Archiv für Juni 2006

Donnerstag, 22. Juni 2006, von Elmar Leimgruber

ORF bietet Panem et Circenses für jeden

Was will der TV-Zuschauer mehr? Der öffentlich rechtliche Rundfunk und Fernsehbetreiber ORF mit seinem Kulturauftrag, für den Mann und Frau Österreicher ja allzweimonatlich ein stattliches Entgelt hinblättern müssen, bietet genau das, was schon die alten Römer boten und womit es sich offenbar bestens regieren lässt (*mal luftholenmuss*):
Panem et Circenes oder zu deutsch: Brot und Spiele, wobei er zwar eher Brot im Sinne von Steuern kassiert, aber andererseits wirklich auf seinem eigentlichen Bildungskanal eine Liebeschnulze nach der anderen abspielt und somit Brot verteilt; da kann man endlich mal wieder richtig traurig sein, entweder vor Rührung, oder was auch vorkommen soll -wenn auch angeblich nur selten- vor Entsetzen über das ständig noch weiter sinkende Niveau der Bildung. (*wiederluftholenmuss*)
Wenigstens gibts da noch ORF 1 als Alternative: Aber nein, doch nicht, oder aber ja, doch: Hier gibts Spiele, Tage über Tage, über Tage, über Tage, bis der Fußballweltmeister gefunden ist. Passt also: auf ORF 2 Brot, auf ORF 1 Spiele.
Was will der Zuschauer mehr? Auch die alten Römer wollten ja nicht mehr, und die waren immerhin mal DIE Weltmacht und alles hat nach ihrer Pfeife getanzt. Aber die alten Römer, die gibts nimmer mehr, einfach ausgestorben sind sie…

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Donnerstag, 22. Juni 2006, von Elmar Leimgruber

Da ist doch was im Bush…

Besser gesagt, es war war im Bush:
Da hat doch der amerikanische Präsident George W. Bush in Wien tatsächlich in zutiefst reumütiger und betroffener Miene angekündigt, dass er das “rechtsfreie” Gefangenenlager auf Guantanamo schließen wird.
Denkt er tatsächlich um in seinen alten Regierungstagen oder war es nur ein kluger Schachzug, um die Europäer davon zu überzeugen, dass er keinesfalls ein Kriegstreiber ist.
Wie auch immer: das werden wir spätestens in Bushs weiterem Umgang mit dem Iran merken…

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Mittwoch, 21. Juni 2006, von Elmar Leimgruber

meinsenf.net mit humorvollen Kritiken und Audiobeiträgen (Podcast)

Endlich geht ein langersehnter Wunsch von mir in Erfüllung: Meine neue Homepage http://www.meinsenf.net ist online.
Hier erwarten Sie Kritiken, Kommentare, Meinungen zu allen Themen, die mich wenigstens entfernt interessen, und dies humorvoll aufbereitet.
Und damit dies doppelt Spaß macht, sind viele Beiträge nicht nur als Texte, sondern auch als Audiofile (Podcast) – abspielbar durch jeden MP3-Player -verfügbar.
Viel Vergnügen damit.
Elmar Leimgruber

Freitag, 16. Juni 2006, von Elmar Leimgruber

Paul McCreesh, der junge Hogwood

Im fernen Jahr 1973 gründete der Musikwissenschaftler und -Pädagoge Christopher Hogwood die Academy of Ancient Music, eine Formation von hochtalentierten jungen Musikern, die sich nicht nur rhythmisch und geschwindigkeitsmäßig auf die authentische Interpretation alter Musik spezialisieren sollten, sondern auch durch die Verwendung historischer Instrumente aus jeder Zeit, in der die Werke komponiert wurden.
Seither versuchten sich viele Künstler in demselben Genre (u.a. Roger Norrington, Nikolaus Harnoncourt, John Eliot Gardiner, William Christie, Trevor Pinnock, Paul Goodwin), Hogwood, das Original, blieb hingegen unerreicht.
In der Zwischenzeit wuchs eine neue Generation von Musikern heran: einer von diesen, Andrew Manze, ist heute der Nachfolger von Trevor Pinnock als Chef des English Concert. Vorher war er im Orchester Hogwoods als Solist an der Violine und als Dirigent tätig und wurde innerhalb kürzester Zeit Co-Chef der Academy. Auch die Bekanntheit von Cecilia Bartoli ist übrigens maßgeblich Christopher Hogwood zu verdanken, der sie schon in seinen frühen Einspielungen musikalisch verewigte.
Neben Andrew Manze ist DER musikalische Newcomer einer neuen Generation Paul McCreesh. Genauso wie Hogwood seinerzeit geht McCreesh heute einen ganz neuen Interpretationsweg im Bereich der sogenannten Alten Musik. Er interpretiert noch frischer, noch lebendiger, noch aufmüpfiger als Hogwood und es ist ein musikalischer und künstlerischer Hochgenuß, beispielsweise seine Einspielung von Händels “Messias” zu hören.
McCreesh hat mit seinem Ensemble Gabrieli Consort in diesem Jahr sein Spektrum erweitert und in London ein von der großen Öffentlichkeit beinahe unbemerktes Mozart-Konzert* gegeben, dem ich am 14. Juni beiwohnen durfte.
McCreesh ist ein großartiger und feinfühlender Musiker und Orchesterleiter und er interpretiert lebendig und begeistert, so dass der Kulturliebhaber sich nur ebenfalls begeistert freuen kann. Paul McCreesh ist heute DER musikalische und künstlerische Innovator, der seit 1973 Christopher Hogwood war.
Und was ist mit Hogwood heute? Ist er ausgelaugt, müde?
Nein, keinesfalls, er ist das, was ein großer Musiker und Wissenschaftler immer ist, weiter innovativ und auf neuen, vollständig anderen Ufern unterwegs: Er, der bisher nur bekannte Experte für Alte Musik, veröffentlicht seit einigen Jahren u.a. zusammen mit dem Kammerorchester Basel zahlreiche CDs mit Uraufführungen von Musik aus dem 20. Jahrhundert. Zudem führte er mit seiner Academy Of Ancient Music (deren Leitung übergibt er ab Herbst einem der neuen Generation: an Richard Egarr) romantische Werke beispielsweise von Mendelssohn-Bartholdi auf und auch in dessen Interpretation ist Hogwood wieder mal seiner Zeit weit voraus. Kein Wunder, dass Hogwood neben kleinen Meisterensembles mittlerweile einige der besten großen Orchester weltweit wie beispielweise das Tonhalle Orchester Zürich, das RAI-Orchester Mailand oder das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigiert.
Qualität und Innovationsdenken überstehen eben alle Zeiten.
*Von Hogwood gibts übrigens auch eine neue CD, und zwar mit -wie sollte es im Mozartjahr auch anders sein- unbekannten Werken Mozarts: “The secret Mozart”.

