EU sei bereit: “America First” wird fortbestehen (Analyse)

Foto: Gage Skidmore

Seit heute Nacht ist die freie Welt irgendwie eine andere: Donald Trump wurde von seiner Bevölkerung abgewählt. Der neue US-Präsident heisst Jo Biden. Und die gesamte Welt setzt grosse Hoffnung auf ihn. Wird er diesen hohen Erwartungen entsprechen (können)? Wohl eher nicht:

Egal wie man zu Donald Trump als US-Präsident stand: Diplomatie war nicht seine Stärke und so wussten sowohl die Amerikaner als auch die restliche Welt -vor allem über Twitter- wofür er stand und was er wollte: Das war zwar -entsprechend seinem problematischen „ich zuerst“-Charakter- teils sehr wechselhaft und gar „zickig“. Aber zum einen muss man ihm zugestehen, dass die US-Wirtschaft unter seiner Präsidentschaft durchaus Höhenflüge erlebte und zum anderen auch aussenpolitisch durch seinen harten Kurs erstaunlich viel funktionierte.

Joe Biden wird wohl nachträglich unter anderem auch hier mit seinem Vorgänger verglichen werden und zwar nicht nur von den Wählern seines abgeschlagenen politischen Gegners. Biden wird daher beispielsweise wohl den harten Wirtschafts-Konkurrenzkampf gegen China nicht nur fortsetzen, sondern vermutlich verstärken. Ja: Biden wird weit sympathischer auftreten und stilvoller sprechen, aber inhaltlich wird sich wohl eher wenig ändern, vermute ich.

Doch Einiges vielleicht doch und zwar im Gesundheitsbereich: Der Kampf gegen Corona, den Donald Trump energisch verweigerte, muss endlich (hat Biden auch schon angekündigt) beginnen: 238.000 Tote sind genug. Und auch dies ist notwendig: Die Krankenversicherung für alle (Obamacare) wird wohl wieder flächendeckend eingesetzt.

Biden hat zugesagt, die gespaltenen Vereinigten Staaten einen zu wollen und Präsident aller Menschen zu sein. Auch dies wird ihm vermutlich -bedingt auch durch den aggressiven Verlierer provoziert- um Einiges schwerer fallen, als man ihm wünschen würde. Dann müsste er möglichst alles an Massnahmen vermeiden, weswegen die konservative Wählerschaft ihm die Stimme verweigert hat: Daran zweifle ich sehr.

Ok, der Oberste Gerichtshof der USA ist jetzt mehrheitlich konservativ besetzt und dieser würde vermutlich im Zweifelsfall auch so agieren. Insofern herrscht nun mit Biden als Linksliberalen ein gewisses Gleichgewicht der politischen Kräfte in den USA, das durchaus wünschenswert ist.

Dass Kamala Harris nicht nur die erste Frau als Vizepräsident der USA ist, sondern auch Migrationshintergrund hat, kann förderlich sein, um ethnische Spannungen im zerstrittenen Land zu entschärfen zu versöhnen: dies wäre wünschenswert.

Und auch wenn der Spruch „America First“ nicht seiner ist: er ist inzwischen sosehr im US-Volk und in der Wirtschaft verwurzelt, dass Biden diesen zwar nicht aussprechen, aber dennoch fortsetzen wird. Dies wird wohl auch die Zusammenarbeit mit Europa im Rahmen der NATO betreffen:

Biden wird zwar vermutlich nicht mehr unzivilisiert gegen die EU „trumpeln“, sie aber dennoch weiter klar vor die Alternative stellen: Entweder man bezahlt die USA oder diese kümmert sich eben auch militärisch nur mehr um ihre eigenen Interessen, nicht mehr um jene Europas. Darauf sollte man in Europa vorbereitet sein und entsprechend überlegen, was man künftig (nicht mehr) will. Dann wird man hierfür aber auch die Verantwortung für die Konsequenzen übernehmen müssen.

Wer sich jetzt also einen „harmlosen Opa“ als US-Präsident freut, könnte schon bald hart erwachen: Es gilt daher jetzt, von vorne herein dem neuen US-Präsidenten gegenüber wohlwollend zu sein, sich jedoch gleichzeitig darauf einzustellen, dass ein sinnvoller und langfristig erfolgreicher Weg für Europa und die EU nur ein gemeinsamer mit den USA und ihrem jeweiligen Präsidenten sein kann und nicht gegen sie:

Na dann: EU und USA: Auf eine gute Zusammenarbeit!

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