Über die Zukunft der Bundesheere

Österreichs Heer bei der NATO?
Abbildung: Werbeplakat des Bundesheeres

Die aktuelle Causa Norbert Darabos – Edmund Entacher habe ich bereits kommentiert. Jetzt aber bleibt die Frage: Soll der Grundwehrdienst in Österreich abgeschafft werden? Nun: die Antwort drauf hängt davon ab, was man -längerfristig betrachtet- in der EU und/oder in Österreich will:

Es ergibt Sinn, dass in den meisten Ländern der EU der Grundwehrdienst zugunsten eines Berufsheeres abgeschafft wurde. Denn eine europäische Verteidigungsstruktur, zusammengesetzt aus Heeren der Mitgliedsländer ist schon längst vorgesehen. Mögliche künftige Kriegs- besser Verteidigungseinsätze mit Grundwehrdienern würden aber fast überall, vor allem im “neutralen” Österreich zu unverantwortbaren massiven Protesten führen, wären demnach, weil zu viele Menschen direkt oder indirekt davon betroffen wären, kaum, jedenfalls sicher nicht schnell durchführbar.

Leistungsschau des Bundesheeres am Nationalfeiertag

Ein Berufs- und Freiwilligenheer hingegen betrifft direkt nur die Betroffenen selbst, die sich ja freiwillig und hoffentlich auch mit Blick auf die möglichen Konsequenzen für das Heer entscheiden: Massenwiderstände gegen Einsätze wären hier kaum zu erwarten. Und natürlich ist es (auch finanziell) sinnvoller, das Verteidigungs-Budget so zu vergeben, dass an der Verteidigung des Landes Interessierte nicht nur ein paar Monate Grundwehrdienst leisten, sondern nach der Ausbildung auch weiterhin für das Bundesheer tätig bleiben, so dass es längerfristig betrachtet im Bedarfsfall auch einsetzbar ist.

Ob alle jenen nun in Österreich -die auch ausgelöst und gefördert durch die massive Kampagne der Kronenzeitung- froh für die Abschaffung des Grundwehrdienstes eintreten, auch die Konsequenzen ihres Wunsches klar sind, wage ich sehr zu bezweifeln. Wer gesamteuropäisch denkt und daher für die sichere Einbindung des österreichischen Bundesheeres in ein europäisches Heer ist, kann auch beruhigt für die Abschaffung des Grundwehrdienstes stimmen. Wer nicht dafür ist, möge aber nicht jetzt für die Abschaffung des Grundwehrdienstes eintreten und sich dann über über das Unvermeidbare (denkbar wären ja auch -für mich höchstbedenkliche- Inlandseinsätze, beispielsweise bei Volksaufständen) wundern.

Letztlich aber werden vor der entsprechenden Volksabstimmung über die Zukunft des Bundesheeres mit Sicherheit nicht nur die SPÖ, sondern auch die (derzeit aus rein taktischen Gründen zurückhaltende) ÖVP und die meisten anderen Parteien, unterstützt dann nicht nur von der Kronen-Zeitung, sondern auch von allen anderen entscheidenden Medien des Landes dafür sorgen, dass eine satte Mehrheit der Bevölkerung für die Abschaffung des Grundwehrdienstes sein wird. Und auch alles Weitere wird so kommen, wie es europaweit koordiniert vorgesehen ist, also kommen “muss”. Diese Überlegungen müssten also entscheidend sein, ob man in Österreich den Grundwehrdienst abschaffen will oder nicht.

