Ist die Kirche noch zu retten? Betrachtet man den Unmut mancher Bevölkerungskreise über die katholische Kirche -siehe drastischer Rückgang der Kirchenbesuche, Skepsis gegenüber Glaubenswahrheiten, allgemeine religiöse Unsicherheit, Kirchenvolksaufbegehren- möchte man meinen: Jetzt ist die Kirche am Ende. Ist sie das? Ist die katholische Kirche dem Untergang geweiht? Ist ihr Sterben überhaupt noch aufzuhalten?


Autonomie in Fragen der Sexualmoral, Zulassung der Frauen zum Diakonat und zum Priestertum, Mitbestimmung der Gläubigen bei Bischofsernennungen: das sind nur einige jener Forderungen, die in den letzten Jahren immer laut stärker von der Kirche gefordert wurden. Anfangs waren es Theologen, die in regelmäßigen Abständen massiv von den Medien unterstützt vor allem im deutschsprachigen Raum ihrer persönlichen Meinung Gehör verschufen, später kamen einzelne Bischöfe dazu, und nach und nach auch hauptamtliche Mitarbeiter in bischöflichen Kurien, katholischen Verbänden, in Pfarren, Schulen und kirchlichen Bildungshäusern. Und im 95er Jahr hatte dann die jahrelange Stimmungsmache Erfolg: In Österreich bildete sich der Initiativkreis für ein Kirchenvolksbegehren. Jene oben in der Hierarchie sollten endlich lautstark hören, was sich die sogenannte Basis wünscht, und man sammelte Unterschriften -wie man sagte- aus Liebe zur Kirche. Wiederum waren es die Massenmedien, die durch übereifrige Werbeartikel das Kirchenvolksbegehren zum Ereignis des Jahres kürten. Wenn man eine Aktion so positiv darstellt, ist es so auch überhaupt nicht verwunderlich, daß sie viele Menschen ganz automatisch auch so auffaßten. Es machte sich eine Aufbruchstimmung breit, und viele Menschen unterschrieben sofort, ohne sich genauer mit den Inhalten auseinanderzusetzen und ohne von den theologischen Hintergründen der kirchlichen Lehre auch nur Grundkenntnisse zu haben. Man forderte durch seine Unterschrift, daß sich endlich in der Kirche etwas bewegen soll. Und auch Südtirol stimmte in den Gesang der heutigen Reformatoren ein.

Nach eingehender Beratung konnte die österreichische Bischofskonferenz die Forderungen der Volksbegehrer einfach nicht erfüllen. Logisch, daß da der Eindruck entstehen mußte, daß die Bischöfe die Anliegen der Basis nicht ernstnehmen. Enttäuschung und Frust machten sich breit. Aber mußte es nicht so kommen?
Die Kirche war ja nie ein demokratischer Verein, wo die einzelnen Mitglieder mit ihrer Stimme die Linie bestimmen können. Und sie kann es auch gar nicht werden. Warum eigentlich nicht?
Die katholische Kirche ist nicht von Menschen gegründet und somit auch kein Verein von Gleichgesinnten, sondern Stiftung unseres Gottes und Herrn Jesu Christi. Er also ist Richtschnur und Orientierung für das Handeln der Kirche.
Die Kirche hat in fast 2000 Jahren ihrer Geschichte immer wieder gelernt, und sie wird auch niemals ausgelernt haben, weil sie aus Menschen besteht, deren Erkenntnis nur begrenzt ist. Wenn sie alle bisherigen Mißstände und Krisen überlebt hat, so ist das meines Erachtens nur auf das Wirken des Heiligen Geistes zurückzuführen; menschliche Schöpfungen (Perser- und Römerreich, Nationalsozialismus und Kommunismus) -das hat sich in der Geschichte gezeigt- können nur begrenzt bestehen, weil sie eben nicht göttlichen Ursprungs sind. Wenn jetzt manche Menschen lautstark nach Reformen in der Kirche rufen, dann kann das für die Kirche Alarmsignal sein, daß ihre Botschaft so manche Menschen nicht mehr erreicht, und daß somit Handlungsbedarf besteht.
Krankt die Kirche also, und wenn ja, worin?