Donnerstag, 15. Juni 2006, von Elmar Leimgruber

Maureen Nolan bewegt zutiefst im Musical “Blood Brothers”

Eigentlich ist das Musical “Blood Brothers” von Willy Russelnicht mehr das Jüngste und auch sicherlich nicht das Bekannteste. Aber dennoch gehört diese Londoner Show zum Bewegendsten, das ich jemals live gesehn habe.
Die Musik ist exzellent komponiert, der Zuschauer kann mit den Charakteren mitleben, vor allem mit den beiden Freunden, die Blutsbrüderschaft schließen ohne zu wissen, dass sie echte Brüder sind und mit der armen Mrs. Johnstone, die eines ihrer Kinder schweren Herzens aus finanziellen Gründen bei der Geburt an ihre reiche Arbeitgeberin abtreten muss…
Vor allem aber lebt dieses Musical von Maureen Nolan in der Rolle der Mrs. Johnstone: sie ist eine exzellente Schauspielerin und sie hat eine Stimme, die die Seele berührt.
Wann immer Sie mal nach London kommen: schauen Sie sich das Musical “Blood Brothers” an: es lohnt sich.

Mittwoch, 14. Juni 2006, von Elmar Leimgruber

Verleiht Billy Elliot einen Oscar!

Schon der Film war ein künstlerisches Meisterwerk, noch viel mehr aber die Umsetzung dieses Stoffes für das gleichnamige Musical “Billy Elliot”, das derzeit in London aufgeführt wird: Die Kinder, die abwechselnd Billy und seinen Freund Michael spielen, sind schauspielerisch sensationell, der Inhalt (Begeisterung für Kunst und Ballet in einer Zeit und einem Ort, wo nur der Arbeiterkampf und das beinharte Überleben gelten) ist nicht nur zeitgemäß, sondern zeitlos. Die bewegenden Choreographien stammen von Peter Darling, der schon den Film choreographisch inszenierte und auch die Regie führt Stephen Daldry, der den Film drehte. Und die einmalig schöne Musik zum Musical stammt von keinem Geringeren als von Sir Elton John.
Ich habe das Musical am 12. Juni nun schon zum zweiten Mal live gesehen, damals mit Liam Mower als Erstbesetzung Billy; der war stimmlich, schauspielerisch und choreographisch sensationell, wobei diese Bezeichnung noch untertrieben ist. Nun erlebte ich Travis Gates als Billy und Shawn Malone als Michael: diese beiden sind absolute Top-Stars, und das jetzt schon als Kinder:
Travis trauert auf der Bühne als Billy um seine verstorbene Mutter und bringt mich als Zuschauer fast zum Weinen vor Mitleid wegen des schweren Verlustes. Dabei ist ja alles nur Show klarerweise, aber eine perfekte, authentisch wirkende Show. Ok, Travis ist im Vergleich zu Liam tänzerisch weniger vollkommen und er hat auch gesanglich eine um einiges rauhere Stimme; jedoch ist er jetzt schon ein großartiger Schauspieler, der wahrscheinlich noch viele Menschen zutiefst innerlich berühren wird.
Das Musical “Billy Elliot” ist für mich das beste aktuelle Musical überhaupt und es lohnt sich absolut, es sich anzusehen. Und ich wünschte mir, es würde mit Grammies und Oscars belohnt, wie es sich eben für ein wahres künstlerisches Meisterwerk gehört.