Kritik der modernen Bibel-Exegese (-Auslegung)

War Josef leiblicher Vater von Jesus? War Maria keine Jungfrau? Hat Jesus Wunder gewirkt? Ist Jesus auferstanden? Ja stimmt das, was in der Bibel steht? Hat Jesus unsere Kirche gegründet? Diese und viele ähnliche Fragen quälen in den letzten Monaten viele gläubige Katholiken? Schuld daran sind nicht nur im Geist der Aufklärung wirkende Medien, sondern immer stärker auch Professoren für Altes oder Neues Testament an den katholischen Fakultäten unserer Universitäten.

Von seiten moderner Bibelausleger wird immer wieder auch in der Öffentlichkeit betont, daß das, was in der Bibel steht, nicht stimmt. Einerseits wünscht man sich von den Menschen ein Leben aus dem Glauben basierend auf der Heiligen Schrift (damit man ja nicht in Gefahr kommt, das kirchliche Lehramt als Glaubensautorität zu betrachten). Andererseits wird die Bibel besonders durch die historisch-kritische Bibelexegese so zerlegt, daß -historisch betrachtet- eigentlich an biblischer Wahrheit nichts mehr übrigbleibt. In diesem Artikel versuche ich vor allem auf die Zerlegung der Evangelien einzugehen, weil sie dort meines Erachtens am meisten Schaden anrichten kann.

Klar hat sich (vor allem im Alten Testament) nicht alles wortwörtlich so ereignet, wie es in der Hl. Schrift beschrieben wird. Wortwörtlich nicht, aber dem Sinne nach. Natürlich wird man beim Bibellesen in erster Linie nicht danach fragen, ob sich alles -wie beschrieben- ereignet hat, sondern fragen, was diese Stelle konkret den Menschen von heute sagen will. Logisch demnach, daß es den Autoren der Heiligen Schrift mehr um die Belehrung der Gläubigen geht als um das Schildern historischer Ereignisse. Es stimmt sogar, daß wir teils widersprüchliche Aussagen über ein und dasselbe Ereignis in der Bibel finden können.

Das ist aber wohl darauf zurückzuführen, daß es verschiedene Quellentexte gab, die aus verschiedenen Warten heraus ein Ereignis beleuchteten. Und alle Sichtwarten zusammen ergeben ein Gesamtbild. Grundsätzlich am wichtigsten ist aber die Aussage, die eine Bibelstelle hat; darauf kommt es an.

Es ist zum Beispiel nicht so wichtig, ob Jesus seine Bergpredigt auf einem Berg (Matthäus-Evangelium) oder in der Ebene (Lukas-Evangelium) gehalten hat. Wichtig ist, was ER gesagt hat (nicht die Autoren!). Und wenn es Parallelstellen über ein biblisches Ereignis oder eine biblische Botschaft gibt, dann ist es zudem wichtig, nicht nur die eine Stelle zu lesen und zu betrachten, sondern auch die Parallel-Stellen. Aber auch da dürfte es in manchen Fällen den Autoren der Evangelien nicht um die wortwörtliche Wiedergabe der Aussagen Jesu gegangen sein, sondern um dessen Grundaussage (in aller Deutlichkeit und Radikalität) zu einem Thema. Freilich wird man damals ganz genau darauf bedacht gewesen sein (und da widerspreche ich wieder den Exegeten), Jesus, sein Leben, sein Wirken und seine Lehre (sein Reden) wahrheitsgetreu widerzugeben.

Manche Theologen meinen hierzu, daß die Evangelienverfasser die Situation ihrer Gemeinde vor Augen gehabt hätten und zu deren Belehrung und Unterweisung einfach ihre eigenen Anliegen Jesus in den Mund gelegt haben. Das würde konkret bedeuten, daß die meisten Aussagen Jesu Christi in der Bibel nicht von Jesus stammen und somit auch nicht verbindlich sind.

Genau dem aber muß ich als Katholik, aber auch als Christ entschieden widersprechen: Freilich hat ein Matthäus, Markus, Lukas oder Johannes konkrete Probleme in den ersten christlichen Gemeinden gesehen und versucht, darauf eine Antwort aus dem Glauben heraus zu geben. Aber er hat es sicher nicht gewagt, seine eigenen Wünsche und Worte Jesus in den Mund zu legen. Der Evangelist und seine Helfer haben wohl realistischerweise auf älteste Quellentexte und auf Augenzeugenberichte (da datiere ich die Entstehung der Evangelien auch viel früher als die Exegeten) zurückgegriffen, um das Leben, Lehren und Verkündigen Jesu authentisch darzustellen. Da haben sie klarerweise das in ihr Evangelium aufgenommen, was sie für ihren Umkreis als besonders wichtig empfanden. Das bedeutet aber in keiner Weise eine Verfälschung. Immerhin gibt es vier Evangelien, die teils verschiedene Schwerpunkte legen.

Wenn ich hier auch nur einiges über den Mißbrauch der historisch-kritischen Bibel-Exegese schreiben konnte, mich ich aber eines noch in aller Klarheit betonen:

Was die moderne Bibelauslegung (Neues?) zu bieten hat, beruht großteils auf Vermutungen und Thesen (es war niemand von uns und von denen damals dabei). Vermutungen aber sind ein denkbar schlechtes Fundament, wenn man bedenkt, wie viele Gläubige durch zweifelhafte Wissenschaften verwirrt ("diabolus") werden. Die Wahrheit der Bibel muß unantastbar bleiben!

Ich persönlich stehe auf dem Standpunkt, daß so lange in der Bibel sich etwas historisch ereignet hat, solange das Gegenteil nicht hundertprozentig nachgewiesen ist (und das wird in den wenigsten Fällen möglich sein). Ich sage: nachgewiesen!, nicht mit dem Verstand nachvollziehbar! Unser menschlicher Verstand ist nun einmal nicht in der Lage, Gottes Handeln immer zu verstehen. Warum trauen wir ihm nicht das für uns Unmögliche zu?

Warum sollte er, der allmächtige Gott, nicht in der Lage sein, eine Frau -ohne Mitwirken eines Mannes- ein Kind erwarten lassen können? Oder warum soll Jesus nicht in der Lage gewesen sein, aufzuerstehen?

Wer nur glaubt, was er mit dem Verstand uneingeschränkt versteht, rüttelt an den Grundfesten katholischen Glaubens: an Glaubenswahrheiten und Dogmen, die unfehlbar sind.

Ich hoffe doch, die Herren Schriftgelehrten sind sich dessen bewußt und ziehen persönlich die Konsequenzen aus ihrem Handeln. Das wünsche ich ihnen und das wünsche ich uns, den gläubigen Katholiken im ganzen Land! (MC)


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