Mit ‘Chancengerechtigkeit’ getaggte Artikel

Dienstag, 8. November 2011, von Elmar Leimgruber

UNO-Bericht fordert globale Finanzmarktsteuer

Die Einführung innovativer Finanzierungsquellen wie eine Devisentransaktionssteuer und eine „grüne“ Wirtschaftspolitik, die nicht nur auf Nachhaltigkeit setzt, sondern auch soziale Gerechtigkeit fördert, sind dringend notwendig. Auch dies geht aus der aktuellen Ausgabe des weltweit renommierten UN- Berichts über die menschliche Entwicklung (HDI) hervor, der -wie berichtet- vom UN-Entwicklungs­programm (UNDP) und der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) letzthin vorgestellt wurde. Die Autorinnen und Autoren des Berichts unterstützen demnach zur Finanzierung des Klimaschutzes und zur Verringerung von Ungleichheit und extremer Armut die Forderung nach einer internationalen Devisentransaktionssteuer bzw. einer allgemeineren Finanztransaktionssteuer.

Die Zeit sei gekommen, in der eine solche Steuer sich auch problemlos umsetzen ließe, heißt es in dem Bericht. Eine Abgabe von lediglich 0,005 Prozent auf Devisengeschäfte könnte pro Jahr 40 Milliarden Dollar oder mehr einbringen, schätzt der Bericht. Eine solche Steuer würde es ermöglichen, dass diejenigen, die am meisten von der Globalisierung profitieren, denen helfen, die am wenigsten davon haben. Allein zur Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, vor allem in Südasien und in Afrika südlich der Sahara, werden jährlich rund 105 Milliarden Dollar benötigt.

Viele stark benachteiligte Menschen tragen eine „doppelte Last der Armut“. Sie sind durch die allgemeineren Auswirkungen der Umweltschäden stärker gefährdet, weil ihre Belastungen größer sind und sie über geringere Möglichkeiten zur Problembewältigung verfügen. Sie müssen aber auch mit Bedrohungen in ihrer unmittelbaren Umgebung wie Raumluftverschmutzung, unsauberem Wasser und schlechten Sanitäreinrichtungen fertig werden, stellt der Bericht fest. So muss es – auch mit Blick auf den bevorstehenden Weltumweltgipfel 2012 in Rio – darum gehen, die gravierenden Umweltrisiken und die wachsenden sozialen Ungleichheiten zu verringern. Die unauflösliche Verbindung von ökologischer Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit ist daher von entscheidender Bedeutung, damit die menschlichen Freiheiten für die heute lebenden Menschen, aber auch für die künftigen Generationen sich erweitern.

Der negative Zusammenhang zwischen Ungleichheit und fehlender Nachhaltigkeit macht jedoch auch Spielräume für positive Synergien deutlich, erklärt der Bericht. Wachstum, das durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe vorangetrieben wird, ist keine unabdingbare Voraussetzung für ein besseres Leben im Sinn einer breiteren menschlichen Entwicklung. Investitionen, die zu mehr Verteilungs- und Chancengerechtigkeit führen – zum Beispiel Investitionen in den Zugang zu erneuerbarer Energie, Wasser- und Sanitärversorgung und reproduktiver Gesundheit –, könnten sowohl die Nachhaltigkeit als auch die menschliche Entwicklung fördern. Die Rechenschaftspflicht und die demokratischen Prozesse zu stärken, unter anderem durch die Unterstützung einer aktiven Zivilgesellschaft und engagierter Medien, kann ebenfalls zu besseren Ergebnissen führen.

Freitag, 5. November 2010, von Elmar Leimgruber

Studium als Chance für Nichtakademikerkinder

Foto: © Leimgruber

Die Chance auf sozialen Aufstieg ist in Deutschland im europäischen Vergleich sehr niedrig. Dies belegt auch die aktuelle Studie “Kaum Bewegung, viel Ungleichheit” der Heinrich-Böll-Stiftung, die am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) erstellt wurde. Dass sozialer Aufstieg aber dennoch sehr wohl möglich ist, beweist das Förderprogramm Studienkompass seit 2007. Das Konzept, junge Menschen, deren Eltern keine Akademiker sind, für ein Studium zu motivieren und ihnen eine professionelle Studien- und Berufsorientierung zu bieten, geht auf.

Besonders Jugendliche, deren Eltern nicht studiert haben, finden auffallend selten den Weg an die Hochschule. Ziel des gemeinnützigen Förderprogramms Studienkompass ist es deshalb, Hemmschwellen bei der Aufnahme eines Studiums abzubauen. Im Rahmen des Programms nehmen über 1.000 junge Menschen an 20 Standorten an verschiedenen Workshops zur Berufs- und Studienorientierung teil. Sie erarbeiten sich einen Überblick zu Studienrichtungen und Berufsfeldern, besuchen Unternehmen und Hochschulen und tauschen sich mit Studierenden über deren Erfahrungen aus.

Und die Herangehensweise des Studienkompass lohnt sich auch: Über 90 Prozent der Teilnehmer haben zwei Jahre nach Förderungsbeginn bereits ein Studium aufgenommen oder planen diesen Schritt in naher Zukunft. Dies belegt die unabhängige wissenschaftliche Begleitung des Programms, die vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

Die Teilnehmer werden am Übergang von der Schule an die Hochschule drei Jahre lang intensiv begleitet und dabei unterstützt, ein jeweils passendes Studium zu wählen. Das Förderprogramm – eine Initiative der Accenture-Stiftung, der Deutsche Bank Stiftung und der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) – ist mit über 1.000 Teilnehmern deutschlandweit eines der größten Bildungsprogramme und damit Vorreiter und Modell für mehr Chancengerechtigkeit in Deutschland.