Mit ‘Polen’ getaggte Artikel

Montag, 7. Juni 2010, von Elmar Leimgruber

Marcel Reich-Ranicki zum 90er

Der deutsche Literatur-Papst Marcel Reich-Ranicki wurde am 2. Juni 90 Jahre alt. kulturia.com gratuliert herzlich. Und am Sonntag wurde er für sein Lebenswerk mit der Ludwig-Börne-Medaille ausgezeichnet.

Als Gratulanten der Gala, die vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) live übertragen wurde, erschienen nicht nur FAZ-Feuilletonchef Frank Schirrmacher, der Autor und SPIEGEL-Journalist Henryk M. Broder sowie TV-Moderator Thomas Gottschalk, sondern auch Talkmaster Harald Schmidt war in einer ungewohnten Rolle zu erleben: als Chansonier mit Klavierbegleitung. Bereits 1995 hatte Reich-Ranicki den Literaturpreis der Ludwig-Börne-Stiftung erhalten.

Marcel Reich wuchs als Kind einer jüdischen deutschpolnischen Familie in Berlin auf. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde er nach Polen ausgewiesen und landete dort im Warschauer Ghetto und entkam nur knapp der Deportation ins Vernichtungslager Treblinka, wo seine Eltern ermordet wurden. Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete er unter neuem Namen Marcel Ranicki für das kommunistische polnische Aussenministerium und den polnischen Geheimdienst, wodurch er sich harte Gegner in Polen und Deutschland machte.

Der heute mit Ehrendoktor-Titeln verschiedener deutscher und internationaler Universitäten und mit verschiedenen weiteren Ehrungen Ausgezeichnte war ab 1958 war er als Literaturkritiker in Deutschland bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) tätig. Gemeinsam mit anderen Literaturfreunden initiierte er 1977 den Ingeborg-Bachmann-Preis, der rasch zu einem der bedeutendsten deutschsprachigen Literatur-Wettbewerbe und -Preise wurde.

In der Wochenzeitschrift Der Spiegel stellte Reich-Ranicki am 18. Juni 2001 unter dem Titel Kanon lesenswerter deutschsprachiger Werke sein Opus Magnum zu diesem Lebensthema vor. Die Anthologien sind unterteilt in »Romane«, »Essays«, »Dramen«, »Erzählungen« und »Gedichte«, aber auch die Empfehlung, manches nur im Auszug zu lesen.

Der einflussreichste und meist diskutierte deutsche Literaturkritiker nach 1945 hat spät im Leben seine einmalige Fernsehkarriere im ZDF begonnen. Mit dem “Literarischen Quartett”, das von 1988 bis 2001 und in den Jahren 2005/2006 in weiteren vier Sonderausgaben ausgestrahlt wurde, hat er Maßstäbe gesetzt und einen beispiellosen Erfolg feiern können.

ZDF-Intendant Markus Schächter gratulierte Reich-Ranicki zum Geburtstag: “Wir haben Ihnen nichts weniger zu verdanken, als dass Sie aus einer Sendereihe Fernsehgeschichte gemacht haben. Keine Literatursendung hatte einen gewaltigeren Ruf, jedes Nachfolgeformat muss sich zwangsläufig mit dem “Literarischen Quartett” messen lassen.”

Als “Garant für Klarheit, Aufrichtigkeit und Kompromisslosigkeit” würdigte WDR-Intendantin Monika Piel den renommierten Autor und Literaturkritiker: Sein Leben stehe gerade für die jüngere Generation beispielhaft für eine Zeitspanne der deutschen Geschichte, die Reich-Ranicki als Verrohung und persönliche Bedrohung habe erleben müsse.

Aufgabe der 1992 gegründeten Ludwig-Börne Stiftung ist es, an den großen Schriftsteller und Journalisten Ludwig Börne zu erinnern und auf die oft erstaunliche Aktualität seines Werkes aufmerksam zu machen. Börne war ein politischer Kopf und zugleich ein Virtuose der deutschen Sprache.

Marcel Reich-Ranicki’s Literarisches Werk ist hier aufrufbar.

