums liegen in Zukunft vor allem in Asien und Lateinamerika. Das Wachstum der Schwellenländer schafft aber auch mehr Wohlstand in den alten Industrienationen”, kommentiert PwC-Partner Alfred Höhn.

Der Aufstieg der E7 setzt die Regierungen der G7-Staaten allerdings unter Druck. Sie müssen möglichen Arbeitsplatzverlusten in nicht mehr konkurrenzfähigen Branchen begegnen und den Strukturwandel vorantreiben, wobei die notwendige Sanierung der Staatsfinanzen die Handlungsspielräume einschränkt.

Gemessen an der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts bis 2050 gibt es auf Ebene der Nationalstaaten klare Auf- und Absteiger (vgl. Tabelle 1). So klettert Indien im Ranking der größten Volkswirtschaften vom elften (Jahr 2009) auf den dritten Platz, China verbessert sich von Rang drei auf Rang eins. Demgegenüber fallen die USA vom ersten auf den zweiten, Japan vom zweiten auf den fünften und Deutschland sogar vom vierten auf den achten Platz zurück. Dennoch bleibt das Wohlstandsgefälle zwischen den Staaten der G7 und der E7 groß. Das deutlich höhere Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern geht nämlich mit einem starken Bevölkerungswachstum einher. Damit steigt das Pro-Kopf-Einkommen wesentlich langsamer als das Bruttoinlandsprodukt insgesamt.

Selbst bei einem Vergleich auf Basis der Kaufkraftparität dürfte das BIP je Einwohner in China bis 2050 nur von heute 14 Prozent auf 45 Prozent des US-Niveaus steigen, Indien kommt auf 28 Prozent (2009: 7 Prozent). Demgegenüber legt das Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland von 79 Prozent auf 82 Prozent des Pro-Kopf-Einkommens in den USA zu. “Im Jahr 2050 wäre demnach das durchschnittliche Einkommen eines US-Bürger immer noch doppelt so hoch wie das eines vergleichbaren Bürgers in China”, betont Höhn.

Tabelle 1 – Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts bis 2050
Rang
2009
Land BIP in Mrd. USD
(Kurs 2009)
Rang
2050
Land BIP in Mrd. USD
(Kurs 2009)
Quelle: Weltbank, PwC-Berechnungen
1 USA 14.256 1 China 51.180
2 Japan 5.068 2 USA 37.876
3 China 4.909 3 Indien 31.313
4 Deutschland 3.347 4 Brasilien 9.235
5 Frankreich 2.649 5 Japan 7.664
6 UK 2.175 6 Russland 6.112
7 Italien 2.113 7 Mexiko 5.800
8 Brasilien 1.572 8 Deutschland 5.707
9 Spanien 1.460 9 UK 5.628
10 Kanada 1.336 10 Indonesien 5.358
11 Indien 1.296 11 Frankreich 5.344
Tabelle 2 – Entwicklung des relativen Pro-Kopf-Einkommens (USA=100), kaufkraftbereinigt
2009 2030 2050
Quelle: Weltbank, PwC-Berechnungen
USA 100 100 100
Japan 71 78 79
Deutschland 79 80 82
UK 81 83 87
Frankreich 76 79 83
Italien 71 74 74
Kanada 84 83 83
China 14 33 45
Indien 7 15 28
Brasilien 22 31 41
Dienstag, 11. Januar 2011, von Elmar Leimgruber

2011: Smartphones, 3D-Fernseher und Design-Computer im Trend


Standard-Computer und einfache Handys sind 2011 nicht im Trend. Nur noch etwa halb so viele Verbraucher wie 2010 wollen sich in diesem Jahr einen herkömmlichen PC kaufen. Gleiches gilt für Handys, die nicht internetfähig sind. Das zeigt eine Untersuchung des Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleisters Accenture. Dafür boomt 2011 demnach der Absatz von Tablet-PCs, Smartphones und 3D-Fernsehern.

Fünfmal mehr Menschen wollen laut Studie 2011 ein Tablet-PC kaufen, der Absatz von Smartphones wird voraussichtlich um die Hälfte höher ausfallen als 2010. Bei Lesegeräten für elektronische Bücher wie dem Kindle von Amazon erwartet Accenture eine Verdopplung der Verkäufe. “Der Generationswechsel bei der Unterhaltungs- und Verbrauchertechnologie kommt in Gang”, sagt Nikolaus Mohr, Geschäftsführer im Bereich Communications & High Tech bei Accenture.


“Während der Absatz von PCs und herkömmlichen Mobiltelefonen stark zurückgeht, steigt die Nachfrage nach Tablet-PCs wie dem iPad und vollwertigen Multimedia-Smartphones rapide. Arbeit, Kommunikation und Unterhaltung werden immer mobiler.” “Hersteller und Verbraucher folgen zwei Konvergenz-Trends – “Eines für alle” und “Alles auf einem”, sagt Nikolaus Mohr. “Das heißt, ein spezielles Angebot wie Fernsehen oder Textverarbeitung wird auf mehreren unterschiedlichen Geräten genutzt. Mit einem einzelnen Gerät wiederum lassen sich so unterschiedliche Dinge tun wie ein elektronisches Buch zu lesen und zu telefonieren.”

Auch im Wohnzimmer vollzieht sich der Generationswechsel. Dort hat rund die Hälfte der deutschen Verbraucher bereits einen HDTV-Fernseher aufgestellt. 2011 wird der Absatz dieser Apparate um zehn Prozent sinken, während sich die Nachfrage nach 3D-Fernsehern verfünffacht. Der Verkauf von DVD-Playern wird um etwa 60 Prozent zurückgehen – dagegen steigt die Nachfrage nach Blue Ray-Abspielgeräten um gut 50 Prozent.


Bis PCs, Handys und Mattscheiben der älteren Generation verdrängt worden sind, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Denn diese Geräte sind bislang noch sehr weit verbreitet. So besitzen zum Beispiel mehr als 90 Prozent der Verbraucher in Deutschland einen Computer und nur rund vier Prozent ein Tablet-PC. Außerdem interessieren sich noch deutlich mehr Menschen für die etablierten Geräte als für Computer und Fernseher der neuen Generation, betrachtet man die absoluten Zahlen. Die Ausnahme sind Mobiltelefone: 2011 wollen sich 16 Prozent der deutschen Verbraucher ein Smartphone zulegen und nur neun Prozent ein herkömmliches Handy.

Für andere Länder prognostiziert die Analyse von Accenture ebenfalls einen rückläufigen Absatz etablierter technischer Geräte. Auch in den USA, Frankreich, Japan, Brasilien, Russland, Indien und China wird der Verkauf von 3D-Fernsehern, Tablet-PCs und Smartphones boomen, und zwar noch stärker als in Deutschland. Das in absoluten Zuwachsraten weltweit größte Wachstum findet – nicht überraschend – in den städtischen Regionen der großen Schwellenländer statt.

Für die vorliegende Untersuchung wurden jeweils 1.000 Menschen in Deutschland, Frankreich, Japan und den USA sowie in Brasilien, Russland, Indien und China befragt. Die Befragung fand statt im Zeitraum Oktober und November 2010. Die Auswahl der Befragten in den Industrieländern ist für die Gesamtbevölkerung repräsentativ, in den Schwellenländern ist sie repräsentativ für die städtische Bevölkerung. Die vollständigen Ergebnisse der Accenture-Studie stehen zum Download zur Verfügung.