Mit ‘Pisa-Studie’ getaggte Artikel

Mittwoch, 26. Januar 2011, von Elmar Leimgruber

Landesschulamt Wien will Lese-Tests – Schülervertretung skeptisch

Wiens Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl will die SOKO Lesen und Lesetests an Schulen

Eine Folge des katastrophalen PISA-Ergebnisses in Wien ist die Einsetzung der SOKO Lesen durch das Landesschulamt Wien, die am Dienstag im Rahmen der PISA-Wien-Konferenz vorgestellt wurde. “Um die Qualität der Schulen zu heben und die Schlüsselkomptetenzen unserer SchülerInnen zu verbessern,” sollen “umfassende Lesetests für die vierte und achte Schulstufe noch in diesem Schuljahr” eingeführt werden, erklärte Wiens Amtsführende Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl. Zudem soll das “Projekt LesepatInnen” forciert werden: Diese Erwachsenen, grossteils im Seniorenalter, kommen zur “Lesestunde”, die ein fixer Bestandteil des Stundenplans in Volksschulen ist und helfen den Kindern beim Lesen.

Landesschulsprecher Dominik Bertagnol (l.) und Rene Jellitsch (r.), Mitglieder der Wiener Schülervertretung

Die Wiener Landesschülervertretung  begrüsst zwar die Lesepatenschaft, findet aber die geplanten Lesetests “weniger sinnvoll,” reagierten die an der Konferenz teilnehmenden BMHS Landesschulsprecher Dominik Bertagnol und BS Landesschulsprecher Rene Jellitsch (sie bilden gemeinsam mit AHS-Schulsprecherin Daryl Chou und ihren Teams die offizieller Wiener Landesschülervertretung) auf Anfrage gegenüber redakteur.cc. Diese würde unnötig viel kosten und zudem abschreckend wirken. Nicht die von Unterrichtsministerin Claudia Schmied forcierte “Neue Mittelschule” sei die passende Antwort auf die schlechten PISA-Ergebnisse, sondern bereits in den Volkschulen müssten die Deutschlehrer dazu motiviert werden, mehr mit den Kindern zu lesen, regt Bertagnol an.

Grundsätzlich sollten das Mitspracherecht der Schüler gestärkt werden und auch das lange geforderte Lehrer-Feedback auch endlich in die Tat umgesetzt werden. Das Lehrer-Feedback sollte verpflichtend eingeführt werden und Schülern die Möglichkeit bieten, online anonymisiert ihre Lehrer zu beurteilen, so Bertagnol und Jellitsch übereinstimmend. Die PISA-Tests seien zwar grundsätzlich sinnvoll, aber sie sollten, beispielsweise in Form von Prämien für die beteiligten Schüler, reformiert werden, wünscht sich Bertagnol. Die 28 Prozent Risikogruppe müsste mehr gefördert werden und auch die PISA-Tests selbst müssten sowohl von Lehrern als auch von Schülern ernster genommen werden, ergänzte Jellitsch.

Das Wiener PISA-Konferenz-Präsidium: (v.l.n.r.) Sabine Oberhauser (ÖGB-Vizepräsidentin), Brigitte Jank (Wiens Wirtschaftskammer-Präsidentin), Günter Haider (Direktor BIFIE Institut; PISA), Susanne Brandsteidl (Präsidentin Stadtschulrat Wien), Georg Kapsch (Präsident Industriellenkammer Wien), Renate Lehner (Vizepräsidentin Arbeiterkammer Wien)

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Dienstag, 7. Dezember 2010, von Elmar Leimgruber

Pisa und das österreichische Schulsystem

Einerseits spricht ja Einiges für die gemeinsame Mittelschule (Neue Mittelschule) aller Kinder in Österreich: So sind die Erfahrungen jener Länder, die ähnliche Schulsysteme haben, nicht immer negativ (in Südtirol beispielsweise gibts die Mittelschule für alle bereits seit 1962). Dies ist auch insofern verständlich, weil die meisten Zehnjährigen noch nicht in der Lage sind, einen Schultypus zu wählen, der für ihren möglichen Beruf eventuell relevant sein könnte. Natürlich ist es daher sinnvoll, die Kinder erst mit 14 vor diese Wahl zu stellen.

Nur -und da beginnen die eigentlichen Probleme-: Die Einführung der gemeinsamen Mittelschule hätte, wie in anderen Ländern auch, vor Jahrzehnten erfolgen müssen, und das System würde so mittlerweile vermutlich auch funktionieren. Inzwischen aber leidet Österreich  -und hier in besonderer Weise Wien- dank jahrelanger unverantwortlicher und leichtsinniger SPÖ-Förderung unter vielen (vor allem durch “Familienzusammenführungen” bedingt) Zuwanderern,  die nicht oder unzureichend die deutsche Sprache beherrschen. Dies musste in Folge natürlich vor allem in klassischen Wiener Zuwanderungsbezirken dafür sorgen, dass das Schulniveau drastisch sank. Und dies mag auch mit ein Grund sein, warum Österreich beim aktuellen PISA-Test im Lesen vom 16. auf dem 31. Platz von ingesamt 34 abstürzte.

Eine verpflichtende Zusammenlegung aber von Gymnasien in der Unterstufe mit Niedrig-Niveau-Hauptschule in eine “Neue Mittelschule” würde aber vermutlich eher das Gesamt-Niveau nach unten ziehen als umgekehrt, vor allem auch weil es vier mal so viele (!) Hauptschüler als Gymnasiasten gibt. Es würde also wohl das Gegenteil von dem eintreten, womit die rote Unterrichtsministerin wirbt: weitere Bildungsniveau-Senkung und nicht -Hebung.

Zudem waren sowohl die Idee der Mittelschule als auch der Ganztagsschule seit jeher in vielen betroffenen Ländern ideologisch tiefrot besetzt und hatten das vorrangige Ziel, Kinder möglichst früh dem Erziehungseinfluss der Eltern zu entziehen um sie unter staatlicher Obhut als treue Gefolgsleute von linkem Gedankengut heranzuzüchten und zu missbrauchen. Dies darf natürlich nicht passieren, genau so wie eine aufgezwungene allgemeine Verpflichtung für alle, die Neue Mittelschule und die Ganztagsschulen einzuführen, kontrapoduktive Geldverschwendung wäre. Der aktuelle Schulen-Kompetenzstreit zwischen Bund und (nicht SPÖ-regierten) Ländern in Österreich, hat wohl auch diesen ideologischen Hintergrund.

Die Folge des aktuellen niederschmetternden PISA-Ergebnisses wird jedoch für Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) wohl leider (anstatt über ideologiefreie Reformen nachzudenken) sein, ihre ideologischen sogenannten “Reformen”als Antwort voranzutreiben, die da lauten: Neue Mittelschule und Ganztagsschule. Wenn auch positiv ist, dass die “Neue Mittelschule” den AHS-Unterstufen-Lehrplan (also den der Gymnasien) hat:

Doch die Neue Mittelschule -und dies muss in aller Deutlichkeit gesagt werden- ist nicht die eigentliche Lösung des Problems, dass Österreichs Kinder nach dem Pflichtschulabschluss Schlusslichter beim Lesen sind und auch sonst eher schlecht abschneiden. Dies belegt auch die Tatsache, dass bereits die aus der “Gesamtschule” Volksschule kommenden Kinder vielfach nicht mal die nötigsten Grundkenntnisse im Lesen mitbringen. Die verschiedenen Unterstufen in Österreichs sorgten zudem früher ja auch für ein Bildungsniveau, das für alle Absolventen des Pflichtschulbereich verantwortbar war. Das Problem muss also ganz wo anders liegen.

Vielmehr müssen die Lehrpläne endlich zeitgemäss konkret überarbeitet werden mit klaren Zielvorgaben, was die Schüler nach Abschluss eines Schuljahres können müssen.  Und der Schwerpunkt der Pflichtschulausbildung (inklusive Förderungen) muss ausnahmslos der sein, dass niemand die Volksschule verlässt, der nicht grundsätzlich lesen oder rechnen kann. Zudem wäre vielleicht neben der Leistungskontrolle von Schülern selbiges auch für Lehrer überlegenswert.

So lange aber wirklich notwendige Reformen (wie die bezüglich der Lehrpläne) nicht mal überlegt werden, kann man sich -vor allem in Zeiten des Sparens- Diskussionen über neue mehr oder weniger sinnvolle kostspielige Schulversuche wie der Neuen Mittelschule oder gar der Ganztagsschulen gern sparen.

Donnerstag, 29. Juli 2010, von Elmar Leimgruber

Wirtschaftskammer: Lehrlingskandidaten sind unqualifiziert (Info + Kommentar)

68 Prozent der Wiener Unternehmen haben Schwierigkeiten, geeignete, qualifizierte Jugendliche als Lehrlinge zu finden, was aus einer aktuellen Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW) im Auftrag der Wirtschaftskammer Wien hervorgeht. Demnach geht das Niveau der Pflichtschulabsolventen seit Jahren zurück und verfügen immer mehr von ihnen über nur geringe Grundkompetenzen in Lesen, Schreiben, Rechnen.

Die Unternehmen legten Wert auf Basiskenntnisse, die sie voraussetzen, so die Wirstchaftskammer: “Es ist für die Betriebe nicht möglich und auch nicht zumutbar das nachzuholen, was die Jugendlichen in der Schule nicht gelernt haben.” Die internationale PISA-Studie habe gezeigt, dass unterschiedliche Bildungssysteme zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die Wirtschaftskammer fordert daher die “Einführung verpflichtender Mindest-Bildungsstandards in den Pflichtschulen oder Bildungs- und Berufsorientierung in allen Schultypen”.

Die Ausbildung der Fachkräfte von morgen habe zwar einen hohen Stellenwert im Bewusstsein der Wiener Betriebe, aber mit den folgenden Fähigkeiten der Jugendlichen seien die Wiener Betriebe (300 aus allen Branchen) nicht oder gar nicht zufrieden:

  • 54% – Mathematik
  • 35% – sprachliches Ausdruckvermögen
  • 35% – logisches Denken
  • 33% – technisches Verständnis
  • 44% – gute Schulnoten im Allgemeinen

Dabei seien gerade die folgenden Qualifikationen besonders wichtig:

  • Jung98% – Logisches Denken
  • 95% – Sprachliches Ausdrucksvermögen
  • 84% – Mathematik
  • 65% – Technisches Verständnis
  • 79% – Gute Schulnoten im Allgemeinen

Es ist ja schon äusserst hilfreich, wenn man als Wirtschaftskammer -aus welchen Gründen auch immer- Fachkräfte aus dem Ausland rekuitieren will, und man dafür Rügen ausgerechnet von der Arbeiterkammer bekommt und gibts und schon gibts eine schöne Studie, die belegen will, dass Österreichs Jugendliche sozusagen als “ungebildete Deppen” die Pflichtschulen verlassen und demnach nicht als Fachkräfte geeignet sind.

Kein Zweifel: Auf der einen Seite mag tatsächlich das Bildungsniveau der Pflichtschüler stark verbesserungswürdig sein, und nur im Klammer bemerkt: Ich bin mir nicht sicher, ob die von Unterrichtsministerin Schmied so forcierte Gesamtschule wirklich die Lösung dieses Problems darstellt.

Andererseits aber: wir haben eine so hohe (vor allem Jugend-)Arbeitslosigkeit im eigenen Land.

Die meines Erachtens richtigen Antworten auf die aktuellen offenen Fragen können daher nur lauten:

  • Einheimische Fachkräfte haben grundsätzlich Vorrang.
  • Es muss Kindern und Jugendlichen noch mehr privat und öffentlich bewusst (gemacht) werden, wie wichtig eine solide Ausbildung (ob schulisch oder durch Lehre) für das gesamte Leben ist, ja dass diese eine Überlebensfrage für die Zukunft darstellt.
  • In der schulischen Grundausbildung muss stichhaltig überprüft werden, inwieweit das derzeitige Ausbildungssystem für ausreichend Wissen in den wichtigen Bereichen Logisches Denken, Sprachliches Ausdrucksvermögen, Mathematik, Technisches Verständnis führt.
  • Sollte dies nicht der Fall sein, muss dringend eine Pflichtschulreform her, die von ihren Ausbildungszielen her garantiert, dass Pfichtschulabsolventen für eine Lehre optimal vorbereitet sind und grundsätzlich ein gewisses Niveau an Allgemeinwissen vorweisen.
  • Und aktuell gilt es, auch rasch in jenen Bereichen Fachkräfte (um welche Bereiche geht es da überhaupt?) selbst auszubilden, in denen man sie braucht: Dies gilt für die Lehre genauso wie für den Schul- und den Universitätsbetrieb. Immerhin klagt man seit 10 Jahren über sogenannten Fachkräftemangel. Und warum hat den bislang niemand durch Ausbildung entsprechender Nachwuchskräfte behoben?