Montag, 17. Mai 2010, von Elmar Leimgruber

Europäischer Jugendkarlspreis 2010 geht an Deutschland, Irland und Bulgarien

Der Karlspreis der Jugend wird alljährlich in Aachen vergeben Vor Kurzem wurde der Jugendkarlspreis 2010 vergeben: Das deutsche Projekt “Europäisches CNC Netzwerk – Zug für Europa” erreichte die erste Platzierung. Der zweite Platz ging an das Buchprojekt “Du bist hier” (Irland) und der dritte an “Leistungswettbewerb für Techniker BEC” (Bulgarien).

Der Preis, der von RWTH Universität in Aachen ausgerichtet ist, zeichnet Projekte aus, die eine gemeinsame Europäische Identität fördern und die Integration junger Menschen unterstützen. Die drei preisgekrönten Projekte werden mit Geldpreisen in Höhe von € 5.000, € 3.000 bzw. € 2.000 ausgezeichnet.

Der Karlspreis 2010 ging heuer übrigens an den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk: “im Dienste der Freiheit und der Demokratie und in Anerkennung seiner besonderen Verdienste um die Verständigung und Zusammenarbeit der Republik Polen mit seinen europäischen Partnern”. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt die Laudatio.

“Das Projekt “Zug für Europa”, das den 1. Platz belegt, ist ein leuchtendes Beispiel für die Essenz der Europäischen Idee: Zusammenarbeit, Grenzen überwinden, Vielfalt und Potential entdecken,” verkündete der Präsident des Europäischen Parlaments Jerzy Buzek, der auch den Preis vergab. Das Projekt brachte mehr als 1500 Auszubildende von 24 Berufsschulen zusammen, um eine gemeinsame Lokomotive und Wagons nach dem Airbusprinzip zu bauen. Der Zug hat eine Spurweite von 90 mm, eine Gesamtlänge von ca. 8 Metern und dreht seine Runden auf einen Schienenparcours mit einem Durchmesser von 12 Metern.

“Du bist hier” (Irland) ist ein Buchprojekt, in dem 14 junge Menschen eine Gedichtsammlung geschaffen haben, das von Menschen handelt, die nach 1980 geboren wurden, nicht in ihrem Geburtsland leben und an künstlerischen, intellektuellen oder Aktionsprojekten arbeiten.

Der 3. Preis ging an das Projekt “Leistungswettbewerb für Techniker BEC”, welches das Ziel hatte, junge Europäer zusammenzubringen und herauszufordern. Der Wettbewerb, der von europäischen Studenten der Technischen Hochschule BEST in Sofia organisiert wurde, brachte 21 Europäer aus 11 Ländern in 5 Teams zusammen. Sie konstruierten einen Roboter, der Energiequellen aus der Umwelt nutzt, um Abfall zu trennen.

Freitag, 7. Mai 2010, von Elmar Leimgruber

Über den Wahrheitsgehalt von Werbeaussagen am Beispiel Danone

Stärkt (nur) Actimel von Danone die Abwehrkräfte?
Bild: actimel.de

Ja, der französische Joghurthersteller, aber vor allem -vermarkter Danone ist schon arm dran: Für seine Werbebotschaft, dass sein “Actimel” die “Abwehrkräfte stärkt” und zwar “nachweislich”, erhielt er 2009 den Goldenen Windbeutel von der Konsumentenschutzorganisation “Foodwatch” für die “dreisteste Werbelüge des Jahres”.

“Etikettenschwindel lohnt sich nicht” schreibt hierzu Foodwatch ein Jahr später: “Direkt nach der Wahl zum Goldenen Windbeutel 2009 sackten die Imagewerte der Marke Actimel ab – und blieben bis heute auf niedrigem Niveau. Aktuell (1. Quartal 2010) liegen die Imagewerte um rund 55 Prozent niedriger als vor der Wahl (4. Quartal 2008). Das belegt der BrandIndex des Kölner Marktforschungsinstituts YouGovPsychonomics.”

Die Agrar Markt Austria (AMA), die in Österreich unter anderem auch für Milchprodukte zuständig ist, ging vor einigen Monaten in die Offensive für Joghurt aus Österreich und publizierte den Slogan “Jedes Joghurt stärkt ihre Abwehrkräfte”, und auch das sei wissenschaftlich erwiesen. Danone aber beansprucht dieses Privileg für sich allein und hämmert dies in seinen Werbesports den Konsumenten auch unmissverständlich ein: “Nur Actimel stärkt ihre Abwehrkräfte”.

