Mit ‘Herbert Tumpel’ getaggte Artikel

Mittwoch, 23. Januar 2013, von Elmar Leimgruber

Arbeiterkammer (AK) gegen EU-Parlament: Grundversorgung muss in Öffentlicher Hand bleiben

Wasserversorgung und soziale Dienste müssen in Öffentlicher Hand bleiben. Auf diesem Standpunkt steht die österreichische Arbeiterkammer (AK) und kritisiert entsprechende Privatisierungspläne durch das EU-Parlament. „Der Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen darf nicht zugestimmt werden“, sagt AK Präsident Herbert Tumpel zur Abstimmung im Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments am 24. Jänner über eine Richtlinie, mit der europaweite Regeln für die Vergabeverfahren von Dienstleistungskonzessionen geschaffen werden. Das Problem: Öffentliche Dienstleistungen sind im Entwurf nicht ausgenommen. Für die AK ebnet die Richtlinie dadurch den Weg zur Privatisierung der Grundversorgung.

In einem Schreiben an die EU-Abgeordneten im Ausschuss Binnenmarkt und Verbraucherschutz appellieren AK und ÖGB (Österreichischer Gwerkschaftsbund), gegen die von der Kommission vorgeschlagene Richtlinie zu stimmen. Die bisher von mehreren Fraktionen ausverhandelten Kompromisstexte gehen für die AK nicht weit genug. Sollte die Richtlinie nicht abgelehnt werden, müssten zumindest Daseinsvorsorge und soziale Dienstleistungen gänzlich ausgenommen werden.

In der Vergangenheit hat sich der Verkauf des ‚Tafelsilbers‘ meist als schlechtes Geschäft für Städte, Gemeinden und Bürgerinnen und Bürger herausgestellt, so Tumpel. Er spricht sich deshalb deutlich für die Ablehnung der Richtlinie aus. „Trinkwasser, Gesundheit und soziale Dienstleistungen: Bereiche wie diese müssen leistbar und flächendeckend zugänglich sein. Privatisierungen führen aber regelmäßig zu Qualitätsverschlechterungen, steigenden Preisen sowie Verschlechterungen im Arbeitsrecht und niedrigeren Einkommen.“

Zahlreiche Änderungsanträge von EU-Abgeordneten zeigen, dass der Kommissionsvorschlag bereits auf Widerstand stößt. Für die AK gehen die von mehreren Parlamentsfraktionen verhandelten Kompromisse aber nicht weit genug. Sollte die Richtlinie beschlossen werden, muss aus Sicht der AK mindestens dafür gesorgt werden, dass Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gänzlich davon ausgenommen sind.

Das betrifft insbesondere die Bereiche Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallbeseitigung, Gesundheitswesen, soziale Dienstleistungen, soziale Sicherheit, Bildung, Bahn und öffentlichen Nahverkehr (Öffis), kommunale Dienstleistungen, Kultur und Kulturförderung sowie audiovisuelle Medien. Auch soziale Dienstleistungen wie Rettungs- und Krankentransportdienste und Dienstleistungen der Feuerwehren sollen zur Gänze vom Beschluss ausgeklammert werden, fordert die Arbeiterkammer.

Kritik übt die AK auch an der öffentlichen Auftragsvergabe. Hier sollen soziale, ökologische und qualitative Kriterien mehr Gewicht bekommen. Außerdem sollen nationale Arbeits-, Sozial- und Kollektivvertragsvorschriften eingehalten werden. Gefordert wird auch eine Beschränkung der Subunternehmerkette: Der Brief an die EU-Abgeordneten von AK und ÖGB steht hier als Download zur Verfügung.