Ich glaube: ja. Nicht die Kirche als Kirche, sehr wohl aber krankt die Kirche an ihren Gliedern, den Menschen.
Sie krankt an ihrem Glaubensverlust, aber auch an ihrer Unglaubwürdigkeit. Denn, sagen Sie mal: Wie sollen die Menschen das glauben, was das kirchliche Lehramt zu glauben vorlegt und auch begründet, wenn das Gelehrte oft nicht einmal von Bischöfen geglaubt, ganz zu schweigen weitergegeben wird? Wie sollen die Gläubigen den Weisungen des Papstes vertrauen, wenn viele Theologen das Gegenteil lehren und sich Priester und Laienmitarbeiter darüber aufregen?

Gefragt ist die Einheit aller mit Christus und mit dem Diener der Einheit, dem Papst. Leider haben die wenigsten Menschen von vorne herein (durch die Eingebung des Heiligen Geistes) die Gabe zu erkennen, daß die katholische Kirche zur jeweiligen Zeit das Wort Gottes richtig auslegt, und daß, wer mit ihr geht, nicht aus der Wahrheit herausfallen kann. Daher müßte in der Kirche das Ringen um die Einheit mit dem Papst und damit auch mit Christus für alle, Bischöfe, Priester und alle Gläubigen ein vordringliches Anliegen sein. Solange dies nicht angestrebt und erbetet wird, wird die Kirche Christi weiter an ihrer Unglaubwürdigkeit, Spaltung und Zerstrittenheit zu leiden haben.
Die Kirche muß sich also reformieren, aber im Heiligen Geist, und nicht in der Eigenbrötelei. Die Kirche würde weder besser, noch menschlicher, würde sie die Forderungen des Kirchenvolksbehrens erfüllen, sie würde nur noch mehr verweltlichen.
Die evangelischen Kirchen haben bereits seit langem die Demokratie. Erblüht sie deswegen in neuem Glanz? Sind deren Kirchen gefüllt mit begeisterten Menschen? Sind deren interne Spaltungen überwunden? Alles leider nein.

Der Frühling der katholischen Kirche kann eintreten und muß eintreten. Aber dazu braucht es den Einsatz aller Gläubigen. Vielleicht braucht es eine neue Bewegung von unten, von der Basis aus, eine Bewegung, die den Verantwortlichen in den kirchlichen Positionen klipp und klar sagt: Wir sind Katholiken, und wir sind stolz drauf: wir lieben Christus, und wir lieben sein Werk: die Kirche. Wir lieben den Papst und stehen voll und ganz zu ihm und zur kirchlichen Lehre, auch dann, wenn es uns nicht immer gelingen mag, nach ihr zu leben. Wir wollen die Einheit der Kirche und beten auch darum. Wir wollen keine andere Kirche als die Kirche Jesu Christi, und wir haben auch ein Recht darauf, nicht persönliche Meinungen über Glaubensinhalte zu hören, sondern die Lehre der Kirche. Es ist uns nicht immer alles von vorneherein einleuchtend, daher erwarten wir von den Verantwortlichen, daß sie uns die Lehre der Kirche nicht an den Kopf werfen, sondern sich darum bemühen, sie uns verständlich zu erklären. Wir bemühen uns darum, uns nichts vorzumachen, uns nicht selbst anzulügen. Wir wollen nicht der Kirche die Schuld zuschieben, wenn uns nach einer Sünde Gewissensbisse plagen, sondern ehrlich zu dem stehen, was wir falsch gemacht haben. Unsere Bereitschaft, umzukehren und neu zu beginnen, wollen wir mit einer wahrhaftigen Beichte bekräftigen. Die Begegnung mit Christus in der Eucharistiefeier und Kommunion ist uns außerordentlich wichtig, da wir spüren, wie sehr wir ihn brauchen, und daß er unser Heiland ist. Wir schätzen das Wort Gottes und bemühen uns, danach zu leben. Wir wollen unser Christentum nicht nur in den eigenen vier Wänden leben, sondern offen und bereit dafür Zeugnis ablegen. Unser Leben und Wirken ist getragen von Gebet. Und unseren Glauben beweisen wir durch tätige Nächstenliebe. Wir sind unverbesserliche Optimisten, denn Christus hat uns versprochen, daß sein Heiliger Geist die Kirche leiten und führen wird. Wir sind österliche Menschen, die in Freude dem Frühling der Kirche entgegenblicken. So brechen wir getrost auf ins neue Jahrtausend. (MC)



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