Doch damit nicht genug: Der französische Grosskonzern hat nun die AMA in Wien auf Unterlassung verklagt, weil er in der Werbekampagne einen Angriff auf sein Produkt Actimel, das grossteils in Polen oder in Belgien hergestellt wird, sieht. Laut der österreichischen “Bauernzeitung” soll das Wiener Handelsgericht nun rechtlich klären, ob tatsächlich jedes Joghurt oder eben nur das Danone-Produkt das körpereigene Immunsystem stimuliert und damit die Abwehrkräfte stärkt. Das Gericht hat beide Parteien wechselseitig zur Stellungnahme aufgefordert, ihre Standpunkte zu belegen. Die Stellungnahme von Danone wurde jetzt der AMA Marketing zugestellt, wobei diese nun bis zum 10. Mai Zeit hat, ihren Standpunkt zu untermauern beziehungsweise die Vorwürfe zu entkräften.

“Actimel stärkt nachweislich die Abwehrkräfte. Das ist in mehr als 30 wissenschaftlichen Studien belegt,” schrieb Danone bereits im vergangenen Jahr nach der Auszeichnung mit dem Goldenen Windbeutel. “Actimel ist damit der einzige probiotische Joghurt-Drink, dessen Wirkweise auf die Abwehrkräfte so intensiv untersucht wurde,” und daher distanzierte sich Danone auch “von dieser Form der gezielten Verbraucherverunsicherung”.

Seit einigen Jahren gilt ja -wie berichtet- in der Europäischen Union die Vorschrift, dass gesundheitliche Aussagen in der Werbung nachgewiesen sein müssen. Danone hat diesbezüglich für seine Produkte Actimel, Activia und Danacol bei der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Anträge eingebracht, letzthin aber erneut einen Antrag auf Zulassung von gesundheitsbezogenen Werbe-Aussagen (Health Claims) seiner Produkte “Actimel” und “Activia” bei der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zurückgezogen.

“Offensichtlich dämmert es endlich auch den Marketing-Strategen von Danone, dass ihre völlig überzogene Werbekampagne einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten und auch von den Kunden nicht honoriert wird”, erklärte Anne Markwardt von foodwatch, Leiterin der Wahl zum Goldenen Windbeutel: “In der Actimel-Werbung wird irreführend suggeriert, Verbraucher könnten sich mit dem Getränk vor Erkältungen schützen. Doch dafür fehlt jeder Beleg. Die Wirkung von Actimel ist nicht viel besser als die von herkömmlichem Naturjoghurt. Actimel ist jedoch drei bis vier Mal so teuer und doppelt so zuckrig” und “der Image-Einbruch von Actimel sollte eine Warnung an andere Hersteller sein”. Actimel habe vor allem die “Abwehrkräfte gegen Mogelprodukte” gestärkt, so Anne Markwardt.

Neben der kritischen Berichterstattung über die Gesundheitswirkung seiner Joghurt-Drinks hat der Danone-Konzern aber derzeit auch noch ein weiteres Problem: Die Umweltschutzorganisation Greenpeace mobilisiert mit Aktionen und Aufklebern auf den entsprechenden Produkten gegen den Kauf von Babymilchpulver von Milupe (Danone-Gruppe): “Mit dem Kauf von Gen-Milch unterstützen Verbraucher die Verbreitung der riskanten Gentechnologie. Mit 65 Prozent Marktanteil haben Nestlé und Danone (Milupa) laut Greenpeace den höchsten Absatz von Babymilchpulver in Deutschland. Gegenüber Greenpeace erklärten die beiden Lebensmittelkonzerne, dass Gen-Pflanzen in der Milchviehfütterung Standard sei. Und eine Umstellung sei nicht in Planung.

Also kommen offenbar harte Zeiten auf Danone zu: Nun bleibt also vorerst abzuwarten, was das Wiener Handelsgericht in der Causa Daone gegen AMA entscheiden wird. Hoffentlich wird es es eine Entscheidung gegen irreführende Werbung und für Pluralismus treffen. Bis dahin aber wirbt Danone weiterhin mit “Stärkt die Abwehrkräfte” für Actimel und mit einem Wohlfühlbauch anstatt eines Blähbauchs durch den regelmässigen Verzehr von Activia…

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