Der Zivildienst hat hingegen nur indirekt mit dem Bundesheer zu tun. Ein “freiwilliger” Sozialdienst ist bei einer ordnungsgemässen Bezahlung von 1300 Euro monatlich (wie von Sozialminister Hundstorfer angeregt) nicht  eigentlich freiwillig, sondern eine Anstellung, und auch diese auszuschüttenden Gehälter müssten erst einmal aufgebracht werden. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl hingegen hat Recht: Wenn es bislang möglich war, alle Männer zum Grundwehrdienst oder wahlweise zum Zivildienst zu verpflichten, und dies nicht den Menschenrechten widersprach, dann ist mit Sicherheit auch ein verpflichtender Zivildienst für alle (Männer und Frauen) nicht nur denkbar, sondern sogar sehr sinnvoll: schon aus Solidarität den Sozialorganisationen gegenüber, die bei Abschaffung des Grundwehrdienstes durch den Wegfall der vielen Zivildiener künftig schwer überleben würden.

Und wenn Naturkatastrophen über Österreich hereinbrechen sollten, werden wir nach dem Wegfall des (dank Grundwehrdienern grossen Heeres) neben den Freiwilligen-Organisationen dann eben vermutlich auf ausländische Hilfe angewiesen sein.

Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

3 Antworten zu “Über die Zukunft der Bundesheere”

  1. [...] hatte ich ja gehofft, die Thematik und Problematik Wehrdienst und den nach außen hin dafür verantwortlichen österreichischen Verteidigungsminister Norbert [...]

  2. Gaby sagt:

    Natürlich müsste bei einer Abschaffung auch bedacht werden, ob dies nicht mit einem verpflichtenden NATO-Beitritt einhergeht… dann wäre unsere Neutralität weg… Wollen wir darauf wirklich verzichten? … unsere Leute in den Krieg schicken?…

    Es ist auch ein Ding der Unmöglichkeit, bei Katastrophen genügend Menschen sehr schnell an Ort und Stelle zu haben, gäbe es nur ein Berufsheer… Wie wichtig das allerdings ist, habe ich persönlich im Jahr 2006 miterlebt, wo Ortschaften entlang der March nach einem Dammbruch geflutet wurden.

    Natürlich spielt in unserer Region das Bundesheer eine große Rolle und sorgt in den Dörfern und Städten Tag und Nacht für ein Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, was die Polizei alleine nicht schaffen würde – siehe Personalstand und weitere Schließungen der Polizeiposten in NÖ.

    Auch wäre wahrscheinlich die Hilfsorganisationen, wie das z.B. das Rote Kreuz sehr in Bedrängnis, bleiben doch viele von den Zivildienern auch nach Ableistung ihres Dienstes freiwillig als Helfer… der Wegfall wäre katastrophal für unsere Bevölkerung.

    Beim Bundesheer sollte generell ein Umdenken stattfinden… Wozu brauchen wir Abwehrflieger, die gar nicht vom Boden abheben können? Bessere wäre es, unser aller Steuergeld, in den Ausbau des Katastrohenschutzes und Sozialdienstes zu investieren…

    Bringt ein Berufsheer wirklich finanzielle Einsparungen? Es könnten noch viel mehr Kasernen geschlossen werden… ja, aber betrachtet man die Wirtschaft um den Kasernen herum, wäre das ein Disaster für viele Menschen… die Schlange beim AMS würde sich massiv vergrößern…

    Ein Berufsheer mit 10.000 oder 20.000 Mann/Frau kostet sicherlich so einiges… im Vergleich zu jetzt kann ich mir nicht wirklich vorstellen, dass es kostengünstiger wird… und wie gesagt, reicht diese Köpfeanzahl aus, um unsere Neutralität zu bewahren?…

    Natürlich gibt es noch vieles zu überlegen und abzuwägen… eine voreilige Entscheidung, weil in Massenmedien schnell und einseitig verbreitet, sollte vermieden werden… vorher müssen die Rahmenbedingungen bekannt und festgelegt sein, sonst ist jede Entscheidung – egal für oder gegen die Abschaffung – sinnlos, weil die Folgen nicht erkannt werden!

  3. [...] P.S.: Mein Kommentar direkt zum Thema: “Grundwehrdienst: Ja oder nein” ist hier abrufbar… [...]

Hinterlasse eine Antwort