Freitag, 10. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Lebensmittel: Wien ist teurer als Berlin

Auch wenn die Lebensmittelpreise in Wien von August bis November 2011 um 4 Prozent gesunken sind: Im Vergleich zu Berlin sind sie immer noch um 10 Prozent teurer. Dies belegt das aktuelle Preismonitoring der Arbeiterkammer Wien (AK) bei acht Wiener Supermärkten und Diskontern. Demnach wurde der Warenkorb in Berlin im selben Zeitraum um einen Euro teurer. Bei diesem Test handelt es jedoch ausdrücklich um keinen Qualitätsvergleich. Der Preisrückgang in den letzten drei Monaten in Wien ist laut AK vor allem auf fallende Preise bei Obst und Gemüse (bis zu 43 Prozent günstiger) und Convenience-Tiefkühlprodukten (bis zu 24 Prozent günstiger) zurückzuführen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der “Konsument” bei einem Gesamtvergleich Österreich-Deutschland im Dezember 2011.

Ein Warenkorb mit 40 Lebensmitteln kostete laut AK in Wien 79 (netto 71) Euro, in Berlin 72 (netto 67) Euro. Während Kaffee, Tafelessig und Cola in Österreich viel günstiger sind, kosten die meisten anderen Lebensmittel in Deutschland viel weniger. Besonders auffällig sind die Preisunterschiede bei unverarbeiteten Lebensmitteln wie Fleisch, Milch, Zucker oder Mehl. Hühnerkeulen kosten in Wien sogar mehr als doppelt so viel wie in Berlin. Dabei ist jeweils das günstigste Lebensmittel untersucht worden. Das ist mit Qualitätsunterschieden alleine nicht mehr zu erklären. “Es gibt also nach wie vor einen Österreich-Aufschlag”, vermutet AK Präsident Herbert Tumpel: “Der Wirtschaftsminister sollte überprüfen, wo solche Preisaufschläge zustande kommen: schon beim Bauern, bei den Zwischenlieferanten oder erst im Handel wegen der hohen Supermarktkonzentration in Österreich”, fordert Tumpel.

Wien ist auch teurer als Köln: Für Babynahrung, Pflege- und Reinigungsmitteln zahlen Konsumenten in Wiener Drogeriemärkten um ein Drittel mehr als in Köln. Dieselben Markenprodukte sind in Wien, auch wenn die unterschiedliche Mehrwertsteuer herausgerechnet wird – also netto – deutlich teurer. Dies belegte  ein AK Preismonitoring von insgesamt 301 Produkten bei den Drogeriemärkten Schlecker, Müller und DM in Wien und in Köln im Oktober 2011: “Babynahrung, Cremen, Geschirrspülmittel, Duschgels oder Weichspüler sind in heimischen Drogeriemärkten im Durchschnitt um 33,4 Prozent teurer als in Köln“, so die AK damals.

Und auch beim AK-Vergleich von identen Lebensmitteln zwischen Wien und München im Mai 2011 geht Deutschland als Preis-Sieger hervor: Idente Produkte (insgesamt 53 wurden vergleichen) kosten in Wien um durchschnittlich 16 Prozent mehr als in München. Das zeigt ein aktueller AK Preistest von 53 Lebensmitteln bei vier Supermärkten in Wien und München. “Unfassbar, dass die Konsumenten bei uns bei fast allen Produkten draufzahlen”, sagt AK Präsident Herbert Tumpel. “Auch bei Sprit und Energie dreht sich die Preisschraube weiter nach oben. Daher muss die Regierung Maßnahmen gegen die Teuerung einleiten”, so Tumpel.

Montag, 1. August 2011, von Elmar Leimgruber

AK: Strom und Gas sind zu teuer

Konsumenten zahlen zu viel Geld für Gas und Strom. Dies geht aus dem aktuellen Preismonitoring der Arbeiterkammer (AK) bei elf Gas- und 14 Stromanbietern (ohne Netzgebühren, Steuern und Abgaben) hervor. Demnach sind zwar die Großhandelspreise für Strom und Gas im Laufe des Jahres 2009 bis zu 17 Prozent gesunken und seither auf einem niedrigen Niveau prinzipiell stabil geblieben. “Die Anbieter haben Senkungen der Großhandelspreise der letzten drei Jahre nicht fair an die Konsumenten weitergegeben. Im Gegenteil sie erhöhten die Preise”, kritisiert AK Präsident Herbert Tumpel: “Es ist ungerecht, dass die Konsumenten nur draufzahlen.” Die AK beobachtet seit Juli 2008 laufend die Preisveränderungen für die Haushalte bei Strom und Gas und rät nun Konsumenten, die Preise mit dem Online-Strom- und Gaspreis-Rechner der AK zu prüfen.

Tabelle: AK

Im Zeitraum Juli 2008 bis Juli 2011 ist der Großhandelspreis laut AK für Gas um 15,5 Prozent gesunken. Demgegenüber stehen bei fast allen beobachteten Gaslieferanten zu hohe Konsumentenpreise – die Anbieter erhöhten zwischen zwei und fast 27 Prozent. Spitzenreiter ist dabei die Energie Steiermark, die seit 2008 ihre Gaspreise sogar um fast ein Drittel (32,5 Prozent) angehoben hat. Es folgen Salzburg AG mit 26,6%, EVN mit 25,7% und Wien Energie mit 23,4%. Nur die Vorarlberger VEG hat die Preise gesenkt, aber die nächste Preiserhöhung ist auch hier im Anmarsch.

Bei den Strompreisen zeigt sich ein ähnliches Bild: Der Großhandelspreis für Strom ist seit Juli 2008 um 17,5 Prozent gesunken. Mit Ausnahme der steirischen Stromlieferanten (Stewag-Steg, Energie Graz) haben alle Anbieter die Preise für Strom erhöht. Die Preiserhöhungen liegen seit 2008 zwischen sechs Prozent und knapp 22 Prozent. Spitzenreiter sind hier Verbund  (+21,7%), EVN (+21,6%), Energie AG Oberösterreich (+20,4%) und Wien Energie (+18,6%).

Tabelle: AK

Erst heuer haben viele Anbieter ihre Gaspreise nach oben geschraubt. Nachdem die Energieallianz (Begas, EVN, Wien Energie) im April massiv die Gaspreise erhöhte, folgten seither die Linz AG (plus 15,5 Prozent), die Energie Steiermark und Energie Graz (jeweils plus 13,1 Prozent), die Salzburg AG (plus 16,2 Prozent) sowie die Tiroler Tigas (plus 12,7 Prozent). Die Vorarlberger VEG hat für heute, 1. August, eine Preiserhöhung von 14,5 Prozent angekündigt. “Diese Preissteigerungen sind besonders ärgerlich, weil ja die Gas-Großhandelspreise jetzt einigermaßen stabil und im Langzeitvergleich ja sogar gesunken sind”, sagt Tumpel.

Den Strompreis hat zwar seit April nur ein Lieferant (Energie Klagenfurt um 8,7 Prozent) erhöht. “Auch hier zeigt sich, dass Preissenkungen auf der Großhandelsebene nicht an die Haushalte weitergegeben und längst überfällig sind”, so Tumpel. Damit die Konsumenten den günstigsten Energie-Anbieter finden, rät die AK zu Preisvergleichen mit dem Online-Strom- und Gaspreis-Rechner.

Dienstag, 10. Mai 2011, von Elmar Leimgruber

AK: Dividendenkürzungen statt Stellenabbau

Die gute Wirtschaftslage führt zu mehr Reichtum bei den wichtigsten Unternehmen Österreichs: Umsatzzahlen und Gewinne legen deutlich zu,
zeitgleich sprudeln Managergehälter und Dividenden, analysiert die Arbeiterkammer (AK). Die Gagen der ATX-Vorstände liegen demnach bereits jetzt auf Vorkrisenhöhe: Ein ATX-Vorstand verdiente laut AK im Jahr 2010 durchschnittlich 1,15 Millionen Euro, um ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Und auch die Aktionäre profitieren enorm von der günstigen Wirtschaftslage: Für das laufende Jahr werden die Eigentümer der ATX Unternehmen mit 2,1 Milliarden Euro Dividende belohnt, damit liegt das Volumen wieder am Vorkrisen-Niveau.  Gleichzeitig aber geht der Personalabbau weiter, kritisiert die AK.

Das Gagen-Ranking der Spitzenmanager
Quelle: arbeiterkammer.at

„Aus dem Aufschwung für Manager und Aktionäre muss ein Aufschwung für alle werden“, sagt AK Präsident Herbert Tumpel. „Es kann nicht sein, dass nur einige wenige von der Konjunkturerholung profitieren, während die Beschäftigten mit Sparmaßnahmen und Personalabbau unter Druck gesetzt werden.“ Ein Top-Vorstand erhält laut AK-Analyse aktuell das 41-fache eines durchschnittlich Beschäftigten an Gage, vor zehn Jahren war es noch das 20-fache. Vgl. dazu meinen Kommentar.

Während die Zahlungen von Boni an die Manager um fünf Prozent gestiegen sind, wurden die Grundgehälter in der Vorstandsetage um beinahe 20 % erhöht und darüber hinaus enorme Abfindungen bezahlt. Am meisten verdienen die Vorstandsmitglieder der OMV (durchschnittlich 2,2 Millionen Euro pro Kopf), gefolgt von Semperit (2,1 Millionen, vor allem durch hohe Abfertigungen und Abfindungen), Andritz (1,9 Millionen), Raiffeisen Bank International (1,5 Millionen) und Erste Group (1,4 Millionen). Auf Personen bezogen (siehe Grafik) verdienen laut AK-Analyse die ex-OMV-Vorstände Langanger, Ruttensdorfer und Roiss sowie Erste Bank-Chef Treichl und Strabag-Boss Haselsteiner mit weit über 2 Mio. Euro jährlich am meisten.

Und auch die Aktionäre profitieren enorm von den steigenden Gewinnen. Die Eigentümer der Top Börseunternehmen werden im Jahr 2011 bereits wieder mit 2,1 Milliarden Euro für ihr „Engagement“ entlohnt: Rund 20 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme fließen damit an die Aktionäre. Das Ausschüttungsvolumen erreicht bereits im heurigen Jahr das Vorkrisenniveau: Den Dividendenreigen führen die Telekom Austria (332 Millionen Euro), die OMV (299 Millionen) sowie die Erste Group an (265 Millionen).

Umgekehrt geht in den ATX-Konzernen der Personalabbau weiter: 2009 verloren 20.000 Beschäftigte ihren Job, 2010 bauten die Firmen 4.000 Beschäftigte ab. „Personalabbau auf der einen Seite, Top-Gagen und Spitzendividenden auf der anderen Seite: So darf das nicht weitergehen, betont die Arbeiterkammer. Alleine bei einer Reduktion des Ausschüttungsvolumens um ein Viertel könnten rd. 13.000 Arbeitsplätze finanziert werden. Die AK stellt daher folgende Forderungen:

1. Aus Sicht der AK sollten gerade die Leitunternehmen ihre Gewinnsteigerungen investieren, Arbeitsplätze sichern und ausbauen, statt einzig mit hohen Dividendenzahlungen um die Gunst der Aktionäre zu buhlen. Die rasche wirtschaftliche Erholung wäre nicht ohne die Einsatzbereitschaft der MitarbeiterInnen denkbar: Weniger Beschäftigte erzielen mehr Gewinn, auch im Vergleich zu 2008. Nun muss die Kooperationsbereitschaft mit steigenden Löhnen und Gehältern honoriert werden.

2. Längst überfällig ist eine staatliche Bremse für die Managergagen: Unternehmen sollen nicht mehr als 500.000 Euro Vorstandsgage pro Kopf
von der Steuer absetzen können.

3. Überdies fordert die AK gesetzlich verbindliche Regeln für Vorstandsgehälter: Boni sollen nicht an die Steigerung des Aktienkurses geknüpft werden, sondern sich an nachhaltige Kriterien wie etwa Qualifizierungsmaßnahmen oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze orientieren.

4. Außerdem müssen die Managergehälter in einem angemessenen Verhältnis zu den Löhnen und Gehältern der Beschäftigten stehen.

5. Und um endlich die Transparenz der Vergütungs-Berichterstattung zu erhöhen, muss es ein Gesetz geben, das die individuelle Veröffentlichung der Managergehälter verbindlich regelt.

Freitag, 26. März 2010, von Elmar Leimgruber

Arbeiterkammer will Finanzmärkte bändigen (Info+Kommentar)

AK-Präsident Herbert Tumpel mit Arbeitern
Foto: AK/Peter Rigaud

Europa braucht einen Kurswechsel in der europäischen Wirtschaftspolitik: Damit die Konjunktur weiter gestärkt wird, muss die EU die Finanzmärkte bändigen,  eine Finanztransaktionssteuer einführen, die Krisenkosten fair verteilen und neue Beschäftigungsprogramme entwickeln. Dafür plädiert der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Herbert Tumpel anlässlich des gerade stattfindenden EU Gipfels. Bei diesem wird der Europäische Rat die neue EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung beschließen.

Europa riskiert laut Tumpel eine gefährliche soziale Krise, wenn nicht rasch weitere Maßnahmen folgen, um ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum anzuschieben. “Ich erwarte mir vom Europäischen Rat ein klares Signal, dass die Belebung der Konjunktur und die Senkung der Arbeitslosigkeit absolute Priorität haben. Nur dann kann es auch gelingen, die Budgetdefizite mittelfristig in die den Griff zu kriegen”, ist der AK-Chef überzeugt.

In der EU sind laut AK derzeit fast 23 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit, besonders dramatisch ist die Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen. Fast jeder fünfte der unter 25-Jährigen ist arbeitslos. Diese dramatische Entwicklung am Arbeitsmarkt ist eine Folge des Kollaps der Nachfrage und hat nichts mit starren Löhnen oder zu großzügigen Sozialleistungen zu tun. “Seit Jahren hat Europa die Förderung der Binnennachfrage vernachlässigt und zu sehr auf den Export gesetzt. Das muss jetzt anders werden,” fordert Tumpel:

+ Die Finanzmärkte müssen endlich gebändigt werden. Dort wird schon wieder genauso hemmungslos spekuliert wie vor der Krise, und die Neuregulierung des globalen Finanzsystems verläuft mehr als schleppend.

+ Es muss endlich der Steuerbetrug wirkungsvoll bekämpft werden. Allein in der EU haben wir laut EU- Kommission Ausfälle durch Steuerbetrug von geschätzen 200 bis 250 Milliarden Euro jährlich. Das entspricht immerhin 1,6 Prozent des BIP der EU-27.

+ Die Kosten müssen jene zahlen, die die Krise verursacht haben. Die EU könnte schon morgen eine Finanztransaktionssteuer beschließen. Gemeinsam mit der Bankensteuer würde das neue Einnahmen für öffentliche Investitionen im Sinne der Ziele der EU 2020-Strategie bringen.

+ Wir brauchen Beschäftigungsprogramme. Wenn der Markt nicht Beschäftigung schafft, dann muss die Politik eingreifen. Es gibt Beschäftigungspotentiale in vielen Bereichen, zum Beispiel Bildung, Gesundheit, Soziales.

+ Wir müssen die eigenen Wachstumskräfte stärken: Die USA fallen als Weltkonsument aus, China kann diese Rolle bei weitem nicht einnehmen. Wachstum schafft Europa derzeit nur mit öffentlicher Nachfrage. Daher dürfen die Konjunkturprogramme erst zurückgefahren werden, wenn der Aufschwung selbsttragend ist. Das ist dann der Fall, wenn genügend Menschen in Jobs sind und gut verdienen.

Vorausgeschickt: Ich fürchte, wir stehen leider derzeit nicht am Ende einer schweren Wrtschaftskrise, sondern wir stehen vor einer ganz immensen (noch nie dagewesenen) Wirtschaftskrise (Griechenland ist erst der Anfang: Portugal, Spanien und Italien werden folgen…), die uns in spätestens zwei Jahren erreichen wird, wenn nicht weltweit die nötigen vorbeugenden Schritte unternommen werden.

Tumpel hat in einigen Bereichen also vollkommen recht: die Spekulationen in grossem Rahmen vor allem im Bereich Unlautere “Wetten”: Profit und Abzocken, indem Unternehmen oder gar ganze Staaten ind en Bankrott geritten werden, müssen ausnahmslos verboten und strengstens geahndet werden! Und jene, die bisher durch solche unlauteren Machtspielchen zu Lasten anderer in grossem Rahmen spekuliert haben und grosse Gewinne eingefahren haben, sollten nachträglich auch noch zur Kasse gebeten werden.

Zudem: Auch der Steuerbetrug im grossen Rahmen muss nachhaltig und international bekämpft werden. In diesem Zusammenhang erneuere ich meine Forderung, dass die Schweiz von sich aus Steuersünder bekanntgeben muss.

Auch die von der österreichischen Regierung geplante Bankensteuer ist sinnvoll. Mehr noch: Genauso wie Versicherungen durch das Finanzministerium überwacht und geprüft werden und grosse Teile ihrer Gewinne an die Versicherten weitergeben müssen, muss dies auch bei Banken so kommen; und zwar selbstverstöndlich ohne zusätzliche Kosten für Konsumenten. Eine Finanztransaktionssteuer macht meines Erachtens aber nur ab einer gewissen noch zu definierenden Höhe Sinn.

Und ich bin auch mit Tumpel -entgegen dem Standpunkt der Wirtschaftskammer- einer Meinung, dass sogenannte “flexiblere Löhne” das Arbeitslosenproblem nicht lösen können: Die Menschen müssen vom Lohn leben können und das Soll-Ziel müssen daher Angestelltenverhältnisse sein. Sonst muss wiederum die öffentliche Hand mit Sozialleistungen eingreifen, was wiederum zu schweren Belastungen für alle führt. Sozialleistungen in ihrer Grundversorgung müssen übrigens nach meiner Überzeugung für alle Menschen auch dauerhaft erhalten bleiben müssen.

Was aber die von Tumpel geforderten Konjunktur- oder Beschäftigungsprogramme betrifft: klingt ja alles nett, bringt aber nix, wenn man nicht auch konkret sagt, was der Staat tun soll, um mehr Beschäftigung und eine Steierung der Konjunktur zu erreichen und natürlich auch, wie dies finanziert werden soll. Eine neue “Schuldenpolitik” ist jedenfalls -ausser im äusserten Notfall- strikt abzulehnen: schon aus Verantwortung den künftigen Generationen gegenüber.

Sonntag, 17. Januar 2010, von Elmar Leimgruber

Jobs schützen nicht vor Armut: AK fordert Mindestsicherung

230.000 Menschen in Österreich sind von Armut betroffen, obwohl sie einen Arbeitsplatz haben. Dies erklärte AK-Präsident Herbert Tumpel bei der AK-Veranstaltung “Working Poor – Wege aus der Armut sind Wege aus der Krise”. Immer mehr Menschen müssen in prekären Verhältnissen arbeiten, die ihnen kein existenzsicherndes Einkommen ermöglichen. Es sei dringend an der Zeit, jene zu unterstützen, die von ihrer Arbeit nicht leben können: “Wir müssen jene, die an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurden, wieder vom Rand, von der Armut und der Armuts-Gefährdung wegholen. Das beste Mittel dagegen sind qualitativ hochwertige, gut bezahlte Arbeitsplätze”, sagte Tumpel, der eine fairere Verteilung des Wohlstands und bessere Bedingungen für Menschen im Niedriglohnbereich fordert.

Der AK Präsident fordert auch erneut die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung: Die Detailverhandlungen zwischen Bund und Ländern müssen rasch geführt und abgeschlossen werden: “Wir brauchen die Existenzsicherung durch die Mindestsicherung. Nur damit ist es möglich, die akute Notlage vieler tausenden Menschen wirksam zu bekämpfen.

Die sogenannte “Wirtschaft” fordert hingegen seit Jahren, einerseits die Sozialabgaben zu senken und andererseits Jobs zu ermöglichen, bei denen die Arbeitgeber so viel wie möglich profitieren, aber so wenig wie möglich zahlen müssen.

Es wird Zeit, die sich beide Seiten zusammensetzen und sich gegenseitig ausgiebig informieren und eine gemeinsame Vorgehensweise beschliessen.

Aber eines muss klar sein: Ein finanzieller Mindeststandard für alle muss immer wichtiger sein als Unternehmensprofit, vor allem im heurigen Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung.