Mit ‘Maya Hakvoort’ getaggte Artikel

Donnerstag, 4. August 2022, von Elmar Leimgruber

Kulturkritik : Reichtum bewirkt Realitätsverlust (“Sunset Boulevard” in Baden)

Wenn man zu rasch wirtschaftlich zu hoch steigt, kann dies schon zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität und in Folge zum Grössenwahn führen.
Norma Desmond ist genau dieser Typ Mensch:
Sie lebt in ihrer steinreichen Scheinwelt, wo alle andere ihr selbstverständlich zu Füßen liegen müssen: denn sie ist ja DIE Desmond.

Was der bereits seit Jahrzehnten kommerziell erfolgreichste Musical-Komponisten Andrew Lloyd Webber und sein Librettist Don Black (deutsch Michael Kunze) mit „Sunset Boulevard“ an künstlerischem Anspruch geschaffen hat, ist schwer zu toppen:

Umso schwieriger ist es, eine Musical-Sängerin zu finden, die alle Höhen und Tiefen des Show-Biz kennt und daher weiss, dass der Weg vom umjubelten Superstar über einen Absturz hin zu einem -auch nur vielleicht- Comeback oft kaum mehr realistisch möglich ist.

Sie war (mit Unterbrechungen) DIE Kaiserin Musical „Elisabeth“ von Sylvester Levay und Michael Kunze und hat als diese Weltruhm erlangt.
und auch ihr diesjähriger Auftritt in dieser Rolle vor dem historischen Schloss Schönbrunn in Wien hat ihre Beständigkeit unter Beweis gestellt:
Maya Hakvoort.

Jedoch auch auch sie war eine Zeitlang abgehoben und fern und der Realität wie die Hauptrolle der Norma Desmond in „Sunset Boulevard“, die sie heuer an der Bühne Baden interpretieren sollte.

Umso mehr war ich gespannt, ob die grossteils echt erfolgs-verwöhnte gebürtige Niederländerin dieser höchst anspruchsvollen Rolle in Baden gerecht werden würde.

Und ja: Hakvoort hat mich gerade in dieser Rolle positiv überrascht:

Sie hat inzwischen eine emotionale und daher auch musikalische Tiefe erreicht, die ihr vermutlich wenige zugetraut haben:
Maya ist hier in all ihrer tragisch verträumt neurotischen, aggressiven und realitätsverweigendern Rolle Norma: Gänsehaut pur!

Lukas Hermann (im Stück ihr Liebhaber Joe, der sie masslos ausnützt) kennt man ebenfalls von den VBW-Produktionen und man erhält, was man erwartet: eine übliche ausgebildete hohe Musicalstimme.

Beppo Binder (hier: Max von Mayerling) kennt man vor allem in Baden schon sehr lange aus diversen Rollen: Dieser hat zu Beginn leichte Probleme mit den Höhen der Arien, wird aber zunehmend nicht nur in den Tönen, sondern auch emotional intensiver.

Ja, ich gebe es zu: „Sunset Boulevard“ ist keine Komödie, sondern eine Tragödie über Reichtum und damit einhergehenden Realitätsverlust. Die Melodien von Andrew Lloyd Webber sind zwar nicht so eingängig wie viele seiner anderen Musicals, aber nichtsdestotrotz:

Wir brauchen selbst in Zeiten, wo wir uns mehr denn je seichtes Entertainment wünschen, um der harten Realität zu entfliehen, Musicals mit Tiefgang wie dieses, mit “Swimmingpool” inklusive.

Daher für Kultur-Interessierte: „Sunset Boulevard“ in Baden (grossartige Inszenierung von Andreas Gergen) lohnt sich: inhaltlich, musikalisch (wo gibts noch ein echtes Top-Orchester bei einem Musical?) und ja: auch aufgrund von Maya Hakvoort in der Hauptrolle.

Montag, 1. Oktober 2012, von Elmar Leimgruber

Evita in Baden: Nur “nett” ist zu wenig

Jasmina Sakr, Franz Csencsits, Maya Hakvoort, Boris Pfeifer, Reinwald Kranner

Sie war bereits Kaiserin Elisabeth von Österreich und ist es es auch nach wie vor in Japan. Ich schätze sie sehr und ich liebe ihre Stimme. Und große Frauenrollen (wie jene von Sisi) liegen ihr grundsätzlich auch: Maya Hakvoort. Der holländische Musicalstar glänzte in den vergangenen Monaten zudem mit einem äußerst lobenswerten Solo-Programm. Und diesen Sommer war Maya in Baden erneut Evita, der strahlende, wenn auch keineswegs unproblematische Polit-Star Argentiniens. Aber -wie schreibe ich es am besten- irgendwie war ich hier enttäuscht von der großen Maya Hakvoort.

Sie ist dieser anspruchsvollen Rolle grundsätzlich zwar wohl gewachsen, so hoffe ich. So gibt es auch Songs, die sie grandios und in der nötigen Professionalität interpretiert. Dennoch darf besonders jener Song, auf den alle warten, nicht ohne große innere Stärke gesungen werden: “Ruf nicht nach mir Argentinien” (wieso heisst der unbegreiflicherweise in Baden so, wo ihn jedermann mit dem Text “Wein nicht um mich Argentinien” (deutscher Text: Michael Kunze) kennt und er im englischen Original auch “Don’t cry for me Argentina”  lautet?) zieht den Zuschauer zwar gleich auch von der Inszenierung her in den Bann, aber dann ist weder Maya präsent als Evita noch der Zuschauer bei ihr, bis es ihr erst wieder mühsam gelingt, das Publikum zurückzuerobern.

Zusammengefasst: Wo Maya in Evita auf der Bühne Baden die starke selbstbewusste Frau (welche sie zweifelsohne ist) spielen und singen darf, die sich dem Willen anderer widersetzt, ist sie schauspielerisch und gesanglich jene starke kraftvolle Maya, die man sich von ihr erwartet. Andere für diese Rolle aber genauso wichtigen Empfindungen (aktiv verführen, aufgeben und Abschied nehmen müssen) dürften ihr jedoch zu schwer fallen. Zudem stören manche ihrer rausgequetschten tiefen -vielleicht durch Tabakkonsum verstärkt schmutzigen- Töne (die beispielsweise in “Cabaret” vielleicht ideal wären) in diesem Musical ganz gewaltig.

Schlussapplaus für Evita in Baden

Eine wirkliche positive Überraschung jedoch ist Boris Pfeifer als Che: dieser Mann ist in dieser Rolle schauspielerisch wie gesanglich vorbildlich und lässt keine musikalischen Wünsche offen. Ebenfalls großartig auch Reinwald Kranner als umwerfend lustiger und gesanglich vollends überzeugender Schlagerstar Augustin Magaldi und Jasmina Sakr als verstoßene Geliebte Perons. Franz Csencsits als Peron wirkt zwar optisch passend und schauspielerisch gut, jedoch ist er stimmlich leider vielfach zu leise und damit zu schwach.

Robert Herzl ist im Prinzip ein ausgezeichneter Regisseur, was bei Evita allerdings weit weniger zutrifft als bei anderen von ihm inszenierten Stücken: Hier stört mich vor allem, dass die Brutalität, mit der Peron seine politischen Gegener verfolgte, praktisch unsichtbar bleibt. Die Ankunft Evitas in Buenos Aires findet hier (wo real damit wohl jede Eindrücke verbunden sein dürften) vor leerer Kulisse statt und die Anfangsszene mit Beginn der Rückblende würde vermutlich -so inszeniert- niemand verstehen, der das Stück nicht vorher schon kannte. Ähnlich ergeht es mir mit dem Orchester: Es spielt unter der Leitung von Oliver Ostermann wirklich schön im Sinne von beinahe fehlerfrei, aber es musiziert nicht im eigentlichen Sinne: alles viel zu eintönig vom Tempo wie von der Stimmung: es gibt viel zu wenig notwendige Spannung vor allem in einem Stück, das eigentlich bewegen und mitreißen muss.

Evita in Baden ist also (leider nur) recht nett und -allein schon wegen Boris Pfeifer und Reinwald Kranner in ihren Glanzrollensicher- sicher sehenswert,. Es wäre aber viel mehr sowohl von der Inszenierung als auch von der musikalischen und solistischen Qualität rauszuholen aus diesem großartigen Werk von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice. Und falls Evita wiederum nach Baden kommt -was wünschenswert ist- würde mehr professionelle Ernsthaftigkeit sicherlich zu einer besseren Kritik führen. Aktuell aber man sollte insgesamt keine zu hohen Erwartungen mitbringen: die würden wohl nur enttäuscht.

Und hier können Sie in Aufnamen des Musicals “Evita” reinhören:

Sonntag, 11. März 2012, von Elmar Leimgruber

“Kaiserin” Maya (Elisabeth) Hakvoort On Tour

Seit 1994 ist Maya Hakvoort DIE Kaiserin “Elisabeth” im gleichnamigen Musical, obwohl man ihrem großartigen Talent nicht gerecht werden würde, würde man sie rein auf diese Rolle reduzieren: sie beherrscht Songs aus der Jazz- und Soulwelt gleichermaßen wie Musicals (darunter auch “Les Miserables”, “Jekyll & Hyde”; “Evita”…) und am Samstag erzählte sie im Multiversum Schwechat musikalisch über ihr Leben. Maya ist Lebensfreude und Energie pur: das konnte man in jedem ihrer Songs spüren: diese Frau braucht die Bühne, das Publikum und ihre Musik: Der Soloabend “This Is My Life” von Maya Hakvoort mit Orchester ist absolut TOP:

Das Orchester, besser die (10-köpfige) Bigband besteht nicht nur aus großartigen Musikern (darunter der holländische Bandleader, Arrangeur und Gitarrist Rens Newland, der Keyboarder, Komponist und Arrangeur Christian Frank und der Jazzpianist Aaron Wonesch), sondern auch die Arragements sind einfach genial und sensationell, mit einer Ausnahme: “Ich hab geträumt” aus “Les Miserables” ist ein zutiefst existentieller Song, da passt das jazzig-beschwingte Arrangement einfach nicht dazu. Und Maya auch mal persönlich am Klavier sitzend sich beim Singen (“Your Song” und “Music”) begleitend zu erleben, gefällt auch sehr.

Meine persönlichen Highlights des Abends waren die Songs “Dass du fliegen kannst”, “Margherita”, “Sie atmet schon”, das “Evita-Medley” (mit “Evita” wird Maya auch im August wieder in Baden zu Gast sein) , die Duette mit ihrem “Kaiser” Viktor Gernot (es ist schön, ihn endlich mal wieder Musical singen zu hören) aus “Elisabeth” und “Jekyll & Hyde”, “Kennst du mich”, begleitet an der Gitarre vom großartigen Rens Newland sowie natürlich das “Ich gehör nur mir”, begleitet vom Kinderchor Perchtoldsdorf.

Mit diesem einmaligen Solobabend “This is My Life” ist Maya Hakvoort am 23.3. in Stockerau, am 14.4. in Perchtoldsdorf, am 9 Juni in St. Gallen und am 29. Juni in Leobersdorf zu Gast. Nach “Evita” in Baden folgt dann ein “Elisabeth”-Gastspiel mit Mate Kameras (als Tod) in Japan und Ende des Jahres ist Maya mit “Rebecca” im Stadttheater St. Gallen live zu erleben. Maya war großartig und sie ist und bleibt großartig. Und man mus sie einfach live gesehen haben.

Das Multiversum Schwechat ist übrigens ein ideales Veranstaltungshaus, nicht nur durch die Wien-Nähe, sodnerna uch durch eine beeindruckend gute Akustik. Hier treten nach Maya in nächster Zeit unter anderem James Cottriall, das Orchester der Musikschule Schwechat, Wolfgang Fifi Pissecker, Manuel Horeth und Klaus Eckel auf.

Hier können Sie in Musik von Maya Hakvoort reinhören:

Und hier sind Eindrücke in Bildern (Fotos) vom Maya-Konzert in Schwechat am 10. März 2012):