Mit ‘Revue-Operette’ getaggte Artikel

Donnerstag, 24. September 2015, von Elmar Leimgruber

Es muss was Wunderbares sein… Kritik: “Im weißen Rössl” (Volksoper)

Am 8. November 1930 durfte man in Berlin erstmals das Singspiel “Im Weißen Rössl” von Ralph Benatzky live erleben. Und auch heute, 85 Jahre und zahllose Aufführungen und mehrere Verfilmungen (u.a. mit Peter Alexander und Waltraud Haas) später, hat die oft auch als “erstes deutsches Musical” betitelte Operette nichts von ihrer Popularität eingebüßt.

Anlässlich dieses Jubliäums präsentierte die Wiener Volksoper (über zwei Jahrzehnte nach der Inszenierung des von mir hochgeschätzten und leider inzwischen verstorbenen Robert Herzl) kürzlich eine “Revue”-Neuinszenierung des witzigen Stücks von Josef E. Köpplinger nach der Rekonstruktion der Originalfassung von Matthias Grimminger und Henning Hagedorn.

Ich hatte seinerzeit bereits die Herzl-Inszenierung sowohl in der Volksoper (u.a. mit Martina Dorak als Klärchen und dem heutigen Volksopern-Intendanten Robert Meyer als schöner Siegismund) als auch dann viele Jahre später in “seinem” Stadttheater Baden sehr genossen. Umso mehr war ich gespannt auf die sich ans Original beziehende Inszenierung von Köpplinger (übrigens eine Kooperation mit dem Münchener Theater am Gärtnerplatz, dessen Intendant er auch ist).

Noch selten zuvor saß ich in einem Opernhaus fast durchgehend mit einem Grinser da, so bunt, grell, pseudo-Volkstümlich und übertrieben kitschig und daher äußerst unterhaltsam und unboshaft hintergründig wurde hierfür gearbeitet, auch wenn ich beispielsweise die menschlichen Kühe und die Liebesengel sehr witzig, den Holz-Jägerhund aber eher einfallslos finde. Ob die zahlreichen “Berg-Szenen” nicht mehr vom Stück ablenken als es zu bereichern, darf ebenfalls gefragt werden: lustig sind sie allemal.

Sigrid Hauser interpretiert die Rössl-Wirtin bei weitem nicht so aggressiv und hart wie manche andere vor ihr, sondern gibvt einerseits die verliebte Geblendete, eienrseits die mit dem liebenden Leopold Mitleidende und andererseits die verantwortungsbewusste Chefin, von der man Durchsetzungsvermögen erwartet. Und: diese Überraschung ist gelungen, für mich war sie äußerst positiv.

Dass Boris Eder eine wunderschöne Stimme hat und keinerlei Probleme mit den Höhen hat, dürfte nun hoffentlich für jedermann hörbar sein: Er gibt einen wunderbaren Oberkellner Leopold, der wohl schwer durch wen anderen getoppt werden könnte. Und auch das restliche Ensemble entspricht durchaus meinen hohen Erwartungen. Besonders lobend hervorzuheben sind hier Helga Papauschek (sie war früher selbst ion der Volksoper Rösslwirtin) als Reiseleiterin, Simon Jung als Piccolo, Martin Dablander als Todesjodler, Juliette Khalil als Klärchen, Markus Meyer als Sigismund sowie Wolfgang Hübsch als Kaiser.

Das Orchester der Volksoper Wien inklusive Jazzkombo und Zithertrio unter der Leitung von Michael Brandstätter spielt gewohnt beinahe perfekt, wenn auch an manchen Stellen Orchester und Sänger leider nicht synchron sind, so vor allem (ich sah ich Vorstellung am 8. September) der Song von Professor Hinzelmann (Hans Dieter Knebel, der dafür aber schauspielerisch in dieser Rolle großartig ist).

Alles in Allem ist das neue Rössl an der Wiener Volksoper eine wunderbare Produktion, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Allerdings sollte man hierfür auch eine gehörige Portion Humor und gute Laune mitbringen. Und: Rechnen Sie mit Blasmusik bereits vor der Vorstellung.

Und es bleibt zu hoffen, dass es in Zukunft an der Wiener Volksoper auch noch weitere Stücke von Ralph Benatzky zu sehen geben wird, beipielsweise “Die drei Musketiere”, welche 2012 in Baden bereits erfolgreich zur Aufführung gelangten.

Freitag, 29. Juni 2012, von Elmar Leimgruber

Die drei Musketiere duellieren in Baden

Der Theaterstoff ist eigentlich bekannt, aber da es sich bei Ralph Benatzkys Revue-Operette “Die drei Musketiere” um eine Fortsetzung (Text: Rudolph Schanzer und Ernst Welisch) des klassischen Stücks (von Alexandre Dumas) handelt, darf man inhaltlich dennoch gespannt sein, was passieren mag. Die Themen bleiben freilich dieselben: Der Kardinal intrigiert, aber dank der Loyalität der Musketiere kann schließlich die Gerechtigkeit siegen. Die Bühne Baden hat sich an dieses, 1929 in Berlin uraufgeführte, aber indes lang in Vergessenheit geratene Werk des Komponisten vom “Weissen Rössl” herangewagt und das Ergebnis (Premiere war am 22. Juni) kann sich sehen und hören lassen:

“Musik von gestern und heute”, welche Ralph Benatzky verspricht, trifft dann auch ins Schwarze: Klar klingt sie nicht wie heutige zeitgenössische Klassik, aber für die damalige Zeit war sie sicherlich äußerst innovativ: von rein klassischer romatischer Musik spannt sich der Bogen hin zu Jazz und Swing vom Allerfeinsten und den Titelsong der “Drei Musketiere” habe ich immer noch im Ohr. Dafür, dass das Werk musikalisch so großartig ist, ist es eigentlich viel zu unbekannt und mindestens so herausragend wie sein allseits bekanntes “Weißes Rössl”.

Die Besetzung, das gesamte Ensemble ist großartig. Ganz besonders hervorzuheben sind Artur Ortens (Kardinal), Frauke Schäfer (Königin Anna), Stefan Bischoff (König Ludwig), Reinhard Alessandri (D’Artagnan), Miriam Sharoni (Leona de Castro), Edith Leyrer (Madame Brissard), Elisabeth Fruhmann (Miotte), Beppo Binder (Caramel), Robert Sadil (Pater Ignotus), Kateryna Pacher (Catherine), Jasmina Sacr (Manon)  und nicht zuletzt Daniel Ohlenschläger (Porthos) und Darius Merstein-MacLeod (Aramis).

Die Regie/Inszenierung von Intendant Robert Herzl (Ausstattung: Pantelis Dessyllas) ist großartig, die Choreographie vom neuen Ballettchef Michael Kropf ist innovativ, die Fechtchoreographie von Christian Zmek (auch Kommandeur der Musketiere) ist authentisch und Franz Josef Breznik dirigiert gewohnt souverän das präzise musizierende Orchester der Bühne Baden. Daher bleibt nur noch zu schreiben: Schauen sie sich “Die drei Musketiere” in der Sommer-Arena in Baden an und lassen sie sich in eine andere Welt entführen, die so verschieden der heutigen Zeit vielleicht gar nicht sein mag. Nähere Informationen, Termine und Tickets sind hier abrufbar.

Und hier sind Eindrücke in Bildern (Fotos) von der Premiere der “Drei Musketiere” in Baden: